BVwG W159 2217940-1

BVwGW159 2217940-11.8.2019

AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §9 Abs2
AsylG 2005 §9 Abs4
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:W159.2217940.1.00

 

Spruch:

W159 2217940-1/16E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. von Somalia gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.03.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.06.2019 zu Recht erkannt:

 

A)

 

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. II. und III. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

 

II. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkt IV. wird gemäß § 9 Abs. 2 AsylG mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist.

 

III. Die übrigen Spruchpunkte waren daher ersatzlos zu beheben.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, gelangte (spätestens) am 23.04.2016 unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich und stellte an diesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund gab er an, dass die Al-Shabaab ihn rekrutieren hätte wollen.

 

Am 08.03.2017 und 05.04.2017 wurde der Beschwerdeführer aufgrund des § 27/2a Suchtmittelgesetz festgenommen. Am 10.05.2017 wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht Oberösterreich, wegen § 27 Abs 1 Z 1., 1., 2. und 8. Fall; Abs 2a SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten verurteilt.

 

Am 21.03.2018 sei der Beschwerdeführer nicht zur Einvernahme erschienen, weil er zu diesem Zeitpunkt Mittaggegessen habe. Seine Unterkunftsgeberin gab telefonisch an (Anm. Aktenvermerk bei der Behörde), dass sie den Beschwerdeführer mehrmals auf den Termin zur Niederschrift bei der Behörde hingewiesen habe. In der Stellungnahme sei jedoch vorgebracht worden, er habe die Ladung nicht verstanden und sie sei offensichtlich in Vergessenheit geraten. In der Befragung vom 20.04.2018 gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund befragt an, dass er sein Heimatland verlassen habe, weil die Al Shabaab ihn hätte rekrutieren wollen. Er gab an, er hätte keine persönlichen Probleme aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Religion oder mit staatlichen Behörden, Gerichten oder der Polizei in seinem Heimatland gehabt.

 

Mit Bescheid vom 24.05.2018 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 23.04.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 24.05.2019 erteilt. Beweiswürdigend führte die Behörde aus, dass der Beschwerdeführer keine individuelle, persönliche Verfolgungshandlung glaubhaft machen hätte können. Der Beschwerdeführer sei aufgrund der zum Teil nachweislich falschen, widersprüchlichen, großteils sogar absurden und wenig lebensnahen Angaben und seiner kriminellen Ader als persönlich unglaubwürdig einzustufen.

 

Dem ho. Gericht wurde die Verurteilung des Beschwerdeführers, Zl. XXXX vom, Landesgericht Linz, Protokollvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung vom 05.12.2018; 1 Vorstrafe übermittelt (Anm. SMG).

 

Am 21.02.2019 wurde eine Niederschrift im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Rahmen der Einleitung zur Aberkennung des subsidiären Schutzes durchgeführt. Es wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer zweimal rechtskräftig wegen Suchtmitteldelikten verurteilt worden war:

 

1. Landesgericht Linz XXXX vom 10.05.2017 RK 10.05.2017

 

Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre,

 

zu LH Linz XXXX vom 10.05.2017

 

Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre

 

LG Linz XXXX vom 05.12.2018

 

2. Landesgericht Linz XXXX vom 05.12.2018 RK 11.12.2018

 

zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon Freiheitsstrafe 5 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

 

3. und sich nunmehr in U-Haft befand. (Landesgericht Linz 034 HV 27/2019b vom 27.03.2019 RK 27.03.2019, Freiheitsstrafe 10 Monate)

 

Der Beschwerdeführer wurde informiert, dass am 28.08.2018 aufgrund der geänderten Umstände in Somalia und des vorgelegten Abschlussberichtes der polizeilichen Sicherheitsbehörde ein Aberkennungsverfahren eingeleitet worden sei. Die Einvernahme solle dazu dienen den entscheidenden Sachverhalt festzustellen und ob eine Rückkehr nach Somalia möglich sei oder nicht.

 

Der Beschwerdeführer gab an, er habe kein Einkommen. Er hätte keinen Platz in einem Deutschkurs bekommen und würde jetzt einen während seiner Haft besuchen. Er habe mit Bescheid vom 24.05.2018 eine subsidiäre Schutzberechtigung zuerkannt bekommen. Er gab an, er habe versucht Arbeit bzw. eine Ausbildung zu bekommen, er sei aber nicht erfolgreich gewesen.

 

Der Beschwerdeführer gab an, in XXXX geboren worden zu sein, er sei geschieden, habe drei Geschwister in Somalia, deren Aufenthaltsort unbekannt sei. In seinem Heimatland hätte er Probleme wegen seiner Clanzugehörigkeit gehabt. Müsste er nach XXXX zurückkehren, würde er auf der Straße leben. Die Lage in Somalia sei sehr schlecht, mit der Aberkennung des subsidiären Schutzes sei er nicht einverstanden.

 

Mit angefochtenem Bescheid, wurde der zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten vom 24.05.2018, gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde gemäß § 9 Abs. 4 entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen wurde gem. § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.), jedoch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Somalia als unzulässig erklärt (Spruchpunkt V.) und die freiwillige Ausreisefrist mit 2 Wochen angegeben (Spruchpunkt VI.) Es wurde ein Einreiseverbort auf die Dauer von 5 Jahren erlassen (Spruchpunkt VII).

 

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, dass dem Beschwerdeführer der Status des Schutzberechtigten aufgrund der seinerzeit bestandenen Sicherheits- und Versorgungslage zuerkannt worden sei. Es sei berücksichtigt worden, dass er im Falle einer Rückkehr in eine existenzielle Notlage geraten könnte. Grundlage hierfür seien die länderkundlichen Feststellungen vom 12.01.2018 mit der eingefügten Kurzinformation vom 03.05.2018 gewesen. Nunmehr seien diese um die Kurzinformation vom 17.09.2018 ergänzt worden.

 

Der Beschwerdeführer sei in einem Ausmaß straffällig geworden, welches die belangte Behörde aufgrund § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG idgF verpflichte, eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten durchzuführen. Die belangte Behörde bezog sich auf die zwei rechtskräftigen Verurteilungen und auf den Abschlussbericht vom 09.02.2019. Der Beschwerdeführer befand sich zum Zeitpunkt der Befragung in Untersuchungshaft. Die belangte Behörde stellte auch fest, dass sich der Beschwerdeführer laufend seinen Verfahren entziehen würde. Er habe aus seinen Verurteilungen nicht gelernt und würde in seiner Straffälligkeit verharren und eine Gefahr für die Allgemeinheit und die Sicherheit der Republik Österreich darstellen.

