BVwG W150 2182199-1

BVwGW150 2182199-11.3.2018

AsylG 2005 §15c
AsylG 2005 §3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §7 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W150.2182199.1.00

 

Spruch:

1.) W150 2182201-1/10E

 

2.) W150 2182199-1/9E

 

3.) W150 2182203-1/9E

 

Beschluss

 

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. KLEIN als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) Herrn XXXX, geb. XXXX1984, StA. SYRIEN, 2.) Frau XXXX, geb. XXXX1992, StA. SYRIEN und

3.) dem mj. XXXX, geb. XXXX2016, StA. SYRIEN, vertreten durch die Zweitbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin, alle vertreten durch: Verein Menschenrechte Österreich, Alserstraße 20, 1090 Wien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Niederösterreich, Außenstelle St. Pölten, vom 14.12.2017, Verfahrens Zlen. 1.) XXXX, 2.) XXXX und 3.) XXXX, den Beschluss:

 

A)

 

Die Beschwerden gegen die Erledigungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Niederösterreich, Außenstelle St. Pölten, vom 14.12.2017, Verfahrens Zlen. 1.) XXXX,

2.) XXXX und 3.) XXXX, werden gemäß § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG iVm § 7 Abs. 2 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer reisten spätestens am 17.11.2015 illegal in das Bundesgebiet ein und stellten an diesem Tag die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz bei der PI Salzburg Hauptbahnhof. Am 18.11.2015 wurden sie im PAZ Salzburg erstbefragt. Dabei gaben die Erst- und Zweitbeschwerdeführer zusammengefasst und soweit verfahrensrelevant an, zum jeweils im Spruch angeführten Datum in Syrien geboren zu sein, miteinander verheiratet und Eltern des mj. Drittbeschwerdeführers zu sein. Der Erstbeschwerdeführer legte zum Nachweis seiner Identität eine Kopie seines syrischen Personalausweises vor.

 

2. Am 28.03.2017 übermittelte die Diakonie - Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH auf Wunsch der Beschwerdeführer Unterstützungsschreiben diese betreffend und ersuchte um eine möglichst rasche Anberaumung einer Einvernahme.

 

3. Am 27.06.2017 wurden die Erst- und Zweitbeschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen. Im Zuge dieser Einvernahme bestätigten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer zusammengefasst und soweit verfahrensrelevant im Wesentlichen ihre anlässlich der Erstbefragung gemachten Angaben. Der Erstbeschwerdeführer legte einen Ehevertrag vor, aus dem die Registrierung der Ehe der Erst- und Zweitbeschwerdeführer in Syrien hervorging.

 

4. Am 17.10.2017 übermittelte die Diakonie - Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH der belangten Behörde auf Wunsch der Zweitbeschwerdeführerin einen medizinischen Befund, diese betreffend.

 

5. Am 10.11.2017 stellte die Zweitbeschwerdeführerin über die Diakonie - Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH bei der der belangten Behörde einen Antrag auf Durchführung eines Familienverfahrens.

 

6. Am 11.12.2017 übermittelte die Diakonie - Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH auf Wunsch der Beschwerdeführer der belangten Behörde einen medizinischen Befund, die Zweitbeschwerdeführerin betreffend, sowie die Kopie einer Sterbeurkunde den Vater des Erstbeschwerdeführers betreffend.

 

7. Mit Bescheid vom 14.12.2017 - zugestellt am 15.12.2017 - wurde im Familienverfahren der Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 wurde den Beschwerdeführern der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005 jeweils eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 14.12.2018 erteilt (Spruchpunkt III.). Mit Verfahrensanordnung gem. § 52 Abs. 1 BFA-VG vom gleichen Tag und ebenfalls zugestellt am 15.12.2017 wurde den Beschwerdeführern amtswegig der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater zur Seite gestellt.

