VfGH G141/2022

VfGHG141/20225.10.2022

Aufhebung der Wortfolge einer Bestimmung des TelekommunikationsG 2021 betreffend die Einräumung eines Infrastrukturrechts (Standortrecht) für Antennentragemasten für Mobilfunkzwecke samt Zubehör wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz sofern Verfügungen durch den staatlichen Liegenschaftseigentümer ausschließlich bei nachgewiesener technischer Notwendigkeit zulässig sind; bestehendes Standortrecht geht im Konfliktfall zwingend jedweden (zukünftigen) Maßnahmen, beispielsweise des sozialen Wohnbaus oder der verstärkten Nutzung von Solarenergie, vor; keine Unsachlichkeit und kein unverhältnismäßiger Eigentumseingriff durch die Einrichtung eines Standortrechts für Antennentragemasten an öffentlichen – und nicht auch privaten – Liegenschaften angesichts der Bedeutung einer hochwertigen digitalen Infrastruktur und der Abgeltung der Wertminderung der Liegenschaften

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art116 Abs2
B-VG Art140 Abs1 Z2
StGG Art2
StGG Art5
TelekommunikationsG 2021 §4, §53, §54, §59 Abs2, §64, §74, §75
TelekommunikationsG 2003 §5, §12a
Wertminderungs-Richtsätze-V
VfGG §7 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2022:G141.2022

 

Spruch:

I. 1. Die Wortfolge "nur Verfügungen wegen nachgewiesener technischer Notwendigkeit zu berücksichtigen sind und" in §59 Abs2 des Bundesgesetzes, mit dem ein Telekommunikationsgesetz (Telekommunikationsgesetz 2021 – TKG 2021) erlassen wird, BGBl I Nr 190/2021, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

3. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z2 B‑VG gestützten Antrag begehrt die Wiener Landesregierung, §59 des Bundesgesetzes, mit dem ein Telekommunikationsgesetz (Telekommunikationsgesetz 2021 – TKG 2021) erlassen wird, BGBl I 190/2021, die Wortfolgen "und §59 Abs3" in §55 TKG 2021 und die Wortfolge "§59. Standortrecht" im Inhaltsverzeichnis des TKG 2021, in eventu §59 Abs3 TKG 2021, die Wortfolge "und diesem eine Abgeltung gemäß Abs3 anzubieten" in §59 Abs4 TKG 2021 sowie die Wortfolge "und §59 Abs3" in §55 TKG 2021 als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes, mit dem ein Telekommunikationsgesetz (Telekommunikationsgesetz 2021 – TKG 2021) erlassen wird, BGBl I 190/2021, lauten wie folgt (die mit Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Inhaltsverzeichnis

[…]

§59. Standortrecht

[…]

Richtsätze für die Wertminderung und Abgeltungssätze

§55. Die Regulierungsbehörde hat für die der Wertminderung von Liegenschaften oder Objekten entsprechenden Abgeltungen nach §52 Abs2, §53 Abs3 und §59 Abs3 durch Verordnung Richtsätze festzulegen. Diese Richtsätze sind, soweit zweckmäßig, getrennt nach Infrastrukturtypen sowie nach Art und Lage der in Anspruch genommenen Liegenschaft oder des Objekts festzulegen. Bei Erlassung der Verordnung nach dieser Bestimmung hat die Regulierungsbehörde die Zielbestimmungen des §1 zu berücksichtigen. Die Verordnung ist regelmäßig zu überprüfen. Vor Erlassung einer Verordnung nach diesem Absatz ist interessierten Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

[…]

Standortrecht

§59. (1) Standorte im Sinne dieser Bestimmung sind Antennentragemasten samt allen vor Ort erforderlichen Einrichtungen, die unabhängig von der eingesetzten Technologie für den technischen Betrieb erforderlich sind. Bereitsteller eines öffentlichen Kommunikationsnetzes, soweit dieses der Erbringung von nummerngebundenen interpersonellen Kommunikationsdiensten dient, sind berechtigt, zu diesem Zweck Standortrechte zur Errichtung, zum Betrieb, zur Erhaltung, Erneuerung und Erweiterung von Standorten an Liegenschaften, die unmittelbar oder mittelbar im ausschließlichen Eigentum einer Gebietskörperschaft stehen, in Anspruch zu nehmen, wenn öffentliche Rücksichten nicht im Wege stehen und

1. die widmungsgemäße Verwendung der Liegenschaft durch diese Nutzung nicht oder nur unwesentlich dauernd eingeschränkt wird und

2. eine Mitbenutzung nach §64 auf der Liegenschaft nicht möglich oder nicht tunlich ist.

(2) Für Standortrechte nach Abs1 gilt §75 mit der Maßgabe, dass nur Verfügungen wegen nachgewiesener technischer Notwendigkeit zu berücksichtigen sind und der Eigentümer dem Berechtigten einen adäquaten Ersatzstandort anzubieten hat, sofern dies technisch oder wirtschaftlich zumutbar ist.

(3) Dem gemäß Abs1 belasteten Grundeigentümer ist eine der Wertminderung durch das Standortrecht entsprechende Abgeltung zu bezahlen.

(4) Wird ein Standortrecht nach dieser Bestimmung in Anspruch genommen, hat der Berechtigte dem Eigentümer das beabsichtigte Vorhaben unter Beigabe einer Planskizze schriftlich und nachweislich bekanntzumachen und diesem eine Abgeltung gemäß Abs3 anzubieten.

(5) Kommt zwischen dem Berechtigten und dem Eigentümer binnen einer Frist von vier Wochen ab der Bekanntmachung des Vorhabens nach Abs4 keine Vereinbarung über das Standortrecht zustande, kann jeder der Beteiligten die Entscheidung der Regulierungsbehörde beantragen.

(6) Für Standortrechte ist §56 sinngemäß anzuwenden.

[…]

Mitbenutzungsrechte an Antennentragemasten und Starkstromleitungsmasten

§64. Eigentümer oder sonst Nutzungsberechtigte eines Antennentragemastes oder eines Starkstromleitungsmastes müssen dessen Mitbenutzung durch Bereitsteller eines öffentlichen Kommunikationsnetzes, durch Feuerwehren, Rettungsdienste sowie Sicherheitsbehörden gestatten, sofern ihnen dies wirtschaftlich zumutbar und es technisch, insbesondere frequenztechnisch möglich ist. Aus diesem Grund erforderliche technische Änderungen hat der Eigentümer oder sonst Nutzungsberechtigte durchzuführen oder durchführen zu lassen, wenn es sich um geringfügige Änderungen handelt und der Mitbenutzungswerber die Kosten dafür übernimmt. Das Recht zur Mitbenutzung beinhaltet auch die Mitbenutzung der für den Betrieb notwendigen Infrastruktur. Der Eigentümer oder sonst Nutzungsberechtigte darf seine Verfügungsgewalt über die Anlage nicht zu Ungunsten des Mitbenutzers ausüben.

[…]

Ausübung von Rechten

§74. (1) Bei der Ausübung der Rechte nach §§51 bis 70 ist in möglichst wenig belästigender Weise und mit möglichster Schonung der benützten Liegenschaften, Objekte oder der in Anspruch genommenen Anlagen, Leitungen, sonstigen Einrichtungen oder physischen Infrastrukturen und der Rechte Dritter vorzugehen.

(2) Der Berechtigte hat, insbesondere während der Ausführung von Arbeiten, auf seine Kosten für die weitest mögliche Aufrechterhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der benützten Liegenschaften, Objekte oder der in Anspruch genommenen Anlagen, Leitungen, sonstigen Einrichtungen oder physischen Infrastrukturen zu sorgen und nach Beendigung der Arbeiten ehestmöglich einen klaglosen Zustand herzustellen. Auch auf andere bestehende oder genehmigte Arbeiten ist Rücksicht zu nehmen.

Verfügungsrecht der Belasteten

§75. (1) Durch die Rechte nach §§51 bis 70 werden die Belasteten in der freien Verfügung über ihre Liegenschaft, Objekte oder der in Anspruch genommenen Anlagen, Leitungen, sonstigen Einrichtungen oder physischen Infrastrukturen (zB Veränderung, Verbauung, Einbauten oder andere Maßnahmen) nicht behindert. Erfordert eine solche Verfügung die Entfernung oder Änderung einer Anlage des Berechtigten oder kann eine solche dadurch beschädigt werden, so hat der Belastete den Berechtigten in angemessener Frist vor Beginn der Arbeiten hiervon zu verständigen (Anzeige). Der Berechtigte hat rechtzeitig die erforderlichen Vorkehrungen, gegebenenfalls auch die Entfernung oder Verlegung seiner Anlage auf eigene Kosten durchzuführen. Der Berechtigte kann dem Belasteten einen Alternativvorschlag unterbreiten. Die Beteiligten haben auf eine einvernehmliche kostengünstige Lösung hinzuwirken.

(2)-(4) […]

Verfahren

§78. (1) Wird ein Antrag nach §§52 bis 75 an die Regulierungsbehörde gerichtet, ist ein Streitschlichtungsverfahren durchzuführen, sofern nicht alle Verfahrensparteien auf die Durchführung dieses Verfahrens ausdrücklich verzichten. Wird binnen vier Wochen eine einvernehmliche Lösung herbeigeführt, ist das Verfahren bei der Regulierungsbehörde einzustellen.

(2) Wird keine einvernehmliche Lösung gemäß Abs1 hergestellt, hat die Regulierungsbehörde dem Antragsgegner unverzüglich nach Ablauf der Frist gemäß Abs1 schriftlich und nachweislich die Gelegenheit zu geben, binnen zweier Wochen Vorbringen zum Antrag zu erstatten, Beweismittel vorzulegen und Anträge zu stellen. Auf begründeten Antrag kann die Regulierungsbehörde diese Frist erforderlichenfalls um längstens weitere zwei Wochen verlängern. In ihrer Entscheidung hat die Regulierungsbehörde nur fristgerechtes Vorbringen sowie fristgerechte Beweismittel und Anträge zu berücksichtigen. Auf diese Rechtsfolge ist in der Aufforderung zur Stellungnahme ausdrücklich hinzuweisen.

(3) Änderungen des verfahrenseinleitenden Antrages sind unzulässig.

(4) Die Parteien sind verpflichtet, am Streitschlichtungsverfahren gemäß Abs1 und am Verfahren gemäß Abs2 mitzuwirken und alle zur Beurteilung der Sachlage erforderlichen Auskünfte zu erteilen sowie erforderliche Unterlagen vorzulegen. Die Regulierungsbehörde hat in Verfahren nach §§52 bis 75 unverzüglich, längstens aber binnen sechs Wochen nach dem Ablauf der Frist gemäß Abs2 zu entscheiden. Die Entscheidung ersetzt eine zu treffende Vereinbarung.

(5) Die Kosten für die einem nichtamtlichen Sachverständigen zustehenden Gebühren sind vom Berechtigten zu tragen. Diese Kosten können in angemessenem Verhältnis geteilt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1.1. Zur Zulässigkeit ihres Antrages führt die Wiener Landesregierung aus (ohne die Hervorhebungen im Original):

"Der Hauptantrag umfasst den gesamten §59 TKG 2021 und die Wortfolge 'und §59 Abs3' in §55 TKG 2021, sowie die Wortfolge'§59. Standortrecht' im Inhaltsverzeichnis des Telekommunikationsgesetzes 2021. Dieser wird gestellt, weil die Wiener Landesregierung, wie im Folgenden im Einzelnen dargelegt wird, darin eine Verletzung der Art7 Abs1, 18 Abs1, 83 Abs2 und 116 Abs2 B‑VG sowie des Art5 Staatsgrundgesetz 1967 und Art1 des ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) erblickt. Eine Bereinigung dieser verfassungsrechtlichen Bedenken kann nur durch eine Aufhebung des ganzen §59 TKG 2021 erreicht werden. Unter der Annahme, dass die nachstehend angeführten verfassungsrechtlichen Bedenken zutreffen, sind nicht nur die Kernbestimmungen des §59 TKG 2021 verfassungswidrig, die in Abs1 die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Standortrechtes und in Abs5 den Ersatz der Vereinbarung durch die Entscheidung der Regulierungsbehörde regeln, sondern auch alle damit in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Bestimmungen in §59 Abs2, 3, 4 und 6 TKG 2021 sowie jene Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes 2021, welche auf §59 TKG 2021 Bezug nehmen (im Inhaltsverzeichnis des TKG 2021 die Wortfolge '§59. Standortrecht' und in §55 TKG die Wortfolge 'und §59 Abs3'). Dieser Zusammenhang ist deshalb untrennbar, da bei einer Aufhebung nur des Abs1 oder nur des Abs5 oder bei einer Aufhebung beider Absätze jeweils ein Torso an Regelungen verbliebe, dessen Inhalt dem ursprünglichen Ansinnen des Bundesgesetzgebers nicht zugebilligt werden kann."

1.2. In der Sache begründet die Wiener Landesregierung ihren Antrag folgendermaßen (ohne die Hervorhebungen im Original):

"Den folgenden Ausführungen ist vorauszuschicken, dass die Stadt Wien eine einheitliche Gebietskörperschaft mit zwei Rechtsstellungen ist. Einerseits ist sie gemäß Art2 Abs2 B‑VG selbständiges Land, andererseits gemäß Art108 bis 112 B‑VG in Verbindung mit Art115 bis 120 B‑VG Gemeinde mit dem Recht auf Selbstverwaltung.

