BVwG I421 2180197-2

BVwGI421 2180197-216.1.2019

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §32
VwGVG §32 Abs1 Z2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:I421.2180197.2.00

 

Spruch:

I421 2180197-2/2E

 

BESCHLUSS

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin Steinlechner, als Einzelrichter über den Antrag des XXXX, geb. XXXX, StA Nigeria, vertreten durch Mag. Bischof und Mag. Lepschi, Rechtsanwälte in 1090 Wien, Währinger Straße 26/1/3, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.10.2018 rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens zu I421 2180197-1 beschlossen:

 

A)

 

Der Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.10.2018, rechtskräftig abgeschlossenes Verfahrens zu I421 2180197-1 wird abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

BEGRÜNDUNG:

 

I. Verfahrensgang:

 

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 21. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Bei der Erstbefragung am 22. September 2015 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer zum Fluchtgrund und zu einer allfälligen Rückkehrgefährdung Folgendes an:

 

"Wegen sozialen Problemen."

 

Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 7. August 2017 gab der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde zu seinen Fluchtgründen befragt Folgendes an:

 

"F: Wurden Sie jemals persönlich in Nigeria bedroht oder verfolgt?

 

A: Ja.

 

F: Machen Sie konkrete und detaillierte Angaben zu der behaupteten Verfolgung!

 

A: Im Jahr 2008 gingen ein Schulfreund und ich für ein Getränk aus, es war ein Freund vom Osten der mich besuchen kam. Danach gingen wir nach Hause, mein Stiefvater kam plötzlich ins Zimmer. Er war sehr überrascht da ich mit einem Typen im Zimmer war. Er hat geschrien:

Wie kann das möglich sein. Das ist Tabu. Wir wurden von meinem Stiefvater geschlagen und auch von anderen Leuten die rundherum waren. Sie waren nicht sehr wütend auf Emanuel, sondern eher auf mich, denn sie sagten: Wie kannst du denn nur jemanden aus dem Osten einladen. Mein Freund wurde aufgefordert zu gehen. Mein Stiefvater meinte ich wäre von Dämonen besessen und brauchte einen Exorzismus. Ich wurde vom Haus weggebracht, man sagte es sei nicht etwas von Sodom und Gumorah. Meine Stiefbrüder meinten ich dürfte nicht mehr bei der Familie wohnen, denn ich habe Schande über sie gebracht. Ich wurde nach Udo gebracht. Man wollte dort den Teufel aus mir austreiben. Es war sehr dunkel.

 

F: Wieso wurden Sie konkret verfolgt?

 

A: Ich hatte Sex/ Beziehung mit einem Typen.

 

Zusammengefasst kann man sagen, dass Sie aufgrund Ihrer Homosexualität verfolgt wurden?

 

A: Ja, Sie sagten ich soll Details erzählen.

 

Vorhalt: Es ging um Details bezüglich der Verfolgung/ Fluchtgründe. Sie erwähnten in keinem Satz dass Sie homosexuell wären oder dass Sie Sex mit dem Genannten gehabt hätten!

 

A: Ich denke ich habe es erwähnt."

 

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. November 2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß "§ 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" sowie gemäß "§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" als unbegründet ab (Spruchpunkte I und II). Dem Beschwerdeführer wurde überdies ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß "§ 57 AsylG" nicht erteilt. Gemäß "§ 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA- Verfahrensgesetz, BGBl. 1 Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß "§ 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen und gemäß "§ 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß "§ 46 FPG" nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III). Letztlich wurde ihm gemäß "§ 55 Absatz 1 bis 3 FPG" eine Frist für die freiwillige Ausreise in der Dauer von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt IV).

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

 

Über diese Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 22.10.2018 zu I421 2180197-1 entschieden und die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis ist rechtskräftig und wurde der seinerzeitigen Vertretung des Beschwerdeführers am 23.10.2018 zugestellt.

 

Mit nunmehrig eingebrachten Antrag auf Wiederaufnahme gegen das vorgenannte Erkenntnis wird unter einem eine psychologische Stellungnahme (datiert 13.12.2018), ohne Ausweisung des Befundungsdatums vorgelegt und die Wiederaufnahme des vorgenannten rechtskräftig erledigten Verfahrens beantragt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Der Verfahrensgang ergibt sich zweifelsfrei aus den vorliegenden Administrativ- und Gerichtsakt. Im vorausgegangenen Verfahren wurde rechtskräftig festgestellt:

 

In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird nicht festgestellt, dass er in Nigeria, aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werde und wurde. Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevante Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existenziellen Bedrohungen ausgesetzt sein."

 

Zu dieser Feststellung gelangte das Bundesverwaltungsgericht aufgrund einer ausführlichen Beweiswürdigung. Insbesondere wurde im Rahmen der Beweiswürdigung zu 2.2 zu den vorgebrachten Fluchtgründen ausführlich zum Vorbringen des nunmehrigen Wiederaufnahmewerbers, nämlich er sei in seinem Herkunftsland Nigeria, aufgrund seiner Homosexualität der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt Bezug genommen.

