VwGVG §28 Abs2
WaffG §17 Abs1 Z6
WaffG §50 Abs1 Z2
ZDG §6 Abs3 Z3
ZDG §6 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
WaffG §17 Abs1 Z6
WaffG §50 Abs1 Z2
ZDG §6 Abs3 Z3
ZDG §6 Abs5
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W208.2110104.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX gegen den Bescheid der ZIVILDIENSTSERVICEAGENTUR (ZISA) vom 09.06.2015, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gem. § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 6 Abs. 3 Z 3 Zivildienstgesetz 1986 abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) war gem. Bescheid des Bundesministeriums für Inneres (BMI) vom 12.08.2004, Zl.: XXXX zivildienstpflichtig. Für die Dauer seiner Zivildienstpflicht, höchstens jedoch für 15 Jahre, wurde ihm der Erwerb und der Besitz von genehmigungspflichtigen Waffen sowie das Führen von Schusswaffen untersagt.
2. Der BF leistete seinen ordentlichen Zivildienst von 01.08.2006 bis 30.04.2007 (9 Monate).
3. Im Zuge einer Wohnungsdurchsuchung durch die Polizei wurde ein Teleskop-Schlagstock sichergestellt und der BF wegen Besitz dieser verbotenen Waffe mit rechtskräftigem Urteil vom 28.01.2014 des zuständigen Bezirksgericht, gem. § 50 Abs. 1 Z 2 Waffengesetz zu einer Geldstrafe verurteilt.
4. Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid vom 09.06.2015 (zugestellt durch Hinterlegung am 12.06.2015) wurde die Zivildienstpflicht des BF gem. § 6 Abs. 3 Z 3 des Zivildienstgesetztes (ZDG) von der ZISA aufgehoben und erklärt, dass der BF mit Rechtskraft des Bescheides wieder wehrpflichtig sei.
Begründet wurde der Bescheid sinngemäß, dass - aufgrund des Gerichtsurteils und der Stellungnahme des BF vom 09.12.2014 - erwiesen sei, dass dieser, wenn auch nur fahrlässig, verbotene Waffen oder Munition unbefugt besessen und dafür gem. § 50 Abs. 1 Z 2 Waffengesetz gerichtlich bestraft worden sei. Daher wäre gem. § 6 Abs. 3 Z 3 ZDG die Zivildienstpflicht aufzuheben. Weitere Erläuterungen enthält der Bescheid nicht.
5. Der BF interpretierte diesen Bescheid dahingehend, dass er nun von der ZISA zum Bundesheer geschickt werde, obwohl er bereits 9 Monate ordentlichen Zivildienst abgeleistet habe. Er brachte daher über einen Rechtsanwalt am 07.07.2015 Beschwerde ein.
Er betonte darin, dass er die Stahlrute von einem Freund in Deutschland als Geschenk und Erinnerung erhalten und nicht gewusst habe, dass die Einfuhr und der Besitz in Österreich verboten sei.
Dem BF sei kein Verstoß gegen ein individuelles Waffenverbot (§ 12
Waffengesetz) vorgeworfen worden. § 6 Abs. 3 Z 3 ZDG beziehe sich
jedoch auf diesen Tatbestand (arg: " ... wenn ein
Zivildienstpflichtiger ... dem Verbot, verbotene Waffen ... zu
erwerben oder zu besitzen ... zuwider gehandelt hat."). Im Übrigen
sei bei Einführung des ZDG noch ausschließlich von Schusswaffen und Faustfeuerwaffen die Rede gewesen, als Konsequenz der Ablehnung von Waffengewalt. Solche habe er nicht besessen und sei sein Besitzwille auf das Erinnerungsstück an seinen Freund gerichtet gewesen und nicht auf den Besitz einer Waffe. Abschließend wurde die Aufhebung des Bescheides, eine Vernehmung des BF und eine mdl. Verhandlung beantragt.
6. Mit Schriftsatz vom 07.07.2015 legte die ZISA - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - die Beschwerde und die bezugnehmenden Verwaltungsakten dem BVwG vor (eingelangt am 08.07.2015).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht und ist zulässig.