[…] Verletzung i[m] Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B‑VG) durch die Annahme der Behinderung des Breitbandausbaus

[…]

In den Erläuterungen wird ausgeführt, dass das Fehlen von Zwangsrechten den Ausbau der Mobilfunknetze behindern kann. Zur Unterstützung des Breitbandausbaus (auch 5G) erscheint es daher erforderlich, nunmehr auch Antennentragemasten für Mobilfunkzwecke samt Zubehör einem behördlich durchsetzbaren Infrastrukturrecht zu unterstellen. Angesichts des Wortlautes, der sich an die öffentlichen Eigentümer als Adressaten richtet, sind die Erläuterungen folgendermaßen zu verstehen: Darin wird indirekt – ohne jeden Beleg und ohne jede Bezugnahme auf reale Hintergründe – behauptet, dass die Gebietskörperschaften und ihre Rechtsträger, würde der Bundesgesetzgeber keine Zwangsrechte vorsehen, den Ausbau der Mobilfunknetze behindern könnten. Dazu ist zu bemerken, dass diese Annahme, wie im Folgenden ausführlich dargelegt wird, jeder sachlichen Grundlage entbehrt. […]

Es gibt in Österreich rund 18.400 Mobilfunksendeanlagen (Stand per 30. Juni 2019; die Anzahl dürfte weiter gestiegen sein). Sämtliche Antennentragemasten wurden ohne Geltendmachung eines 'Standortrechts' errichtet; die Standortdichte nimmt jährlich zu und gewinnt jährlich an Qualität. Zahlenmäßig waren über 90% der Sendeanlagen (17.307) bereits im Jahr 2005 in Bestand. Im Bundesland Wien ist die Anzahl der Sendeanlagen im Verhältnis zur Fläche überproportional hoch, was durch die hohe Zahl der Nutzer und die Bebauungsdichte zu erklären ist. Allein die Unternehmung Stadt Wien – Wiener Wohnen hat über 650 aufrechte Mietverträge für Antennentragemasten an ca. 1000 unterschiedlichen Standorten, die jährlich steigen.

Die Wiener Landesregierung kann keine Behinderung des Ausbaus von Mobilfunknetzen erkennen. Es gibt auch keinen Mangel an geeigneten Grundflächen. Öffentliche Grundflächen, auf die die Bereitsteller öffentlicher Kommunikationsdienste auf vertraglicher Basis, und damit ohne staatlichen Eingriff, greifen können, sind in ausreichender Anzahl vorhanden. Auch im Ländervergleich schneidet Österreich gut ab; ein Defizit beim Ausbau der Mobilfunkinfrastruktur ist nicht ersichtlich.

[…]

Zusammenfassend liegt daher weder eine Behinderung des Breitbandausbaus vor, noch besteht irgendeine Gefahr, dass eine solche Behinderung eintreten könnte. Der Bestimmung des §59 TKG 2021 fehlt es daher an einer sachlichen Rechtfertigung. Die ohne sachliche Grundlage bloß angenommene Gefahr der Behinderung des Breitbandausbaus ist keine hinreichende sachliche Rechtfertigung für den mit der Einführung des beschriebenen Standortrechtes verbundenen Eingriff in das Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gesetz.

[…] Verletzung im Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B‑VG) durch die Beschränkung des Adressatenkreises auf öffentliche Eigentümer

Der Bundesgesetzgeber hat, wie oben ausgeführt, das Standortrecht ausschließlich auf Liegenschaften bezogen, die im Eigentum der Gebietskörperschaften bzw im Eigentum von Rechtsträgern stehen, an denen die Gebietskörperschaften zu 100% die Anteile halten. Die Wiener Landesregierung ist der Auffassung, dass die angefochtene Bestimmung alleine schon deshalb unsachlich ist, weil sie ausschließlich an öffentliche Eigentümer adressiert ist. Hierfür gibt es keinen sachlichen Grund. Die Erläuterungen führen zu dieser Frage nichts aus. Wenn tatsächlich eine so große Gefahr bestünde, dass der Ausbau der Mobilfunknetze behindert wird, ist ein Standortrecht, ausschließlich bezogen auf die Liegenschaften der öffentlichen Eigentümer, keine Lösung, die geeignet wäre, diese Gefahr abzuwenden. Es ist dem Zufall überlassen, wo sich die Liegenschaften der öffentlichen Eigentümer befinden. […]

Die durch §59 TKG 2021 bewirkte Schlechterstellung öffentlicher Grundeigentümer gegenüber privaten Grundeigentümern ist objektiv nicht begründet, macht es doch für Berechtigte keinen Unterschied, ob Antennentragemasten auf öffentlichen, oder privaten Flächen errichtet werden. Dieser Auffassung sind sogar die Mobilfunkbetreiber selbst. Denn sie haben im Begutachtungsverfahren zum Ministerialentwurf explizit die Notwendigkeit einer Inanspruchnahme privater Grundflächen hervorgehoben und ein Standortrecht auch gegenüber privaten Grundeigentümern gefordert.

[…] Verletzung im Recht auf Eigentum (Art5 StGG, Art1 erstes Zusatzprotokoll zur EMRK) wegen fehlender Verhältnismäßigkeit des Standortrechts und seiner zwangsweisen Durchsetzung sowie wegen bloßer Abgeltung der Wertminderung

[…]

Ein Standortrecht für Antennentragemasten ist nicht erforderlich, um das öffentliche Interesse an einem weiteren Mobilfunkausbau durchzusetzen (siehe dazu bereits die [obigen] Ausführungen […]). […]

Selbst wenn die Erforderlichkeit des Standortrechts grundsätzlich bejaht würde (was ausdrücklich bestritten wird), bilden die Regelungen über die Einräumung des Standortrechtes in §59 Abs1 TKG 2021 in Verbindung mit den Bestimmungen über den Ersatz der Vereinbarung durch die Entscheidung der Regulierungsbehörde in Abs5 einen unverhältnismäßigen Grundrechtseingriff, weil das Standortrecht nicht das gelindeste Mittel zur Erreichung des Regelungsziels bildet. Dies ergibt sich daraus, dass das Standortrecht – im Vergleich zu Leitungsrechten – ungleich eingriffsintensiver ist:

Das Standortrecht bezieht sich auf Antennentragemasten samt allen vor Ort erforderlichen Einrichtungen, die unabhängig von der eingesetzten Technologie für den technischen Betrieb erforderlich sind. Leitungsrechte betreffen hingegen unter- oder oberirdisch (im Mauerwerk/in Schächten) verlegte Leitungen. Der Unterschied ist gravierend, nicht nur in puncto Flächenverbrauch, sondern auch, was das Erscheinungsbild der Grundfläche nach Errichtung betrifft. Eine parallele Nutzung der Grundfläche, auf welcher Antennentragemasten samt vor Ort erforderlichen Einrichtungen errichtet wurden, ist überhaupt nicht (oder nicht mehr sinnvoll) möglich. Das Standortrecht führt also zu einer erheblichen Wertminderung und einer massiv eingeschränkten Nutzbarkeit der betroffenen Grundflächen. Auch in zeitlicher Hinsicht ist die Belastung gravierend (die Nutzungsdauer, die mit dem Standortrecht verbunden ist, ist zeitlich nicht limitiert).

Das Verfügungsrecht der belasteten öffentlichen Grundeigentümer über die mit dem Standortrecht belastete Grundfläche ist durch den Bestandschutz sowie das eingeschränkte Verfügungsrecht – dieses steht nur mehr zu, wenn der öffentliche Eigentümer zwingende technische Gründe für die Verlegung der Anlage geltend machen kann – massiv eingeschränkt. Dies geht aus §59 Abs2 TKG 2021 sowie den Erläuterungen dazu eindeutig hervor. Öffentliche Grundeigentümer werden also ungleich massiver belastet als durch Leitungsrechte. Das Standortrecht ist de facto 'einzementiert', was in den Erläuterungen zu §59 Abs2 TKG 2021 auch als absolut notwendig erachtet wird. Eine – aus technischen Gründen unbedingt notwendige – Verlegung der Anlage hat nicht zur Wirkung, dass der Grundeigentümer von der gesetzlichen Pflicht zur Einräumung des Standortrechtes befreit ist. Vielmehr muss er einen Ersatzstandort anbieten.

[…]

§59 Abs1, 2, 3 und 5 TKG 2021 greifen somit in verfassungswidriger Weise in das Grundrecht auf Eigentum der öffentlichen Grundeigentümer ein, weil diese Regelungen öffentliche Grundeigentümer mit dem Standortrecht in unverhältnismäßiger Weise belasten.

[…] Verletzung des Rechtes der Gemeinde auf Selbstverwaltung

Die […] dargelegte Einschränkung des Adressatenkreises des §59 Abs1 TKG 2021 auf öffentliche Eigentümer in Verbindung mit der fehlenden Notwendigkeit für das Standortrecht ist auch noch im Zusammenhang mit der verfassungsrechtlichen Ausgestaltung der Privatautonomie der Gemeinden von verfassungsrechtlicher Relevanz. […]

Die Wiener Landesregierung ist der Auffassung, dass §59 Abs1 TKG 2021, indem dieser das Standortrecht auf Liegenschaften im Eigentum von Gebietskörperschaften beschränkt, die Gebietskörperschaften schlechter stellt als alle anderen, vom Standortrecht nicht betroffenen Rechtssubjekte, nämlich die juristischen Personen des Privatrechtes sowie die sonstigen Liegenschaftseigentümer. Insofern §59 Abs1 TKG 2021 dabei die Gemeinde als vom Standortrecht Belastete miterfasst, wird diese gegenüber den nicht betroffenen Rechtssubjekten ohne sachlichen Grund diskriminiert. §59 Abs1 TKG 2021 verstößt deshalb gegen das in Art116 Abs2 B‑VG enthaltene Diskriminierungsverbot.

Ferner führen §59 Abs1 und 5 TKG 2021 die der Gemeinde als juristische Person zustehenden, im gegebenen Kontext als verfassungsrechtliche Schranken für das Handeln der Gemeinde zu verstehenden Grundrechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Eigentum nicht bloß grundrechtskonform aus, sondern verletzen diese […]. Außerdem richtet sich §59 Abs1 TKG 2021, wie erwähnt, nicht an die Allgemeinheit, sondern nur an die öffentlichen Eigentümer. Aus diesen Gründen kann die Bestimmung nicht als 'allgemeines Gesetz' im Sinne des Art116 Abs2 B‑VG angesehen werden.

Nach den obigen Ausführungen der Lehre sowie dem zitierten Judikat des Verfassungsgerichtshofes [VfSlg 9885/1983] sind die Befugnisse der Aufsichtsbehörde als in der Verfassung unmittelbar grundgelegter verfassungsrechtlicher Maßstab für die Prüfung der Zulässigkeit von einfachgesetzlichen Determinierungen der Privatwirtschaftsverwaltung, die keine 'allgemeinen Gesetze' sind, heranzuziehen (Hengstschläger, [Zur Zulässigkeit einfachgesetzlicher Determinierungen der Privatwirtschaftsverwaltung der Gemeinden, in FS Adamovich, 143], 150; VfSlg 9885/1983). Der Genehmigungsvorbehalt in Art119a Abs8 B‑VG ist – neben der Ersatzvornahme in Art119a Abs7 B‑VG – der wohl schärfste denkbare Eingriff der Aufsichtsbehörde in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde.

Vergleicht man die in §59 Abs5 TKG 2021 enthaltenen Befugnisse der Regulierungsbehörde, die zur Ersetzung der privatrechtlichen Einigung der Beteiligten befugt ist, mit den Befugnissen der Aufsichtsbehörde gemäß Art119a Abs8 B‑VG, die nur unter sehr restriktiven Voraussetzungen bestehen, ergibt sich, dass der Bundesgesetzgeber einfachgesetzlich eine von den Rechtsfolgen her gesehen weitergehende Regelung wie den Genehmigungsvorbehalt in Art119a Abs8 B‑VG geschaffen hat. Nach Art119a Abs8 B‑VG können einzelne von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu treffende Maßnahmen, durch die auch überörtliche Interessen in besonderem Maß berührt werden, insbesondere solche von besonderer finanzieller Bedeutung, durch die zuständige Gesetzgebung (Abs3) an eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde gebunden werden. Als Grund für die Versagung der Genehmigung darf nur ein Tatbestand vorgesehen werden, der die Bevorzugung überörtlicher Interessen eindeutig rechtfertigt. Die Ersetzung der privatrechtliehen Einigung zwischen den Beteiligten durch die Regulierungsbehörde geht zum einen bereits insofern über den Genehmigungsvorbehalt hinaus, als die Aufsichtsbehörde bestimmte Geschäfte der Gemeinde nur genehmigen oder nicht genehmigen darf; ein Einfluss auf den Inhalt des Geschäftes dahingehend, dass die Aufsichtsbehörde – so wie im gegebenen Zusammenhang die Regulierungsbehörde – das Geschäft durch eine eigene Entscheidung ersetzen und dessen Konditionen somit ändern kann, steht ihr nicht zu. Schon alleine deshalb ist §59 Abs5 TKG 2021 verfassungswidrig.

§59 Abs5 TKG 2021 enthält zum anderen aber auch keine Grundlage dafür, dass die Regulierungsbehörde eine dem Art119a Abs8 letzter Satz B‑VG entsprechende lnteressenabwägung vorzunehmen hätte. §59 TKG 2021 enthält auch sonst in den anderen Absätzen keine Hinweise darauf, dass eine lnteressenabwägung durchzuführen und die Interessen der Gemeinden zu berücksichtigen wären. Er ist daher in Bezug auf dieses Erfordernis auch keiner verfassungskonformen Interpretation zugänglich. Als handfeste Interessen der Gemeinde, wozu sie die für das Standortrecht beanspruchte Flächen nutzen und damit andere öffentliche Interessen verfolgen könnte, sind beispielsweise der soziale Wohnbau (z. B. durch den Ausbau von Dachgeschossen oder die Aufstockung von Gebäuden), eine klimafreundliche Energiegewinnung (z. B. Solar- oder Photovoltaikanlagen auf Dachflächen) im Einklang mit dem Erneuerbaren‑Ausbau‑Gesetz ('EAG')[…], auf dessen Basis das übergeordnete Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2040 erreicht werden soll, eine Begrünung von Dachflächen zur Kühlung der Temperatur während Hitzeperioden sowie der Schutz des örtlichen Stadtbildes von historischen Ensembles (z. B. in Schutzzonen wie dem gesamten 1. Bezirk) anzuführen. Diese legitimen Interessen der Gemeinde lassen erkennen, dass – es keinesfalls sicher ist, dass bei entsprechender Berücksichtigung des verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrechtes der Gemeinde – in jedem Fall und auf allen Gebäuden der Gemeinde und ihrer Rechtsträger Standorte für Antennentragemasten bevorzugt errichtet werden müssen, wie dies der einfache Bundesgesetzgeber anordnet. Auch aus den Erläuterungen geht nicht hervor, welche Tatbestände die Bevorzugung überörtlicher Interessen gegenüber den örtlichen Interessen der Gemeinde eindeutig in allen denkbaren Fällen rechtfertigen.

