StubeiV 2004 §2b Abs3
VwGVG §14
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W227.2103471.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Rektorats der Universität Wien vom 4. November 2014, Zl. 9300258 – ERSoSe14/W, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung wie folgt abgeändert:
1. Der Antrag von XXXX vom 28. Oktober 2014 auf Erlass und Rückerstattung des Studienbeitrages für das Sommersemester 2014 wird gemäß § 2b Abs. 3 Studienbeitragsverordnung 2004 (StubeiV) als verspätet zurückgewiesen.
2. Der Antrag von XXXX auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 31. Oktober 2014 gegen die Versäumung der Antragsfrist für den Erlass und die Rückerstattung des Studienbeitrages für das Sommersemester 2014 wird gemäß § 71 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I. Verfahrensgang
1. Am 28. Oktober 2014 langte im Referat Studienzulassung der Universität Wien der Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass und Rückerstattung des Studienbeitrages für das Sommersemester 2014 ein.
2. Am 31. Oktober 2014 stellte der Beschwerdeführer einen (näher begründeten) Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Antragsfrist für den Erlass und die Rückerstattung des Studienbeitrages für das Sommersemester 2014 und holte die versäumte Handlung nach.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Rektorat der Universität Wien (nur) den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass und Rückerstattung des Studienbeitrages für das Sommersemester 2014 zurück und verwies auf § 2b Abs. 3 StubeiV.
Der Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers vom 31. Oktober 2014 blieb unerledigt.
4. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. In dieser bringt er zusammengefasst vor, dass über seinen Wiedereinsetzungsantrag nicht entschieden worden sei. Dieser sei zulässig, weil es sich bei § 2b Abs. 3 StubeiV um eine verfahrensrechtliche Frist handle. Auch sei sein Antrag auf Erlass und Rückerstattung des Studienbeitrages für das Sommersemester 2014 zurückgewiesen "und nicht etwa abgewiesen" worden. Weiters sei § 2b Abs. 3 StubeiV verfassungswidrig, weil die Frist "unsachlich kurz" sei.
5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 11. Februar 2015, Zl. 9300258 ERSoSe14/W, änderte das Rektorat der Universität Wien den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass es den Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 71 AVG abwies und den Antrag auf Erlass und Rückerstattung des Studienbeitrages für das Sommersemester 2014 wegen verspäteter Antragstellung zurückwies. Begründend führte das Rektorat zusammengefasst aus, dass es sich bei § 2b Abs. 3 StubeiV um eine verfahrensrechtliche Frist handle, jedoch die geltend gemachten Wiedereinsetzungsgründe des Beschwerdeführers nicht zuträfen, weshalb sein Wiedereinsetzungsantrag abzuweisen sei. Da der Beschwerdeführer den Antrag auf Erlass und Rückerstattung des Studienbeitrages für das Sommersemester 2014 erst am 28. Oktober 2014 und damit nach dem 30. September 2014 gestellt habe, sei dieser Antrag als verspätet zurückzuweisen.
6. Gegen diese Beschwerdevorentscheidung stellte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Vorlageantrag.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Am 28. Oktober 2014 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erlass und Rückerstattung des Studienbeitrages für das Sommersemester 2014.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt A)
3.1.1. Gemäß § 2b Abs. 3 dritter Satz StubeiV 2004 ist ein Antrag auf Rückzahlung des Studienbeitrages für das Wintersemester bis zum nächstfolgenden 31. März, ein Antrag auf Rückzahlung des Studienbeitrages für das Sommersemester ist bis zum nächstfolgenden 30. September zulässig.
Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (u.a.) zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
3.1.2. Bei der Frist im Sinne des § 2b Abs. 3 StubeiV 2004 handelt es sich um eine durch Verordnung festgesetzte Frist (vgl. § 33 Abs. 4 AVG), die von der Behörde weder geändert noch erstreckt werden kann (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG I [2. Ausgabe 2014] § 33 Rz 11).
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 71 AVG kommt nur gegen die Versäumung einer verfahrensrechtlichen, nicht jedoch einer materiellrechtlichen Frist in Betracht (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 12 und 13, jeweils m.w.N.).
Die Unterscheidung zwischen verfahrensrechtlichen (prozessualen) und materiell-rechtlichen Fristen wird in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wie folgt getroffen: Soll eine Handlung prozessuale Rechtswirkungen auslösen (Verfahrenshandlung), dann stellen die dafür gesetzten Fristen verfahrensrechtliche (formelle) Fristen dar; ist eine Handlung hingegen auf den Eintritt materieller Rechtswirkungen gerichtet, so stellt eine allenfalls dafür vorgesehene Frist eine materiellrechtliche Frist dar (vgl. etwa VwGH 21.12.2004, 2003/04/0138, m.w.N.).
Wie § 2b Abs. 3 dritter Satz StubeiV 2004 normiert, ist ein Antrag auf Rückzahlung des Studienbeitrages für das Sommersemester bis zum nächstfolgenden 30. September "zulässig". Damit wird normativ zum Ausdruck gebracht, dass der (materiellrechtliche) Anspruch des Studierenden auf Rückzahlung des Studienbeitrages von der rechtzeitigen Geltendmachung innerhalb der genannten Frist abhängt und bei deren Versäumung erlischt, sodass von einer materiellrechtlichen Frist auszugehen ist (vgl. wiederum Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 13, m.w.N. sowie VwGH 9.12.2013, 2011/10/0179 m.w.N.).
3.1.3. Der Beschwerdeführer stellte den Antrag auf Erlass und Rückerstattung des Studienbeitrages für das Sommersemester 2014 erst am 28. Oktober 2014. Dieser wäre jedoch bis spätestens 30. September 2014 zu stellen gewesen. Der Antrag ist daher als verspätet zurückzuweisen. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt das Bundesverwaltungsgericht nicht.
Entgegen der in der Beschwerde und in der Beschwerdevorentscheidung vertretenen Auffassung handelt es sich bei der Frist des § 2b Abs. 3 dritter Satz StubeiV 2004 um eine materiellrechtliche und nicht um eine – restituierbare – verfahrensrechtliche Frist. Damit erweist sich der Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig, weshalb er zurückzuweisen ist.
3.1.4. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen(vgl. dazu auch VwGH 5.10.2016, Ra 2016/10/0080).
3.2. Zu Spruchpunkt B)
3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.2.2. Die Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass hier der Antrag auf Erlass und Rückerstattung als verspätet und der Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig zurückzuweisen ist, entspricht der oben dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
3.3. Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
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