 

Im Falle einer Rückkehr nach Somalia habe der Beschwerdeführer keine auf ihn als Person abzielende Verfolgung in seinem Heimatstaat zu befürchten. Er sei von Seiten der Al Shabaab-Milizen und aufgrund seiner Clanzugehörigkeit keiner persönlichen asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt. Er habe keinerlei Angehörige in sicheren Regionen seines Herkunftslands und verfüge über kein soziales Netzwerk, deswegen sei er im Falle einer Rückkehr, auch in einer ausreichend sicheren Stadt wie XXXX oder XXXX , der realen Gefahr von unmenschlicher Behandlung ausgesetzt. Die Lage in XXXX würde sich verbessern, jedoch für eine Außerlandesbringung seien diese Verbesserungen unzureichend. Aus diesem Grund sei seine Abschiebung für unzulässig zu erachten.

 

Die belangte Behörde bemängelte, dass der Beschwerdeführer in seinem Verfahren in Österreich nicht mitwirke und in seiner Straffälligkeit verharre und nicht bemüht sei sich in Österreich zu integrieren (kein Zertifikat des Erlernens der deutschen Sprache, keine Unterlagen bezüglich erfolgter Integrationsschritte). Er habe keinerlei Verwandte oder nahe Angehörige in Österreich. Er lebe auf Kosten der öffentlichen Hand. Die belangte Behörde führte des Weiteren aus, dass der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, sich der Rechtsordnung in Österreich zu unterwerfen und, dass er über ein großes Maß an krimineller Energie verfüge, deshalb sei ein fünfjähriges Einreiseverbot gerechtfertigt.

 

Der Bescheid wurde innerhalb der Frist im vollem Umfang angefochten und beantragt, eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären und die Dauer des erlassenen Einreiseverbotes zu beheben oder zu verkürzen. Der Beschwerdeführer gab an, er bereue sein Verhalten und würde sich in Zukunft bessern.

 

Der Beschwerdeführer wurde am 08.02.2019 wieder nach dem SMG straffällig. Er wurde rechtskräftig verurteilt: Er befand/befindet sich (08.02.2019 bis 06.12.2019) in Haft (LG Linz AZ: 354 Hv 27/19b).

 

An der am 25.06.2019 anberaumten öffentlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, nahmen der Beschwerdeführer (von der Justizwache vorgeführt), seine Rechtsvertreterin, ein Vertreter der belangten Behörde und ein Dolmetscher teil.

 

Der Beschwerdeführer gab an, sein bisheriges Vorbringen einschließlich der Beschwerde aufrechterhalten zu wollen. Er würde sich seit 04/2016 in Österreich aufhalten und hätte Österreich in der Zwischenzeit nicht verlassen. Er sei in XXXX geboren worden und hätte bis zu seiner Ausreise dort gelebt. Er hätte keinen Kontakt zu seinen Familienangehörigen in seinem Heimatland und wisse nicht, wo sie sich aufhalten würden. Die Familie seien Tierzüchter gewesen, seine Mutter hätte sie auf diese Weise ernährt. Als er groß geworden sei, habe er nach der Schule angefangen selbstzubereiteten Tee zu verkaufen. Seine Familie sei in der Mittelschicht in Somalia gewesen.

 

Er habe keine organischen oder psychischen Probleme, würde in keiner Ehe oder Lebensgemeinschaft leben und keine Kinder in Österreich haben.

 

Der Beschwerdeführer gab an, er habe ein Deutschdiplom A1 und erfolglos versucht eine Arbeitsstelle zu bekommen. Zurzeit würde er im Garten des Gefängnisses arbeiten.

 

Er sei kein Mitglied in irgendwelchen Vereinen oder Institutionen, hätte österreichische Freunde, jedoch keinen Besuch im Gefängnis erhalten. Zu seiner Rückkehr in sein Heimatland befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er Angst hätte getötet zu werden. Der Richter informierte den Beschwerdeführer, dass Spruchpunkt I. des ursprünglichen Bescheides rechtskräftig negativ geworden ist. In dieser Verhandlung gehe ausschließlich um die Aberkennung des subsidiären Schutzes und das Einreiseverbot.

 

Auf die Frage des Richters, ob der Beschwerdeführer selbst Drogen konsumiert hätte, antwortete er, er sei seit einem Jahr clean. Vorher hätte er Drogen konsumiert. Er hätte nur Haschisch geraucht.

 

Zu dem Vorhalt: "Sie wurden insgesamt drei Mal wegen § 27 Suchtmittelgesetz verurteilt. Was sagen Sie dazu?" antwortete der Beschwerdeführer: "Zweimal habe ich den Fehler begangen, aber das dritte Mal war falsch, der Zeuge hat falsch gegen mich ausgesagt. Man hat behauptet, dass ich ihm Drogen verkaufte, ich tat dies aber nicht."

 

Nach seinem Berufsziel befragt, gab der Beschwerdeführer an er wolle Elektriker werden.

 

Er erklärte, er bereue seine Taten und wolle es auch nicht mehr machen.

 

Der Behördenvertreter gab an, dass es aktenkundig sei, dass der Beschwerdeführer in Deutschland gewesen sei. Der Beschwerdeführer gab an, er sei vor längerer Zeit mit ein paar Freunden zusammen dorthin gefahren. Er sei auf einer Hochzeit eingeladen gewesen und hätte mitfeiern wollen. Auf die Frage des Behördenvertreters, warum er gegenüber den deutschen Behörden einen anderen Namen angegeben hätte, antwortete er, er hätte keinen anderen Namen angegeben, seine Fingerabdrücke seien abgenommen worden, die Daten seien schon gespeichert gewesen.

 

Die Rechtsvertretung verzichtete auf eine Stellungnahme. Die Behördenvertretung gab an, dass es aus Sicht der belangten Behörde sei die Aussage des Beschwerdeführers, dass er keine Taten mehr begehen werde, nicht glaubwürdig, weil er wiederholt straffällig geworden ist.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1 Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia, der Volksgruppe der Sheikal zugehörig sowie muslimischen Glaubens. Der Sheikal-Clan ist ein religiöser, respektier Clan in Somalia. Die Angehörigen werden von den Clans, bei welchen sie leben, geschützt.

