BVwG W171 2188073-1

BVwGW171 2188073-112.3.2018

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W171.2188073.1.00

 

Spruch:

W171 2188073-1/2E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren XXXX, Staatsangehörigkeit Algerien, unvertreten gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.02.2018, Zl: XXXX zu Recht erkannt:

 

A)

 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

 

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

 

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) reiste illegal nach Österreich ein und stellte am 28.12.2014 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Nach Beendigung des Dublinverfahrens wurde er am 22.04.2015 nach Ungarn abgeschoben. Zuvor wurde er am 18.02.2015 rechtskräftig durch ein Landesgericht zu einer elfmonatigen Freiheitsstrafe, davon acht Monate bedingt, verurteilt.

 

2. In der Folge reiste der BF neuerlich in Österreich ein und befand sich vom 19.06.2015 bis 16.10.2017 in Strafhaft. Während dieser Strafhaft stellte der BF am 28.09.2015 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz und wurde mit rechtskräftiger Verurteilung vom 28.10.2015 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren unbedingt verurteilt.

 

3. Am 16.10.2017 kehrte der BF von einem gewährten Ausgang nicht mehr in die Justizanstalt zurück und entzog sich der Strafhaft.

 

4. Am 15.11.2017 wurde der BF aufgegriffen und erneut in Haft genommen.

 

5. In Erledigung des Antrags auf internationalen Schutz vom 28.09.2015 wurde dieser Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) am 17.11.2017 mit gemäß § 3 und § 8 Asylgesetz negativ entschieden. Gleichzeitig wurde eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem achtjährigen Einreiseverbot unter Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde erlassen. Die daraufhin am 14.12.2017 erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.02.2018 (rechtskräftig am 23.02.2018) in allen Punkten abgewiesen.

 

6. Der BF wurde am 29.11.2017 vor die algerische Botschaftsdelegation vorgeführt und als Algerier identifiziert. Zur Ausstellung eines benötigten Heimreisezertifikates werden seitens der algerischen Botschaft weitere Nachforschungen angestellt.

 

7. Am 11.01.2018 fand eine Rückkehrberatung seitens des VMÖ statt, welche keine Rückkehrwilligkeit des BF zum Ergebnis hatte.

 

8. Am 14.02.2018 gewährte das BFA dem BF ein schriftliches Parteiengehör, zu welchem dieser keine Stellungnahme abgab.

 

9. Mit Bescheid des BFA vom 27.02.2018 wurde über den BF die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung ausgesprochen. Dabei wurden die Rechtsfolgen des Bescheides für den Zeitpunkt nach der Entlassung des BF aus der Gerichtshaft aufschiebend bedingt ausgesprochen. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, der BF sei illegal in Österreich eingereist, sei zweifach rechtskräftig verurteilt, habe sich einmal der Justizhaft entzogen und in Österreich weder familiäre, berufliche noch sonstige Kontakte geschlossen. Er verfüge nicht über ein gültiges Reisedokument und sei gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung ausgesprochen worden. Die Behörde gehe daher vom Vorliegen erheblicher Fluchtgefahr aus und sei der Ausspruch der Schubhaft aufgrund der überwiegenden öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auch als verhältnismäßig anzusehen. Aufgrund des bisherigen Verhaltens des BF komme auch die Verhängung eines gelinderen Mittels nicht in Frage und sei die einzige Möglichkeit eine geordnete Außerlandesbringung zu gewährleisten, die Verhängung der gegenständlichen Schubhaft.

 

10. Am 28.02.2018 langte eine nicht datierte Beschwerde gegen den gegenständlichen Schubhaftbescheid des unvertretenen BF beim BFA ein. In dieser Beschwerde erörterte der BF seine Gründe für die seinerzeitige Ausreise aus seinem Herkunftsstaat und drückte aus, dass er Angst habe, in sein Heimatland zurückkehren zu müssen. Er bat daher, ihn nicht nach Algerien zurückzuschicken, da er dort mit dem Umbringen bedroht sei. Er habe Familie in Frankreich, welche ihn finanziell unterstütze und wolle hier in Österreich die Chance bekommen, ein neues Leben beginnen zu können.

