BVwG W227 2113313-1

BVwGW227 2113313-110.12.2015

B-VG Art.133 Abs4
UG 2002 §78 Abs1
VwGVG §28 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
UG 2002 §78 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W227.2113313.1.00

 

Spruch:

W227 2113313-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin WINTER aufgrund des Vorlageantrages der XXXX gegen die Beschwerdevorentscheidung des Studienpräses der Universität Wien vom 22. Juli 2015, Zl. B/22-14/15, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerdevorentscheidung wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 i. d.F. BGBl. I Nr. 82/2015, i.V.m. § 78 Abs. 1 Universitätsgesetz (UG), BGBl. I Nr. 120/2002 i.d.F. BGBl. I Nr. 21/2015, bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 i.d.F. BGBl. I Nr. 102/2014, zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin ist zum Bachelorstudium Politikwissenschaft an der Universität Wien zugelassen.

Am 15. Dezember 2014 stellte sie für die Lehrveranstaltungen "BAK

2.2 VO Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel: aktuelle Debatten (5 ECTS-Punkte/2 SSt)" und "BAK 2.3 VO Historische Grundlagen (4 ECTS-Punkte/2 SSt)" einen Antrag auf Anerkennung von Prüfungen gemäß § 78 Abs. 1 UG.

Ihren Antrag stützte sie darauf, dass die von ihr an der Universität XXXX in XXXX , Türkei, absolvierte Lehrveranstaltung "Political Science (4 ECTS-Punkte/3 SSt)" der Lehrveranstaltung "BAK 2.2 VO Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel: aktuelle Debatten (5 ECTS-Punkte/2 SSt)" gleichwertig sei; ebenso sei die von ihr absolvierte Lehrveranstaltung "European History II (6 ECTS-Punkte/3 SSt)" der Lehrveranstaltung "BAK 2.3 VO Historische Grundlagen (4 ECTS-Punkte/2 SSt)" gleichwertig.

2. Mit Schreiben vom 5. Februar 2015 teilte die Studienprogrammleiterin der Beschwerdeführerin Folgendes mit:

Beim Kurs "Political Science" handle es sich um einen klassischen Einführungskurs. Die Lehrveranstaltung "BAK 2.2 VO Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel: aktuelle Debatten" gehe (hingegen) weit über eine fachspezifische Einführung hinaus. Darüber hinaus gebe es im Workload eine Differenz von einem ECTS-Punkt.

Der Kurs "European History II" lege das Augenmerk auf die Ausdehnung der Osmanischen Herrschaft sowie auf die Periode der Entdeckungen und ihre Auswirkungen auf Europa. Es handle sich um einen sehr groben Überblickskurs über die sehr heterogenen ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen in Südosteuropa, Mitteleuropa, Zentraleuropa und Russland, ohne erkennbaren Vergleichsrahmen. Die Lehrveranstaltung "BAK 2.3 VO Historische Grundlagen" habe (hingegen) die Vermittlung von historischen Grundkenntnissen zur Entstehung und Entwicklung moderner Staatlichkeit (Nationalstaat, Verfassungen, Parlamente) unter besonderer Berücksichtigung der ökonomischen Rahmenbedingungen (Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise) zum Ziel. Ein weiterer Schwerpunkt liege auf den Entstehungsbedingungen des Faschismus in Europa.

Aufgrund der unterschiedlichen Inhalte und Lehrziele liege bei den zur Anerkennung beantragten Lehrveranstaltungen keine Gleichwertigkeit vor.

3. Dazu gab die Beschwerdeführerin am 11. März 2015 folgende Stellungnahme ab:

Der Kurs "Political Science" sei kein klassischer Einführungskurs. Es würden spezifische Themen wie etwa "Politische Partizipation" (Topic 8), "Globalisation und Migration" (Topic 9), "Wahlsysteme und das Wahlsystem in der Türkei" (Topic 14) und "Politische Parteien und ihre Bedeutung" (Topic 12) behandelt werden. Auch in den weiteren Topics (2 bis 7, 11 und 13) seien ausgewählte Themen behandelt worden, die unterschiedliche Herangehensweisen, Schwerpunkte und einander ergänzende theoretische Perspektiven der Disziplinen ausweisen würden. Eine Gleichwertigkeit liege daher vor. Das Argument, dass im Workload eine Differenz von einem ECTS-Punkt bestehe, reiche nicht aus, um die Gleichwertigkeit in Frage zu stellen.