 

Der Beschwerdeführer hat Familienangehörige in seinem Herkunftsland. Eine Kontaktmöglichkeit konnte nicht festgestellt werden.

 

Es wird festgestellt, dass sich die schwierige Versorgungssituation in Somalia im Vergleich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert hat. Die Sicherheitslage in der Heimatregion des Beschwerdeführers, XXXX , hat sich nicht maßgeblich und nicht nachhaltig verbessert.

 

Es wird festgestellt, dass sich die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen in Somalia im Vergleich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert hat.

 

Eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts ist somit weder im Hinblick auf das individuelle Vorbringen des Beschwerdeführers noch in Bezug auf die allgemeine Lage in Somalia eingetreten. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 liegen weiterhin vor.

 

Es wird, sowie auch die belangte Behörde schon anführte, festgestellt, dass der Beschwerdeführer über kein soziales Netzwerk verfügt, deswegen sei er im Falle einer Rückkehr, auch in einer ausreichend sicheren Stadt wie XXXX oder XXXX der realen Gefahr von unmenschlicher Behandlung ausgesetzt.

 

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig, er arbeitet zurzeit im Garten des Gefängnisses. Der Beschwerdeführer hat im Gefängnis die Deutschprüfung zu A1 abgelegt. Der Beschwerdeführer hat auch in seinem Herkunftsstaat seinen Lebensunterhalt erwirtschaftet. Er verkaufte selbst hergestellten Tee.

 

Es liegt ein Aberkennungsgrund gem. § 9 Abs. 2 und 3 AsylG 2005 vor.

 

Der Beschwerdeführer ist straffällig.

 

1. Landesgericht Linz XXXX vom 10.05.2017 RK 10.05.2017

 

§§27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z1 2. Fall, 27 (2) SMG

 

§§27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z1 2. Fall, 27 (1) 8. Fall, 27 (2a) SMG

 

Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre,

 

zu LG Linz XXXX vom 10.05.2017

 

Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre

 

LG Linz XXXX vom 05.12.2018

 

2. Landesgericht Linz XXXX vom 05.12.2018 RK 11.12.2018

 

§§27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z1 2. Fall, 27 (2a) SMG

 

§§27 (1) 1. Fall, 27 (1) 2. Fall, 27 (1) 8. Fall, SMG

 

Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon Freiheitsstrafe 5 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

 

Zu LG Linz XXXX RK 11.12.2018

 

Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 11.12.2018

 

Zu LG Linz XXXX RK 11.12.2018

 

Mildernd: Teilgeständnis zum Eigenkonsum, teilweise objektive Schadensgutmachung durch die Sicherstellung von o,8 Gramm Cannabiskraut.

 

Erschwerend: eine einschlägige Vorstrafe, Tatwiederholung, Tatbegehung während offener Probezeit zu

 

33 HV 27/17t des LG Linz

 

Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre

 

3. Landesgericht Linz 034 HV 27/2019b vom 27.03.2019 RK 27.03.2019

 

Freiheitsstrafe 10 Monate

 

§§27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2a) 2. Fall SMG

 

Datum der letzten Tat 8.02.2019

 

Der Beschwerdeführer wurde in allen Fällen wegen Suchtmitteldelikten verurteilt.

 

1.2 Zu Somalia wird folgendes verfahrensbezogen festgestellt:

 

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

 

KI vom 17.9.2018: Positiver Trend bei Versorgungslage (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation)

 

Nach den überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 wird die Getreideernte die größten Erträge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert (UN OCHA 11.9.2018; vgl. UN OCHA 5.9.2018), dies gilt auch für Einkommensmöglichkeiten und Marktbedingungen (FSNAU 1.9.2018). Die Preise für unterschiedliche Grundnahrungsmittel haben sich in Mogadischu gegenüber dem Vorjahr drastisch verbilligt und liegen nunmehr unter dem Fünfjahresmittel. Dies betrifft namentlich Bohnen (cowpea), rotes Sorghum und Mais (FEWS NET 31.8.2018). Insgesamt hat sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gibt - speziell unter IDPs (UN OCHA 11.9.2018). Die Dürre ist zwar offiziell vorbei, es braucht aber mehr als eine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen (UN OCHA 2.9.2018). Vor allem vom Verlust ihres Viehs, von Überschwemmungen (im April/Mai 2018, Juba- und Shabelle-Täler) und vom Zyklon Sagar (Mai 2018, Nordsomalia) betroffene Gemeinden werden noch längere Zeit für eine Rehabilitation brauchen. Zwischen Februar und Juli 2018 konnten humanitäre Organisationen 1,9 Millionen Menschen pro Monat erreichen (UN OCHA 5.9.2018).

 

Die Stufe für akute Unterernährung hat sich verbessert. Die Zahl von an schwerer akuter Unterernährung Betroffenen ist nur bei zwei Gruppen kritisch: Bei den IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland (UN OCHA 5.9.2018). Allerdings werden auch noch andere Teile oder Gruppen Somalias als Hotspots genannt, wo Interventionen als dringend erachtet werden.

Dies sind im ländlichen Raum: Northern Inland Pastoral of Northeast (Teile von Sanaag, Sool und Bari); Hawd Pastoral of Northeast (Teile von Togdheer, Sool und Nugaal); Northwest Guban Pastoral (Teile von Awdal); der Bezirk Belet Weyne (Shabelle-Tal und agro-pastorale Teile); Agro-pastorale Teile und das Juba-Tal in Gedo; die Bezirke Mataban, Jalalaqsi und Buulo Burte in Hiiraan; Teile des Juba-Tals in Middle Juba. An Gruppen sind es die IDPs in Bossaso, Garoowe, Galkacyo, Qardho, Mogadischu, Baidoa, Kismayo und Doolow (FSNAU 1.9.2018). Überhaupt bleiben IDPs die am meisten vulnerable Gruppe (UN OCHA 11.9.2018).