 

11. Mit Aktenvorlage des BFA vom 05.03.2018 wurde dem Gericht auch eine Stellungnahme (vom 01.03.2018) zugesandt. Darin wurde ausgeführt, dass sich der Genannte aktuell in der JA XXXX befände und seine Entlassung am XXXX erfolgen werde. Im Anschluss daran sei die Überstellung in ein Polizeianhaltezentrum zur Vollziehung der gegenständlichen Schubhaft vorgesehen. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bzw. die weitere Überprüfung der Identität des BF werde erwartungsgemäß etwa vier Monate dauern. Aufgrund des bisherigen Verhaltens des BF, insbesondere daher, da sich der BF bereits einmal der Strafhaft entzogen habe, sei von erheblicher Fluchtgefahr auszugehen. Es werde beantragt, der Beschwerde nicht Folge zu geben und dem BF zum Ersatz der gesetzmäßig vorgesehenen Kosten in Höhe von € 426,20 zu verpflichten.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Zur Person und zum Verfahren:

 

1.1. Der BF reiste bisher zumindest zwei Mal illegal in das Bundesgebiet ein, stellte in Österreich bisher zwei Anträge auf internationalen Schutz und war von 19.06.2015 bis 16.10.2017 und von 15.11.2017 an bis zum Datum der vorliegenden Entscheidung in Strafhaft befindlich.

 

1.2. Er ist nicht österreichischer Staatsbürger und daher Fremder im Sinne des § 2 Absatz 4 FPG. Seine algerische Staatsangehörigkeit konnte festgestellt werden, seine genaue Identität steht noch nicht fest.

 

1.3. Er leidet an keinen nennenswerten gesundheitlichen Einschränkungen.

 

1.4. Der BF wurde im Inland bisher zwei Mal strafgerichtlich verurteilt.

 

1.5. In Strafhaft befindlich wurde über den BF mit Bescheid vom 27.02.2018 die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt und soll diese mit seiner geplanten Entlassung aus der Strafhaft am XXXX in Vollzug gesetzt werden.

 

1.6. Am 29.11.2017 wurde der BF der algerischen Botschaftsdelegation vorgeführt. Für die Person des BF liegt noch kein gültiges Heimreisezertifikat des Herkunftsstaats Algerien vor.

 

Zu den Voraussetzungen der Schubhaft:

 

2.1. Gegen den BF liegen eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung und ein befristetes Einreiseverbot vor.

 

2.2. Der Erhalt eines Heimreisezertifikates für den BF in den kommenden Wochen ist als wahrscheinlich anzusehen.

 

2.3. Der BF ist hafttauglich.

 

Zum Sicherungsbedarf:

 

3.1. Der BF war seit seiner Erstregistrierung im Melderegister bisher nur entweder in einer Justizanstalt, oder in einem Polizeianhaltezentrum melderechtlich registriert.

 

3.2. Der BF verwendete im Rahmen seines Aufenthaltes im Inland unterschiedliche Identitäten und steht seine Identität noch nicht definitiv fest.

 

3.3. Der BF hat in Österreich mittlerweile zwei Asylanträge und weiters je einen Asylantrag in Griechenland und Ungarn gestellt.

 

3.4. Gegen den BF liegen im Inland zwei strafgerichtliche Verurteilungen vor.

 

3.5. Er wurde einmal nach Ungarn zurückgeschoben und ist nach Österreich zurückgekehrt.

 

3.6. Der BF war in Österreich bereits in Strafhaft und ist am 16.10.2017 von einem Ausgang nicht in die Strafhaft zurückgekehrt. Er wurde am 15.11.2017 festgenommen und verbüßt nun weiter seine Strafhaft in der JA XXXX.

 

3.7. Gegen den BF besteht schon seit 21.02.2018 eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme.

 

Zur familiären/sozialen Komponente:

 

4.1. Der BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt nicht über ausreichende Barmittel, sein Leben aus Eigenem zu bestreiten.

 

4.2. Er hat in Österreich keine Familienangehörige und verfügt auch sonst über keinen nennenswerten sozialen Anschluss im Inland.

 

2. Beweiswürdigung:

 

2.1. Zur Person und zum Verfahrensgang (1.1.-1.6.):

 

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich im Wesentlichen aus den vorgelegten Verwaltungsakten, insbesondere aus einer im Akt erliegenden Haftauskunft (1.1.), dem Bericht der algerischen Botschaft (1.2. und 1.6) sowie aus einem Strafregisterauszug (1.4.). Die Feststellung zu 1.3. hinsichtlich der Gesundheit des BF ergibt sich im Wesentlichen daraus, dass sich im Akt keinerlei Anhaltspunkte dafür finden, dass er an einer gesundheitlichen Einschränkung leiden würde. Auch in der Beschwerdeschrift und in der Anhaltedatei finden sich diesbezüglich keine gegenteiligen Anhaltspunkte.

