BVergG §292 Abs1
BVergG §318 Abs1
BVergG §319
BVergG §320 Abs1
BVergG §322 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
BVergG §291
BVergG §292 Abs1
BVergG §318 Abs1
BVergG §319
BVergG §320 Abs1
BVergG §322 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W134.2122936.2.00
Spruch:
W134 2122936-2/32E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas Gruber als Vorsitzender sowie Mag. Gabriele Lukassen als fachkundiger Laienrichterin der Auftraggeberseite und Mag. Kurt Lang als fachkundiger Laienrichter der Auftragnehmerseite im Nachprüfungsverfahren betreffend das Vergabeverfahren "WC Papier und Papierhandtücher" der Auftraggeberinnen ÖBB-Holding AG, Am Hauptbahnhof 2, 1100 Wien, und alle mit dieser verbundenen Unternehmen laut Beilage ./A des Schreibens der Auftraggeberinnen vom 15.03.2016, vertreten durch die vergebende Stelle ÖBB-Business Competence Center GmbH, Erdberger Lände 40/48, 1030 Wien, vertreten durch XXXX , XXXX , aufgrund des Antrages der XXXX ., XXXX , vertreten durch XXXX , XXXX , vom 11.03.2016 den Beschluss gefasst:
A)
I. Der Antrag "das Bundesverwaltungsgericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung a) die gesamten Ausschreibungsunterlagen des gegenständlichen Vergabeverfahrens samt Berichtigung vom 08.03.2016 für nichtig erklären, b) in eventu folgende Punkte der Ausschreibungsunterlagen für nichtig erklären:
[...]" wird gemäß § 322 Abs. 2 BVergG 2006 zurückgewiesen.
II. Der Antrag "das Bundesverwaltungsgericht möge die AG zum Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren binnen 14 Tagen zu Handen des einschreitenden Rechtsvertreters verpflichten" wird gem. § 319 BVergG abgewiesen. (Dieser Spruchpunkt wurde durch den Richter Mag. Thomas Gruber gem. § 292 Abs 1 BVergG als Einzelrichter gefasst)
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
BEGRÜNDUNG:
I. Vorbringen der Parteien:
Mit Schreiben vom 11.03.2016, beim BVwG eingelangt am gleichen Tag, begehrte die Antragstellerin die Nichtigerklärung der "gesamten Ausschreibungsunterlagen des gegenständlichen Vergabeverfahrens samt Berichtigung vom 08.03.2016" in eventu einzelner Punkte der Ausschreibungsunterlagen, den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberinnen, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Akteneinsicht und die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.
Begründend wurde von der Antragstellerin im Wesentlichen folgendes ausgeführt:
Ausgeschrieben sei ein Verhandlungsverfahren mit vorherigem Aufruf zum Wettbewerb im Oberschwellenbereich zur Vergabe von WC-Papier und Papierhandtüchern. Die Vergabe erfolge in Form eines Rahmenvertrages ohne fixe Mengenbindung für die Dauer von 21 Monaten ab Abschluss des Rahmenvertrages (geplant für April 2016 bis Dezember 2017), mit einer einmaligen Verlängerungsoption um ein weiteres Jahr auf bis 31.12.2018). Die Antragstellerin habe sich an der 1. Stufe des Vergabeverfahrens erfolgreich beteiligt und sei von den Auftraggeberinnen zur Angebotslegung in der 2. Stufe des Vergabeverfahrens ausgewählt worden. Die angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidungen seien die Ausschreibungsunterlagen samt allen Beilagen und samt der Berichtigung der Ausschreibung vom 08.03.2016. Die Ausschreibung weise zahlreiche Rechtswidrigkeiten auf, welche die Antragstellerin von der Angebotslegung ausschließen bzw. ihr unzumutbare Kalkulationsrisiken übertragen würde, wie folgt:
1. Festlegungen zum Verhandlungsverfahren (Seite 1 der Ausschreibung): Darin seien unkonkrete Festlegungen enthalten, die den Auftraggeberinnen eine nachträgliche Entscheidungsfreiheit geben würden, wie sie das Short-Listing unter Anwendung welcher Kriterien gestalten könnten.