Die Lehrveranstaltung "BAK 2.3 VO Historische Grundlagen" sei ein Überblickskurs, der lediglich 4 ECTS-Punkte aufweise und nicht ansatzweise an die Themen angrenze, die im Kurs "European History II", der 6 ECTS-Punkte ausmache, behandelt würden. "European History II" vermittle weit mehr Wissen als die Lehrveranstaltung "BAK 2.3 VO Historische Grundlagen". "European History II" sei daher sehr wohl gleichwertig, wenn nicht sogar höherwertiger.

4. Mit Bescheid vom 9. April 2015, Zl. SPL21/78-49-14/15, wies der Studienpräses der Universität Wien den Anerkennungsantrag der Beschwerdeführerin gemäß § 78 Abs. 1 UG ab.

Begründend führte er Folgendes aus:

Zum Lehrziel der Lehrveranstaltung "Political Science" zähle die Vermittlung von Basiswissen auf dem Gebiet der Politik. Konkret umfasse dies folgende Bereiche: Politische Prozesse, Regierung, Macht, Verfassung und Demokratie, politische Regime, politische Parteien, Legitimität, Ideologien und Bürokratie. Das der Lehrveranstaltung zugrundeliegende Textbook trage den Titel "Introduction to Political Science". Auch in den "Learning Outcomes" (Lernergebnis) werde auf die Einführung in zentrale Aspekte politikwissenschaftlichen Denkens hingewiesen. Bei den "Weekly-Topics" liege der Schwerpunkt auf klassischen politikwissenschaftlichen Fragestellungen und Konzepten wie politische Partizipation, politische Parteien, Wahlsysteme etc. Die von der Beschwerdeführerin angeführten weiteren Topics würden sich mit folgenden Themen beschäftigen: die Entstehung, Entwicklung und Konzeptionen von Staatlichkeit (Topic 2), Macht (Topic 3), Legitimationstheorien (Topic 4), Konzeption von Demokratie und Verfassung (Topic 5), Elitentheorien (Topic 7) und Regierungsprozesse (Topic 11).

All dies seien genuin politikwissenschaftliche Themen und Fragestellungen, die in den Disziplinen Soziologie, Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Kultur- und Sozialanthropologie nur am Rande behandelt würden.

Auch der Titel von Topic 13: "Individual, Society and State" lasse in dieser Kombination auf eine politikwissenschaftliche Analyseperspektive schließen. Weiters lasse die Behandlung des Phänomens der Globalisierung und Migration in Hinblick auf Lohn und Steuerpolitik eine politikwissenschaftliche Behandlung des Themas vermuten. Insbesondere bei der Steuerpolitik handle es sich um einen ursächlich staatlichen Aufgabenbereich und daher um ein Forschungsfeld der Politikwissenschaft.

Aus den Lehrveranstaltungsunterlagen gehe nicht hervor, dass all diese Fragen aus der Sicht unterschiedlicher Disziplinen behandelt würden, um das Verständnis der Studierenden für die Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede in den Herangehensweisen der einzelnen sozialwissenschaftlichen Disziplinen zu schärfen.

Eine solche Herangehensweise stehe jedoch im Mittelpunkt der Vorlesung "BAK 2.2 VO Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel: aktuelle Debatten". Die Lehrveranstaltung "Political Science" sei daher nicht gleichwertig mit dieser Vorlesung.

Die Lehrveranstaltung "European History II" behandle sehr unterschiedliche Regionen und Reiche vom Ende des Mittelalters bis in die frühe Neuzeit. Den Lehrveranstaltungsunterlagen sei keine Fokussierung auf ausgewählte Fragestellungen als Bezugspunkt des Vergleiches zu entnehmen. Vielmehr sei in den Lehrzielen ausdrücklich von "general information on political and cultural history of Europe" die Rede. Weiters werde in den "Learning Outcomes" angeführt, dass die Studierenden in die Lage versetzt werden sollten, politische, administrative und kulturelle Strukturen "of the states in the Middle Ages" zu erklären. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin sei aus den Unterlagen nicht nachvollziehbar, dass der Schwerpunkt nicht auf dem Mittelalter und der frühen Neuzeit liegen solle. Laut "Learning Outcomes" liege ein gewisser Fokus auf der politischen, kulturellen, militärischen und ökonomischen Geschichte des osmanischen Staates, der Geschichte alter anatolischer, ethnischer Gruppen sowie auf prä- und postislamischen türkischen Staaten.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, bei der Vorlesung "Historische Grundlagen der Politik" handle es sich um einen kurzen und groben Überblick über die historische Entwicklung der Europäischen Union, könne nicht gefolgt werden. Denn das Curriculum des Bachelorstudiums Politikwissenschaft zeige, dass der Schwerpunkt "Europäische Union und Europäisierung" in einem eigenen Kernfach, nämlich BAK 6, sowie in einem Spezialisierungsmodul (BAK 11) gelehrt werde. Das Ziel der Vorlesung "Historische Grundlagen der Politik" sei dagegen die Vermittlung von Grundkenntnissen zur Entstehung und Entwicklung moderner Staatlichkeit ab dem 18. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung der Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise aus politikwissenschaftlicher Perspektive.