 

In Nordsomalia werden aus einigen Gebieten immer noch Wasser- und Weidemangel berichtet, da die Gu-Regenzeit dort auch im Jahr 2018 nicht ertragreich ausgefallen ist. Es handelt sich um Teile der Regionen Bari und Nugaal (Puntland) sowie von Sool und Sanaag (Somaliland). Dort findet die Wasserversorgung teils immer noch mit Tanklastwagen statt, rund 48.000 Haushalte sind betroffen. Humanitäre Organisationen wie ACTED sind dort aktiv und konnten für über 31.000 Haushalte samt Vieh die Wasserversorgung wiederherstellen (ACTED 12.9.2018).

 

Die Prognose für den Zeitraum August-Dezember 2018 in IPC-Stufen stellt sich wie folgt dar:

 

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(FSNAU 1.9.2018)

 

Insgesamt sind ca. 4,6 Millionen Menschen weiter auf Unterstützung angewiesen, im Februar 2018 waren es noch 5,4 Millionen gewesen (UN OCHA 11.9.2018). Von den 4,6 Millionen befinden sich ca. 1,4 Millionen auf IPC-Stufe 3 (IPC = Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung), weitere ca. 170.000 auf IPC-Stufe 4 (FSNAU 1.9.2018). Darunter scheinen sich viele Kinder zu finden. Ca. 240.000 Kinder gelten als akut unterernährt, weiter 55.000 als schwer unterernährt (UN OCHA 2.9.2018).

 

Für die Deyr-Regenzeit 2018 (Oktober-Dezember) wird eine überdurchschnittliche Niederschlagsmenge prognostiziert (UN OCHA 5.9.2018; vgl. FAO 6.9.2018). Damit wird auch eine weitere Verbesserung bei den Weideflächen und bei der Wasserverfügbarkeit und i.d.F. Verbesserungen bei der Viehzucht und in der Landwirtschaft einhergehen (FAO 6.9.2018). Zusätzliche Ernten und weiter verbesserte Marktbedingungen werden zu weiteren Verbesserungen führen (FSNAU 1.9.2018)

 

Allerdings werden auch für das äthiopische Hochland höhere Niederschlagsmengen prognostiziert, was das Überschwemmungsrisiko entlang von Juba und Shabelle steigen lässt. Gegenwärtig sind einige Flussufer bzw. Flusseinfassungen beschädigt, was selbst bei normalen Regenmengen eine Gefahr darstellt (FAO 6.9.2018). Immerhin hat Somalia 2018 die schwersten Überschwemmungen seit 60 Jahren erlebt (WB 6.9.2018).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

KI vom 3.5.2018: Überdurchschnittliche Niederschläge, bessere Versorgungssicherheit prognostiziert (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation)

 

Schon in den vor der Gu-Regenzeit gemachten Prognosen zeichnete sich eine Entspannung der Situation ab, obwohl damals nur unterdurchschnittliche Regenmengen prognostiziert wurden. Anfang 2018 wurde für Februar-Juni 2018 prognostiziert, dass die Bevölkerung in folgende IPC-Stufen (Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung) einzuordnen sein wird: 56% Stufe 1 (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine). IDP-Lager in Südsomalia wurden durchwegs mit Stufe 3 IPC prognostiziert; Städte in Lower und Middle Shabelle, Bay und Jubaland mit Stufe 2; Mogadischu mit Stufe 1. Landesweit zeigt sich, dass die Bevölkerung in den Städten besser versorgt ist, als jene auf dem Lande (FAO 2018).

 

Verbesserungen bei Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung sind auf die höhere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln aus der Deyr-Ernte und aus der gestiegenen Milchproduktion zurückzuführen. Gleichzeitig wird die humanitäre Hilfe aufrechterhalten. Viele Haushalte können Nahrungsmittel mit von humanitären Akteuren zur Verfügung gestellten Geldmitteln oder Gutscheinen erwerben (FEWS 3.2018). Im ersten Quartal 2018 bezogen monatlich 1,84 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Im letzten Quartal 2017 waren es noch 2,5 Millionen gewesen. Insgesamt erreicht die Unterstützung rund 70% der Menschen die sich auf oder über Stufe 3 IPC befinden (FEWS 4.2018a). Auch im Jahr 2018 wird humanitäre Hilfe weiterhin in großem Ausmaß erforderlich sein (FEWS 3.2018).

 

Der bereits eingetretene Rückgang an Hunger ist auch im Vergleich der Daten der beiden Deyr-Regenzeiten 2016/17 und 2017/18 zu erkennen (FEWS 3.2018):

 

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(FEWS 3.2018)

 

Nunmehr ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zu mittleren bis starken Regenfällen gekommen (FAO 27.4.2018). In fast ganz Somalia lag die Niederschlagsmenge der Gu-Regenzeit bis zum 20.4.2018 bei 200% des mehrjährigen Durchschnitts. Nur im Nordosten blieben die Niederschläge unterdurchschnittlich (FEWS 4.2018a). Allerdings werden die Niederschläge bis Juni weiter anhalten (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018), auch wenn mit einem Rückgang der Niederschlagsmengen gerechnet wird (FEWS 4.2018a).

 

Für den Zeitraum Juni-September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angekündigt. Nur noch für Hilfsorganisationen leicht zugängliche Gebiete im Nordwesten werden unter Stufe 4 IPC (emergency) eingestuft, der große Rest des Landes fällt in die Stufen 1-3, Süd-/Zentralsomalia gänzlich (bis auf IDP-Konzentrationen) in die Stufen 1-2 (FEWS 4.2018b).

 

Aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in der Gu-Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Südsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von Überflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so günstig, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist (FEWS 4.2018b). Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau (FEWS 4.2018a).

 

In den meisten Gebieten haben sich Weidegründe und Wasserverfügbarkeit verbessert (FEWS 4.2018a; vgl. FEWS 4.2018b), der Zustand der Tiere hat sich normalisiert. Allerdings bleibt die durchschnittliche Herdengröße noch hinter dem Normalzustand zurück. Arme Nomaden in Nord- und Zentralsomalia werden weiterhin über zu wenig Vieh verfügen. Dort wird Stufe 3 IPC (crisis) vermutlich weiter vorherrschen (FEWS 4.2018b).

 

Die Entspannung wird auf Karten dokumentiert:

 

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(FEWS 4.2018b)

 

Der Handelspreis für 1kg Sorghum ist in Baidoa im ersten Quartal 2018 um 37% eingebrochen, jener für 1kg Mais in Qoryooley um 32%. Auch bei armen Haushalten verbessert sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln, sie haben nun auf normalem Niveau Zugang zu Arbeit in der Landwirtschaft und die Nahrungsmittelpreise haben sich ebenfalls normalisiert. Mit dem Tageseinkommen können nunmehr 10-18kg lokalen Getreides erstanden werden - 20%-60% mehr als noch vor einem Jahr (FEWS 4.2018a).

