VwGVG §28 Abs2
VwGVG §33 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:I420.2190501.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Magdalena HONSIG-ERLENBURG als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Gambia, vertreten durch den Verein Queer Base, Welcome and Support for LGBTIQ Refugees, Linke Wienzeile 102, 1060 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 08.03.2018, Zl. 1072331006/150625607, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 33 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 07.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund gab sie an aufgrund ihrer Homosexualität und einer bevorstehenden Zwangsverheiratung geflüchtet zu sein.
2. Mit Bescheid vom 07.07.2017, Zl. 1072331006/150625607, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) den Antrag auf internationalen Schutz (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Gambia ab (Spruchpunkt II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Gambia zulässig ist (Spruchpunkt III.) und stellte fest, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.). Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 13.07.2017 durch Hinterlegung zugestellt und erwuchs mangels rechtzeitiger Beschwerdeerhebung in Rechtskraft.
3. Mit Schreiben vom 19.02.2018 beantragte die Beschwerdeführerin eine neuerliche Zustellung des Bescheides vom 07.07.2017, Zl. 1072331006/150625607 (1.), die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (2.), die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (3.) und führte zugleich eine Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 07.07.2017 aus (4.). Begründend legte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen dar, dass es im Zeitraum zwischen Juni 2017 und September 2017 bei der Abgabestelle "Haus XXXX" zu gravierenden Zustellproblemen gekommen sei. Als Beweis wurde ein Schreiben der Hausleitung der Erwachsenenunterkunft "Haus XXXX" sowie ein Schreiben der Fachbereichsleitung, XXXX, beigelegt. Abschließend wurde festgestellt, dass im vorliegenden Fall nie eine gelbe Hinterlegungsanzeige gemäß § 1 Abs. 1 Zustellformularverordnung zugestellt/hinterlegt worden sei, die unterbliebene Hinterlegungsanzeige einer wirksamen Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 17 Abs. 3 ZustellG entgegen stehe und der Bescheid des BFA vom 07.07.2017 folglich auch nicht wirksam erlassen sei.
4. Mit Bescheid vom 08.03.2018, Zl. 1072331006/150625607, wies das BFA den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Zusammenfassend begründete das BFA diese Entscheidung damit, dass die Beschwerdeführerin nicht durch ein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis verhindert war, die Rechtsmittelfrist einzuhalten.
5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde, die die mangelhaften Ermittlungen im Hinblick auf angebotene Beweismittel und die mangelhafte Beweiswürdigung geltend macht. Es wurde beantragt, entsprechende Nachforschungen über den Verbleib der Verständigung der Hinterlegung bei der Österreichischen Post AG in Auftrag zu geben und die Zeugen (Hausleitung der Erwachsenenunterkunft "Haus XXXX" sowie Fachbereichsleitung, XXXX) einzuvernehmen. Außerdem wurde noch ein Schreiben der Beratungsstelle für Flüchtlinge angefügt, wonach die Beschwerdeführerin erst mit 04.01.2018 Kenntnis von der Existenz einer negativen Asylentscheidung erlangt habe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Bescheid vom 07.07.2017, Zl. 1072331006/150625607, mit welchem das BFA den Antrag auf internationalen Schutz und hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Gambia abgewiesen hat, keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt hat und eine Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführerin erlassen hat und festgestellt hat, dass ihrer Abschiebung nach Gambia zulässig ist sowie dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt, wurde der Beschwerdeführerin durch Hinterlegung am 13.07.2017 rechtswirksam zugestellt.
In der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides, welche auch in der Sprache Mandingo angeführt wurde, wurde auf die zweiwöchige Rechtsmittelfrist ab Zustellung verwiesen, welche mit 27.07.2017 endete.
Der Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin nicht behoben, weshalb dieser nach Ablauf der Abholfrist, am 02.08.2017 an das BFA retourniert wurde.
Innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist wurde gegen diesen Bescheid keine Beschwerde erhoben, weshalb dieser in Rechtskraft erwuchs.
Am 07.02.2018 wurde der Beschwerdeführerin seitens des BFA Akteneinsicht gewährt.
Die Beschwerde samt Wiedereinsetzungsantrag, datiert mit 19.02.2018, wurde dem BFA fristgerecht am 21.02.2018 übermittelt.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Rechtsmittelfrist einzuhalten.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen des für diese Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts basieren auf den im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erhobenen Beweisen durch Einsichtnahme in den Akt des BFA sowie in den Gerichtsakt.
Die Feststellung, dass der Bescheid vom 07.07.2017 der Beschwerdeführerin am 13.07.2017 durch Hinterlegung zugestellt wurde, basiert auf dem sich im Akt befindlichen Rückschein.