 

8. Am 05.01.2017 vormittags besprachen die Beschwerdeführer mit der für sie seit März 2017 offenbar zuständigen Mitarbeiterin der Diakonie - Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH eine Übersiedlung der Familie nach Wien, welche mit 08.01.2018 hätte erfolgen sollen. Nach Beratung und unter Beiziehung eines Dolmetschers unterfertigten der Erstbeschwerdeführer für sich und die Zweitbeschwerdeführerin für sich und den Drittbeschwerdeführer Rechtsmittelverzichte bezüglich der verfahrensgegenständlichen Bescheide des BFA. Diese wurden kurz danach von der zuständigen Mitarbeiterin der Diakonie - Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH der belangten Behörde übermittelt (eingelangt am selben Tag).

 

9. Gegen Spruchpunkt I. der Bescheide erhoben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 05.03.2017 - eingelangt am selben Tag - im Wege ihres Rechtsberaters Verein Menschenrechte Österreich Beschwerde und brachten im Wesentlichen vor, dass dem Erstbeschwerdeführer in seinem Heimatland die Zwangsrekrutierung drohe.

 

10. Mit Schreiben vom 08.01.2018 - eingelangt am 09.01.2018 - legte das BFA die gegenständlichen Verfahrensakte, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen, dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und verzichtete gleichzeitig auf die Durchführung und Teilnahme einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

 

11. Am 17.01.2018 teilte die dafür zuständige Mitarbeiterin der Diakonie - Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, auf Ersuchen fernmündlich die näheren Umstände der Betreuung der Beschwerdeführer, insbesondere der Abgabe des Rechtsmittelverzichtes durch die Beschwerdeführer mit. Dies sei auch dokumentiert worden.

 

12. Mit Schreiben vom 17.01.2018 - zugestellt am 19.01.2018 - brachte das erkennende Gericht den Beschwerdeführern zu Handen ihrer Rechtsberater die Rechtsmittelverzichte und den Inhalt des Telefonates mit der Mitarbeiterin der Diakonie - Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH zur Kenntnis und räumte ihnen bis 30.01.2018 Parteiengehör ein.

 

13. Mit Schreiben vom 25.01.2018 übermittelten die Beschwerdeführer ihre Stellungnahme und führten darin im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass die Beschwerdeführer am 21.12.2017 ins Büro des Vereines Menschenrechte Österreich, Geschäftsstelle St. Pölten gekommen seien und dort nach einer ausführlichen Rechtsberatung ihren Wunsch kundgetan hätten, eine Beschwerde gegen Spruchpunkt I [des verfahrensgegenständlichen Bescheides] einzubringen; sie hätten eine Vollmacht unterzeichnet. Da sich die Beschwerdeführer danach nicht mehr beim Verein Menschenrechte Österreich gemeldet hätten, wurde von diesem die Beschwerde verfasst und am 05.01.2018 fristgerecht per Fax eingebracht. Erst durch die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme durch das BVwG sei die Rechtsberatung des Vereines Menschenrechte Österreich auf den Rechtsmittelverzicht aufmerksam geworden und hätte sodann Kontakt zur Diakonie St. Pölten, welche den Rechtsmittelverzicht für die Beschwerdeführer geschickt habe, und zu den Beschwerdeführern aufgenommen.

 

Laut telefonischer Auskunft vom 22.01.2018 der zuständigen Mitarbeiterin der Diakonie St. Pölten wären die Beschwerdeführer am 05.01.2018 bei ihr gewesen, weil diese nach Wien hätten übersiedeln und sich hierzu beraten lassen wollen. Wegen § 15c AsylG (Wohnsitzbeschränkung) sei nach Meinung der Diakonie St. Pölten die Abgabe eines Rechtsmittelverzichts notwendig gewesen. Da die Beschwerdeführer eine bezugsfertige Wohnung in Wien für den 08.01.2018 in Aussicht gehabt hätten, sei großer Zeitdruck vorhanden gewesen und es sei vor dem Absenden der Rechtsmittelverzichte keine Rücksprache mit der Rechtsberatung gehalten.