[…] Verletzung im Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B‑VG) als Vertrauensschutz bei Eingriff in bestehende Verträge

Nach den Erläuterungen zu §59 Abs1 TKG 2021 soll das Standortrecht nicht in bestehende Verträge eingreifen. War dem Bundesgesetzgeber dieses Ziel ein wirkliches Anliegen, muss eine teleologische Interpretation ergeben, dass damit offenbar nur solche Verträge zwischen öffentlichen Eigentümern und Mobilfunkbetreibern gemeint sind, in denen bei einer längeren Laufzeit kein Kündigungsrecht des Mobilfunkbetreibers vorgesehen ist. Denn sonst könnte der Mobilfunkbetreiber den Vertrag ohnehin kündigen und mit einmaliger Entrichtung einer Abgeltung das Standortrecht in Anspruch nehmen, ohne weiterhin ein vertraglich vereinbartes Entgelt entrichten zu müssen. Dem Wortlaut des §59 TKG 2021 kann dieser Sinn nicht entnommen werden. Die Übergangsbestimmungen in §212 TKG 2021 enthalten keine Bezugnahme auf im Anwendungsbereich des §59 TKG 2021 bestehende Verträge. Auch eine systematische Interpretation des Wortlautes des §59 Abs4 TKG 2021 ('dem Eigentümer das beabsichtigte Vorhaben unter Beigabe einer Planskizze schriftlich und nachweislich bekanntzumachen und diesem eine Abgeltung gemäß Abs3 anzubieten') in Verbindung mit §59 Abs5 TKG 2021 ('binnen einer Frist von vier Wochen ab der Bekanntmachung des Vorhabens nach Abs4 keine Vereinbarung über das Standortrecht') spricht dafür, dass auch Berechtigte, die über ein aufrechtes vertragliches Nutzungsrecht verfügen, das gesetzliche Standortrecht geltend machen können.

[…]

Bei §59 TKG 2021 handelt es sich im Ergebnis um eine rückwirkende Rechtsvorschrift[.] Außerdem wirkt die Norm belastend: Es kann durchaus sein, dass die vorgenommenen Planungen, gezeichneten Baupläne, vorgenommenen Vermessung[en] von Liegenschaften, eingeholte Schätzgutachten, durchgeführte und wieder geschlossene Aufgrabungen für Einbauten im öffentlichen Gut nunmehr angesichts des Standortrechts revidiert, geändert, neu verhandelt bzw neu vorgenommen werden müssen.

Der Bundesgesetzgeber hätte angesichts der denkmöglichen Dispositionen der belasteten öffentlichen Eigentümer in Bezug auf die für ein Standortrecht in Betracht kommenden Liegenschaften eine gewisse Übergangsfrist vorsehen müssen, welche es den öffentlichen Eigentümern ermöglicht hätte, sich auf die neue Rechtslage entsprechend einzustellen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Vor diesem Hintergrund ist sohin §59 TKG 2021 auch wegen Verstoß[es] gegen den aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Vertrauensschutz verfassungswidrig.

[…] Verletzung des Bestimmtheitsgebotes des Legalitätsprinzips (Art18 Abs1 B‑VG) sowie des aus dem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter erfließenden Gebotes der präzisen Regelung der Behördenzuständigkeit (Art83 Abs2 B‑VG)

Einzelne Wendungen in §59 TKG 2021 sind, wie nachstehend dargelegt wird, in einem Ausmaß unbestimmt, dass sie einer Auslegung nicht zugänglich sind und darauf basierende Entscheidungen der Behörde durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nicht überprüft werden können. Auch die dadurch veranlassten Verfügungen und Entscheidungen der vom Standortrecht Belasteten sind dadurch in einem Ausmaß von Rechtsunsicherheit betroffen, welches mit dem rechtstaatlichen Prinzip nicht vereinbar ist.

[…] Die Unbestimmtheit der Wortfolge 'Standortrechte ... in Anspruch zu nehmen' in §59 Abs1 zweiter Satz TKG 2021 in Verbindung mit der Unbestimmtheit der Wendung 'Entscheidung der Regulierungsbehörde' in §59 Abs5 TKG 2021

[…]

Nach dem Wortlaut [des §59 Abs5 TKG 2021] kann zwar jeder Beteiligte (sowohl die Berechtigten, als auch die öffentlichen Grundeigentümer) in einer gewissen Phase des Verfahrens 'die Entscheidung der Regulierungsbehörde beantragen', allerdings bleibt völlig offen, was die Regulierungsbehörde eigentlich entscheiden soll. Anknüpfend an den Wortlaut dieser Bestimmungen stellt sich als Erstes die Frage, ob die Regulierungsbehörde über das Bestehen eines Standortrechtes oder über das Zustandekommen einer Vereinbarung darüber entscheiden soll. Ferner käme in Betracht, dass die Regulierungsbehörde auch bzw alternativ dazu über inhaltliche Bestandteile des Standortrechtes oder der Vereinbarung entscheidet. Nach dem Wortlaut des §59 Abs1 TKG 2021 bleibt offen, ob das Standortrecht – bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen – bereits ex lege entstanden ist. Es ist somit fraglich, ob das Standortrecht als solches den Gegenstand der Entscheidung der Regulierungsbehörde bilden kann. Die Formulierung des Abs5 spricht dafür, dass nur die Vereinbarung und somit die einzelnen Bedingungen Gegenstand sein können, unter denen das Standortrecht in Anspruch genommen werden soll.

[…]

Der Wortlaut [des §12a Abs2 TKG 2003] lässt keine der oben angeführten Fragen offen. Es liegt auf der Hand, dass der Bundesgesetzgeber die Bestimmungen des §59 TKG 2021 in gleichartiger Weise wie […] §12a Abs2 TKG 2003 auf all jene Fragen des Standortrechtes hin auszugestalten hätte, die in der Praxis im Konfliktfall auftreten können. Anderenfalls verfehlt die Bestimmung ihr Ziel. Im Vergleich dazu regelt §59 Abs5 TKG 2021 nicht einmal, dass die Regulierungsbehörde überhaupt eine Entscheidung zu fällen hat, geschweige denn welchen Inhalt und welche Rechtswirkungen diese Entscheidung haben soll. Auch aus §59 Abs1 TKG 2021, wonach die Berechtigten Standortrechte 'in Anspruch ... nehmen' können, lässt sich nichts Genaueres ableiten.

[…] Unbestimmtheit der Wendung in §59 Abs3 TKG 2021 'eine der Wertminderung durch das Standortrecht entsprechende Abgeltung'; Unbestimmtheit der Wendung in §59 Abs4 'eine Abgeltung des Abs3 anzubieten'; Unbestimmtheit der Regelung über die Zuständigkeit der Regulierungsbehörde in §59 Abs5 TKG 2021

[…]

Diese Bestimmungen werfen die Fragen auf, welche Rolle die Abgeltung für die Wertminderung in Bezug auf die Zuständigkeit der Regulierungsbehörde zur Entscheidung über das Standortrecht spielt. Abs3 sieht vor, dass letztlich eine Abgeltung für die Wertminderung zu bezahlen ist. Wann diese fällig wird und ob die Auszahlung Voraussetzung für die Anrufung der Regulierungsbehörde ist, ist nicht geregelt. Ebenso ist nicht geregelt, ob die Abgeltung einen zwingenden Bestandteil der Vereinbarung über das Standortrecht bilden muss oder ob dieses auch separat – also unabhängig von den übrigen Bestandteilen der Vereinbarung – angeboten werden darf und die Regulierungsbehörde das Standortrecht somit auch ohne eine Einigung über die Abgeltung einräumen darf. Nach dem Wortlaut des Abs4 darf das Standortrecht nämlich bereits vor der Bezahlung in Anspruch genommen werden, sofern dieses zumindest angeboten wird (Arg. Abs4 'wenn ein Standortrecht ... in Anspruch genommen wird').

Denkbar wäre ferner, dass die angebotene Abgeltung, um die Regulierungsbehörde anrufen zu können, bereits in entsprechender Höhe ausbezahlt sein muss, damit die Regulierungsbehörde angerufen werden kann (Arg. Abs1 'entsprechende Abgeltung zu bezahlen'). Ferner wäre denkbar, dass die Abgeltung zwar angeboten werden muss (Arg. Abs4 'anzubieten'), dass für die Inanspruchnahme der Zuständigkeit der Regulierungsbehörde aber ein Anbot über einen symbolischen Betrag (z. B. 1 Euro) ausreicht.

[…] Unbestimmtheit des ganzen §59 TKG 2021 wegen Fehlens einer abschließenden Regelung über eine angemessene Entschädigung

Ferner stellt sich die ganz grundsätzliche Frage, ob die in §59 Abs3 TKG 2021 geregelte Abgeltung der Wertminderung bereits ex lege als abschließende Entschädigung für die Einräumung des Standortrechtes anzusehen ist oder ob es sich dabei lediglich um einen Mindestbetrag handelt. Auch hier führt die Interpretation der im gegebenen Zusammenhang angeführten Bestimmungen des §59 TKG [2021] zu keinem klaren Ergebnis. Unstrittig bezieht sich §59 Abs3 TKG 2021 auf die Abgeltung der Wertminderung. Damit ist aber noch nichts gewonnen, da der genaue Umfang und die Berechnungsmethodik offenbleiben. Die Erläuterungen zu §59 Abs3 TKG 2021 führen aus, dass sich die Regulierungsbehörde bei der Festlegung der Richtsätze (§55 [TKG 2021]) an der Methodik und den Parametern der Verordnung der Rundfunk und Telekom Regulierungs‑GmbH (RTR‑GmbH), mit der Richtsätze für die Abgeltung der Wertminderung von Liegenschaften und Objekten durch Antennentragemasten und Leitungsrechte festgelegt werden – Wertminderungs‑Richtsätze‑Verordnung 2019, BGBl II Nr 310/2019[…] (WR‑V 2019), orientieren soll. Diese Argumentation ist unschlüssig, da […] mit dem Standortrecht eine viel gravierendere Eigentumsbeschränkung verbunden ist als mit einem Leitungsrecht. […]

Die Abgeltung der Vermögenseinbuße mit einem Ersatz für Wertminderung bedeutet noch nicht zwingend, dass der Grundeigentümer daneben nicht auch noch ein (z. B. wiederkehrendes) Entgelt für die Benützung der vom Standortrecht betroffenen Flächen verlangen könnte[…]. Die Regulierungsbehörde gesteht in den Erläuterungen zur Wertminderungs‑Richtsätze‑Verordnung 2019 auf Seite 5 durchaus zu, dass neben der Abgeltung der Wertminderung (Einschränkung des Eigentums bei Einräumung des Leitungsrechts) noch ein Entgelt für die Benützung der Sache erhoben werden könnte, handelt es sich doch dabei um unterschiedliche Ansprüche. Sie schließt diese Möglichkeit aber mit dem Argument aus, dass das Gesetz die aus dem Leitungsrecht resultierenden Abgeltungsansprüche abschließend abbilde und verweist insoweit auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 24. Oktober 2017 zu 4 Ob 174/17t. […]

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass §59 TKG 2021 unter anderem auch deshalb wegen Verstoß[es] gegen Art18 Abs1 B‑VG verfassungswidrig ist, weil dieser ausgehend vom Gewicht des Standortrechtes keine hinreichend determinierten Bestimmungen über eine angemessene Entschädigung für das Standortrecht enthält.

[…] Unbestimmtheit der Wortfolge in §59 Abs1 TKG 2021 'öffentliche Rücksichten nicht im Wege stehen'

§59 Abs1 [TKG 2021] gesteht das Standortrecht ua nur zu, wenn öffentliche Rücksichten nicht im Wege stehen. Allerdings bleibt völlig unklar, was mit 'öffentlichen Rücksichten' und 'nicht im Wege stehen' allgemein und bezogen auf die konkrete Inanspruchnahme eines Standorts gemeint ist bzw nach welchen Kriterien diese Voraussetzung für das Standortrecht geprüft werden sollen und ob in die Prüfung einbezogene Kriterien weit oder eng ausgelegt werden sollen.

[…] Verstoß des §59 Abs1 und 5 TKG 2021 gegen die bundesstaatliche Rücksichtnahmepflicht:

[…]

Der Bundesgesetzgeber hat bei der Ausformulierung von §59 TKG 2021 die Interessen der Länder und Gemeinden nicht ausreichend berücksichtigt und vor allem keinen angemessenen Interessenausgleich vorgesehen. Zwar gewährt §59 Abs1 TKG 2021 ein Standortrecht nur dann, wenn 'öffentliche Rücksichten nicht im Wege stehen'. Allerdings ist diese Wortfolge völlig unbestimmt […]. Es ist somit nicht sichergestellt, dass eine entsprechende Abwägung der Interessen der gegenbeteiligten Gebietskörperschaften stattfindet. §59 TKG 2021 torpediert die Interessen der Länder und Gemeinden vielmehr, indem der Bundesgesetzgeber den Berechtigten das Recht zu gesteht, Grund- bzw Dachflächen für Antennentragemasten zu beanspruchen, obwohl die Länder und Gemeinden auf verschiedensten Ebene[n] andere gewichtige Interessen und Planungsziele verfolgen. Der Bundesgesetzgeber nimmt somit nicht ausreichend die Interessen der anderen Gebietskörperschaften wahr und verstößt daher somit gegen die bundesstaatliche Rücksichtnahmepflicht."

2. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Zulässigkeit des Antrages nicht bestreitet, den im Antrag erhobenen Bedenken aber wie folgt entgegentritt (ohne die Hervorhebungen im Original):

"Das Standortrecht ist (in unterschiedlichen Bezeichnungen) ein seit Jahren diskutiertes Infrastrukturrecht. Zwar können Antennentragemasten – wie von der Wiener Landesregierung ausgeführt – auf Basis einer vertraglichen Regelung mit dem Vermieter errichtet werden. Dies trifft jedoch auf die etablierten Leitungsrechte auch zu. Der Unterschied lag bis zum TKG 2021 darin, dass bei Nichtzustandekommen einer Vereinbarung über ein Leitungsrecht jeder der Beteiligten die Entscheidung der Regulierungsbehörde beantragen kann. Diese Entscheidung ersetzt – bei Vorliegen der Voraussetzungen – die vertragliche Einigung und begründet damit das Leitungsrecht. Vereinbarungen über Standorte (Antennentragemasten) waren jedoch bislang nicht durch […] (vertragsersetzende) Entscheidungen der Behörde ersetzbar, wodurch sich die Verhandlungsmacht der Grundeigentümer betreffend Mobilfunkstandorte deutlich von deren Verhandlungsmacht in Bezug auf alle anderen Infrastrukturtypen unterschied. Seitdem der Mobilfunk ein Massenphänomen ist und die Nutzung und der Datenverbrauch in den letzten Jahren massiv zugenommen hat, ist das Errichten neuer Antennentragemasten zur Notwendigkeit geworden.

[…] Zu den Bedenken im Hinblick auf die Verletzung im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B‑VG) durch die Annahme der Behinderung des Breitbandausbaus

[…]

Da bis zum TKG 2021 Vereinbarungen über Standorte (Antennentragemasten) nicht durch […] (vertragsersetzende) Entscheidungen der Behörde ersetzbar waren, kamen zwar Vereinbarungen zwischen Grundeigentümern und Mobilfunkbetreibern zustande, aufgrund der oben erwähnten Verhandlungsmacht der Grundeigentümer betreffend Mobilfunkstandorte sind die von den Grundeigentümern vor allem im urbanen Bereich verlangten Entgelte jedoch zu hoch für einen raschen Breitbandausbau. Der Breitbandausbau wird also nicht durch eine grundsätzliche Weigerung der (öffentlichen) Grundeigentümer behindert, jedoch durch die in der Praxis verlangten Entgelte. Aus diesem Grund wurde mit §59 TKG 2021 die Möglichkeit geschaffen, unter strengen Voraussetzungen und Bedingungen, die aus den seit Jahrzehnten bewährten und in der höchstgerichtlichen Judikatur behandelten Bestimmungen über die Einräumung von Leitungsrechten an öffentlichem Eigentum übernommen wurden, Vereinbarungen über Standorte durch behördliche (vertragsersetzende) Entscheidungen zu ersetzen.

Nach ständiger Rechtsprechung des VfGH [vgl VfSlg 17.012/2003, 15.031/1997] steht dem Gesetzgeber ein Spielraum zu, Regelungen seinen rechtspolitischen Vorstellungen entsprechend zu gestalten.[…] Bei der Wahl der Mittel zur Zielerreichung ist der Gesetzgeber weitgehend frei. Der VfGH [vgl zB VfSlg 17.951/2006, 16.814/2003, 11.774/1988] betont dabei insbesondere, nicht die Zweckmäßigkeit einer Regelung am Gleichheitssatz zu messen: 'Ob die Regelung zweckmäßig ist oder gar, ob mit ihr der optimale Weg zur Zielerreichung beschritten wird, sind Fragen, die vom VfGH unter dem Blickwinkel des Gleichheitsgebots nicht zu beurteilen sind.'[…] Vielmehr ist es 'wesentliche Aufgabe des Gesetzgebers', die Vor-und Nachteile gegeneinander abzuwägen.[…] Schranken, die der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber setzt, werden nach stRsp dann überschritten, wenn zur Zielerreichung völlig ungeeignete Mittel vorgesehen sind oder die vorgesehenen, an sich geeigneten Mittel zu einer sachlich nicht begründbaren Differenzierung führen würden.

Diesen Gestaltungsspielraum hat der VfGH [9.3.2021, E3802/2020] dem Gesetzgeber hinsichtlich der Ausnahme für Antennentragemasten zugestanden, dabei aber gerade nicht ausgesprochen, dass diese Ausnahme zwingend ist. Vielmehr muss umgekehrt auch die (Wieder)Aufnahme eines Zwangsrechtes – unter Berücksichtigung der Grundrechtsjudikatur des VfGH betreffend Eigentumsbeschränkungen – innerhalb des gesetzgeberischen Spielraums liegen.

Auch der Versuch der Wiener Landesregierung, die Regelung als unsachlich darzustellen, indem sie kritisiert, die Regelung greife nicht in bestehende Verträge ein, geht ins Leere: gerade die Beschränkung auf künftige Standorte zeigt, dass der Gesetzgeber, weil er eben keine Rückwirkung anordnet, auf das Sachlichkeitsgebot besondere Rücksicht nimmt.

Ausgehend davon, dass ein erhebliches öffentliches Interesse am Breitbandausbau besteht und aufgrund der bisherigen Ausbaumöglichkeiten dieses Ziel nicht vollständig erreicht werden kann, erscheint es keineswegs unsachlich, dass der Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Spielraums den Weg eines den Regeln der Eigentumsbeschränkung folgenden Instruments geschaffen hat.

[…] Zu den Bedenken im Hinblick auf die Verletzung im Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B‑VG) durch die Beschränkung des Adressatenkreises auf öffentliche Eigentümer

[…]

Privates Eigentum ist bewusst nicht von §59 TKG 2021 erfasst. Das abgeltungspflichtige Standortrecht steht mit gutem Grund nur an Liegenschaften zu, die im öffentlichen Eigentum gemäß §4 Z63 TKG 2021 stehen, somit auch am öffentlichen Gut, soweit dies nicht im Privateigentum steht. Private Grundeigentümer sind nicht zur Duldung verpflichtet. Da das Standortrecht – wie schon die etablierten Leitungsrechte – eine Eigentumsbeschränkung darstellt, kann, der Grundrechtsjudikatur des VfGH folgend, ein solcher Grundrechtseingriff nur nach Vornahme einer Interessenabwägung auferlegt werden. Während der öffentliche Eigentümer wegen des von ihm zu vertretenden rechtspolitischen Ziels auf Ausbau einer modernen Kommunikationsinfrastruktur im Gegenzug dafür eine größere Einschränkung seines Eigentums zu akzeptieren haben wird, trifft dies auf den privaten Eigentümer eben nicht zu, weil dem privaten Eigentümer nicht ein vergleichbares, seiner Sphäre zuzurechnendes öffentliches Interesse am Breitbandausbau entgegengehalten werden kann.

Das Interesse des öffentlichen Eigentümers am Ausbau einer modernen Kommunikationsinfrastruktur lässt sich auf mehreren Ebenen begründen: Die österreichische Bundesregierung hat in ihrem Regierungsprogramm unter dem Kapitel 'Digitalisierung & Innovation' die Sicherstellung flächendeckender technologieneutraler Breitband-Versorgung, den Ausbau der 5G‑Vorreiterrolle sowie den Aufbau der Infrastruktur unter Einhaltung der höchstmöglichen Sicherheitsstandards als Ziele festgelegt. Eine umfassende Breitbandstrategie soll für effizienten und raschen Ausbau der benötigten Breitband-Infrastrukturen sorgen.[…] Auch auf Ebene der Bundesländer ist der Breitbandausbau eine klare politische Zielvorgabe.[…] Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus hat daher alleine im Jahr 2020 Fördermittel in Höhe von EUR 1.095.618.143,– gewährt, davon EUR 98.713.799,– an die Gebietskörperschaften.[…] Ein öffentlich bekanntes Interesse aller Gebietskörperschaften an einem möglichst raschen Breitbandausbau kann daher nicht geleugnet werden.

Weiters hat der VfGH [9.3.2011, B3/10‑8] in Zusammenhang mit den aus seiner Sicht verfassungsrechtlich unbedenklichen Bedingungen für das Zustandekommen von Leitungsrechten festgehalten, dass eine flächendeckende Versorgung mit Telekommunikationsleitungen sicherzustellen ist. Leitungs- und Mitbenutzungsrechte nach den §§5 ff TKG 2003 liegen im öffentlichen Interesse.[…] Wie bereits erwähnt, ist der Gesetzgeber bei der Wahl der Mittel zur Zielerreichung weitgehend frei, seine 'wesentliche Aufgabe' ist es, die Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen.[…] Das neue Infrastrukturrecht Standortrecht, das sich systemimmanent in das seit Jahrzehnten in Vollziehung und Judikatur gefestigte Leitungsrecht einfügt und das somit keinen im Kern neuen Beschränkungstatbestand darstellt, kann nicht als zur Zielerreichung völlig ungeeignetes Mittel angesehen werden. Zudem führt dieses geeignete Mittel auch nicht zu einer sachlich nicht begründbaren Differenzierung, weil die Beschränkung auf Liegenschaften, die unmittelbar oder mittelbar im ausschließlichen Eigentum einer Gebietskörperschaft stehen, aus dem sachlich begründeten Interesse des Bundes, der Länder und der Gemeinden und somit des öffentlichen Eigentümers auf Ausbau einer modernen Kommunikationsinfrastruktur resultiert.

[…] Zu den Bedenken im Hinblick auf die Verletzung im Recht auf Eigentum (Art5 StGG, Art1 erstes Zusatzprotokoll zur EMRK) wegen fehlender Verhältnismäßigkeit des Standortrechts und seiner zwangsweisen Durchsetzung sowie wegen bloßer Abgeltung der Wertminderung

[…]

Zur grundsätzlichen Erforderlichkeit und Eignung des Standortrechts darf auf die Ausführungen […] oben verwiesen werden.

Dem Vorbringen der Wiener Landesregierung ist zunächst entgegenzuhalten, dass gemäß §59 Abs1 TKG 2021 das Standortrecht nur in Anspruch genommen werden kann, wenn öffentliche Rücksichten nicht im Wege stehen und die widmungsgemäße Verwendung der Liegenschaft durch diese Nutzung nicht oder nur unwesentlich dauernd eingeschränkt wird und eine Mitbenutzung nach §64 TKG 2021 auf der Liegenschaft nicht möglich oder nicht tunlich ist.

Die gemäß §59 Abs5 TKG 2021 bei Nichtzustandekommen einer Einigung zwischen dem Berechtigten und dem Eigentümer zur Entscheidung berufene Regulierungsbehörde hat ihrer Entscheidung die verfassungsrechtlich gebotene Interessenabwägung und das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu Grunde zu legen, wodurch auch eine Mitbenutzung von bereits bestehenden Infrastrukturen auf der Liegenschaft geboten sein kann. Selbst wenn eine Mitbenutzung nicht möglich ist, kann das Standortrecht nur eingeräumt werden, wenn öffentliche Rücksichten nicht im Wege stehen und die widmungsgemäße Verwendung der Liegenschaft durch diese Nutzung nicht oder nur unwesentlich dauernd eingeschränkt wird.

Deswegen ordnet der Gesetzgeber sowohl eine Abwägung gegenüber 'öffentlichen Rücksichten' sowie durch den Vorrang der Mitbenutzung die Anwendung des gelindesten Mittels an. Zudem ist auch bei oberirdischen Infrastrukturen (Verteilerkästen, leitungsführende Masten – diese sind nicht ausgenommen) die konkrete Fläche nicht mehr anders verwendbar; dennoch sind die Leitungsrechte auch für diese Infrastruktur seit Jahrzenten in Geltung und liegen – wie oben erwähnt – im öffentlichen Interesse.[…] Das Standortrecht umfasst hier also keine spezifisch neuen Inhalte. Darüber hinaus sind für die Prüfung, ob die widmungsgemäße Verwendung eingeschränkt wird, die Auswirkungen des Standortes auf die gesamte Liegenschaft zu berücksichtigen.

[…]

Das Standortrecht ist nicht deshalb eingriffsintensiver als ein Leitungsrecht, weil auch 'alle für den Betrieb erforderlichen Komponenten' davon umfasst sind. Hätte man nämlich die Ausnahme der Errichtung von Antennentragemasten bei den Regelungen über die Leitungsrechte gestrichen, wäre die Umfassung dieser Komponenten (Daten- und Stromzuleitungen, Container, Fundament, Eisfallschutzdächer, …) ebenfalls zwangsrechtlich möglich gewesen, diesfalls aber eben auf Basis des Leitungsrechts. Der Gesetzgeber hat aber den ihm zustehenden Spielraum dazu genützt, das Standortrecht einer eigenen Regelung zu unterziehen.

[…]

Zudem ist anzumerken, dass die Wiener Landesregierung zunächst einen sachlichen Unterschied des Standortrechts zu den Leitungsrechten unter anderem mit einer erheblichen Wertminderung argumentiert. Dieser Versuch, aus noch darzulegenden Unterschieden in der Rechtsfolge auf eine Unsachlichkeit der Ursache zu schließen, geht ins Leere.