Die Feststellung, dass der Bescheid vom 07.07.2017 innerhalb der zweiwöchigen Abholfrist nicht behoben wurde, beruht auf der Tatsache, dass der Bescheid dem BFA mit dem Hinweis "zurück - nicht behoben" retourniert wurde. Gemäß § 19 ZustG sind nämlich Dokumente, die zwar durch Hinterlegung zugestellt, aber nicht abgeholt worden sind, an den Absender zurückzusenden.
Die Feststellung, dass der Bescheid vom 07.07.2017 in Rechtskraft erwuchs, gründet sich auf den vorliegenden Behördenakt.
Dass die Beschwerdeführerin das Fristende zur Einbringung eines Rechtsmittels versäumt hat, ergibt sich aus ihrer Beschwerde samt Wiedereinsetzungsantrag, datiert mit 19.02.2018, beim BFA am 21.02.2017 eingebracht.
Dem BFA ist beizupflichten, wenn es anführt, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer Schilderung, dass es im Zeitraum zwischen Juli 2017 und September 2017 in ihrem Wohnhaus Probleme mit der Zustellung gegeben habe, und mit den entsprechenden beigefügten Bestätigungsschreiben der Hausleitung und der Fachbereichsleitung ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis nicht fundiert belegen konnte. Der dem Schreiben der Fachbereichsleitung vom 22.01.2018 inhärente E-Mail-Auszug vom 21.10.2017, mit welchem der Kundenservice der Post über Zustellprobleme informiert wurde, reicht nicht aus, um tatsächliche Zustellprobleme entsprechend zu belegen, zumal weder ein diesbezügliches Antwortschreiben der Post beigebracht wurde noch die konkrete Betroffenheit der Beschwerdeführerin nachgewiesen werden konnte.
Die Angaben der Beschwerdeführerin, dass die Verständigung der Hinterlegung ("gelber Zettel") ihr nicht zugestellt worden sei und sie daher erst im Jänner 2018 von dem negativen Asylbescheid Kenntnis erlangt hätte, gehen sohin ins Leere.
Dass die Beschwerdeführerin nicht durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Rechtsmittelfrist einzuhalten, ergibt sich aus ihrem Wiedereinsetzungsantrag vom 19.02.2018 und ihrer Beschwerde vom 23.03.2018. So führte die Beschwerdeführerin keine Ortsabwesenheiten wie Urlaube, stationäre Aufenthalte in Krankenhäusern usw. an. Auch ist aus der Aktenlage sonst kein Hinderungsgrund erkennbar.
Den Beweisanträgen, Nachforschungen bei der Österreichischen Post AG in Auftrag zu geben sowie die Hausleitung der Erwachsenenunterkunft Haus XXXX und die Fachbereichsleitung XXXX als Zeugen einzuvernehmen, wird keine Folge geleistet, da dies für die Klärung des Sachverhaltes nicht erforderlich erscheint.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist, wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
In einem Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde ist bei Versäumen der Beschwerdefrist für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht §§ 71, 72 AVG die maßgebliche Bestimmung, sondern § 33 VwGVG.
Bis zur Vorlage der Beschwerde hat gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden, nach Vorlage hat das BVwG mit Beschluss zu entscheiden. Im gegebenen Fall hat die belangte Behörde vor Beschwerdevorlage über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entschieden, sodass diese gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG zur bescheidmäßigen Erledigung dieses Antrages zuständig war. Zwei Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind (1) die Glaubhaftmachung eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses und (2) dass der Partei an der Versäumung kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens zur Last liegt.
Ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Unvorhergesehen ist ein Ereignis, das die Partei nicht einberechnet hat und dessen Eintritt sie unter Bedachtnahme auf die nötige Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten durfte. Die hierfür vorgebrachten Gründe belegen kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis.
Der Eintritt der Fristversäumnis ist im konkreten Fall in der Sphäre der Beschwerdeführerin gelegen, Unterlagen, die ein von ihr behauptetes Unmöglich-Machen der Beschwerde innerhalb der gesetzlich normierten Frist belegen hätten können, wurden im Rahmen des Administrativerfahrens nicht vorgebracht und finden sich auch in der Beschwerde keine substantiierten Anhaltspunkte für das Vorliegen von etwaigen Wiedereinsetzungsgründen.
Mangels Vorliegen der Voraussetzungen der Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist der belangten Behörde inhaltlich beizupflichten und war der Beschwerde somit der Erfolg zu versagen.
Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Der Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (entspricht der bisherigen Judikatur zum § 67d AVG, wobei darauf hinzuweisen ist, dass § 24 VwGVG dem aufgehobenen § 67d AVG entspricht). Es ergab sich sohin auch kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit der Beschwerdeführerin zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291). Was das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein Tatsachenvorbringen, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
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