 

2.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.3.):

 

Hinsichtlich der bestehenden Hafttauglichkeit darf auf die Ausführungen zu 1.3. verwiesen werden. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass der BF, der sich aktuell in Strafhaft befindet, bei einer allfälligen Haftuntauglichkeit bereits aus der Justizhaftanstalt entlassen worden wäre. Das Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung sowie eines befristeten Einreiseverbotes ergibt sich aus den Angaben im Akt (2.1.). Der BF wurde am 29.11.2017 der algerischen Botschaft vorgeführt, seine Staatsangehörigkeit festgestellt und weitere Ermittlungen im Herkunftsland gestartet. Nach dem üblichen Prozedere ist mit einer Ermittlungszeit von etwa vier Monaten zu rechnen. Es stellt sich daher für das Gericht so dar, dass über die endgültige Entscheidung über die Ausstellung eines Heimreisezertifikates in den nächsten Wochen Klarheit geschaffen werden kann (2.2.).

 

2.3. Zum Sicherungsbedarf (3.1.-3.7.):

 

Die Feststellungen zum Sicherungsbedarf basieren großteils auf den vorgelegten Akten des BFA. Im Zuge seines Aufenthalts hat der BF in Österreich insgesamt sieben Aliasidentitäten angegeben. Dies ergibt sich aus dem vorliegenden Schubhaftbescheid (3.2.). Ebenso ergibt sich, dass der BF bereits in Griechenland und in Ungarn jeweils einen Asylantrag gestellt hat (3.3.). Nach der Feststellung der Zuständigkeit des Staates Ungarn (Dublinverfahren) wurde der BF in weiterer Folge einmal nach Ungarn zurückgeschoben (3.5.). Aufgrund eines im Akt erliegenden Justizberichts ergibt sich, dass der BF in der Zeit von 16.10.2017 bis 15.11.2017 nicht in Strafhaft, sondern auf der Flucht befindlich gewesen ist (3.6.). Die Feststellung zu

3.1. ergibt sich aus einer Einsicht in das Zentrale Melderegister. Hinsichtlich der Feststellungen zu 3.4. darf auf die Ausführungen zu

1.4. verwiesen werden.

 

2.4. Familiäre/soziale Komponente (4.1.-4.2.):

 

Aus den Angaben im Akt ergibt sich in keiner Weise, dass der BF jemals einer legalen Arbeit nachgegangen wäre. Dies wäre auf jeden Fall nicht von Dauer gewesen, da sich der BF über einen Gutteil seiner Anwesenheit in Österreich in Straft- bzw. sonstiger Sicherungshaft befunden hat. Nach den Angaben in der Anhaltedatei verfügte der BF über einen Geldbetrag von € 7,14 und ist daher mit diesem Betrag nicht in der Lage, sein Leben aus Eigenem zu bestreiten. Darüber hinaus ergibt sich aus der Tatsache, dass der BF über derartig lange Zeiten in verschieden Haften befindlich gewesen ist, dass wesentliche soziale Kontakte zu Österreichern, die ihm eine nennenswerte Integration verschaffen könnten, schwer vorstellbar sind. Der BF hat auf ein ihm gewährtes Parteiengehör nicht reagiert, sodass diesbezüglich keine anderslautenden Feststellungen getroffen werden konnten. Familienangehörige des BF sind nicht aktenkundig. In weiterer Folge konnte das Gericht im Rahmen der durchgeführten Prüfung keine von der Behörde abweichenden Feststellungen treffen.

 

2.5.

 

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen. Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden. Die bisher nicht bestehende Kooperationsbereitschaft ergibt sich bereits klar aus der Verweigerung einer persönlichen Stellungnahme im Rahmen eines ihm gewährten Parteiengehörs, weshalb von einer Mitwirkung im Verfahren auch nicht ausgegangen werden konnte.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Zu Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

 

3.1.1. Gesetzliche Grundlage:

 

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

 

Schubhaft

 

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

 

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

 

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

 

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

 

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

 

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

 

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

 

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

 

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

 

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

 

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

 

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

 

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

 

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

 

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

 

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

 

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

 

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

 

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

 

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

 

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

 

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

 

Zur Judikatur:

 

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

 

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

 

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

 

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig"(VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, "weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese 'Einstellungsänderung' durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken)." (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

 