 

Eine telefonische Nachfrage bei den Beschwerdeführern am 23.01.2018 habe ergeben, dass am 05.01.2018 bei der Diakonie zwar ein Arabisch-Dolmetscher vorhanden, den Beschwerdeführern aber dennoch die Tragweite des Rechtsmittelverzichts nicht bewusst gewesen sei. Die Beschwerdeführer seien im Glauben gewesen, dass ihre Unterschrift für den "Verzug nach Wien" (der dann im Übrigen aus faktischen Gründen gescheitert sei) Voraussetzung gewesen wäre. Dass sie damit auch auf das Beschwerdeverfahren vor dem BVwG verzichten würden, sei ihnen nicht bewusst gewesen.

 

Die Rechtsberatung des Vereines Menschenrechte Österreich St. Pölten habe sodann auch am 24.01.2018 mit der Grundversorgungsstelle des Landes Niederösterreich, Frau Christine Huber telefonisch Rücksprache gehalten und die Information bekommen, dass für den Umzug in ein anderes Bundesland nur § 8 AsylG rechtskräftig werden müsse (nicht aber § 3 AsylG, weshalb der Rechtsmittelverzicht der Diakonie überschießend gewesen sei) - dies gehe zwar so nicht aus § 15c AsylG (Wohnsitzbeschränkung) hervor, aber es sei so zwischen den Bundesländern vereinbart gewesen.

 

Die Beschwerdeführer ersuchten daher, den von der Diakonie St. Pölten verfassten, allgemein gehaltenen und somit unnötigerweise überschießenden Rechtsmittelverzicht nur auf § 8 AsylG zu beschränken und das Beschwerdeverfahren gemäß § 3 AsylG fortzuführen.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen

 

Auf Grundlage der Anträge auf internationalen Schutz vom 17.11.2015, der Einvernahmen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Erst- und Zweitbeschwerdeführer durch Organe des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der Rechtsmittelverzichte vom 05.01.2018, der Beschwerden gegen die angefochtene Erledigung und die angefochtenen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.01.2018, der im Verfahren vorgelegten Dokumente und Lichtbilder, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten, in das Zentrale Melderegister, Fremdeninformationssystem und Grundversorgungs-Informationssystem und dem durchgeführten Parteiengehör werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

1.1. Zur Person der Beschwerdeführer

 

Der Drittbeschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und ist zu dem dort angegebenen Datum geboren und syrischer Staatsbürger. Seine Identität steht fest. Die Identität der Erst- und Zweitbeschwerdeführer steht nicht fest. Sie sind syrische Staatsbürger und sprechen Arabisch. Soweit im Bescheid und Verfahren Namen und Geburtsdaten genannt werden, dient dies nur zur Individualisierung und stellt eine Verfahrensidentität dar.

 

Der Erst- und der Drittbeschwerdeführer sind gesund. Die Zweitbeschwerdeführerin leidet an einer - nicht lebensbedrohlichen - Schilddrüsenunterfunktion.

 

Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind leibliche Eltern des minderjährigen ledigen Drittbeschwerdeführers.

 

1.2. Zu den Prozesshandlungen der Beschwerdeführer nach Erlassung der Bescheide durch die belangte Behörde

 

Die Beschwerdeführer haben am 05.01.2016 unter Beiziehung einen Dolmetsches für die arabische Sprache schriftliche Rechtsmittelverzichte bezüglich der verfahrensgegenständlichen Bescheide unterfertigt und bei der belangten Behörde eingebracht.

 

Der dazu bevollmächtigte Rechtsberater der Beschwerdeführer hat am 05.01.2016 Beschwerden gegen die verfahrensgegenständlichen Bescheide eingebracht.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer ergeben sich entsprechend den Akteninhalten aus der Kenntnis der Landessprache, Lebensumstände und der örtlichen Gegebenheiten sowie aus der Geburtsurkunde des Drittbeschwerdeführers. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aus den Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer anlässlich ihrer Einvernahmen, des dabei den Organwaltern vermittelten persönlichen Eindruckes und der Akteninhalte, insbesondere des Befundes eines Facharztes für Radiologie (XXXX, AS 155-157) die Zweitbeschwerdeführerin betreffend.