Politikwissenschaftliche Fragestellungen, wie die politischen und sozioökonomischen Umwälzungen bei der Herausbildung der kapitalistischen Produktionsweisen, würden keinen Bestandteil der Lehrveranstaltung "European History II" bilden. Diese würden in der Lehrveranstaltung "Historische Grundlagen der Politik" am Beispiel Englands, dem Idealtyp kapitalistischer Entwicklung, dargestellt. England spiele auch im Hinblick auf die Entwicklung moderner Staatlichkeit und der Demokratie eine Vorreiterrolle. Im Kontrast dazu werde die Verzögerung von Kapitalismus und Demokratie und kapitalistischer Entwicklung am Beispiel der Habsburger Monarchie aufgezeigt.

Aufgrund der unterschiedlichen Lehrinhalte liege daher keine Gleichwertigkeit vor. In der Lehrveranstaltung "European History II" gehe es um allgemeine Informationen zur politischen und kulturellen Geschichte Europas mit Schwerpunkt auf dem Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Hingegen fokussiere die Lehrveranstaltung "Historische Grundlagen der Politik" den politikwissenschaftlichen Blick auf moderne Staatlichkeit und ihre Kennzeichen sowie die ökonomischen Rahmenbedingungen am Beispiel der Entwicklung Englands und der Habsburger Monarchie.

5. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde, in der sie (wie schon in ihrer Stellungnahme vom 11. März 2015) Folgendes geltend macht:

Der Kurs "Political Sciences" behandle spezifische und ausgewählte Themen wie etwa Politische Partizipationen (Topic 8), Globalisation und Migration (Topic 9), Wahlsysteme und das Wahlsystem in der Türkei (Topic 14), Politische Parteien und ihre Bedeutung (Topic 12). Auch in den weiteren Topics würden ausgewählte Themen behandelt werden, die unterschiedliche Herangehensweisen, Schwerpunkte und einander ergänzende theoretische Perspektiven der Disziplinen ausweisen würden.

Die Lehrveranstaltungen "Political Sciences" und "VO Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel: aktuelle Debatten" seien daher gleichwertig.

Gleiches gelte für die Lehrveranstaltungen "European History II" und "VO Historische Grundlagen". Der Kurs "European History II" sei kein Überblickskurs, er beschäftige sich auch nicht mit dem Ende des Mittelalters und das Augenmerk liege auch nicht auf der Ausdehnung der Osmanischen Herrschaft. Die Lehrveranstaltung "VO Historische Grundlagen" sei sehr wohl ein Überblickskurs, welcher dazu diene, einen kurzen und groben Überblick über die historische Entwicklung der Europäischen Union zu verschaffen. Das Hauptaugenmerk liege keinesfalls auf den Entstehungsbedingungen des Faschismus in Europa. Der Kurs weise auch nur 4 ECTS-Punkte auf und grenze nicht ansatzweise an die im Kurs "European History II" behandelten Themen an, der zudem 6 ECTS-Punkte ausmache. "European History II" vermittle weit mehr Wissen, da die Themen umfangreicher behandelt würden.

Zudem sei einer Studienkollegin der Beschwerdeführerin die Lehrveranstaltung "Zeitgeschichte" aus ihrem Geschichtestudium für die Lehrveranstaltung "BAK 2.3 VO Historische Grundlagen" anerkannt worden. Dabei handle es sich um eine Lehrveranstaltung, die einen überwiegend ähnlichen Inhalt wie die Lehrveranstaltung "European History II" habe. Diese Ungleichbehandlung widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz.