Die Abgeltung ebendieser Wertminderung ist gesetzlich vorgesehen. Da das Standortrecht (aufgrund der nur eingeschränkten Anwendbarkeit des §75 TKG 2021) eingriffsintensiver ausgestaltet ist als ein Leitungsrecht nach den §§51 ff TKG 2021, wird in den Erläuterungen zu §59 TKG 2021 auch festgehalten, dass auch die diesen Eingriff in das Eigentum ausgleichende Wertminderung entsprechend höher bewertet werden muss. In den Erläuterungen wird weiter ausgeführt, dass dabei die von der Regulierungsbehörde in der WR‑V 2019 herangezogene Argumentation[…] grundsätzlich weiterhin als geeignet zu betrachten ist, um die Abgeltung der Wertminderung für Standortrechte zu ermitteln; die Regulierungsbehörde sollte sich daher bei der Festlegung der Richtsätze (§55 TKG 2021) wiederum an der Methodik und den Parametern der WR‑V 2019 orientieren. Diese Parameter sowie die Methodik sind für die Standort-Richtsätze deutlich anders ausgestaltet als jene für Leitungsrechte: Durch die nicht bloß am Verkehrswert der in Anspruch genommenen Grundfläche, sondern vielmehr an einem durchschnittlichen (bisherigen) Ertragswert aufbauende Ermittlung, ist auch das Ergebnis deutlich höher als bei Leitungsrechten, was mit der höheren Eingriffsintensität korrespondiert. Wenn der Eigentümer den Richtsatz als zu niedrig ansieht, kann er eine vom Richtsatz abweichende Abgeltung argumentieren und unter Beweis stellen.[…] Eine bloß unbegründete Forderung einer höheren Abgeltung reicht aber nicht aus.

Das Gesetz sieht also – in Zusammenschau mit den Erläuterungen, der WR‑V 2019 und den Entscheidungen der Telekom‑Control‑Kommission (TKK) – sehr wohl eine angemessene Entschädigung vor.

[…] Zu den Bedenken im Hinblick auf die Verletzung des Rechts der Gemeinde auf Selbstverwaltung

[…]

Eine Verletzung des Rechts der Gemeinde auf Ausübung der Privatautonomie als Teil des eigenen Wirkungsbereichs durch §59 TKG 2021 kann […] nicht erkannt werden. Auch die Argumentation, wonach der Regulierungsbehörde als 'Aufsichtsbehörde' die vertragsersetzende Entscheidung nicht zustehe, kann nicht nachvollzogen werden. Selbiges müsste dann bei jedem der seit Jahrzehnten in der Rechtsprechung behandelten Leitungsrecht gelten, sei es für Leitungsrechte nach dem TKG 2021 (bzw davor nach dem TKG 2003) oder solche nach dem Starkstromwegegesetz und zahlreichen anderen einschlägigen Normen. Infrastrukturrechten ist die Möglichkeit einer vertragsersetzenden, behördlichen Entscheidung immanent, eine Verletzung von Art116 Abs2, 119a Abs8 oder sonstigen die Selbstverwaltung betreffenden Artikel des B‑VG kann nicht erkannt werden.

Ebenso wenig liegt eine Diskriminierung der Gebietskörperschaften bzw eine Diskriminierung ohne sachlichen Grund vor. Wie bereits dargelegt, wurden die Bedingungen für die Inanspruchnahme des Standortrechts aus den seit Jahrzehnten bewährten und in der höchstgerichtlichen Judikatur behandelten Bestimmungen über die Einräumung von Leitungsrechten an öffentlichem Eigentum übernommen. Das Standortrecht stellt zweifellos – wie schon die etablierten Leitungsrechte – eine Eigentumsbeschränkung dar. Der Grundrechtsjudikatur des VfGH folgend, kann ein solcher Grundrechtseingriff nur nach Vornahme einer Interessenabwägung auferlegt werden. Die in den §§53 (Leitungsrecht an öffentlichem Eigentum) und 59 (Standortrecht) TKG 2021 enthaltenen Bedingungen bilden gerade die Grundlage für die vorzunehmende Interessenabwägung. […]

Auch der Begriff der 'öffentlichen Rücksichten' ist wie bereits ausgeführt aufgrund der Vollziehung und Rechtsprechung zu den §§5 ff TKG 2003, den Vorgängerbestimmungen der §§51 ff TKG 2021, jedenfalls als eindeutige, die Interessen der Gemeinde mit Rechtssicherheit absichernde Grenze anzusehen. Denn wie ebenfalls bereits ausgeführt ist der Begriff des 'öffentlichen Interesses', der einen Eingriff in das Eigentum ermöglicht, ein typischer, unbestimmter Gesetzesbegriff; die Verwendung solcher unbestimmter Gesetzesbegriffe ist anerkanntermaßen verfassungsrechtlich zulässig.[…]

Zudem darf nochmals erwähnt werden, dass der VfGH hinsichtlich dieser Bedingungen festgehalten hat, dass sie verfassungsrechtlich unbedenklich seien, weil einerseits eine flächendeckende Versorgung mit Telekommunikationsleitungen sicherzustellen ist und andererseits (i) die Einschränkung der widmungsgemäßen Verwendung der Liegenschaft zu prüfen, (ii) eine der Wertminderung entsprechende Abgeltung festzusetzen und (iii) nach Beendigung der Arbeiten jedenfalls ein klagloser Zustand wiederherzustellen ist. Damit sichere das Gesetz die Verhältnismäßigkeit des Eigentumseingriffs im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VfGH [9.3.2011, B3/10‑8] ausreichend ab.[…]

[…] Zu den Bedenken im Hinblick auf die Verletzung im Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B‑VG) als Vertrauensschutz bei Eingriff in bestehende Verträge

Die Erläuterungen zu §59 Abs1 TKG 2021 stellen klar, dass das Standortrecht nicht in bestehende Verträge eingreift. Auf die je nach Gestaltung des Vertrags zwischen Mobilfunkanbieter und Grundeigentümer immer schon bestehende Möglichkeit, den bestehenden Vertrag zu kündigen, hat die Regelung keinen Einfluss. […]

Die von der Wiener Landesregierung vorgebrachte Verletzung des Vertrauensschutzes mit dem Argument, bei §59 TKG 2021 handle es sich um eine rückwirkende Rechtsvorschrift, weil vor dem Inkrafttreten des TKG 2021 abgeschlossene Verträge in Zukunft eventuell gekündigt werden könnten, ist nicht nachvollziehbar. Zum einen sind die oben angeführten Bedingungen des §59 TKG 2021 streng, die Einräumung des Standortrechts ist somit keinesfalls garantiert, zum anderen hat der VfGH [VfSlg 16.687/2002] klar festgehalten, dass eine Erwartung, dass die bisherige Rechtslage bestehen bleibe, verfassungsrechtlich nicht besonders geschützt ist.

[…] Zu den Bedenken im Hinblick auf die Verletzung des Bestimmtheitsgebots des Legalitätsprinzips (Art18 Abs1 B‑VG) sowie des aus dem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter erfließenden Gebots der präzisen Regelung der Behördenzuständigkeit (Art83 Abs2 B‑VG)

[…] Zur behaupteten Unbestimmtheit der Wortfolge 'Standortrechte … in Anspruch zu nehmen' in §59 Abs1 zweiter Satz TKG 2021 in Verbindung mit der behaupteten Unbestimmtheit der Wendung 'Entscheidung der Regulierungsbehörde' in §59 Abs5 TKG 2021

Die Wiener Landesregierung argumentiert, dass nach dem Wortlaut der genannten Absätze zwar jeder Beteiligte in einer gewissen Phase des Verfahrens die Entscheidung der Regulierungsbehörde beantragen könne, es jedoch völlig offen bliebe, was die Regulierungsbehörde eigentlich entscheiden solle. Eine dem §12a Abs2 TKG 2003 entsprechende, keine Fragen offen lassende Bestimmung fehle. Hervorgehoben wird insbesondere der zweite Satz des §12a Abs2 TKG 2003: 'Die Entscheidung ersetzt eine zu treffende Vereinbarung.'

Diese Argumentation ist nicht nachvollziehbar: Eine dem §12a Abs2 TKG 2003 entsprechende Bestimmung sieht das Gesetz explizit vor, nämlich der das Verfahren für Anträge nach den §§52 bis 75 (und somit natürlich auch solche nach §59) regelnde §78 TKG 2021, insbesondere dessen Abs4: Darin ist genau der von der Wiener Landesregierung […] als zentral anzusehende und eben nur vermeintlich fehlende Satz enthalten: 'Die Entscheidung ersetzt eine zu treffende Vereinbarung.' Ergänzend sei anzumerken, dass die Regulierungsbehörde über eine jahrzehntelange Erfahrung und Spruchpraxis in Verfahren zu vertragsersetzenden Entscheidungen verfügt.

[…] Zur behaupteten Unbestimmtheit der Wendung in §59 Abs3 TKG 2021 'eine der Wertminderung durch das Standortrecht entsprechende Abgeltung'; zur behaupteten Unbestimmtheit der Wendung in §59 Abs4 'eine Abgeltung des (Anm: gemeint ist wohl 'gemäß') Abs3 anzubieten'; zur behaupteten Unbestimmtheit der Regelung über die Zuständigkeit der Regulierungsbehörde in §59 Abs5 TKG 2021

[Auch hier] darf darauf hingewiesen werden, dass die in §59 TKG 2021 enthaltenen Voraussetzungen sowie die Wertminderung und Abgeltung betreffenden Wendungen den seit Jahrzehnten in Vollziehung und Rechtsprechung behandelten Regelungen zu den Leitungsrechten entnommen wurden. So regelte bereits §6 Abs2 TKG 2003, dass dem '… Eigentümer der Liegenschaft oder des Objekts das beabsichtigte Vorhaben unter Beigabe einer Planskizze schriftlich und nachweislich bekanntzumachen und diesem eine Abgeltung gemäß §5 Abs5 anzubieten' ist. §5 Abs5 TKG 2003 wiederum regelte, dass 'dem Eigentümer einer gemäß Abs4 oder Abs6 belasteten Liegenschaft […] eine der Wertminderung entsprechende Abgeltung zu leisten' [ist]. §6 Abs3 TKG 2003 hielt weiters fest: 'Kommt zwischen dem Verpflichteten und dem Berechtigten eine Vereinbarung über das Leitungsrecht nach §5 Abs3, Abs4 oder Abs6 oder über die Abgeltung eines Leitungsrechts gemäß §5 Abs5 binnen einer Frist von vier Wochen ab nachweislicher Bekanntmachung des Vorhabens nicht zustande, kann jeder der Beteiligten die Regulierungsbehörde zur Entscheidung anrufen.' Ebendiese Bestimmungen wurden, wie gesagt, gleichlautend in die §§51 ff TKG 2021 sowie für das neue Standortrecht in §59 TKG 2021 übernommen, welches sich ja nur in das bestehende System durch einen neuen Tatbestand einfügt. §59 Abs5 TKG 2021 regelt klar, dass wenn 'binnen einer Frist von vier Wochen ab der Bekanntmachung des Vorhabens nach Abs4 keine Vereinbarung über das Standortrecht zustande [kommt], […] jeder der Beteiligten die Entscheidung der Regulierungsbehörde beantragen [kann].' Unklarheiten hinsichtlich der Voraussetzungen für das Verfahren vor der Regulierungsbehörde sind daher nicht zu erkennen. Selbiges gilt auch hinsichtlich der aufgeworfenen Fragen zur Auszahlung der Abgeltung: Die Regulierungsbehörde (bzw die Telekom‑Control‑Kommission) setzt in ihrer Entscheidung die Höhe der Abgeltung sowie eine Zahlungsfrist fest.[…] Derartige Bescheide wurden durch Beschwerden an das BVwG wiederholt angefochten und danach auch im Rechtszug zum VwGH bzw VfGH behandelt. Die Rechtslage vor dem TKG 2021 betreffend das Verfahren zu vertragsersetzenden Entscheidungen begegnete keinen verfassungsrechtlichen Bedenken des VfGH [9.3.2011, B3/10‑8].[…] Da die Bestimmungen betreffend das Verfahren zu vertragsersetzenden Entscheidungen aus dem TKG 2003 ins TKG 2021 übernommen wurden, sind verfassungsrechtliche Bedenken nicht nachvollziehbar.

[…] Zur behaupteten Unbestimmtheit des ganzen §59 TKG 2021 wegen Fehlens einer abschließenden Regelung über eine angemessene Entschädigung

[…]

Dazu wird – um Wiederholungen zu vermeiden – auch auf die Ausführungen […] oben verwiesen, in welchen dargelegt wird, dass die Behörde auf diese Unterschiede Bedacht nehmen muss.

Wie bereits ausgeführt, wird in den Erläuterungen zu §59 TKG 2021 auch festgehalten, dass das Standortrecht eingriffsintensiver ausgestaltet ist als ein Leitungsrecht nach den §§51 ff TKG 2021 und daher auch die diesen Eingriff in das Eigentum ausgleichende Wertminderung entsprechend höher bewertet werden muss. Grundsätzlich geben die Richtsätze der WR‑V 2019 die Größenordnung der Wertminderung vor. Sie beruhen auf Durchschnittsbetrachtungen und decken damit die meisten in der Praxis möglichen Fälle ab, aber eben nicht alle. Können sich Berechtigter und Eigentümer nicht einigen, ist eben gerade die Ermittlung der konkreten Wertminderung für den konkreten Einzelfall und damit der Abgeltung Sinn und Zweck des Verfahrens vor der Regulierungsbehörde. Wenn der Eigentümer den Richtsatz als zu niedrig ansieht, kann er eine vom Richtsatz abweichende Abgeltung argumentieren und unter Beweis stellen.[…] Eine bloß unbegründete Forderung einer höheren Abgeltung reicht aber nicht aus.

Festzuhalten ist weiter, dass es sich logischerweise nur um eine abschließende Regelung der Abgeltung (nicht einen Mindestbetrag) handeln kann, weil das Instrument der Infrastrukturrechte andernfalls nicht nur wirkungslos wäre, sondern sogar in sein Gegenteil verkehrt würde. Dann erhielte nämlich der Grundeigentümer nicht nur weiter Miete, sondern zusätzlich auch die Wertminderung.