 

Die Feststellungen zum Verfahrensverlauf insbesondere zu den Prozesshandlungen der Beschwerdeführer ergeben sich aus dem jeweiligen Akteninhalt, insbesondere der eingebrachten Rechtsmittelverzichte, der Beschwerden, der fernmündlichen Mitteilung der zuständigen Mitarbeiterin der Diakonie - Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und der Stellungnahme der zuständigen Mitarbeiterin des Rechtsberaters zum Ergebnis der Beweisaufnahme.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

 

Zu Spruchpunkt A):

 

3.1. § 10 AVG idgF lautet:

 

"(1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

 

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

 

(3) Als Bevollmächtigte sind solche Personen nicht zuzulassen, die unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreiben.

 

(4) Die Behörde kann von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Angehörige (§ 36a), Haushaltsangehörige, Angestellte oder durch amtsbekannte Funktionäre von beruflichen oder anderen Organisationen handelt und Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten.

 

(5) Die Beteiligten können sich eines Rechtsbeistandes bedienen und auch in seiner Begleitung vor der Behörde erscheinen.

 

(6) Die Bestellung eines Bevollmächtigten schließt nicht aus, daß der Vollmachtgeber im eigenen Namen Erklärungen abgibt."

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Behörde auch "Erklärungen des Vollmachtgebers, die dieser ihr ohne Heranziehung seines Vertreters aus eigenem Antrieb abgibt, entgegennehmen. Im Falle des Widerspruches zwischen den Erklärungen einer Partei und denen ihres eigenen Vertreters kommt dann der Erklärung der Partei der Vorrang zu." (vgl. u.a. VwGH 07.02.1958, VwSlg 4557 A/1958; VwGH 16.04.1986, 85/03/0180; VwGH 18.11.2008, 2006/11/0150; siehe dazu auch Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht, 10. Auflage, RZ 146, S. 70).

 

Es lässt sich nicht mehr der genaue Zeitpunkt feststellen, wann genau die Beschwerdeführer ihren Rechtsmittelverzicht am 05.01.2018 abgegeben haben. Rechtsmittelverzicht und Berufung langten jedenfalls am gleichen Tage (05.01.2018) bei der belangten Behörde ein. Im Ergebnis ist daher der Erklärung der Beschwerdeführer als Vollmachtgeber, also dem Rechtsmittelverzicht vor der von deren Rechtsberater und Vertreter eingebrachten Beschwerde der Vorrang einzuräumen.

 

3.2. § 63 Abs. 4 AVG idgF lautet:

 

"Eine Berufung ist nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Berufung verzichtet hat."

 

§ 7 Abs. 2 VwGVG idgF lautet:

 

"Eine Beschwerde ist nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat."

 

Die Regelung in § 7 Abs. 2 VwGVG entspricht sinngemäß der Regelung in § 63 Abs. 4 AVG, es kann daher zur Beurteilung eines Beschwerdeverzichtes auch auf Rechtsprechung und Literatur zum Berufungsverzicht herangezogen werden (siehe dazu auch Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht, 10. Auflage, RZ 742, S. 432).

 

Der Berufungsverzicht ist eine von der Partei vorgenommene Prozesshandlung, der die Wirkung anhaftet, dass eine von der Partei eingebrachte Berufung einer meritorischen Erledigung nicht zugeführt werden darf. Ein einmal ausgesprochener Berufungsverzicht kann auch nicht mehr zurückgenommen werden. Allerdings ist das Vorliegen eines Berufungsverzichtes besonders streng zu prüfen (VwGH 25.10.2006, 2003/21/0037, zuletzt: VwGH 29.04.2014, 2013/04/0072; siehe dazu auch Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Überarbeitete Auflage, K 10 zu § 7 VwGVG, S. 53).