6. Der Senat der Universität Wien erstellte gemäß § 46 Abs. 2 UG ein mit 18. Juni 2015 datiertes Gutachten.

7. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22. Juli 2015, Zl. B/22-14/15, wies der Studienpräses der Universität Wien die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG i.V.m. § 78 UG ab.

Begründend führte er im Wesentlichen Folgendes aus:

Die Beschwerdeführerin bringe auf "inhaltlicher Ebene" keine neuen Argumente vor und lege keine weiteren Unterlagen vor, weshalb von einer "neuerlichen Befassung des Fachbereichs abzusehen" gewesen sei. Der Anerkennungsantrag sei unter Zugrundelegung und Abwägung aller im Verfahren vorgebrachten Argumente abschließend mit (dem angefochtenen) Bescheid erledigt worden. Die Bescheidbegründung sei ausführlich und nachvollziehbar. Dem Beschwerdevorbringen zu einer anerkannten Prüfung aus dem Geschichtsstudium sei zu entgegnen, dass dieser Anerkennung ein gänzlich anderer Sachverhalt zugrunde gelegen sei und diese für das gegenständliche Verfahren daher nicht relevant sei. Eine Ungleichbehandlung könne deshalb nicht vorliegen.

8. Gegen diese Beschwerdevorentscheidung stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen (inhaltlich unbegründeten) Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die von der Beschwerdeführerin an der türkischen Universität XXXX in XXXX absolvierte Lehrveranstaltung "Political Science" ist mit der Lehrveranstaltung "BAK 2.2 VO Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel: aktuelle Debatten" nicht gleichwertig, auch die Lehrveranstaltung "European History II" ist mit der Lehrveranstaltung "BAK 2.3 VO Historische Grundlagen" nicht gleichwertig.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zur fehlenden Gleichwertigkeit stützen sich auf die Stellungnahme der Studienprogrammleitung Politikwissenschaft vom 5. Februar 2015 (siehe oben Punkt I.2.), deren Ergebnisse schlüssig sind. Die Beschwerdeführerin trat diesen nicht auf gleichem fachlichem Niveau entgegen (vgl. zusätzlich unten Punkt 3.2.3.).

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 BVG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen.

Nach § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird. Wird ein solcher Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, und ein Begehren zu enthalten.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels Anordnung einer Senatszuständigkeit liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

3.2. Zu Spruchpunkt A)

3.2.1. Gemäß § 78 Abs. 1 erster Satz UG sind positiv beurteilte Prüfungen, die ordentliche Studierende an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung, einer berufsbildenden höheren Schule, einer Höheren Anstalt für Lehrer- und Erzieherbildung, in Studien an anerkannten inländischen Bildungseinrichtungen, deren Zugang die allgemeine Universitätsreife erfordert, oder in einem Lehrgang universitären Charakters abgelegt haben, sowie positiv beurteilte Prüfungen aus künstlerischen und künstlerisch-wissenschaftlichen Fächern, die von ordentlichen Studierenden an Musikgymnasien bzw. an Musischen Gymnasien abgelegt wurden, auf Antrag des ordentlichen Studierenden vom für die studienrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Organ bescheidmäßig anzuerkennen, soweit sie den im Curriculum vorgeschriebenen Prüfungen gleichwertig sind.

3.2.2. Die Gleichwertigkeitsprüfung ist anhand der Studienordnungen nach objektiven und abstrakten Merkmalen vorzunehmen. Zum einen ist auf den Umfang der Prüfungsanforderungen und auf den Inhalt abzustellen. Es kommt etwa darauf an, welcher Stoff in welchem Schwierigkeitsgrad und in welchem Umfang vermittelt wird. Zum anderen ist die Art und Weise heranzuziehen, wie die Kontrolle der Kenntnisse vorgenommen wird (Prüfungsmethode). Inhalt und Methode müssen einander annähernd entsprechen. Nicht gleichwertig ist eine nur mündliche Prüfung solchen Prüfungen, die aus einer Prüfungsarbeit und einem mündlichen Prüfungsteil bestehen bzw. eine mündliche Prüfung einer schriftlichen. Es ist auch nur die Anerkennung einer Prüfung oder Teilprüfung, nicht aber die Anerkennung von Teilen einer Teilprüfung möglich (vgl. Perthold-Stoitzner, UG, 3. Auflage, 2014, § 78 Anm. 7 mit zahlreichen Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