 

Es wird daher im Wiederaufnahmeantrag die vorgenommene Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes verkürzt und teilweise unrichtig dargestellt.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den vorliegenden Verwaltungsakt und den vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts, einschließlich des rechtskräftigen Erkenntnisses vom 22.10.2018 und in den Antrag vom 20.12.2018 samt der beigeschlossenen psychologischen Stellungnahme vom 13.12.2018.

 

Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest. Das Bundesverwaltungsgericht ist in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Wie der Antragsteller im seinem Antrag zur Begründung desselben vorbringt, ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis durch das Bundesverwaltungsgericht abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn eine Revision gegen das Erkenntnis beim VwGH nicht mehr zulässig und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit den sonstigen Ergebnissen des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruches anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten. Weiters wird im Antrag vorgebracht, der Wiederaufnahmewerber hätte im abgeschlossenen Verfahren schlüssig seine Homosexualität und die sich daraus ergebenden Probleme in Nigeria geschildert. Gerade aus diesem Vorbringen ergibt sich, dass tatsächlich eben kein Wiederaufnahmegrund dargestellt wird, sondern mit gegenständlichem Antrag unzulässig versucht wird, ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren, insbesondere in Bezug auf die erfolgte Beweiswürdigung, neu aufzurollen, wobei keinerlei Umstände vorgebracht und dargetan werden, die neue Tatsachen oder neue Beweismittel darstellen. Dass der Wiederaufnahmewerber schon im Administrativverfahren ausgeführt hat, er sei aufgrund seiner Homosexualität in Nigeria der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt ist unstrittig und so eben keine neue Tatsache. Mit den asylrelevanten Fragen hat sich die Erstbehörde und in der Folge auch das erkennende Gericht ausführlich auseinandergesetzt und hierzu negative Feststellungen getroffen. Der Antragsteller, der bevor er nach Österreich eingereist ist, bereits neun Jahre in Griechenland lebte und im September 2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, hätte zur Glaubhaftmachung seines behaupteten Fluchtgrundes, ausreichend Zeit und Gelegenheit gehabt entsprechende Bescheinigungsmittel vorzulegen und Beweismittel, etwa Zeugen, anzubieten. Die nunmehr vorgelegte psychologische Stellungnahme ist als derartiges Bescheinigungsmittel nicht geeignet. Beispielsweise lässt sich auch dieser Stellungnahme ableiten, dass hier nunmehr der Wiederaufnahmewerber gegenüber der Psychologin geschildert habe, er habe seinen Freund Emanuel als Mitstudenten auf einem College kennengelernt. Sie hätten ein Internat bewohnt und seien zwei Jahre zusammen gewesen, wobei die Unterbringung der Studenten laut dieser Stellungnahme in Vierbettzimmern erfolgte. Es sei ihnen möglich gewesen die homosexuelle Beziehung verborgen zu halten.

 

Weder ist diese psychologische Stellungnahme dazu geeignet, die behauptete Homosexualität des Wiederaufnahmewerbers glaubhaft zu machen, zumal sich gerade aus dieser neuerlich Widersprüche zu seinem bisherigen Vorbringen auftun. Es ist auch nicht glaubwürdig, dass in einem Collegeinternat eine homosexuelle Beziehung, die auch gelebt worden sei, über zwei Jahre hin unbemerkt geblieben wäre. Es war daher mangels der gesetzlichen Voraussetzungen der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unbegründet abzuweisen.

 

Gemäß § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof gegen das Erkenntnis nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten.

 

Der bloße Umstand, dass neue Tatsachen oder Beweismittel ("nova producta") hervorgekommen sind, reicht für die Wiederaufnahme des Verfahrens allerdings nicht aus. Voraussetzung einer Wiederaufnahme ist neben dem Vorliegen von "nova producta", dass sie entweder allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens die Eignung aufweisen, eine im Hauptinhalt des Spruchs anders lautende Entscheidung herbeizuführen (VwGH 19.01.2017, Ra 2016/18/0197; 19.04.2007, 2004/09/0159). Ob diese Eignung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten ist; ob tatsächlich ein anderes Ergebnis des Verfahrens zustande kommt, ist eine Frage, die im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären ist (vgl VwGH 18.01.2017, Ra 2016/18/0197; 19.04.2007, 2004/09/0159).

 

Tauglich ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund (ungeachtet des Erfordernisses der Neuheit) also nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche das BVwG entweder die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildende Entscheidung oder zumindest die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (vgl VwGH 14.01.2010, 2005/09/0084; 19.04.2007, 2004/09/0159).

 

Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben. Da wie oben aufgezeigt, die nun vorgelegte Stellungnahme, nicht geeignet ist, die Homosexualität, die vom Antragsteller als Fluchtgrund geltend gemacht wird, glaubhaft zu machen, zumal sich daraus weitere Widersprüche zu den vorigen Aussagen des Antragstellers ergeben und die Stellungnahme für sich alleine nicht geeignet ist, die behauptete Homosexualität des Antragstellers glaubhaft zu bescheinigen.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Der gegenständliche Beschluss stützt sich auf die ständige oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und weicht nicht von dieser ab. Im Übrigen liegen lediglich auf den Einzelfall bezogene Rechtsfragen vor, die für sich nicht reversibel sind.

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