Aufgrund des oa. Verfahrensganges und der vorgelegten Verwaltungsakten steht fest, dass der BF seinen ordentlichen Zivildienst in der Dauer von 9 Monaten (§ 1 Abs. 5 Z 1 ZDG) abgeleistet hat. Weiters steht fest, dass er eine verboten Waffe besessen und dafür verurteilt wurde.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Feststellungen konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage getroffen werden, sind unbestritten und werden daher der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit des BVwG
Gemäß § 4 Abs. 4 ZDG i.d.g.F. entscheidet das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) über Beschwerden gegen Bescheide der Zivildienstserviceagentur.
Die Einzelrichterzuständigkeit ergibt sich aus § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), wonach das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter entscheidet, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt mangels anderslautender gesetzlicher Anordnungen in den anzuwendenden Gesetzen eine Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit erheblicher Kostenersparnis verbunden ist.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegen.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen und Judikatur
Die für die Aufhebung der Zivildienstpflicht fallbezogen anwendbare Normen des Zivildienstgesetz (ZDG), BGBl. Nr. 679/1986 idgF. lauten:
§ 6 [...] (3) Die Zivildienstserviceagentur hat die Zivildienstpflicht aufzuheben, wenn ein Zivildienstpflichtiger
1. wegen einer in § 5a Abs. 1 Z 1 genannten strafbaren Handlung rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt worden ist, oder
2. einem Wachkörper des Bundes oder einer Gemeinde angehört, oder
3. dem Verbot, verbotene Waffen, Kriegsmaterial und genehmigungspflichtigen Schusswaffen zu erwerben oder zu besitzen oder Schusswaffen zu führen, zuwidergehandelt hat.
Gemäß Z 3 ist die Zivildienstpflicht nicht aufzuheben, wenn der Erwerb oder Besitz einer verbotenen Waffe, von Kriegsmaterial oder einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe den §§ 42 Abs. 2 und 4 sowie 43 Abs. 1 des Waffengesetzes 1996 entsprochen hat.
[...]
(5) Zeiten des geleisteten ordentlichen Zivildienstes sind in den Grundwehrdienst einzurechnen. Vom Wehrpflichtigen gemäß Abs. 4 ist jedoch mindestens ein Grundwehrdienst in der Dauer von vier Monaten zu leisten. [...]"
Die fallbezogen einschlägigen Bestimmungen des Wehrgesetzes (WG) BGBl. Nr. 1 146/2001 idgF lauten:
Dauer der Wehrpflicht
§ 10. (1) Alle österreichischen Staatsbürger männlichen Geschlechtes, die das 17. Lebensjahr vollendet und das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind wehrpflichtig. Für Offiziere, Unteroffiziere sowie Spezialkräfte für eine in der Einsatzorganisation in Betracht kommende Funktion, insbesondere auf den Gebieten der Technik, des Sanitätswesens, des Seelsorgedienstes und der Fremdsprachen, endet die Wehrpflicht mit Ablauf des Jahres, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden. [...]
Grundwehrdienst
§ 20. Zur Leistung des Grundwehrdienstes sind alle Wehrpflichtigen verpflichtet. Der Zeitpunkt, an dem dieser Präsenzdienst erstmalig anzutreten ist, hat vor Vollendung des 35. Lebensjahres des Wehrpflichtigen zu liegen. Die Wehrpflichtigen sind, sofern militärische Rücksichten nicht entgegenstehen, nach Möglichkeit zum Grundwehrdienst innerhalb von sechs Monaten nach ihrer jeweiligen Heranziehbarkeit zu diesem Präsenzdienst einzuberufen. Der Grundwehrdienst dauert sechs Monate. Die Dauer von Wehrdienstleistungen in einem Dienstverhältnis nach § 1 Abs. 3 Z 2 sind auf die Dauer des Grundwehrdienstes anzurechnen. In diesen Fällen gilt eine Wehrdienstleistung von insgesamt sechs Monaten als vollständig geleisteter Grundwehrdienst.
[...]