[…] Zur behaupteten Unbestimmtheit der Wortfolge in §59 Abs1 TKG 2021 'öffentliche Rücksichten nicht im Wege stehen'

[…]

Dazu ist anzumerken, dass die Bedingungen für die Inanspruchnahme des Standortrechts aus den seit Jahrzehnten bewährten und in der höchstgerichtlichen Judikatur behandelten Bestimmungen über die Einräumung von Leitungsrechten an öffentlichem Eigentum übernommen wurden. Dies mit dem Ziel, die Vollziehung des §59 TKG 2021 auf der Grundlage von über Jahrzehnten in Vollziehung und Rechtsprechung bewährten Bedingungen zu ermöglichen. Zwar ist es eine der primären Aufgaben der Gesetzgebung, das Handeln der Vollziehung, wenn sie in das Eigentum eingreift, nach den Erfordernissen des Art18 Abs1 B‑VG entsprechend zu determinieren. Jedoch stößt die Möglichkeit zur Determinierung angesichts der notwendigen Abstraktion von Gesetzen auch an ihre Grenzen: So ist der Begriff des 'öffentlichen Interesses', der einen Eingriff in das Eigentum ermöglicht, ein typischer, unbestimmter Gesetzesbegriff. Anerkanntermaßen ist jedoch die Verwendung solcher unbestimmter Gesetzesbegriffe verfassungsrechtlich zulässig.

[…] Zu den Bedenken im Hinblick auf den Verstoß des §59 Abs1 und 5 TKG 2021 gegen die bundesstaatliche Rücksichtnahmepflicht

[…]

Zunächst ist anzumerken, dass das Standortrecht nicht ex lege entsteht, sondern nur durch Vertrag oder eben – bei Vorliegen aller Voraussetzungen – durch vertragsersetzende behördliche Entscheidung der RTR.

Zudem hat, wenn eine Bewilligung hinsichtlich der Erhaltung des örtlichen Stadtbilds erforderlich ist, der nach §59 TKG 2021 Berechtigte diese ohnehin zusätzlich einzuholen.

[…]

Das Interesse des öffentlichen Eigentümers am Ausbau einer modernen Kommunikationsinfrastruktur wurde bereits oben […] behandelt. Diese Ausführungen ergeben, dass dieses Interesse sowohl für den Bund als auch für die Bundesländer und Gemeinden, also die anderen Gebietskörperschaften besteht. Zudem ist, wie bereits ausgeführt, der Begriff der 'öffentlichen Rücksichten' aufgrund der Vollziehung und Rechtsprechung zu den §§5 ff TKG 2003, den Vorgängerbestimmungen der §§51 ff TKG 2021, jedenfalls als eindeutige, die Interessen der Gemeinde mit Rechtssicherheit absichernde Grenze anzusehen. […]"

3. Die Rundfunk und Telekom Regulierungs‑GmbH (RTR‑GmbH) hat auf Einladung des Verfassungsgerichtshofes gemäß §20 Abs3 VfGG eine Äußerung erstattet, in der sie den Bedenken der Wiener Landesregierung Folgendes entgegenhält (ohne die Hervorhebungen im Original):

"Die Antragstellerin verweist […] grundsätzlich zutreffend darauf, dass im TKG 2003 auch die Errichtung von Antennentragemasten ursprünglich von den Leitungsrechten umfasst war. Erst mit der Novelle BGBl I 2011/102 wurde die Errichtung der Antennentragemasten aus den gesetzlichen Leitungsrechten ausgenommen, wobei – ausweislich der ErlRV 1389 Blg 24. GP, 7 – das Ziel verfolgt wurde, eine Berücksichtigung der Interessenlage betroffener Anrainer sicherzustellen. Dieses Ziel konnte mit der Ausnahme der Errichtung von Antennentragemasten aus den Leitungsrechten aber nur bedingt erreicht werden, da – worauf die Regulierungsbehörden auch in ihrer Stellungnahme im Begutachtungsverfahren zum TKG 2021 hingewiesen haben – die Interessenlage der Anrainer vom Grundeigentümer bei seiner Entscheidung, ob er einen Vertrag über die Errichtung des Mastes abschließt, nicht notwendigerweise berücksichtigt werden musste. Der Ausschluss der Leitungsrechte stärkte daher in erster Linie die Verhandlungsposition der Grundeigentümer […], die bei entsprechend hoher Zahlungsbereitschaft der Errichter von Masten – unabhängig von der Interessenlage der Anrainer – Antennentragemasten zulassen konnten und dies, wie die Antragstellerin […] selbst zugesteht, auch getan haben.

Dennoch lag es nach VfGH E3802/2020‑11 vom 09.03.2021 'im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, wenn er – im Hinblick auf Unterschiede zwischen leitungsgebundenen Kommunikationslinien und deren Zubehör einerseits und Antennentragemasten andererseits sowie angesichts der Bestimmung des [§] 5 Abs1 Z3a TKG 2003, die für Kleinantennen einschließlich deren Befestigungen und Zuleitungen Leitungsrechte einräumt, und der Regelung bezüglich Mitbenutzungsrechten in [§]8 TKG 2003 – für Antennentragemasten gemäß §5 Abs1 Z1 TKG 2003 keine Leitungsrechte im Sinne des [§]5 TKG 2003 einräumt.' Eine – der Interessenlage der Antragstellerin entsprechende – verfassungsrechtliche Notwendigkeit, für Antennentragemasten keine Zwangsrechte vorzusehen, ergibt sich nach Ansicht der RTR‑GmbH daraus aber gerade nicht. Vielmehr muss auch die (Wieder‑)Einführung eines Zwangsrechts für Antennentragemasten – wenn auch nunmehr in Gestalt des Standortrechts nach §59 TKG 2021 – im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegen.

Soweit die Antragstellerin […] fordert, de[n] Grundeigentümern müsse die Möglichkeit verbleiben, 'einem eingeräumten Standortrecht zu entgehen', ist darauf hinzuweisen, dass sie damit den grundsätzlichen Zweck jedes Infrastrukturrechts, nämlich die Konditionen der im öffentlichen Interesse gelegenen Vertragsverhältnisse auf ein gesetzlich gewünschtes Niveau zu bringen, negiert. Der Nachfrager hat eben gerade nicht (nur) 'unter den vom Grundeigentümer verlangten Konditionen' zu kontrahieren, auch wenn das die vom Grundeigentümer angestrebte Situation ist. Angesichts der idR nur engen räumlichen Grenzen, die für einen (optimalen) Mobilfunkstandort funktechnisch zur Verfügung stehen, führte das Fehlen eines (Leitungs- oder) Standortrechts lediglich […] zu einer monopolähnlichen Stellung des Grundeigentümers, der damit den im öffentlichen Interesse gelegenen Breitbandausbau behindern oder jedenfalls erschweren kann. Dass die flächendeckende angemessene Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen im öffentlichen Interesse liegt, hat der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen und sich dabei auch mit verschiedenen (dem Standortrecht dem Grunde nach vergleichbaren) Infrastrukturrechten nach dem TKG 2003 befasst, ohne darin unverhältnismäßige Beschränkungen des Eigentums oder sonstige Grundrechtsverletzungen zu sehen (vgl zB VfGH 13.09.2013, B852/2013‑5 zu §5 TKG 2003; VfGH 09.03.2011, B3/10‑8 zu §8 TKG 2003).

Die Antragstellerin sieht weiters einen Unterschied zwischen Leitungsrecht und Standortrecht darin, dass Letzteres 'umfassend zu verstehen' sei, da von §59 Abs1 TKG 2021 auch 'alle vor Ort erforderlichen Einrichtungen, die unabhängig von der eingesetzten Technologie für den technischen Betrieb erforderlich sind', umfasst seien. Dabei übersieht die Antragstellerin nach Ansicht der RTR‑GmbH aber, dass die zusätzlich zum Antennentragemast erforderlichen Komponenten eines Standortes deshalb auch in den Umfang des Standortrechtes einbezogen wurden, weil dieses im TKG 2021 als eigenes Zwangsrecht (neben den Leitung[s]rechten) abgebildet wurde. Hätte der Gesetzgeber demgegenüber den Weg gewählt, die Ausnahme der Errichtung von Antennentragemasten in §51 Abs1 Z1 TKG 2021 zu streichen, wären die genannten Zusatzkomponenten zum Mast ebenfalls einem Zwangsrecht unterlegen, diesfalls aber eben einem Leitungsrecht (s §51 Abs1 Z2 TKG 2021: 'Errichtung und Erhaltung von [...] sonstigen Leitungsobjekten oder anderem Zubehör'), ohne dass dies am Umfang des Rechtes etwas geändert hätte.

Zutreffend ist nach Ansicht der RTR‑GmbH, dass das Standortrecht hinsichtlich Liegenschaften (einschließlich Gebäuden) zusteht, die ausschließlich (also zu 100%) im Eigentum einer Gebietskörperschaft oder deren unmittelbaren Tochtergesellschaften stehen. Zusätzlich sind aber (Arg.: 'mittelbar' in §59 Abs1 TKG 2021) auch Tochtergesellschaften auf tieferen Eigentumsstufen zur Duldung verpflichtet, zB wenn diese über eine Holding, auf das (ausschließliche) Eigentum der Gebietskörperschaft zurückzuführen sind, wie etwa die Wiener Netze GmbH, Wien Energie GmbH, ÖBB‑Infrastruktur AG oder die Bundesimmobiliengesellschaft mbH. Der Verweis in den ErlRV 1043 Blg 27. GP, 25 auf die Definition des öffentlichen Eigentums 'gemäß §4 Z63' TKG 2021 ist nach Ansicht der RTR‑GmbH aber insofern zu weitgehend, als dieses öffentliche Eigentum über §53 Abs6 TKG 2021 auch teilweise privates Miteigentum einbezieht, was mit §59 Abs1 TKG 2021 ('im ... aus-schließlichen Eigentum'[…]) nicht vereinbar ist.

[…] Gleichheitssatz – Behinderung des Ausbaus

[…]

Mit [der] auf eine Verhinderung von Standorten abzielenden Argumentation spricht die Antragstellerin […] nur einen möglichen Aspekt einer Behinderung des im öffentlichen Interesse gelegenen Ausbaus von Mobilkommunikationsnetzen an, nämlich die gänzliche Verweigerung des Abschlusses von Standortverträgen. Eine solche liegt nach den Wahrnehmungen der Regulierungsbehörde der gesetzgeberischen Anordnung aber gar nicht zu Grunde. Das mit dem Standortrecht gem §59 TKG 2021 adressierte Problem liegt vielmehr im von den öffentlichen Grundeigentümern geforderten Abgeltungsniveau. Wie bereits […] angesprochen wurde, haben die Mobilfunkbetreiber in aller Regel kaum die Möglichkeit, auf die Forderung überhöhter Abgeltungen für Standorte beliebig auf andere Standorte auszuweichen. Dies gilt vor allem im städtischen Bereich, wo eine dichtere Versorgung mit Standorten erforderlich ist. Diese Situation führt zu einer faktisch übermächtigen Verhandlungsposition des öffentlichen Eigentümers, der sich dieser idR auch bewusst sein dürfte, wie nicht zuletzt die Ausführungen der Antragstellerin selbst zeigen, die eben nur 'unter den vom Grundeigentümer verlangten Konditionen', vor allem Abgeltungen, zu kontrahieren bereit ist.

[…]

[D]as durchschnittliche Niveau der Abgeltungen [liegt] gerade bei der öffentlichen Hand, deren Interesse am Breitbandausbau der Gesetzgeber dem Standortrecht wesentlich zu Grunde gelegt hat, deutlich über dem Niveau anderer (privater) Grundeigentümer, nämlich in der Größenordnung vom Doppelten dessen, was nicht-öffentliche Eigentümer verlangen. Nach Ansicht der RTR‑GmbH ist daher nicht ersichtlich, dass es sich bei der in den ErlRV 1043 Blg 27. GP, 24 angeführten Begründung lediglich um eine 'bloß zum Schein [...] in den Raum gestellte Behauptung' handeln sollte, wie die Antragstellerin einwendet. Vielmehr scheint die Bestimmung des §59 TKG 2021 – entgegen der Ansicht der Antragstellerin – sehr wohl geeignet, dem vom Gesetzgeber damit verfolgten Zweck der Erleichterung und Beschleunigung des Breitbandausbaus zu dienen, nämlich durch Senkung des Abgeltungsniveaus im Bereich der öffentlichen Hand.

[…] Gleichheitssatz – Beschränkung des Adressatenkreises

Auch die Argumentation der Antragstellerin zu einer vermeintlich unsachlichen Beschränkung des Adressatenkreises ist nach Ansicht der RTR‑GmbH schon aus den oben […] genannten Gründen unrichtig. Die Antragstellerin geht nämlich wiederum von der Prämisse aus, der Breitbandausbau werde nicht durch Verweigerung von Standorten behindert, weshalb auch kein Zwangsrecht erforderlich sei. Dabei blendet die Antragstellerin aber erneut das oben dargestellte Abgeltungsniveau gerade der öffentlichen Hand im Vergleich zu dem der übrigen Grundeigentümern aus. Bereits dieser Unterschied im Tatsächlichen ist nach Ansicht der RTR‑GmbH geeignet, eine nur den öffentlichen Eigentümer betreffende Regelung zu tragen.

Im Übrigen verweist die RTR‑GmbH darauf, dass der Verfassungsgerichtshof im (bereits genannten) Beschluss vom 09.03.2021, E3802/2020‑11 die Ausnahme der Antennentragemasten von der Geltung der Leitungsrechte unter anderem auch auf die Existenz der 'Bestimmung des [§]5 Abs1 Z3a TKG 2003, die für Kleinantennen einschließlich deren Befestigungen und Zuleitungen Leitungsrechte einräumt', gestützt hat. Diese Bestimmung galt (bzw gilt deren Nachfolgeregelung in §53 TKG 2021) ebenfalls nur für (wenn auch hier geringfügig anders abgegrenzte) öffentliche Eigentümer, ohne dass der Verfassungsgerichtshof hierin eine unsachliche Differenzierung gesehen hätte. Gleiches liegt nach Ansicht der RTR‑GmbH auch für das mit §59 TKG 2021 eingeführte Zwangsrecht für (größere) Standorte nahe.

Im Übrigen lässt die Antragstellerin unerwähnt, dass §59 TKG 2021 auch das öffentliche Gut (iSd Definition gem §54 TKG 2021) in gleicher Weise umfasst, wie andere Liegenschaften der öffentlichen Hand. Öffentliches Gut, wie öffentliche Straßen und Plätze sind wohl weitgehend flächendeckend vorhanden, so dass auch die diesbezüglichen Ausführungen der Antragstellerin nicht überzeugen.