3.1.3. Der BF reiste seinerzeit illegal nach Österreich ein und brachte in Österreich insgesamt zwei Anträge auf internationalen Schutz ein. Er befand sich nicht durchgehend im Inland, da er nach seinem ersten Asylverfahren nach Ungarn abgeschoben wurde. Darüber hinaus hat er noch zwei weitere Asylanträge im EU-Inland gestellt. Es zeigte sich, dass der BF bisher in keiner Weise dazu bewegt werden konnte, sich an die bestehenden Regelungen zu halten und wurde er zwei Mal in Österreich rechtskräftig verurteilt. Er verfügt nicht über wesentliche Barmittel und könnte daher in Österreich auch nicht aus Eigenem sein Auskommen finden. Eine Bewilligung zur Arbeitsaufnahme liegt nicht vor. Der BF verwendete in Zuge seines Aufenthaltes unterschiedliche Identitäten und ist daher auch in keiner Weise vertrauenswürdig. Gegen den BF besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und ist er in der Vergangenheit einmal von einem Ausgang aus der Strafhaft nicht wiedergekehrt (Flucht!). Aufgrund des bisher an den Tag gelegten Verhaltens, ist der BF in keiner Weise vertrauenswürdig und hat sich im Rahmen der verschiedenen Verfahren herausgestellt, dass er auch oftmals nicht kooperationswillig war. Durch die zweifache Antragsstellung (Anträge auf internationalen Schutz) zeigt sich weiter, dass der BF auch in keiner Weise gewillt ist, die mögliche Rückführung seiner Person in den Herkunftsstaat zu akzeptieren. Auch im Rahmen der freiwilligen Rückkehrberatung wurde er als ausreiseunwillig bezeichnet. Der BF verfügt im Inland weder über einen gesicherten Wohnsitz, noch über irgendwelche nennenswerten sozialen Kontakte, die ihm gegebenenfalls Halt bieten könnten. Dies verwundert auch nicht, da der BF einen Gutteil seiner Anwesenheit in Österreich in diversen Haftanstalten verbracht hat. Das erkennende Gericht geht daher im Gleichklang mit den behördlichen Feststellungen aufgrund der oben angeführten Gründe davon aus, dass hinsichtlich des BF jedenfalls Sicherungsbedarf besteht.

 

3.1.4. Darüber hinaus ist im vorliegenden Fall auch die Verhältnismäßigkeit der Inschubhaftnahme gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären und sozialen Verhältnisse zeigt sich, dass die Gewichtung des öffentlichen Interesses ein weitaus höherer Stellenwert zuzuschreiben war. Während der BF im Inland über keinerlei nennenswerte soziale Kontakte verfügt und auch keinen gesicherten Wohnsitz vorweisen konnte, wiegt das öffentliche Interesse an einer gesicherten Außerlandesbringung wesentlich schwerer. Der BF ist bereits zwei Mal strafrechtlich verurteilt und ist darüber hinaus einmal aus der Strafhaft entflohen. Das Gericht geht in einer Gesamtschau auch nicht davon aus, dass der BF aufgrund seiner langen Haftzeiten nennenswerte Kontakte im Inland tatsächlich knüpfen hatte können. Er ist weiters ein mehrfach rechtskräftig verurteilter Straftäter, der durch seine Straftaten jedenfalls ein erhöhtes Interesse der österreichischen Gesellschaft erweckt, ihn nunmehr nach einem Fluchtversuch aus der Justizhaft auch sicher außer Landes bringen zu können. Darüber hinaus hat der BF auch durch sein Verhalten klar zum Ausdruck gebracht, dass er keine Unterordnung unter das im Inland geltende Rechtssystem beabsichtigt. Das erkennende Gericht geht daher - wie oben angeführt - auch von einer Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal die Bemühungen des BFA eine baldige Abschiebung durchführen zu können, im Rahmen des Verfahrens deutlich hervorgekommen sind. Das Vorliegen eines gültigen Heimreisezertifikates wird aufgrund der oben näher erörterten Umstände für die nächsten Wochen erwartet. Die gegenständliche zukünftige Schubhaft ist daher nach Rechtsansicht des erkennenden Gerichtes auch verhältnismäßig.

 

3.1.5. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit einer konkreter werdenden Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt "Sicherungsbedarf" erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers und eine Kooperation desselben nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wären. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der bereits gezeigt hat, ein evidentes Interesse daran zu haben, im Inland zu verbleiben, nicht abermals für die Behörde unerreichbar sein und im Inland (oder EU-Inland) erfolgreich untertauchen würde. Auch eine familiäre Bindung, die unter Umständen Halt bieten könnte, ist nicht vorhanden. Der Beschwerdeführer war in der Vergangenheit nicht gewillt, seinen Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet zu legalisieren und er ist nicht willig in seine Heimat zurückzukehren. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden könnte.

 

3.1.6. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio" und wird die Schubhaft auch vorerst weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.

 

3.1.7. Im vorliegenden Fall konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hinreichend geklärt werden konnte.

 

Zu Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:

 

Die getroffenen Feststellung und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges vorerst keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Auf die Verpflichtung zur periodischen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit gem. § 80/6 FPG wird verwiesen.

 

Zu Spruchpunkt III. - Kostenbegehren

 

Die Behörde begehrte den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da diese auch vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Zu Spruchpunkt B. - Revision

 

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

 

Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

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