AlVG §46
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:L510.2141980.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Vorsitzenden, sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Wolfartsberger und Andrea Bliemsrieder als Beisitzer, über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , vertreten durch RA Mag. Martin Wakolbinger, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 12.10.2016, GZ: XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 18.11.2016, GZ: LGSOÖ/Abt.4/2016-0566-4-001073-12, zu Recht erkannt:
A)
Gemäß § 28 Abs. 1, 2 und 5 VwGVG i.d.g.F. wird der angefochtene Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 18.11.2016, GZ: LGSOÖ/Abt.4/2016-0566-4-001073-12, aufgehoben und festgestellt, dass Arbeitslosengeld ab 24.09.2016 gebührt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (folgend kurz: "AMS") vom 12.10.2016, VNR: XXXX , wurde der beschwerdeführenden Partei (folgend kurz: "bP"), XXXX , geb. am XXXX , gegenüber festgestellt, dass ihr aufgrund ihrer Eingabe das Arbeitslosengeld gem. § 17 iVm §§ 44 und 46 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) ab dem 10.10.2016 gebühre.
Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass sie ihren Antrag nicht innerhalb der Frist, sondern erst am 10.10.2016 eingebracht habe.
1.1. Im Akt befindet sich der Antrag auf Arbeitslosengeld, welcher der bP durch das AMS am 20.09.2016 ausgegeben wurde. Der bP wurde seitens des AMS eine Frist bis spätestens 05.10.2016 um 10:30 Uhr zur persönlichen Abgabe des Antrages gesetzt. Der Antrag wurde durch die bP erst am 10.10.2016 abgegeben.
1.2. Am 10.10.2016 wurde mit der bP beim AMS eine Niederschrift aufgenommen, in welcher diese zu Protokoll gab, dass sie den Antrag nicht am 05.10.2016 abgegeben habe, da es ihr psychisch nicht gut gegangen sei und sie die Termine ständig verwechsle.
1.3. Am 27.10.2016 wurde beim AMS eine weitere Niederschrift mit der bP aufgenommen. Unter anderem führte diese darin aus, dass sie am 20.09.2016 einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt habe, welchen sie am 10.10.2016 zu spät abgegeben habe, weil sie aufgrund der derzeitigen belastenden Situation und aufgrund ihres andauernden Krankenzustandes den Termin verwechselt habe.
Die bP erhob gleichzeitig Beschwerde gegen den Bescheid vom 12.10.2016 und ersuchte um Gewährung des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum von 24.09.2016 bis 09.10.2016.
1.4. Im Akt befindet sich ein Schreiben vom 27.10.2016 von XXXX in Vertretung für XXXX , in welchem um Nachsicht für die bP ersucht wird. Die bP stehe permanent in der Ord. XXXX in Behandlung. Sie wäre über den 23.09.2016 in Krankenstand gewesen. Sie wurde mit 23.092016 vom Krankengeldbezug ausgesteuert. Die bP sei derzeit in ihrer Situation sehr belastet, weshalb die Antragstellung nicht fristgerecht erfolgt sei.
1.5. Mit Schreiben vom 03.11.2016 wurde der bP seitens des AMS Parteiengehör gewährt. Darin wurde das bisherige Ermittlungsverfahren zusammengefasst. Es wurde dargelegt, dass weitere Nachweise erforderlich seien um das Vorliegen eines triftigen Grundes überprüfen zu können. Es wurde ersucht, Gutachten oder Bestätigungen eines Facharztes für Psychiatrie oder Psychotherapeuten vorzulegen, aus welchen eine Diagnose bzw. Medikation hervorgehe. Sollte sie nicht in fachärztlicher Behandlung sein, werde um eine genauere Stellungnahme des Hausarztes zu ihrer psychischen Beeinträchtigung ersucht.