[…] Eigentum – Verhältnismäßigkeit und Wertminderung

In ihren diesbezüglichen Ausführungen argumentiert die Antragstellerin unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs über die Voraussetzungen von Enteignungen eine mutmaßliche Verfassungswidrigkeit des §59 TKG 2021, weil lediglich die Wertminderung abzugelten ist. Das Standortrecht ist aber nicht als Enteignung (§79 TKG 2021), auch nicht in Form einer Dienstbarkeit, sondern – wie die Antragstellerin eingangs ihrer Ausführungen selbst zugesteht – als bloße sonstige Eigentumsbeschränkung ausgestaltet, die nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ggf sogar entschädigungslos erfolgen könnte (so zB die Leitungsrechte im öffentlichen Gut gem §54 TKG 2021).

[…]

Soweit die Antragstellerin das 'Erscheinungsbild der Grundfläche' bzw die Unmöglichkeit einer parallelen Nutzung der Grundfläche als mögliche Probleme moniert, ist einerseits darauf hinzuweisen, dass derartige (allfällige) Projektschäden nicht einmal bei Enteignungen zu berücksichtigen wären (zB OGH 04.09.2013, 7 Ob 39/13f) und daher nach Ansicht der RTR‑GmbH auch bei der Ermittlung der Wertminderung für Standortrechte nicht relevant sein können. Andererseits würden diese Argumente, wären sie zutreffend, auch jedes Leitungsrecht für oberirdisch installierte Einrichtungen (Verteilerkästen, Leitungsmasten, Schächte, Kleinantennen, ua) verfassungswidrig erscheinen lassen, was den Ausbau von Kommunikationsinfrastruktur gänzlich verhindern würde. Dass dies nicht richtig ist, hat der Verfassungsgerichtshof zu Leitungsrechten nach dem TKG 2003 bereits entschieden […].

Der im Vergleich zu Leitungsrechten höheren Eingriffsintensität dadurch, dass das Standortrecht nur Verfügungen (iSd §75 TKG 2021) 'wegen nachgewiesener technischer Notwendigkeit' zu weichen hat, wird gesetzlich durch eine höhere abzugeltende Wertminderung Rechnung getragen (vgl ErlRV 1043 Blg 27. GP, 25[…]). Auch liegt in der jedem Eigentümer der öffentlichen Hand auferlegten gesetzlichen Verpflichtung zur Duldung von Standorten nach Ansicht der RTR‑GmbH kein Sonderopfer iSd einschlägigen Rechtsprechung [des] Verfassungsgerichtshofs, weshalb auch dieses Argument der Antragstellerin nicht überzeugt.

[…] Recht der Gemeinde auf Selbstverwaltung

Zum diesbezüglichen Vorbringen weist die RTR‑GmbH darauf hin, dass die Ausführungen der Antragstellerin, §59 TKG 2021 biete 'keine Hinweise darauf, dass [Anm: bei einer Anordnung der Regulierungsbehörde] eine Interessenabwägung durchzuführen und die Interessen der Gemeinde zu berücksichtigen wären', unzutreffend sind. Tatsächlich hat die Regulierungsbehörde bei der Anordnung vertragsersetzender Bescheide – und daher auch bei der Anordnung von Standortrechten – einen 'fairen Ausgleich[…] zwischen den berechtigten Interessen der Parteien' (VwGH 19.10.2004, 2000/03/0300) herzustellen, wofür ihr auch 'im Rahmen der von ihr zu treffenden 'schiedsrichterlich-regulatorischen Entscheidung' notwendiger Weise ein weiter Ermessensspielraum' (VwGH 08.04.2022, 2022/03/0016) zukommt […]. Auch die Interessen einer als Partei an einem Verfahren beteiligten Gemeinde sind, entgegen der Meinung der Antragstellerin, in diesem Sinn zu berücksichtigen (s auch allgemein zum 7. Abschnitt die ErlRV 1043 Blg 27. GP, 22: 'Die Regulierungsbehörde hat ihren Entscheidungen die verfassungsrechtlich gebotene Interessenabwägung und das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu Grunde zu legen').

[…] Mit der gesetzlichen Vorgabe, auch öffentliche Rücksichten einzubeziehen, wird – wie auch bei den Leitungsrechten – in behördlichen Verfahren eine Wertungsentscheidung zu Gunsten des Grundeigentümers ermöglicht, Standortrechte, die nach den sonstigen Voraussetzungen des §59 TKG 2021 zulässig wären, dennoch aus entgegenstehenden (überwiegenden) öffentlichen Rücksichten nicht anzuordnen. Die Anwendung des Tatbestandsmerkmals muss dabei im Einzelfall sicherstellen, dass nicht der Kernbereich des Standortrechts ausgehöhlt wird […], die aber andererseits auch sicherstellt, dass das öffentliche Interesse am Breitbandausbau überwiegende (andere) öffentliche Rücksichten (etwa der Schutz kritischer Infrastrukturen oder ggf auch konkrete, im öffentlichen Interesse gelegene Dachgeschossausbauten) dennoch berücksichtigt werden können. Welche öffentlichen Rücksichten das sein können, wird unter Berücksichtigung der Verfahrensergebnisse nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen sein. […]

Die Rechtssituation hinsichtlich der Interessenlage einer Gemeinde unterscheidet sich im gegebenen Zusammenhang im Übrigen auch nicht von der Rechtslage bei den seit Jahrzehnten in Geltung stehenden Leitungsrechten (s auch hierzu zB VfGH 13.09.2013, B852/2013‑5, hinsichtlich des Erfordernisses einer 'flächendeckend angemessenen Versorgung mit Telekommunikationsleistungen').

[…] Gleichheitssatz – Eingriff in bestehende Verträge

Entgegen der Meinung der Antragstellerin kann die Regulierungsbehörde bei aufrecht bestehenden Vertragsverhältnissen keine (kongruente) vertragsersetzende Anordnung gem §59 TKG 2021 erlassen. […]

Nur wenn ein Vertragspartner einen bestehenden Vertrag aufkündigt, kann – sobald die Kündigung wirksam wurde – auch für bereits bestehende Standorte mit Wirkung pro futuro eine Anordnung der RTR‑GmbH gemäß §59 TKG 2021 ergehen. Auch in diesem Fall kommt es aber nicht zu der von der Antragstellerin ins Treffen geführten Rückwirkung des §59 TKG 2021.

[…] Legalitätsprinzip und gesetzlicher Richter

Die RTR‑GmbH teilt auch die Rechtsmeinung der Antragstellerin nicht, Teile des §59 TKG 2021 seien 'in einem Ausmaß unbestimmt, dass sie einer Auslegung nicht zugänglich sind und darauf basierende Entscheidungen der Behörde durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nicht überprüft werden können'.

[…]

Die Formulierung des §59 Abs1 TKG 2021, wonach Netzbereitsteller berechtigt sind, ein Standortrecht 'in Anspruch zu nehmen' (Abs1) bezieht sich darauf, dass auch nach dem TKG 2021 bei Infrastrukturrechten in erster Linie eine Vereinbarung der Beteiligten getroffen werden soll. In dieser Hinsicht (und auch der Formulierung) unterscheidet sich das Standortrecht in keiner Weise zB von den Leitungsrechten nach §§52, 53 TKG 2021. Kommt keine Vereinbarung über das Standortrecht zustande, kann die Entscheidung der Regulierungsbehörde beantragt werden (§59 Abs4 TKG 2021). Dieses Verhältnis von Vereinbarung zu Anordnung ist in §59 TKG 2021 dieselbe, wie (seit Jahrzehnten) auch bei allen anderen im öffentlichen Interesse liegenden Rechtverhältnissen im Kommunikationsrecht, bei denen der Gesetzgeber vertragsersetzende Bescheide vorgesehen hat, wie etwa Zusammenschaltung (§200), Leitungsrechte (§52 f), Mitbenutzungsrechte (§60 ff) ua. Die RTR‑GmbH (bzw in den Fällen des §198 TKG 2021 die Telekom‑Control‑Kommission) erlässt in diesen Fällen eine Entscheidung, die die zu treffende (aber nicht getroffene) Vereinbarung ersetzt (§§78 Abs4 bzw 200 Abs5 [TKG] 2021).

In solchen Verfahren über die Erlassung einer Anordnung, die eine entsprechende privatautonome Vereinbarung ersetzen soll, bedarf die Behörde nach VwGH 19.10.2004, 2000/03/0300, 'nicht für jede [...] getroffene Bestimmung jeweils einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage, vielmehr müssen die in einer Zusammenschaltungsanordnung enthaltenen einzelnen Regelungen der Anforderung eines fairen Ausgleichs … gerecht werden.' Nach (zuletzt) VwGH 08.04.2022, 2022/03/0016 sind vielmehr von der Behörde 'jene Regelungen zu treffen, die ansonsten von den Parteien des Mitbenutzungsvertrages selbst zu vereinbaren gewesen wären ('vertragsersetzender Bescheid'). Bei der konkreten Ausgestaltung der Mitbenutzungsbedingungen kommt der Regulierungsbehörde im Rahmen der von ihr zu treffenden 'schiedsrichterlich-regulatorischen Entscheidung' notwendiger Weise ein weiter Ermessensspielraum zu, soweit nicht die anzuwendenden Rechtsvorschriften konkrete Vorgaben vorsehen (VwGH 24.4.2013, 2010/03/0155, mwN). Eine strenge Antragsbindung, die mit dem Gebot der Herstellung eines fairen Ausgleichs der jeweiligen Interessen nicht in Einklang zu bringen wäre, besteht dabei nicht (vgl in diesem Sinne VwGH 3.9.2008, 2006/03/0079)'.

Diese Judikatur, die allgemein den Ermessensspielraum der Regulierungsbehörden bei der Anordnung vertragsersetzender Bescheide beschreibt, ist auch für die vertragsersetzenden Bescheide nach den §§59, 78 TKG 2021 maßgeblich, so dass die von der Antragstellerin aufgeworfenen Zweifel über Umfang und Inhalt vertragsersetzender Zuständigkeiten nach Ansicht der RTR‑GmbH nicht begründet sind.

Auch die Entstehung von Standortrechten ist nach dem Gesagten im TKG 2021 nicht unklar geblieben. Standortrechte entstehen entweder durch Vereinbarung oder Entscheidung der Regulierungsbehörde. Ex‑lege entstehen im 7. Abschnitt des TKG 2021 lediglich Leitungsrechte im öffentlichen Gut gem §54 Abs3 TKG 2021 (vgl zur Vorgängerbestimmung auch OGH 21.12.2005, 3 Ob 125/05m), wenn der Verwalter des öffentlichen Gutes gegen ein angezeigtes Vorhaben keine begründeten Einwendungen erhebt oder keinen Alternativvorschlag macht ('widrigenfalls das Leitungsrecht im bekannt gemachten Umfang entsteht') und Nutzungsrechte gem §58 Abs1 TKG 2021, wenn der einheitliche Richtsatz angeboten wird ('ist die Nutzung der Liegenschaft für die in §57 Abs1 genannten Zwecke nicht gehemmt').

[…] Da nach dem oben Gesagten die Behörde über Antrag eines Beteiligten jene Regelungen anzuordnen hat, die ansonsten von den Parteien des Vertrages selbst zu vereinbaren gewesen wären, ist auch in einem vertragsersetzenden Bescheid über ein Standortrecht (dem Grunde und der Höhe nach) über die Wertminderung und auf deren Basis über die Abgeltung zu entscheiden. Auch darin unterscheidet sich das Standortrecht nicht von den übrigen Infrastrukturrechten des 7. Abschnitts des TKG 2021, etwa dem (seit Jahrzehnten bestehenden) Leitungsrecht. Die Bezahlung einer Abgeltung der Wertminderung vorab ist aber auch in §59 TKG 2021 erkennbar keine Voraussetzung für die Antragstellung an die Behörde.

[D]ie Antragstellerin [rügt zudem] eine ihrer Auffassung nach unklare Bedeutung der Regelung über die Abgeltung der Wertminderung. Auch diese Bedenken teilt die vollziehende Behörde nicht. Dass die Abgeltung der Wertminderung nicht als Mindestbetrag verstanden werden kann, ergibt sich schon daraus, dass es geradezu widersinnig wäre, würde der Gesetzgeber zur Unterstützung des Ausbaus von Kommunikationsnetzen eine Abgeltung der Wertminderung vorsehen, die zusätzlich zu bestehenden laufenden Entgelten zu bezahlen wäre. Ein solches Verständnis kann §59 TKG 2021 (wie auch den analogen Regelungen über die Leitungsrechte) nicht unterstellt werden und ergibt sich auch aus dem Gesetzestext und den Materialien keinerlei Hinweis auf einen solchen Inhalt der Bestimmung. […]

Der Antragstellerin ist nach Ansicht der RTR‑GmbH auch nicht zu folgen, wenn sie ausführt, die höhere Eingriffsintensität des Standortrechts gegenüber dem Leitungsrecht sei nach den ErlRV 1043 Blg 27. GP, 25 bei der Ermittlung der Wertminderung nicht zu berücksichtigen. Über den Verweis der zitierten ErlRV auf die Erläuterungen der WR‑V 2019 der RTR‑GmbH wird nämlich klargestellt, dass die Wertminderung für Standortrechte auf einer (in den Erläuterungen der WR‑V 2019 im Detail dargestellten) ertragswertabhängigen Ermittlung beruhen soll, die zu einer höheren Abgeltung als bei den Leitungsrechten führt […]. Im Übrigen unterliegt die Antragstellerin auch einem Irrtum, wenn sie aus den Erläuterungen zur WR‑V 2019 der RTR‑GmbH, Seite 5, ableiten will, die RTR‑GmbH habe die Möglichkeit zusätzlicher (laufender) Entgelte für die Benützung der Liegenschaft argumentativ zugestanden. Tatsächlich wird in den Erläuterungen Folgendes ausgeführt: 'Vielmehr bildet die Wertminderung die aus dem Leitungsrecht resultierenden Abgeltungsansprüche nach dem TKG 2003 abschließend ab (siehe dazu zB OGH vom 24.10.2017, 4 Ob 174/17t: 'Wenn Vorschriften Entschädigungen vorsehen, ist dies als abschließende Ordnung der Entschädigungsfrage anzusehen.'). Darüber hinausgehende Forderungen von bzw Vereinbarungen über laufende Entgelte, zB Mieten oder die in der Konsultation genannten Zahlungen, die zusätzlich zum Richtsatz den tatsächlichen Verkehrswert der beanspruchten Fläche repräsentieren sollen, sind daher unzulässig bzw unwirksam [...]'. Nach Ansicht der RTR‑GmbH ist daher auch die Regelung des Abgeltungsanspruchs des Belasteten in §59 TKG 2021 weder unzureichend determiniert noch unangemessen.