 

Untenstehend findet sich die detaillierte Prognosekarte der Agentur FSNAU der FAO für die Monate 2-6/2018:

 

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(FAO 2018)

 

Zusätzlich zu den Niederschlägen fließen aus dem äthiopischen Hochland beträchtliche Mengen Wasser zu (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018). Dadurch kam es in einigen Gebieten zu Überschwemmungen. Belet Weyne war besonders stark betroffen, 70% der Haushalte mussten ihre Häuser verlassen. In Qoryooley waren es 250 Haushalte. Außerdem betroffen waren einige Dörfer in Middle Juba und im Bezirk Wanla Weyne. Auch einige landwirtschaftlich genutzte Gebiete in Bay, Lower Juba, Togdheer und Hiiraan wurden überflutet (FEWS 4.2018a). Die Pegel der Flüsse werden vermutlich weiter steigen. Bisher sind rund 630.000 Menschen von Sturzfluten oder Überschwemmung betroffen, ca. 215.000 haben ihre Häuser verlassen müssen (davon 180.000 im Gebiet Belet Weyne). Andererseits verlassen manche IDPs die Lager, um von den Niederschlägen in ihrer ursprünglichen Heimat zu profitieren (UN OCHA 2.5.2018).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

 

 

 

 

 

2. Beweiswürdigung:

 

2.1 zur Person des Beschwerdeführers und seiner Situation im Falle einer Rückkehr

 

Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 24.05.2018 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen Gefahr einer unmenschlichen Behandlung, welche den Grundsätzen der EMRK zuwiderlaufen würde sowie Mangel an familiären Anknüpfungspunkten und der Gefahr einer existenziellen Notlage, zuerkannt. Dieser Bescheid wurde rechtskräftig, da kein Rechtsmittel dagegen erhoben wurde. Das Erkenntnis ist somit bindend.

 

Aus den Länderberichten ist ersichtlich, dass die Lage nach wie vor volatil ist. So erreicht die Prognose einer Verbesserung der Versorgungslage noch nicht das notwendige Ausmaß an Nachhaltigkeit, die für eine tatsächliche Verbesserung der Lage gegeben sein muss. Einerseits mögen die einsetzenden Regenfälle zwar dazu führen, dass die Dürre zurückgeht, andererseits führen sie auch vermehrt zu Überschwemmungen, was wiederum die Versorgungslage beeinträchtigt. Jedenfalls kann aufgrund dieser Berichte nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sich die Versorgungslage wesentlich und nachhaltig geändert hat, und dies hat die belangte Behörde auch festgestellt. Darüber hinaus ist wiederum eine Verschärfung der Dürresituation notorisch.

 

Der Beschwerdeführer gab in der Erstvernahme an, er habe seine Mutter, zwei Brüder und drei Schwestern, welche im Herkunftsland leben würden. Er sei verheiratet. In der ersten Einvernahme gab der Beschwerdeführer an seine Mutter und eine Schwester sei lt. Mitteilung eines Freundes verstorben. Die der Einvernahme zur Aberkennung des subsidiären Schutzes gab der Beschwerdeführer an er habe drei Geschwister und sei geschieden. Vor dem Bundesverwaltungsgericht gab der Beschwerdeführer an, er habe keinen Kontakt zu seiner Mutter und keinen Kontakt zu seinen zwei Brüdern und rund drei Schwestern. Er habe keinen Kontakt zu seiner Ehefrau.

- Diese Diskrepanzen deuten offenbar darauf hin, dass der Beschwerdeführer allenfalls seine Möglichkeit zur Existenzsicherung nach ev. Rückkehr schwieriger darstellt als es tatsächlich ist. Jedoch geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Beschwerdeführer über kein soziales Netzwerk verfügt, weswegen er im Falle einer Rückkehr, auch in einer ausreichend sicheren Stadt wie

XXXX oder XXXX der realen Gefahr von unmenschlicher Behandlung ausgesetzt wäre.

 

Die Feststellungen zur gesundheitlichen Situation des Beschwerdeführers beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht.

 

Die Feststellungen zu den strafrechtlichen Verurteilungen beruhen auf dem unbestrittenen Akteninhalt, insbesondere den im Akt einliegenden Abschlussberichten, Strafkarten und verkürzten Urteilsausfertigungen sowie einem aktuellen Strafregisterauszug.

 

2.2 zur Situation in Somalia

 

Die länderspezifischen Feststellungen entstammen einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation (die nicht nur für die Länderinformationen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, sondern auch für das Bundesverwaltungsgericht zuständig ist) jüngsten Datums, welche auf einer ausgewogenen Sammlung zahlreicher seriöser, aktueller, internationaler, staatlicher und nicht staatlicher Quellen beruht, die in den obigen Länderfeststellungen zitiert wurden.

 

Beide Dokumente wurden dem Parteiengehör unterzogen, wobei von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme kein Gebrauch gemacht wurde. Das Bundesverwaltungsgericht geht demnach von diesen Dokumenten aus.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1 Rechtliches

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen.

 

3.2. Zu A)

 

3.2.1. Spruchpunkt I. - Zu- und Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und Spruchpunkt II. befristete Aufenthaltsberechtigung; des angefochtenen Bescheids

 

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (in Folge: EMRK) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht (1. Fall) oder nicht mehr (2. Fall) vorliegen.

 

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 2 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen, wenn der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt.