1.6. Im Akt befindet sich ein Schreiben des Arztes für Allgemeinmedizin, XXXX , vom 09.11.2016. Ausgeführt wurde: Rerupt. Tend. Musc. Supraspinati. Sin; akute Belastungsreaktion; Hr. XXXX ist dauernd zur Psychotherapie bei mir und wir führen auch eine begleitende Gesprächstherapie durch. Medikamente: Seractil 400mg 2x1, Trittico 150 mg 0-0-1/3.
1.7. Im Akt befinden sich weiter eine Dokumentenübersicht seit der letzten Geltendmachung, der Bezugsverlauf und Versicherungsverlauf der bP.
2. Mit Bescheid vom 18.11.2016, GZ: LGSOÖ/Abt.4/2016-0566-4-001073-12, wies das AMS im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung die Beschwerde der bP vom 27.10.2016 gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab.
Begründend wurde unter Zugrundelegung des bisherigen Verfahrensverlaufs folgend dargelegt: "Das AMS kann Arbeitslosengeld nur auf Antrag gewähren.
Sie müssen den Anspruch auf Arbeitslosengeld persönlich mit dem dafür vorgesehenen bundeseinheitlich aufgelegten Antragsformular geltend machen. Sie haben diese Antragstellung erst dann vollzogen, wenn Sie den ausgefüllten Antrag der regionalen Geschäftsstelle fristgerecht übergeben haben.
Nach der Rechtsprechung des VwGH (z. B. Erkenntnis vom 27.11.014, GZ: Ro 2014/08/0002) enthält § 46 AlVG eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder verspäteter Antragstellungen. Zur Beibringung des Antrags und gegebenenfalls der für die Beurteilung des Anspruchs erforderlichen Unterlagen ist demnach eine Frist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu setzen. Nach § 46 Abs. 1 letzter Satz A1VG gilt der Anspruch, wenn diese Frist ohne triftigen Grund versäumt wurde, erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind.
Sie haben das am 20.09.2016 ausgefolgte und mit einer Rückgabefrist bis 05.10.2016 versehene Antragsformular erst am 10.10.2016 abgegeben. Die verspätete Rückgabe haben Sie im Wesentlichen damit begründet, dass Sie sich in einer belastenden Situation befinden. In der Niederschrift haben Sie angegeben, dass Sie ständig Termine verwechseln würden.
Aufgrund Ihrer Aussage ist davon auszugehen, dass Sie schon mehrmals Termine verwechselt haben. Daher ist es für das Arbeitsmarktservice nicht nachvollziehbar, warum Sie so wichtige Termine wie den Antragsabgabetermin beim Arbeitsmarktservice nicht doppelt vermerkt oder als Erinnerung im Handy gespeichert oder andere Personen ersucht haben, dass Sie diese an den Termin erinnern.
Ihr Hausarzt bestätigt eine Schulterverletzung sowie eine akute Belastungsreaktion, die neben Medikamenten mit Physiotherapie und begleitender Gesprächstherapie behandelt wird. Sie sind bei keinem Psychiater oder Psychotherapeuten in Behandlung.
Die akute Belastungsreaktion ist die Folge einer extremen psychischen Belastung, für die der oder die Betroffene keine geeignete Bewältigungsstrategie besitzt. Die akute Belastungsreaktion hat zunächst keinen Krankheitswert, sondern ist eine normale Reaktion der menschlichen Psyche auf eine außergewöhnliche Erfahrung (z.B. Tod eines Angehörigen, Erleben eines Unfalls) [Vermerk Fußnote: "Akute Belastungsreaktion", Https://de.wikipedia.org/wiki/Akute_Belastungsreaktion , 18.11.2016].
Dem Arbeitsmarktservice ist bekannt, dass Sie am 18.09.2015 einen Arbeitsunfall erlitten und bis 23.09.2016 Krankengeld bezogen haben.