Die fallbezogen anzuwendenden Bestimmungen des Waffengesetz, BGBl. 12/1997 lauten:
Verbotene Waffen
§ 17. (1) Verboten sind der Erwerb, die Einfuhr, der Besitz, und das Führen
1. von Waffen, deren Form geeignet ist, einen anderen Gegenstand vorzutäuschen, oder die mit Gegenständen des täglichen Gebrauches verkleidet sind;
2. von Schusswaffen, die über das für Jagd- und Sportzwecke übliche Maß hinaus zum Zusammenklappen, Zusammenschieben, Verkürzen oder schleunigen Zerlegen eingerichtet sind;
3. von Flinten (Schrotgewehren) mit einer Gesamtlänge von weniger als 90 cm oder mit einer Lauflänge von weniger als 45 cm;
4. von Flinten (Schrotgewehren) mit Vorderschaftrepetiersystem ("Pumpguns");
5. von Schusswaffen, die mit einer Vorrichtung zur Dämpfung des Schußknalles oder mit Gewehrscheinwerfern versehen sind; das Verbot erstreckt sich auch auf die erwähnten Vorrichtungen allein;
6. der unter der Bezeichnung "Schlagringe", "Totschläger" und "Stahlruten" bekannten Hiebwaffen.
[...]
§ 50. (1) Wer, wenn auch nur fahrlässig [...]
2. verbotene Waffen oder Munition (§ 17) unbefugt besitzt;
3. Waffen oder Munition besitzt, obwohl ihm dies gemäß § 12 verboten ist;
[...] ist vom ordentlichen Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.
[...]
3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes
§ 6 Abs. 3 Z 3 ZDG spricht unmissverständlich vom Zuwiderhandeln des Zivildienstpflichtigen gegen das Verbot, verbotene Waffen zu besitzen. Dass der BF gegen dieses Verbot verstoßen hat ist durch die rechtskräftige Verurteilung gem. § 50 Abs. 1 Z 2 Waffengesetz bewiesen. Der BF hat verbotene Waffen (gem. § 17 Waffengesetz) unbefugt besessen.
Unter der Überschrift "Verbotene Waffen" des § 17 Waffengesetz verbietet der Gesetzgeber gem. Abs. 1 Z 6 den Erwerb, die Einfuhr, der Besitz, und das Führen der unter der Bezeichnung "Schlagringe", "Totschläger" und "Stahlruten" bekannten Hiebwaffen.
Unter dem Begriff "verbotene Waffen" im § 6 Abs. 3 Z 3 ZDG ist zweifellos auch die beim BF gefundene Stahlrute zu subsumieren. Ein individuelles Waffenverbot, gegen das verstoßen worden ist, muss - entgegen der Ansicht des BF - nicht vorliegen.
Auch das Argument des BF, es hätte sich bei der Stahlrute um keine Schusswaffe gehandelt und nur diese seien nach dem Sinn des Gesetzes als verbotene Waffen zu sehen, geht ins Leere, weil der zitierte § 17 Waffengesetz als "verbotene Waffen" (Überschrift) sowohl Schusswaffen (Z 2 - 5) als auch in der Z 6 "Stahlruten" anführt.
Im Übrigen spricht § 1 Abs. 1 Z 1 ZDG ganz allgemein von der Ablehnung von "Waffengewalt gegen Menschen" aus Gewissensgründen und nicht bloß von Schusswaffen.
Angesichts des klaren Wortlautes § 6 Abs. 3 Z 3 ZDG besteht weder für das BVwG noch bestand für die ZISA ein Interpretationsspielraum im Sinne der Argumentation des BF.
Da die Aufhebung der Zivildienstpflicht des BF von der belangten Behörde im Ergebnis zu Recht abgewiesen wurde, war der Beschwerde keine Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.
Die Aufhebung der Zivildienstpflicht bedeutet aber nicht, dass der BF nunmehr vom österreichischen Bundesheer zum Grundwehrdienst einberufen werden kann. Gem. § 6 Abs. 5 ZDG sind Zeiten des geleisteten ordentlichen Zivildienstes in den Grundwehrdienst einzurechnen. Da der BF bereits 9 Monate ordentlichen Zivildienst geleistet hat und der Grundwehrdienst gem. § 20 WG lediglich 6 Monate beträgt, kann er zu diesem nicht mehr einberufen werden. In der Praxis wird sich die Aufhebung daher als bloßer Formalakt - ohne für den BF merkliche Konsequenzen - darstellen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 6 Abs. 3 Z 3 ZDG konnte zwar nicht aufgefunden werden, die angeführten Bestimmungen des ZDG, des WG und des Waffengesetzes sind jedoch völlig eindeutig.
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