3.2.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet das Folgendes:

Die Lehrveranstaltung "BAK 2.2 VO Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel: aktuelle Debatten" hat laut Studienprogrammleitung das Lehrziel, am Beispiel ausgewählter aktueller Entwicklungen die unterschiedlichen Herangehensweisen, Schwerpunkte und einander ergänzenden theoretischen Perspektiven der Disziplinen Kultur- und Sozialanthropologie, Politikwissenschaften, Publizistik und Soziologie zu vermitteln. Es soll das Verständnis der Studierenden für die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Herangehensweisen der einzelnen sozialwissenschaftlichen Disziplinen geschärft werden. Behandelt werden laut Vorlesungsverzeichnis des Wintersemesters 2015/2016 die Themen Staat, Globalisierung und Migration von Vortragenden der Fachrichtungen Politikwissenschaft, Soziologie, Kultur- und Sozialanthropologie sowie Publizistik- und Kommunikationswissenschaften. Die wissenschaftsgeschichtlich relevanten, aber insbesondere die aktuellen Bezüge des jeweiligen Faches zu den genannten Themen werden dabei herausgearbeitet.

Dagegen hat die Lehrveranstaltung "Political Science" laut Lehrveranstaltungsbeschreibung die Vermittlung von Basiswissen auf dem Gebiet der Politik zum Inhalt. Weiters werden unter dem Begriff "Teaching Methods and Techniques" die Bereiche politische Prozesse, Regierung, Macht, Verfassung und Demokratie, politische Regime, politische Parteien, Legitimität, Ideologien und Bürokratie angeführt. Schließlich werden unter wöchentlichen Topics folgende Themen genannt: Bedeutung der Politikwissenschaft und Qualifikation;

Entstehung, Entwicklung und Konzepte der Staatlichkeit;

unterschiedliche Bedeutung von Macht; Legitimationstheorien;

Konzepte der Verfassung und Demokratie; soziale Schichten;

Elitetheorien; politische Partizipation; Staat, Globalisierung und Migration; Auswirkungen der Globalisierung und Migration auf Löhne und Steuern; Regierung, Verfassung, Rechtssystem; politische Kräfte, politische Parteien; Individuum, Gesellschaft, Staat; Wahlsysteme und Wahlsystem der Türkei.

Ein Vergleich der beiden Lehrveranstaltungen zeigt somit, dass die Lehrveranstaltung "Political Science" grundlegende Themen der Politikwissenschaft behandelt. In der Lehrveranstaltung "BAK 2.2 VO Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel: aktuelle Debatten" werden dagegen die Themen Staat, Globalisierung und Migration aus der Sicht unterschiedlicher Disziplinen behandelt, wobei insbesondere aktuelle Bezüge herausgearbeitet werden. Zwar wird auch in der Lehrveranstaltung "Political Science" das Thema Staat, Globalisierung und Migration behandelt, jedoch nur in einer einzelnen Einheit des Kurses.

Die Lehrveranstaltung "BAK 2.3 VO Historische Grundlagen" soll laut dem Vorlesungsverzeichnis der Universität Wien (Sommersemester 2015) grundlegende Kenntnisse der historischen Entwicklung von Gesellschaften vermitteln. Konkret soll dies am Beispiel der Entstehung und Entwicklung des modernen Staates und der Durchsetzung der kapitalistischen Wirtschaftsweise (insbesondere in England und im Vergleich dazu in der Habsburger-Monarchie), am Beispiel der Französischen Revolution, der Ausformung von Nationalstaaten auf dem Kontinent und des Entstehens verschiedener Typen nationalistischer Ideologien und schließlich am Beispiel der Entwicklungen des modernen Staates im 20. Jahrhundert erfolgen. Laut Stellungnahme der Studienprogrammleitung ist das Ziel der Lehrveranstaltung die Vermittlung von Grundkenntnissen zur Entstehung und Entwicklung moderner Staatlichkeit ab dem 18. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung der Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise aus politikwissenschaftlicher Perspektive.