Trotz der vorliegenden Krankengeschichte geht das Arbeitsmarktservice davon aus, dass Sie im Zeitpunkt der Antragstellung arbeitsfähig und in der Lage waren, die Wichtigkeit des Termins zu erkennen und den Termin auch wahrgenommen hätten, wenn Sie nicht drauf vergessen hätten.
Nach Auffassung der Behörde waren Sie durch die Umstände, die Sie einwenden, nicht gehindert gewesen, den Antrag beim AMS XXXX fristgerecht abzugeben, es liegt kein triftiger Grund für das Fristversäumnis vor.
Die Frist zur Abgabe des Antrags war bis zum 05.10.2016 festgesetzt, die tatsächliche Antragsrückgabe erfolgte am 10.10.2016. Das AMS beurteilt Ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld somit erst ab 10.10.2016 "
3. Mit Schreiben der bP vom 02.12.2016 beantragte diese fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin verwies sie auf ihre Beschwerdeangaben.
Zusätzlich legte sie einen fachärztlichen Befundbericht von XXXX , FA für Psychiatrie und Neurologie, Psychotherapeut, vom 29.11.2016 bei.
Nach Aufnahme der Anamnese wurde der psychische Status beschrieben mit Bewußtseinsklar, orientiert, depressiv, agitiert, fahrige Gestik, im Ductus sprunghaft, verliert Denkziel, keine psychotischen Radikale.
Diagnostiziert wurde "Agitierte Depression (F 33.1)."
Neben entspr. Medikation wurde empfohlen nach einigen Tagen Psychotherapie weiter. Auffällig die kognitive Beeinträchtigung, Schwierigkeit sich zu organisieren – falls keine Besserung auf die antidepressive Therapie, wäre eine organische Abklärung angezeigt. Das Versäumen der Krankenstandsmeldung ist aus dem aktuellen Krankheitsbild erklärbar. Arbeitsfähigkeit ist aktuell keinesfalls gegeben und auch für die nächsten 2-3 Monate nicht anzunehmen.
4. Mit Schreiben des AMS vom 13.12.2016 erfolgte die Beschwerdevorlage an das BVwG. Neben einem Inhaltsverzeichnis und Anführung der maßgeblichen Daten wurde darauf hingewiesen, dass der fachärztliche Befund von XXXX vom 29.11.2016 dem AMS während des Ermittlungsverfahrens nicht bekannt gewesen sei.
5. Mit Schreiben vom 16.12.2016 an das BVwG erfolgte die Vollmachtsbekanntgabe durch RA Mag. Martin Wakolbinger.
Ergänzend wurde der bisherige Verfahrensverlauf zusammengefasst und wurde auf die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen hingewiesen. Das Versäumen der Krankenstandsmeldung sei aus dem aktuellen Krankheitsbild erklärbar. Der Zustand habe jedenfalls auch bereits Anfang Oktober 2016 vorgelegen. Ein triftiger Grund für die Versäumung der gesetzten Frist sei somit im Sinne des § 46 Abs. 1 AlVG gegeben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die bP erlitt am 18.09.2015 einen Arbeitsunfall und bezog bis 23.09.2016 Krankengeld. Das AMS folgte ihr am 20.09.2016 einen Antrag auf Arbeitslosengeld aus. Als spätester Termin für die Rückgabe dieses Antrages hat das AMS den 05.10.2016 festgesetzt.
Die bP gab den Antrag erst am 10.10.2016 ab und begründete dies damit, dass es ihr psychisch nicht gut gegangen sei und sie die Termine ständig verwechsle.
Mit 02.12.2016 wurde der fachärztlichen Befundbericht von XXXX , FA für Psychiatrie und Neurologie, Psychotherapeut, vom 29.11.2016 beigebracht.
Der psychische Status der bP wurde darin beschrieben mit Bewußtseinsklar, orientiert, depressiv, agitiert, fahrige Gestik, im Ductus sprunghaft, verliert Denkziel, keine psychotischen Radikale.
Diagnostiziert wurde "Agitierte Depression (F 33.1)."