 

Nach § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 hat eine Aberkennung des subsidiären Schutzes bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Abs. 1 leg. cit. zu erfolgen, wenn der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt. Entsprechende Vorschriften sehen auch Art. 19 Abs. 3 lit. a iVm Art. 17 Abs. 1 lit. d der Richtline 2011/95/EU (Statusrichtlinie) vor, die mit der zitierten nationalen Regelung umgesetzt worden sind. Ob der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, erfordert eine Gefährdungsprognose, wie sie in ähnlicher Weise auch in anderen asyl- und fremdenrechtlichen Vorschriften zugrunde gelegt ist (vgl. etwa § 6 Abs. 1 Z 3 und § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005; §§ 53 und 66 Abs. 1 FPG). Dabei ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die Annahme gerechtfertigt ist, der Fremde stelle eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich dar. Strafgerichtliche Verurteilungen des Fremden sind daraufhin zu überprüfen, inwieweit sich daraus nach der Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und der Tatumstände der Schluss auf die Gefährlichkeit des Fremden für die Allgemeinheit oder die Sicherheit der Republik Österreich ziehen lässt. (VwGH vom 30.08.2017; Ra 2017/18/0155)

 

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen, wenn der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Eine Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen dss § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

 

§ 17 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, lautet:

 

"Einteilung der strafbaren Handlungen

 

§ 17. (1) Verbrechen sind vorsätzliche Handlungen, die mit lebenslanger oder mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind.

 

(2) Alle anderen strafbaren Handlungen sind Vergehen."

 

Die maßgeblichen Bestimmungen der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (Statusrichtlinie) lauten auszugsweise:

 

"Artikel 17

 

Ausschluss

 

(1) Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser ist von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

 

....

 

b) eine schwere Straftat begangen hat;

 

....

 

"Artikel 19

 

Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung des subsidiären Schutzstatus

 

.....

 

(3) Die Mitgliedstaaten erkennen einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den subsidiären Schutzstatus ab, beenden diesen oder lehnen eine Verlängerung ab, wenn

 

a) er nach der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß Artikel 17 Absätze 1 und 2 von der Gewährung subsidiären Schutzes hätte ausgeschlossen werden müssen oder ausgeschlossen ist;

 

b) (...) 4) Unbeschadet der Pflicht des Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, gemäß Artikel 4 Absatz 1 alle maßgeblichen Tatsachen offen zu legen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen, weist der Mitgliedstaat, der ihm den subsidiären Schutzstatus zuerkannt hat, in jedem Einzelfall nach, dass die betreffende Person gemäß den Absätzen 1 bis 3 dieses Artikels keinen oder nicht mehr Anspruch auf subsidiären Schutz hat."

 

Der Verfassungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 2011, U 1907/19 (VfSlg. 19591), aus, dass eine Gefahr für die Sicherheit und Allgemeinheit eines Landes nur dann gegeben sei, wenn die Existenz oder territoriale Integrität eines Staates gefährdet sei oder wenn besonders qualifizierte strafrechtliche Verstöße (z.B. Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Drogenhandel, bewaffneter Raub) vorlägen. Zur Begründung verwies er darauf, dass § 9 Abs. 2 (Z 2) AsylG 2005 in Umsetzung der Statusrichtlinie ergangen sei und daher richtlinienkonform interpretiert werden müsse. Gemäß Art. 17 Abs. 1 der Statusrichtlinie seien Personen vom Genuss des subsidiären Schutzes auszuschließen, die Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit (lit. a) bzw. schwere Straftaten (lit. b) begangen hätten oder sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen (lit. c). Angesichts der schweren Natur dieser Ausschluss bzw. Aberkennungstatbestände könne nach dem Grundsatz der richtlinienkonformen Interpretation Art. 17 Abs. 1 lit. d leg. cit. (Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit eines Landes) nur dahingehend verstanden werden, dass zur Verwirklichung dieser Bestimmung zumindest die Begehung einer Straftat von vergleichbarer Schwere wie die in lit. a - c der Statusrichtlinie genannten Handlungen vorliegen müsse. Diese Sicht werde auch dadurch bestätigt, dass die Statusrichtlinie selbst bzw. die Materialien zur Statusrichtlinie auf die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) Bezug nehmen würden und sich aus der zu den einschlägigen Bestimmungen der GFK ergangenen Judikatur bzw. Literatur ergebe, dass eine "Gefahr für die Sicherheit oder für die Allgemeinheit eines Landes" nur dann gegeben sei, wenn die Existenz oder territoriale Integrität eines Staates gefährdet sei oder wenn besonders qualifizierte strafrechtliche Verstöße (z.B. Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Drogenhandel, bewaffneter Raub) vorlägen.

 

Auch der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seiner Rechtsprechung erkannt, dass nur ein Flüchtling, der wegen einer "besonders schweren Straftat" rechtskräftig verurteilt wurde, als eine "Gefahr für die Allgemeinheit eines Mitgliedstaats" angesehen werden könne (EuGH vom 24. Juni 2015, C-373/13 , H.T. gegen Land Baden-Württemberg, ECLI:EU:C:2015:413).

 

Ausgehend davon schließt sich der Verwaltungsgerichtshof den zitierten rechtlichen Erwägungen an, wonach ein Fremder jedenfalls dann eine Gefahr für die Allgemeinheit im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 darstellt, wenn sich diese aufgrund besonders qualifizierter strafrechtlicher Verstöße prognostizieren lässt. Als derartige Verstöße kommen insbesondere qualifizierte Formen der Suchtgiftdelinquenz (wie sie beispielsweise in § 28a SMG unter Strafe gestellt werden) in Betracht, zumal an der Verhinderung des Suchtgifthandels ein besonderes öffentliches Interesse besteht (vgl. dazu etwa VwGH vom 22. November 2012, 2011/23/0556, mwN).

 

In den Gesetzesmaterialien zum Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009 - FrÄG 2009, BGBl. I Nr. 122/2009, mit welchem die Aberkennungstatbestände des Abs. 2 des § 9 AsylG 2005 neu eingeführt wurden, wird zu § 9 Abs. 2 AsylG 2005 Folgendes ausgeführt (vgl. RV 330 BlgNR 24. GP 9):

 

"Der neue Abs. 2 stellt demgemäß eine Erweiterung der Aberkennungstatbestände des Abs. 1 dar. So hat eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auch in drei weiteren Fällen von Amts wegen zu erfolgen (Z 1 bis 3). Diese Aberkennungstatbestände entsprechen den in Art. 19 Abs. 3 iVm Art. 17 Abs. 1 der Statusrichtlinie (RL 2004/83/EG des Rates) (Anmerkung: nunmehr Richtlinie 2011/95/EU ) normierten Aberkennungstatbeständen. Von diesen europarechtlich vorgesehenen Aberkennungsmöglichkeiten soll nun innerstaatlich Gebrauch gemacht werden. (...) Der in Art. 17 Abs. 1 lit. b der Statusrichtlinie geregelte Aberkennungstatbestand der ‚schweren Straftat' wird im Sinne der österreichischen Strafrechtsterminologie mit der ‚rechtskräftigen Verurteilung zu einem Verbrechen (§ 17 StGB)' umgesetzt (Z 3). Die hier geforderte Schwelle des Verbrechens im Sinne des § 17 StGB steht in keinem direkten Bezug zum ‚besonders schweren Verbrechen' gemäß § 6 Abs. 1 Z 4. Die Beurteilung einer Tat (oder mehrerer Taten) als besonders schweres Verbrechen im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 4 ist vielmehr unabhängig von dieser formalen Einordnung und nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Straftat, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzt."

