Schulpflichtgesetz 1985 §11 Abs3
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W227.2184266.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Be-schwerde von XXXX und XXXX , Erziehungsberechtigte des am XXXX geborenen XXXX , gegen den Bescheid des Landesschulrates für Oberösterreich vom 20. Dezember 2017, Zl. 401-28/0064-BR-LI/2017, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des Spruches des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:
"Die Anzeige der Teilnahme von XXXX am häuslichen Unterricht für das Schuljahr 2017/2018 vom 19. Dezember 2017 wird gemäß § 11 Abs. 3 Schulpflichtgesetz (SchPflG) als unzulässig zurückgewiesen."
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I. Verfahrensgang
1. Mit am 19. Dezember 2017 beim Landesschulrat für Oberösterreich eingelangten Schreiben vom 14. Dezember 2017 zeigten die Beschwerdeführer die Teilnahme ihres schulpflichtigen Sohnes am häuslichen Unterricht für das Schuljahr 2017/2018 an.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid sprach der Landesschulrat für Niederösterreich Folgendes aus:
"Der häusliche Unterricht für Ihr Kind XXXX für das Schuljahr 2017/2018 wird untersagt.
Ihr Kind hat daher die Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Volksschule zu erfüllen.
Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wird ausgeschlossen."
Begründend führte er zusammengefasst aus, dass die Beschwerdeführer die Teilnahme ihres Sohnes am häuslichen Unterricht erst nach Beginn des Schuljahres und damit verspätet angezeigt hätten.
3. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht die vorliegende Beschwerde, in der sie im Wesentlichen Folgendes ausführen:
Die rechtzeitige Abmeldung zum häuslichen Unterricht sei deswegen verspätet erfolgt, weil die Beschwerdeführer "zu diesem Zeitpunkt" noch die Hoffnung gehabt hätten, dass sie durch Gespräche mit den zuständigen Lehrern eine Verbesserung der schulischen Situation für ihren Sohn schaffen würden. Dies sei jedoch nicht geschehen. Da sie weiterhin gehofft hätten, eine geeignete Volksschule für ihn zu finden, hätten sie nach intensiver Schulsuche, vielen Gesprächen mit Lehrern und Direktoren ihren Sohn in eine Klasse gehen lassen, in der er laut Aussagen der Lehrer und der Direktorin nicht passe. Da sie ihren Sohn nicht "passend" machen wollten und einen erneuten Schulwechsel für ihn nicht als zumutbar erachtet hätten, hätten sie sich schließlich für die Abmeldung zum häuslichen Unterricht entschlossen. Dies sei aus keiner spontanen und unbedachten Laune heraus geschehen, sondern sei Ausdruck ihrer Verpflichtung als Eltern für das Wohlbefinden ihrer Kinder Sorge zu tragen.
4. Am 25. Jänner 2018 legte der Landesschulrat für Oberösterreich die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der Sohn der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren und damit schulpflichtig.
Im Bundesland Oberösterreich begann das Schuljahr 2017/2018 am 11. September 2017 (vgl. dazu § 2 Abs. 1 Schulzeitgesetz, wonach das Schuljahr im Bundesland Oberösterreich am zweiten Montag im September beginnt).
Am 19. Dezember 2017 zeigten die Beschwerdeführer beim Landesschulrat für Oberösterreich die Teilnahme ihres Sohnes am häuslichen Unterricht für das Schuljahr 2017/2018 an.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zur Abweisung der Beschwerde (Spruchpunkt A)
3.1.1. Gemäß § 1 Abs. 1 SchPflG besteht für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, allgemeine Schulpflicht nach Maßgabe dieses Abschnittes. Gemäß § 1 Abs. 2 SchPflG sind unter Kindern im Sinne dieses Bundesgesetzes Minderjährige zu verstehen, die nach Maßgabe dieses Abschnittes schulpflichtig oder zum Besuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule berechtigt sind.
Gemäß § 2 Abs. 1 SchPflG beginnt die allgemeine Schulpflicht mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September. Die allgemeine Schulpflicht dauert nach § 3 SchPflG neun Schuljahre.
Gemäß § 5 Abs. 1 SchPflG ist die allgemeine Schulpflicht durch den Besuch von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen (einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen und der höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten) zu erfüllen.
Gemäß § 11 Abs. 1 SchPflG kann die allgemeine Schulpflicht auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.
Gemäß § 11 Abs. 2 SchPflG kann die allgemeine Schulpflicht ferner durch die Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule – ausgenommen die Polytechnischen Schule – mindestens gleichwertig ist.
Gemäß § 11 Abs. 3 SchPflG haben die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten die Teilnahme ihres Kindes am häuslichen Unterricht dem Landesschulrat jeweils vor Beginn des Schuljahres anzuzeigen. Der Landesschulrat kann die Teilnahme an einem solchen Unterricht innerhalb eines Monates ab dem Einlangen der Anzeige untersagen, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die im Abs. 1 oder 2 geforderte Gleichwertigkeit des Unterrichtes nicht gegeben ist.
Gemäß § 33 Abs. 4 AVG können durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.
3.1.2. Wie sich aus § 11 Abs. 3 SchPflG ergibt, ist die Teilnahme eines Kindes am häuslichen Unterricht für jedes neue Schuljahr dem Landesschulrat jeweils vor Beginn des Schuljahres anzuzeigen.
Bei der Frist im Sinne des § 11 Abs. 3 SchPflG handelt es sich um eine gesetzliche Frist, die von der Behörde nicht verändert – insbesondere nicht erstreckt – werden kann (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG I [2. Ausgabe 2014] § 33 Rz 11 mit zahlreichen Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). So gebietet es das Interesse der Schulverwaltung an einer entsprechenden organisatorischen Vorsorge, aber auch das Interesse des Kindes an einem geordneten Unterricht, die Teilnahme am häuslichen Unterricht zu einem möglichst frühen Zeitpunkt – spätestens allerdings noch vor Beginn des Schuljahres – dem Landesschulrat anzuzeigen. Dafür spricht auch, dass der Landesschulrat nur innerhalb eines Monates ab dem Einlangen der Anzeige die Teilnahme an einem solchen Unterricht bei Vorliegen der im Gesetz genannten Umstände untersagen kann. Eine verspätete Anzeige ist daher zurückzuweisen (vgl. Jonak/Kövesi, Das Österreichische Schulrecht, 14. Auflage 2015, FN 6a zu § 11 SchPflG [S 506] mit Hinweis auf VwGH 28.09.1992, 92/10/0160; vgl. zusätzlich VwGH 20.6.1994, 94/10/0061).
3.1.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet das Folgendes:
Die Abmeldung zum häuslichen Unterricht wäre nur dann rechtzeitig erfolgt, wenn diese vor dem 11. September 2017 dem Landesschulrat für Oberösterreich angezeigt worden wäre.
Die Anzeige der Beschwerdeführer langte jedoch erst am 19. Dezember 2017 und damit nach Beginn des Schuljahres 2017/2018 beim Landesschulrat für Oberösterreich ein.
Sie ist daher verspätet und somit zurückzuweisen, weshalb auch der erste Satz des Spruches des angefochtenen Bescheides zu ändern ist.
Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.
3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B)
3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass eine verspätete Anzeige der Teilnahme am häuslichen Unterricht zurückzuweisen ist, entspricht der oben unter Punkt 3.1.2. angeführten ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
3.3. Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.
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