Neben entspr. Medikation wurde empfohlen, nach einigen Tagen Psychotherapie weiter. Auffällig die kognitive Beeinträchtigung, Schwierigkeit sich zu organisieren – falls keine Besserung auf die antidepressive Therapie, wäre eine organische Abklärung angezeigt. Das Versäumen der Krankenstandsmeldung ist aus dem aktuellen Krankheitsbild erklärbar. Arbeitsfähigkeit ist aktuell keinesfalls gegeben und auch für die nächsten 2-3 Monate nicht anzunehmen.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsverfahrensaktes des AMS.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstreitig aus den im Akt aufliegenden Unterlagen und Bescheiden des AMS, sowie der Beschwerde und des Vorlageantrages der bP samt dem vorgelegten fachärztlichen Befundbericht vom 29.11.2016.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Das AMS hat gegenständlich eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG erlassen und die bP hat fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG gestellt, mit dem die (gegen den ersten Bescheid gerichtete) Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist daher die an die Stelle des Ausgangsbescheides getretene Beschwerdevorentscheidung, wobei der Ausgangsbescheid Maßstab dafür bleibt, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht, da sich diese gegen den Ausgangsbescheid richtet und ihre Begründung auf diesen beziehen muss (VwGH 20.05.2015, Ra 2015/09/0025; 17.12.2015, Ro2015/08/0026).
Zu A) Rechtsgrundlagen
§ 17 AlVG lautet auszugsweise:
§ 17. (1) Sind sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf
Arbeitslosengeld erfüllt und ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gemäß § 16, gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Geltendmachung, frühestens ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit.
[...]
(3) [...] Die Meldung gilt erst dann als erstattet, wenn das ausgefüllte Meldeformular bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt ist. Ist die Meldung aus Gründen, die nicht in der Verantwortung der Meldung erstattenden Person liegen, unvollständig, verspätet oder gar nicht eingelangt, so gilt die Meldung mit dem Zeitpunkt der nachweislichen Abgabe (Absendung) der Meldung als erstattet. Das Einlangen der Meldung ist zu bestätigen.
(4) Ist die Unterlassung einer rechtzeitigen Antragstellung auf einen Fehler der Behörde, der Amtshaftungsfolgen auslösen kann, wie zum Beispiel eine mangelnde oder unrichtige Auskunft, zurück zu führen, so kann die zuständige Landesgeschäftsstelle die regionale Geschäftsstelle amtswegig unter Berücksichtigung der Zweckmäßigkeit und der Erfolgsaussichten in einem Amtshaftungsverfahren zu einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab einem früheren Zeitpunkt, ab dem die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung vorliegen, ermächtigen.
§ 46 AlVG lautet auszugsweise:
§ 46. (1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist bei der zuständigen
regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Personen, die über ein sicheres elektronisches Konto beim Arbeitsmarktservice (eAMS-Konto) verfügen, können den Anspruch auf elektronischem Weg über dieses geltend machen, wenn die für die Arbeitsvermittlung erforderlichen Daten dem Arbeitsmarktservice bereits auf Grund einer Arbeitslosmeldung oder Vormerkung zur Arbeitsuche bekannt sind; sie müssen jedoch, soweit vom Arbeitsmarktservice keine längere Frist gesetzt wird, innerhalb von 10 Tagen nach elektronischer Übermittlung des Antrages persönlich bei der regionalen Geschäftsstelle vorsprechen. Das Arbeitsmarktservice kann die eigenhändige Unterzeichnung eines elektronisch eingebrachten Antrages binnen einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist verlangen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Geltendmachung bestehen. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat. Das Arbeitsmarktservice kann vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache absehen. Eine persönliche Vorsprache ist insbesondere nicht erforderlich, wenn die arbeitslose Person aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag persönlich abzugeben. Die Abgabe (das Einlangen) des Antrages ist der arbeitslosen Person zu bestätigen. Können die Anspruchsvoraussetzungen auf Grund des eingelangten Antrages nicht ohne weitere persönliche Vorsprache beurteilt werden, so ist die betroffene Person verpflichtet, auf Verlangen bei der regionalen Geschäftsstelle vorzusprechen. Hat die regionale Geschäftsstelle zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen, etwa zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars oder von sonstigen Unterlagen, eine Frist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt und wurde diese ohne triftigen Grund versäumt, so gilt der Anspruch erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind.