 

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 13. September 2018, Ahmed, C-369/17 , ausgesprochen:

 

"Art. 17 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ist dahin auszulegen, dass er einer Rechtsvorschrift eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der ausschließlich anhand des Strafmaßes, das für eine bestimmte Straftat nach dem Recht dieses Mitgliedstaats vorgesehen ist, davon ausgegangen wird, dass die Person, die einen Antrag auf subsidiären Schutz gestellt hat, ‚eine schwere Straftat' im Sinne dieser Bestimmung begangen hat, derentwegen sie von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen werden kann. Es ist Sache der zuständigen nationalen Behörde bzw. des zuständigen nationalen Gerichts, die oder das über den Antrag auf subsidiären Schutz entscheidet, die Schwere der fraglichen Straftat zu würdigen, wobei eine vollständige Prüfung sämtlicher besonderer Umstände des jeweiligen Einzelfalls vorzunehmen ist."

 

In diesem Urteil, C-369/17 , Ahmed, hat der EuGH auch hervorgehoben, "dass dem Kriterium des in den strafrechtlichen Vorschriften des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehenen Strafmaßes zwar eine besondere Bedeutung bei der Beurteilung der Schwere der Straftat zukommt, die den Ausschluss vom subsidiären Schutz nach Art. 17 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2011/95 rechtfertigt, dass sich die zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats gleichwohl erst dann auf den in dieser Bestimmung vorgesehenen Ausschlussgrund berufen darf, nachdem sie in jedem Einzelfall eine Würdigung der genauen tatsächlichen Umstände, die ihr bekannt sind, vorgenommen hat, um zu ermitteln, ob schwerwiegende Gründe zu der Annahme berechtigen, dass die Handlungen des Betreffenden, der im Übrigen die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes erfüllt, unter diesen Ausschlusstatbestand fallen" (Rn. 55). Hierbei verweist der EuGH zudem auf den Bericht des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) vom Jänner 2016 mit dem Titel "Ausschluss:

 

Vor dem Hintergrund des vorliegenden Urteils des EuGH in der Rs C-369/17 , Ahmed, und der nunmehr klargestellten Rechtslage ist die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach bei Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung wegen eines Verbrechens zwingend und ohne Prüfkalkül der Asylbehörde eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 stattzufinden hat, nicht weiter aufrecht zu erhalten. Vielmehr ist bei der Anwendung des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 - welcher nach der Intention des Gesetzgebers die Bestimmung des Art. 17 Abs. 1 lit. b der Statusrichtlinie umsetzt (vgl. hierzu die oben angeführten Gesetzesmaterialien) - jedenfalls auch eine Einzelfallprüfung durchzuführen, ob eine "schwere Straftat" im Sinne des Art. 17 Abs. 1 lit. b der Statusrichtlinie vorliegt. Dabei ist die Schwere der fraglichen Straftat zu würdigen und eine vollständige Prüfung sämtlicher besonderer Umstände des jeweiligen Einzelfalls vorzunehmen. Es ist jedoch nicht unbeachtet zu lassen, dass auch der EuGH dem in einer strafrechtlichen Bestimmung vorgesehenen Strafmaß eine besondere Bedeutung zugemessen hat (vgl. EuGH 13.9.2018, Ahmed, C-369/17 , Rn. 55) und somit die Verurteilung des Fremden wegen eines Verbrechens zweifelsfrei ein gewichtiges Indiz für die Aberkennung darstellt, dieses Kriterium allein jedoch nach den unionsrechtlichen Vorgaben für eine Aberkennung nicht ausreicht.

 

In diesem Aberkennungsverfahren nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 ist somit zusätzlich zum Kriterium der rechtskräftigen Verurteilung des Revisionswerbers wegen eines Verbrechens eine vollständige Prüfung sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalls vorzunehmen. Bei dieser einzelfallbezogenen Würdigung ist auch die konkret verhängte Strafe und die Gründe für die Strafzumessung zu berücksichtigen (VwGH vom 06.11.2018, Ra 2018/18/0295).

 

Im gegenständlichen Fall wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 24.05.2018 der Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannt. Die Behörde ging von einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention, einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts, aus. Es wurde ihm eine befristete Aufenthaltsgenehmigung bis 24.05.2019 erteilt.

 

Aus den Länderberichten ist ersichtlich, dass die Lage im Heimatland des Beschwerdeführers nach wie vor volatil ist. So erreicht die Prognose einer Verbesserung der Versorgungslage nicht das notwendige Ausmaß an Nachhaltigkeit, die für eine tatsächliche Verbesserung der Lage gegeben sein muss. Aufgrund der vorliegenden Berichte kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sich die Versorgungslage wesentlich und nachhaltig geändert hat. Dieser Umstand wurde auch von der belangten Behörde festgestellt. Das Bundesverwaltungsgericht geht so wie die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer über kein ausreichend soziales Netzwerk verfügt, weswegen er im Falle einer Rückkehr, auch in einer ausreichend sicheren Stadt wie XXXX oder XXXX der realen Gefahr von unmenschlicher Behandlung ausgesetzt wäre. Somit würde die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigen weiter vorliegen.

 

Der Beschwerdeführer wurde dreimal rechtskräftig wegen Suchtmitteldelikten in Österreich verurteilt und verbüßt derzeit eine Haftstrafe.:

 

1. Landesgericht Linz XXXX vom 10.05.2017 RK 10.05.2017

 

§§27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z1 2. Fall, 27 (2) SMG

 

§§27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z1 2. Fall, 27 (1) 8. Fall, 27 (2a) SMG

 

Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre,

 

zu LG Linz XXXX vom 10.05.2017

 

Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre

 

LG Linz XXXX vom 05.12.2018

 

2. Landesgericht Linz XXXX vom 05.12.2018 RK 11.12.2018

 

§§27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z1 2. Fall, 27 (2a) SMG

 

§§27 (1) 1. Fall, 27 (1) 2. Fall, 27 (1) 8. Fall, SMG

 

Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon Freiheitsstrafe 5 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

 

Zu LG Linz XXXX RK 11.12.2018

 

Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 11.12.2018

 

Zu LG Linz XXXX RK 11.12.2018

 

Mildernd: Teilgeständnis zum Eigenkonsum, teilweise objektive Schadensgutmachung durch die Sicherstellung von o,8 Gramm Cannabiskraut.