2. Festlegungen zum Abschluss eines Rahmenvertrages (Seite 2 der Ausschreibung): Darin seien Festlegungen enthalten, die zu einer Unkalkulierbarkeit der Leistung führen würden, da keine fixen Mindest- oder Maximalmengen festgelegt würden. Aus dem Inhalt der Ausschreibung werde deutlich, dass es sich in Wahrheit um eine Rahmenvereinbarung und nicht um einen Rahmenvertrag handeln solle.
3. Festlegungen zu einer Option (Seite 3 der Ausschreibung i.V.m. Punkt 2.5.1. Optionen auf Seite 2 der AGB L): In der Ausschreibung sei eine Option vorgesehen, die eine Laufzeitverlängerung um ein Jahr (bis 31.12.2018) vorsehe. In der Ausschreibung sei jedoch nicht geregelt, unter welchen Voraussetzungen diese Option gezogen werde und bis wann spätestens die Ziehung dieser Option bekannt zu geben sei. Dies sei als eine nachträgliche Änderung eines bereits abgeschlossenen Leistungsvertrages und somit als ein rechtswidriges, weil ohne Bekanntmachung vorgenommenes, neues Vergabeverfahren anzusehen.
4. Haftungsausschluss bei Vergabeverstößen (Seite 3 Ausschreibung und Beilage Bietererklärung): Der dort vorgesehene Haftungsausschluss für vorsätzliche Schadenszufügung sei sittenwidrig und daher unbeachtlich.
5. Keine Indexierung der Preise, sondern Festpreise in Punkt 2.13.1. der AGB L: Die fehlende Indexierung der Preise führe zur Unkalkulierbarkeit der Angebote.
6. Rechtswidrigkeit einzelner Leistungspositionen: Mehrere im Detail genannte Leistungspositionen seien rechtswidrig.
Die Antragstellerin habe ein Interesse am Vertragsabschluss, es drohe ihr ein Schaden und ihre Rechte würden verletzt.
Mit Schreiben der Auftraggeberinnen vom 15.03.2016 gaben diese bekannt, dass Auftraggeberinnen die ÖBB-Holding AG und alle mit dieser verbundenen Unternehmen laut Beilage ./A des Schreibens der Auftraggeberinnen vom 15.03.2016, vertreten durch die vergebende Stelle ÖBB-Business Competence Center GmbH seien. Bei dem gegenständlichen Vergabeverfahren handle es sich um einen Lieferauftrag im Sektoren-Oberschwellenbereich der in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung nach dem Billigstbieterprinzip vergeben werden solle. Die Bekanntmachung in Österreich sei am 09.02.2016, in der EU am 11.02.2016 erfolgt. Es hätten 9 Bewerber in der Folge einen rechtzeitigen Teilnahmeantrag gestellt. Am 04.03.2016 sei die Aufforderung zur Angebotsabgabe und am 08.03.2016 eine Berichtigung der Ausschreibungsunterlagen erfolgt. Das Vergabeverfahren befinde sich derzeit im Stadium vor Ende der (Erst)Angebotsfrist. Das für 16.03.2016 festgelegte Ende der Angebotsfrist sei am 15.03.2016 um 3 Wochen auf den 06.04.2016 verlängert worden.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.03.2016, W 134 2122936-1/2E, wurde der Lauf der Frist zur Abgabe von Angeboten für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens ausgesetzt.