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass der bP die Rückgabe des ausgefüllten Antragsformulars bis zum 05.10.2016, 10:30 Uhr, aufgetragen worden war und dass die bP diese Frist nicht eingehalten hat, sondern den Antrag erst am 10.10.2016 dem AMS vorlegte.
Als Grund für ihre Säumnis gab die bP an, sie habe aufgrund ihrer derzeitigen belastenden Situation und aufgrund ihres andauernden Krankenstandes den Termin verwechselt. Zudem wurde im Verfahren der mit 02.12.2016 datierte fachärztliche Befundbericht von XXXX , FA für Psychiatrie und Neurologie, Psychotherapeut, beigebracht.
Der psychische Status wurde beschrieben mit Bewußtseinsklar, orientiert, depressiv, agitiert, fahrige Gestik, im Ductus sprunghaft, verliert Denkziel, keine psychotischen Radikale.
Diagnostiziert wurde "Agitierte Depression (F 33.1)."
Neben entspr. Medikation wurde empfohlen nach einigen Tagen Psychotherapie weiter. Auffällig die kognitive Beeinträchtigung, Schwierigkeit sich zu organisieren – falls keine Besserung auf die antidepressive Therapie, wäre eine organische Abklärung angezeigt. Das Versäumen der Krankenstandsmeldung ist aus dem aktuellen Krankheitsbild erklärbar. Arbeitsfähigkeit ist aktuell keinesfalls gegeben und auch für die nächsten 2-3 Monate nicht anzunehmen.
Entscheidungsrelevant ist gegenständlich gemäß § 46 Abs. 1 letzter Satz AlVG, ob die bP die gesetzte Frist zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars aufgrund eines triftigen Grundes versäumt hat. Nur dann besteht ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld bereits ab 24.09.2016.
Aufgrund der Feststellungen im fachärztlichen Befundbericht, welche auch seitens des AMS nicht in Zweifel gezogen wurden, ist davon auszugehen, dass die bP aufgrund der darin festgestellten Diagnose, aufgrund ihres psychischen Status und der im Befundbericht festgehaltenen Empfehlungen, worin auch festgehalten ist, dass das Versäumen der Krankenstandsmeldung [gemeint offenbar das Versäumen der gesetzten Frist zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars] aus dem aktuellen Krankheitsbild erklärbar ist, die fristgerechte Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars aufgrund eines triftigen Grundes versäumt hat.
Auch ist davon auszugehen, dass die bP die entsprechende Handlung rechtzeitig nach Wegfall des Hindernisses nachgeholt hat. Gegenteiliges wurde auch durch das AMS nicht dargelegt.
Da somit - entgegen der Ansicht des AMS zu ihrem Entscheidungszeitpunkt, in welchem der Befundbericht auch noch nicht vorlag- ein "triftiger Grund" im Sinne von § 46 Abs. 1 letzter Satz AlVG vorgelegen hat, besteht der Anspruch der bP auf Arbeitslosengeld bereits ab dem 24.09.2016 und war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die gegenständliche Entscheidung zu § 46 AlVG nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Gegenständlich wurde kein Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gestellt. Auch konnte für diesen Fall der maßgebliche Sachverhalt als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden und wurde der vorliegende Sachverhalt auch durch die Verfahrensparteien nicht bestritten. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH v. 31.07.2007, Zl. 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen und wurde damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) Rechnung getragen.
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