 

Erschwerend: eine einschlägige Vorstrafe, Tatwiederholung, Tatbegehung während offener Probezeit zu

 

33 HV 27/17t des LG Linz

 

Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre

 

3. Landesgericht Linz 034 HV 27/2019b vom 27.03.2019 RK 27.03.2019

 

Freiheitsstrafe 10 Monate

 

§§27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2a) 2. Fall SMG

 

Datum der letzten Tat 8.02.2019

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 15.11.2018, Ra 2018/19/0541). In Hinblick auf die "verheerende Wirkung von Drogen auf das Leben von Menschen" gab auch der EGMR wiederholt sein Verständnis für die Bestimmtheit der Mitgliedstaaten im Vorgehen gegenüber Personen, die an der Verbreitung von Drogen aktiv mitwirken, zum Ausdruck (vgl.EGMR, 19.02.1998, Dalia gegen Frankreich, Nr. 154/1996/773/974; EGMR vom 30.11.1999, Baghli gegen Frankreich, Nr. 34374/97). Der EGMR billigt das harte Vorgehen der nationalen Behörden gegen Drogenhandel, den er ausdrücklich als "Plage" bezeichnet (vgl. das Urteil der Großen Kammer des EGMR, Maslov gegen Österreich, vom 23.06.2008, Beschwerdenummer 1638/03, Randnr. 80, mwN).

 

Beim Beschwerdeführer kommt hinzu, dass er die Straftaten allesamt innerhalb kurzer Zeit - 22 Monaten - beging. Bei der zweiten Verurteilung wurde die Probezeit verlängert, dies wirkte keineswegs abschreckend auf den Beschwerdeführer, der Beschwerdeführer beging zwei Monate nach der zweiten Verurteilung eine weitere Straftat, die zur dritten Verurteilung führte. Aus alledem ergibt sich, dass es sich bei den vom Beschwerdeführer verübten Taten, auch unter Berücksichtigung der Milderungsgründe, um schwere Straftaten handelt, die die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtfertigt, zumal die Taten im Bereich des SMG auch in den anderen europäischen Rechtsordnungen, wie oben angeführt, auch als schwere Straftat angesehen werden. Das Verhalten des Beschwerdeführers während seines Aufenthaltes in Österreich wirft zudem die Frage auf, ob der Beschwerdeführer grundsätzlich gewillt ist, sich der Rechtsordnung in Österreich zu unterwerfen. Die beiden letzten Strafvergehen wurden verübt, während der Beschwerdeführer in einer Probezeit war und zeigt auch, dass er über ein großes Maß an krimineller Energie verfüge. Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Beschwerdeführer keinen Glauben geschenkt, als er zusicherte er würde keine Straftat mehr begehen. Der Beschwerdeführer stellt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar.

 

Dem Beschwerdeführer war der Status de subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen gem. § 9 Abs. 2 AsylG abzuerkennen (Spruchpunkt I.) und die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gem. § 9 Abs. 4 AsylG (Spruchpunkt II.) zu entziehen. Die Entscheidung durch die belangte Behörde ist in diesen Spruchpunkten daher im Ergebnis richtig und die Beschwerde dagegen abzuweisen.

 

3.2.2. Spruchpunkt III. Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen; des angefochtenen Bescheids.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch

 

ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Der Beschwerdeführer befindet sich seit April 2016 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher nicht vor, wobei dies auch weder im Verfahren noch in der Beschwerde behauptet worden ist.

 

3.2.3 Zu Spruchpunkt IV. bis VII. des angefochtenen Bescheids

 

Gemäß § 10 ist gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Dem Beschwerdeführer wurde nicht gem. § 9 Abs. 1 der subsidiäre Schutz aberkannt. Aus den Länderberichten ist ersichtlich, dass die Lage im Heimatland des Beschwerdeführers nach wie vor volatil ist. Dieser Umstand wurde auch von der belangten Behörde festgestellt. Das Bundesverwaltungsgericht geht so wie die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer über kein ausreichend soziales Netzwerk verfügt, weswegen er im Falle einer Rückkehr, auch in einer ausreichend sicheren Stadt wie XXXX oder XXXX der realen Gefahr von unmenschlicher Behandlung ausgesetzt wäre. Somit würde die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigen weiter vorliegen.

 

In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3). Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen. (VwGH vom 30.08.2017; Ra 2017/18/0155)

 

Nach § 46a. Fremdenpolizeigesetz 2005(FPG) (1) ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, solange

 

......

 

2. deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005

unzulässig ist;

 

........

 

es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.

 

Wird eine Rückkehrentscheidung gegenstandslos, so erfasst das auch die damit im Zusammenhang stehenden Aussprüche. Das gilt auch für das an die Rückkehrentscheidung anknüpfende Einreiseverbot (vgl. VwGH 16.12.2015, Ro 2015/21/0037, VwSlg. 19268 A/2015), zumal es nach der insoweit umgesetzten Richtlinie 2008/115/EG keine von der Rückkehrentscheidung losgelösten Einreiseverbote gibt (vgl. EuGH Schlussanträge der Generalanwältin 26. Oktober 2017, Rs. C-82/16 , K.A. ua). (VwGH vom 14.11.2017; Ra 2017/21/0151).

 

Die mit der Rückkehrentscheidung verbundenen Spruchpunkte waren daher aufzuheben (vgl. VwGH 85/17/0030; VwGH vom 29.01.2014 2013/03/004).

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Wie unzweifelhaft der rechtlichen Beurteilung zu entnehmen ist, weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es zu irgendeinem Sachverhaltsaspekt des gegenständlichen Falles an einer Rechtsprechung und kann auch nicht davon gesprochen werden, dass die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf den gegenständlichen Fall als uneinheitlich zu beurteilen wäre. Im Übrigen liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen vor.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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