 

In der obzitierten Entscheidung (2003/21/0037) ging der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass seitens der belangten Behörde ein Irrtum veranlasst worden war: "Werden durch eine irreführende bzw. unvollständige Rechtsbelehrung falsche Vorstellungen über die Folgen und Möglichkeiten einer Berufung erweckt, oder wird die Erklärung über den Rechtsmittelverzicht unter dem Druck der Haft abgegeben, so liegt ein rechtserheblicher Willensmangel vor (Hinweis E 10. März 1994, 94/19/0601). (Hier: Es wurde zwar kein Druck auf die Partei ausgeübt, die Berufung zurückzuziehen, es wurde ihr jedoch bedeutet, dass die Berufung "keinen Sinn hätte" und die Entscheidung "dadurch keinesfalls geändert würde". Es kann zwar nicht als rechtswidrig gesehen werden, wenn die Behörde eine Prognose über die Erfolgsaussichten einer Berufung abgibt. Durch die weitere Erklärung, dass eine Abänderung der Entscheidung "keinesfalls" in Betracht kommt, wird jedoch eine falsche Vorstellung über die Folgen und Möglichkeiten einer Berufung hervorgerufen. Führt diese unrichtige Vorstellung, dass nämlich eine Berufung in keinem Fall Erfolg haben könnte, zur Abgabe eines Rechtsmittelverzichtes, so wurde dieser durch einen - von der Behörde veranlassten - Willensmangel verursacht. Dieser Willensmangel hat zur Folge, dass die Verzichtserklärung - ohne Prüfung der Frage, ob sie überhaupt iSd § 63 Abs. 4 AVG "Zustellung" des Bescheides abgegeben wurde - als unwirksam anzusehen ist. Indem die belBeh von einer Wirksamkeit des Berufungsverzichtes ausgegangen ist, hat sie die angefochtenen Bescheide mit Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes belastet.)"

 

Da allgemeine Regelungen über die Wertung von Willenserklärungen in den Verwaltungsvorschriften oder in den Verfahrensvorschriften nicht enthalten sind, sind nach der Rechtsprechung des VwGH (20.09.2017, Ra 2016/11/0172) in dieser Frage die Vorschriften des ABGB heranzuziehen. Die Behörde hat zu prüfen, ob die Erklärung frei von wesentlichen Willensmängeln war oder nicht. Zu diesen wesentlichen Willensmängeln zählen sowohl der Irrtum (§ 871 ABGB) als auch List und Furcht (§ 870 ABGB).

 

Die §§ 870 und 871 ABGB lauten:

 

"§ 870

 

Wer von dem anderen Teile durch List oder durch ungerechte und gegründete Furcht (§ 55) zu einem Vertrage veranlaßt worden, ist ihn zu halten nicht verbunden.

 

§ 871

 

(1) War ein Teil über den Inhalt der von ihm abgegebenen oder dem anderen zugegangenen Erklärung in einem Irrtum befangen, der die Hauptsache oder eine wesentliche Beschaffenheit derselben betrifft, worauf die Absicht vorzüglich gerichtet und erklärt wurde, so entsteht für ihn keine Verbindlichkeit, falls der Irrtum durch den anderen veranlaßt war, oder diesem aus den Umständen offenbar auffallen mußte oder noch rechtzeitig aufgeklärt wurde.

 

(2) Ein Irrtum eines Teiles über einen Umstand, über den ihn der andere nach geltenden Rechtsvorschriften aufzuklären gehabt hätte, gilt immer als Irrtum über den Inhalt des Vertrages und nicht bloß als solcher über den Bewegungsgrund oder den Endzweck (§ 901)."

 

Im vorliegenden Sachverhalt liegen keine Anzeichen dafür vor, dass seitens der belangten Behörde in irgendeiner Art und Weise ein Irrtum der Beschwerdeführer veranlasst wurde und wurde solches auch durch die Beschwerdeführer nicht behauptet. Vielmehr hat die belangte Behörde Spruch und Rechtsmittelbelehrung der verfahrensgegenständlichen Bescheide auch in deren Muttersprache schriftlich zugestellt und diesen durch Verfahrensanordnung Rechtsberater, im vorliegenden Fall den Verein Menschenrechte Österreich, zur Seite gestellt.