Die Lehrveranstaltung "European History II" befasst sich laut Lehrveranstaltungsbeschreibung mit den Grundlagen der politischen und kulturellen Geschichte Europas. Die wöchentlichen Topics sehen folgende Themengebiete vor: Renaissance und ihre Auswirkungen; Entwicklung des Handels; Literatur; England, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Balkan, Russland, Litauen, Polen, Italien Spanien und Portugal in der Neuzeit; Kreuzzüge; Osmanen; Periode der Entdeckungen; Entdeckung Amerikas und ihre Auswirkungen auf das politische und soziale Leben Europas. Als "Learning Outcomes" wird angeführt, dass die Studenten die politische, administrative und kulturelle Struktur der Länder im Mittelalter erklären können. Laut "Learning Outcomes" liegt ein gewisser Fokus auf der politischen, kulturellen, militärischen und ökonomischen Geschichte des osmanischen Staates, der Geschichte alter anatolischer, ethnischer Gruppen sowie auf prä- und postislamischen türkischen Staaten.

Damit ist ersichtlich, dass die in Rede stehenden Lehrveranstaltungen unterschiedliche Lehrinhalte haben.

Weiters behauptet die Beschwerdeführerin, die inhaltliche Gleichwertigkeit sei gegeben, weil die Lehrveranstaltung "European History II" 6 ECTS-Punkte aufweise und "weit mehr Wissen" vermittle als die Lehrveranstaltung "BAK 2.3 VO Historische Grundlagen", welche nur 4 ECTS-Punkte ausmache. Es ist aber nicht zu erkennen, inwieweit dadurch die gleichen Lernergebnisse wie bei Absolvierung der Lehrveranstaltung "BAK 2.3 VO Historische Grundlagen" erzielt werden sollten. Es muss eine Gleichwertigkeit der Inhalte und Umfang der Prüfungsanforderungen gegeben sein (vgl. VwSlg. 13.530 A; VwGH 21.2.2001, 98/12/0177; 29.11.2011, 2010/10/0046); diese kann nicht durch das Absolvieren einer nicht einschlägigen Lehrveranstaltung - unabhängig von deren ECTS-Punktanzahl - ersetzt werden.

Dem Beschwerdevorbringen, einer Studienkollegin sei die Lehrveranstaltung "Zeitgeschichte" aus ihrem Geschichtestudium - welche einen ähnlichen Inhalt wie die Lehrveranstaltung "European History II" habe - für die Lehrveranstaltung "BAK 2.3 VO Historische Grundlagen" anerkannt worden, ist zu entgegnen, dass es bei der Beurteilung der Gleichwertigkeit alleine auf die Gleichwertigkeit der zur Anerkennung beantragten Prüfung mit der im Rahmen eines Studiums vorgeschriebenen Prüfung, für die die Anerkennung erfolgen soll, ankommt. Nur diese beiden Prüfungen sind unmittelbar miteinander hinsichtlich Inhalt und Umfang sowie der Art und Weise der Kenntniskontrolle zu vergleichen.

3.2.4. Es ist liegt somit keine inhaltliche Gleichwertigkeit der von der Beschwerdeführerin abgelegten mit den zur Anerkennung beantragten Prüfungen vor (vgl. auch VwGH 22.10.2013, 2011/10/0076 m. w.N.), weshalb die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen war (vgl. dazu VwGH 20.05.2015, Ra 2015/09/0025, in einem obiter dictum, wonach bei einer Beschwerdevorentscheidung der Ausgangsbescheid nicht mehr dem Rechtsbestand angehört und die Beschwerdevorentscheidung den Beschwerdegegenstand [vor dem Verwaltungsgericht] bildet).

3.2.5. Eine mündliche Verhandlung (sie wurde nicht beantragt) konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen.

4. Zu Spruchpunkt B)

4.1. Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 i.d.F. BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Be-schlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

4.2. Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil sie von der Lösung von Rechtsfragen - insbes. zum Gegenstand des Verfahrens im Fall einer vorher-gehenden Beschwerdevorentscheidung - abhängt, denen grundsätzliche Bedeutung zu-kommt. Eine entsprechende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt zwar in Form eines obiter dictums vor, es ist jedoch nach wie vor fraglich, ob eine eindeutige Gesetzeslage vorliegt bzw. dass die aus Anlass des hier zu beurteilenden Falles vorgenommenen Ableitungen zwingend sind (vgl. zur Thematik der Beschwerdevorentscheidung etwa Eberhard/Pürgy/Ranacher, Rechtsprechungsbericht:

Landesverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof, ZfV 2015, S 315 ff.).

5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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