Am 14.04.2016 wurde eine Widerrufsentscheidung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union sowie den Bietern bekannt gemacht. Diese Widerrufsentscheidung wurde nicht fristgerecht bekämpft. Die Auftraggeber haben die Widerrufserklärung mit Schreiben vom 02.05.2016 sowie am 14.07.2016 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Die ÖBB-Holding AG und alle mit dieser verbundenen Unternehmen laut Beilage ./A des Schreibens der Auftraggeberinnen vom 15.03.2016, vertreten durch die vergebende Stelle ÖBB-Business Competence Center GmbH haben einen Lieferauftrag im Wege eines Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Die Bekanntmachung in Österreich ist am 09.02.2016, in der EU am 11.02.2016 erfolgt. Es haben 9 Bewerber in der Folge einen rechtzeitigen Teilnahmeantrag gestellt. Am 04.03.2016 ist die Aufforderung zur Angebotsabgabe und am 08.03.2016 eine Berichtigung der Ausschreibungsunterlagen erfolgt. (Schreiben der Auftraggeberinnen vom 15.03.2016).
Am 14.04.2016 wurde eine Widerrufsentscheidung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union sowie den Bietern bekannt gemacht. (Schreiben der Auftraggeberinnen vom 14.04.2016)
Diese Widerrufsentscheidung wurde nicht fristgerecht bekämpft. (Akt des BVwG)
Die Auftraggeber haben die Widerrufserklärung mit Schreiben vom 02.05.2016 sowie am 14.07.2016 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht. (Schreiben der Auftraggeberinnen vom 06.05.2016 und vom 14.07.2016)
2. Beweiswürdigung
Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den in Klammer genannten Quellen, deren inhaltliche Richtigkeit außer Zweifel steht.
3. Rechtliche Beurteilung
3. a) Zu Spruchpunkt A) I.
§ 322 Abs. 2 Z. 1 BVergG 2006 lautet:
"(2) Der Antrag ist jedenfalls in folgenden Fällen unzulässig, wenn
1.-er sich nicht gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung richtet,"
Der Nachprüfungsantrag war darauf gerichtet, die gesamte Ausschreibung, in eventu Teile davon, für nichtig zu erklären. Durch den Widerruf der Ausschreibung richtet sich nunmehr der Antrag nicht mehr gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung, da diese weggefallen ist, weshalb der Antrag nachträglich gem. § 322 Abs. 2 Z. 1 BVergG 2006 unzulässig geworden ist.
3. b) Zu Spruchpunkt A) II.
§ 319 Abs. 1 BVergG 2006 lautet:
"§ 319. (1) Der vor dem Bundesverwaltungsgericht wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller hat Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 318 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber. Der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 318 entrichteten Gebühren, wenn er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird."
Die Antragstellerin entrichtete insgesamt € 3078,-- an Pauschalgebühren. Da es sich um einen Antrag auf Nichtigerklärung der Ausschreibung handelt, wären lediglich € 513,-- für den Nachprüfungsantrag und € 257,-- für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, somit insgesamt € 770,-- zu entrichten gewesen. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher der Antragstellerin bereits € 2308,-- zu Handen ihres Rechtsvertreters zurückerstattet.
Da die Antragstellerin durch die Widerrufserklärung im gegenständlichen Verfahren klaglos gestellt wurde, gebührt ihr gemäß § 319 Absatz 1 BVergG der Ersatz ihrer entrichteten Pauschalgebühren (€ 770,--) durch die Auftraggeberinnen. Wie die Auftraggeberinnen mit Schreiben vom 17.06.2016 mitteilten, haben sie der Antragstellerin bereits € 770,-- überwiesen. Wie der Antragstellervertreter Dr. Berger in einem Telefonat mit dem erkennenden Richter vom 14.07.2016 bestätigte, hat seine Rechtsanwaltskanzlei € 770,-- von den Auftraggeberinnen erhalten und hat somit keine weiteren Forderungen aus diesem Fall betreffend Pausschalgebühren gegen die Auftraggeberinnen. Der Anspruch auf Ersatz der Pausschalgebühren besteht somit aufgrund der Begleichung der geschuldeten Summe nicht mehr.
B) Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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