 

Die Beschwerdeführer haben diese Beratung eigenen Angaben zu Folge auch am 21.12.2017 in Anspruch genommen und diese im Wege ihrer Rechtsberater als eine ausführliche Rechtsberatung bezeichnet. Rechtsberater haben gemäß § 48 bzw. § 52 BFA-VG ihre Tätigkeit objektiv und nach bestem Wissen durchzuführen und den Beratenen auch die Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde darzulegen. Es finden sich im Sachverhalt keine Anzeichen dahingehend, dass es dabei zu einem Beratungsmangel gekommen sein soll und wurde ein solcher auch nicht behauptet.

 

Behauptet wurde nur, dass es durch die danach erfolgte Beratung durch die Diakonie - Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH zu einem Beratungsmangel gekommen sein soll ,was seitens der Diakonie - Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH nicht bestätigt wurde. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob bei der seinerzeit erfolgten Beratung tatsächlich ein Beratungsmangel vorgefallen ist, jedenfalls wäre ein solcher nicht der belangten Behörde zuzurechnen, da die Diakonie - Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH den Beschwerdeführern nicht als Rechtsberaterin zur Seite gestellt worden war, sondern sich die Beschwerdeführer dieser Beratung freiwillig, nach eigenem Willen unterzogen haben. Auffallen konnte der Behörde ein - allfälliger, in weiterer Folge eingetretener - Willensmangel jedenfalls nicht, da erstens die Diakonie - Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH als juristische Person (gemeinsam mit der Volkshilfe Oberösterreich) genauso wie der Verein Menschenrechte Oberösterreich in sehr vielen Fällen als Rechtsberaterin gemäß § 48 Abs. 6 BFA-VG beauftragt wurde und wird. Zweitens waren die Beschwerdeführer einer professionellen Rechtsberatung beim Verein Menschenrechte Österreich zugeführt worden und drittens erscheint weder im Gesamtzusammenhang noch im Hinblick auf den angestrebten Zweck (hier: Vermeidung der weiteren Wohnsitzbeschränkung gemäß § 15c Abs. 1 AsylG 2005 aufgrund eines anhängigen Verfahrens) ein Rechtsmittelverzicht als offenbar und auffallend falsch. Zu bemerken ist in diesem Zusammenhang auch, dass seitens der Beschwerdeführer nun auch gar nicht behauptet wurde, es sei ihnen seinerzeit vom Land Wien Grundversorgung gewährt oder zur Verfügung gestellt worden, sondern lediglich, dass es entgegen dem Wortlaut von § 15c Abs. 1 AsylG 2005 "so zwischen den Bundesländern vereinbart gewesen" sei, dass diese Bestimmung für Asylwerber mit rechtskräftig erlangtem subsidiären Schutz keine Geltung habe.

 

3.3. § 7 Abs. 2 VwGVG idgF lautet:

 

"Bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht sind die Schriftsätze bei der belangten Behörde einzubringen. Dies gilt nicht in Rechtssachen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG."

 

§ 12 2 VwGVG idgF lautet:

 

"Bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht sind die Schriftsätze bei der belangten Behörde einzubringen. Dies gilt nicht in Rechtssachen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG."

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 18.12.2015, Ra 2015/02/0169) ist aus dieser Bestimmung auch abzuleiten, dass "Beschwerden schriftlich einzubringen sind. Die Erläuterungen (ErlRV 2009 BlgNR 24. GP , S. 4) gehen nämlich davon aus, dass durch die Verwendung des Begriffs "Schriftsatz" - einem in der ZPO, dem VwGG und dem VerfGG 1953 gebräuchlichen Begriff - "auch klargestellt (wird), dass die Anträge, Gesuche, Beschwerden und sonstigen Mitteilungen schriftlich einzubringen sind".

 

Die Rechtsmittelverzichte der Beschwerdeführer wurden schriftlich erklärt und der belangten Behörde auch in dieser Form übermittelt. Auch insoferne besteht an deren Gültigkeit kein Zweifel.

 

Zu Spruchpunkt B):

 

3.4. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Punkten bei Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

 

3.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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