[…] Bundesstaatliche Rücksichtnahmepflicht

[…]

Das Standortrecht greift somit nach Ansicht der RTR‑GmbH in keiner Weise in Landeskompetenzen ein. Vielmehr könnten gegebenenfalls die im Antrag genannten (oder andere) Interessenlagen sogar über die oben […] dargestellten 'öffentlichen Rücksichten' bei der Anordnung eines Standortrechts Berücksichtigung finden. Dass die Antragstellerin lediglich rechtsirrig von einer ex‑lege Entstehung von Standortrechten ausgeht, wurde bereits oben […] ausgeführt. Die Rechtssituation unterscheidet sich im Übrigen auch im gegebenen Zusammenhang nicht von der Situation bei den seit Jahrzehnten in Geltung stehenden Leitungsrechten."

IV. Erwägungen

A. Zur Zulässigkeit des Antrages

1. Gemäß Art140 Abs1 Z2 B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Bundesgesetzen auch auf Antrag einer Landesregierung. Ein von einer Landesregierung gestellter Antrag ist zulässig, sobald das Gesetz rechtswirksam erlassen wurde, und zwar auch dann, wenn es noch nicht in Kraft getreten ist (vgl zB VfSlg 6460/1971, 14.187/1995, 14.895/1997). Wie sich aus Art140 Abs4 B‑VG ergibt, ist ein solcher Antrag als Fall einer abstrakten Normenkontrolle nur gegen geltende, nicht aber gegen schon außer Kraft getretene Rechtsvorschriften zulässig (zB VfSlg 14.802/1997).

Diese Voraussetzungen liegen im Hinblick auf die von der Wiener Landesregierung angefochtenen Bestimmungen des TKG 2021 unbestritten vor.

2.1. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011, 20.154/2017). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung der Antragsteller teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.972/2015).

Hingegen macht eine zu weite Fassung des Antrages diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Soweit ein Antrag auf abstrakte Normenkontrolle die Aufhebung von Bestimmungen begehrt, gegen die im Einzelnen konkrete Bedenken in schlüssiger und überprüfbarer Weise dargelegt werden (VfSlg 14.802/1997, 17.102/2004; vgl auch VfSlg 11.888/1988, 12.223/1989; VfGH 11.6.2012, G120/11; VfSlg 19.938/2014 – die Zuordnung pauschal vorgetragener Bedenken zu einzelnen angefochtenen Bestimmungen ist demgegenüber nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, siehe nur VfSlg 17.102/2004, weiters etwa VfSlg 13.123/1992, 17.099/2003), oder mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, ist der Antrag daher, wenn auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, zulässig. Umfasst ein solcher Antrag darüber hinaus noch weitere Bestimmungen, führt dies, wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind, zur partiellen Zurückweisung des Antrages (vgl bereits VfSlg 14.802/1997).

2.2. Die Wiener Landesregierung ficht die das Standortrecht regelnde Bestimmung des §59 TKG 2021 zur Gänze, die Wortfolge "und §59 Abs3" in §55 TKG 2021 sowie die Wortfolge "§59. Standortrecht" im Inhaltsverzeichnis des TKG 2021 an und äußert im Wesentlichen Bedenken gegen die Sachlichkeit und Verhältnismäßigkeit des Standortrechts sowie gegen dessen im Vergleich zu den Leitungsrechten eingriffsintensivere Ausgestaltung und die auf die Wertminderung beschränkte Abgeltung, die sie wegen der erhöhten Eingriffsintensität als unangemessen erachtet.

3. Die Bundesregierung bestreitet die Zulässigkeit des Antrages nicht. Auch hat sich im Verfahren nichts ergeben, was am Vorliegen der unter Punkt 2.1. wiedergegebenen Voraussetzungen zweifeln ließe. Die von der Wiener Landesregierung vorgebrachten Bedenken richten sich gegen die mit dem (Haupt‑)Antrag angefochtenen Bestimmungen bzw stehen die angefochtenen Bestimmungen jedenfalls in einem – nicht von vorneherein trennbaren –Regelungszusammenhang.

Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Hauptantrag als zulässig, sodass auf den Eventualantrag nicht weiter einzugehen ist.

B. In der Sache

1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den im Antrag dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2. Die angefochtenen Bestimmungen stehen in folgendem normativen Zusammenhang:

2.1. Der 7. Abschnitt des TKG 2021 regelt den – zuvor im 2. Abschnitt des TKG 2003 geregelten – Netzausbau und die Infrastrukturnutzung. Gemäß §51 Abs1 Z1 TKG 2021 sind öffentliche Kommunikationsnetzbetreiber zur Errichtung und Erhaltung von Kommunikationslinien – das sind gemäß §4 Z51 TKG 2021 unter- oder oberirdisch geführte Übertragungswege (Kommunikationsanlagen) einschließlich deren Zubehör wie Schalt‑, Verstärker- oder Verzweigungseinrichtungen, Stromzuführungen, Verkabelungen in Gebäuden, Masten, Antennen, Türme und andere Trägerstrukturen, Leitungsrohre, Leerrohre, Kabelschächte, Einstiegsschächte und Verteilerkästen – unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, ein Leitungsrecht an privatem Grundeigentum (§52 TKG 2021), an öffentlichem Eigentum (§53 TKG 2021) oder an öffentlichem Gut, wie Straßen, Fußwegen oder öffentlichen Plätzen und dem darüber liegenden Luftraum (§54 TKG 2021), in Anspruch zu nehmen. Die Errichtung von Antennentragemasten – das sind gemäß §4 Z59 TKG 2021 Masten oder sonstige Baulichkeiten, die zu dem Zweck errichtet wurden oder tatsächlich dazu verwendet werden, um Antennen (das sind jene Teile einer Funkanlage, die unmittelbar zur Abstrahlung oder zum Empfang von elektromagnetischen Wellen dienen) zu tragen; nicht als Antennentragemasten gelten die Befestigungen von Kleinantennen (gemäß §4 Z60 TKG 2021 Funkanlagen, die den Formfaktor von 0,03 m3 nicht überschreiten) – ist davon ausgenommen (§51 Abs1 Z1 TKG 2021).

Das Recht zur Errichtung und Erhaltung von Kleinantennen einschließlich deren Befestigungen und der erforderlichen Zuleitungen ist hingegen gemäß §51 Abs1 Z5 TKG 2021 von den Leitungsrechten umfasst. Bereitsteller eines öffentlichen Kommunikationsnetzes können dazu unter den in §53 Abs2 TKG 2021 näher geregelten Voraussetzungen Leitungsrechte an in öffentlichem Eigentum stehenden Liegenschaften und Objekten bzw nach §54 TKG 2021 an öffentlichem Gut in Anspruch nehmen (vgl auch die außer Kraft getretenen Bestimmungen §5 Abs1 Z3a, Abs3 und 6 TKG 2003).

Anders als Kleinantennen waren Antennentragemasten auch bereits nach §5 Abs1 Z1 TKG 2003 von den Leitungsrechten ausgenommen. Das hatte zur Folge, dass die Errichtung von Antennentragemasten nur vertraglich vereinbart werden konnte. Eine Einigung zwischen den Beteiligten sollte zwar durch von der Regulierungsbehörde festgelegte Richtsätze für Standorte in der Verordnung der Rundfunk und Telekom Regulierungs‑GmbH (RTR‑GmbH), mit der Richtsätze für die Abgeltung der Wertminderung von Liegenschaften und Objekten durch Antennentragemasten und Leitungsrechte festgelegt werden (Wertminderungs‑Richtsätze‑Verordnung 2019 – WR‑V 2019), BGBl II 310/2019, erleichtert werden. Das Zustandekommen einer Vereinbarung konnte allerdings nicht – wie bei anderen Kommunikationslinien, für die §5 Abs1 TKG 2003 ein Leitungsrecht einräumte, nach dem vorletzten Satz der genannten Bestimmung – zwangsweise durch eine (vertragsersetzende) behördliche Entscheidung durchgesetzt werden.

2.2. Der Gesetzgeber des TKG 2021 hat es "[z]ur Unterstützung des Breitbandausbaus" nunmehr für erforderlich gehalten, "auch Antennentragemasten für Mobilfunkzwecke samt Zubehör einem behördlich durchsetzbaren Infrastrukturrecht zu unterstellen" (Erläut zur RV 1043 BlgNR 27. GP , 24). Dieses neue Infrastrukturrecht – das "Standortrecht" – ist in §59 TKG 2021 geregelt.

Gemäß §59 Abs1 TKG 2021 sind Standorte im Sinne dieser Bestimmung Antennentragemasten samt allen vor Ort erforderlichen Einrichtungen, die unabhängig von der eingesetzten Technologie für den technischen Betrieb erforderlich sind. Bereitsteller eines öffentlichen Kommunikationsnetzes, soweit dieses der Erbringung von nummerngebundenen interpersonellen Kommunikationsdiensten dient, sind berechtigt, zu diesem Zweck Standortrechte zur Errichtung, zum Betrieb, zur Erhaltung, Erneuerung und Erweiterung von Standorten an Liegenschaften, die unmittelbar oder mittelbar im ausschließlichen Eigentum einer Gebietskörperschaft stehen, in Anspruch zu nehmen. Vergleichbar mit der Inanspruchnahme eines Leitungsrechtes an öffentlichem Eigentum nach §53 TKG 2021 können Standortrechte gemäß §59 Abs1 Satz 2 TKG 2021 nur dann in Anspruch genommen werden, wenn öffentliche Rücksichten nicht im Wege stehen und die widmungsgemäße Verwendung der Liegenschaft durch diese Nutzung nicht oder nur unwesentlich dauernd eingeschränkt wird (Z1) und eine Mitbenutzung nach §64 TKG 2021 auf der Liegenschaft nicht möglich oder nicht tunlich ist (Z2). Eine Mitbenutzung müssen Eigentümer oder sonst Nutzungsberechtigte eines Antennentragemastes oder eines Starkstromleitungsmastes gemäß §64 TKG 2021 gestatten, sofern ihnen dies wirtschaftlich zumutbar und es technisch, insbesondere frequenztechnisch möglich ist.

Wie ein Leitungsrecht kommt auch ein Standortrecht gemäß §59 Abs5 TKG 2021 vorrangig durch Vereinbarung zwischen dem Berechtigten und dem Liegenschaftseigentümer zustande. Wenn binnen vier Wochen ab Bekanntmachung des Vorhabens, die nach Abs4 unter Beigabe einer Planskizze schriftlich und nachweislich zu erfolgen hat, keine Vereinbarung erzielt werden kann, kann jeder der Beteiligten die Entscheidung der Regulierungsbehörde beantragen. Gemäß §78 Abs4 letzter Satz TKG 2021 ersetzt diese Entscheidung sodann eine Vereinbarung.

Für die Inanspruchnahme des Standortrechts ist dem belasteten Grundeigentümer gemäß §59 Abs3 TKG 2021 eine der Wertminderung durch das Standortrecht entsprechende Abgeltung zu bezahlen. Die abzugeltende Wertminderung hat sich grundsätzlich gemäß §55 TKG 2021 an den von der Regulierungsbehörde durch Verordnung festzulegenden Richtsätzen zu orientieren. Für die Ermittlung der Wertminderung erachtet der Gesetzgeber – den Erläuterungen zufolge – die WR‑V 2019 weiterhin für geeignet, wobei bei der Festsetzung allerdings zu berücksichtigen ist, dass das Standortrecht eingriffsintensiver ausgestaltet ist als ein Leitungsrecht und "die diesen Eingriff in das Eigentum ausgleichende Wertminderung entsprechend höher bewertet werden" muss. Denn §59 Abs3 TKG 2021 ermöglicht es dem Belasteten zwar, gemäß §75 TKG 2021 weiterhin über sein Eigentum zu verfügen, beschränkt diese Verfügungsmöglichkeit aber dahingehend, dass nur Verfügungen von nachgewiesener technischer Notwendigkeit zu berücksichtigen sind, und verlangt, dass der Eigentümer dem Berechtigten einen adäquaten Ersatzstandort anzubieten hat, sofern dies technisch und wirtschaftlich zumutbar ist (siehe dazu Erläut zur RV 1043 BlgNR 27. GP , 25).

3. Die Wiener Landesregierung erachtet die Ausgestaltung des Standortrechts in §59 TKG 2021 für verfassungswidrig:

3.1. In ihrem Antrag behauptet sie zunächst die gleichheits- und eigentumsgrundrechtswidrige Ausgestaltung des Standortrechts in §59 TKG 2021. Im Einzelnen führt sie dazu aus, dass die vom Bundesgesetzgeber angenommene Gefahr der Behinderung des Breitbandausbaus nicht gegeben sei und deswegen keine Notwendigkeit bestehe, mit der Einführung eines zwangsweise durchsetzbaren Standortrechts den Breitbandausbau weiter zu fördern. Sofern die Erforderlichkeit der Bestimmung des §59 TKG 2021 zu bejahen sei, sei die Ausgestaltung dieses Rechtes aus mehreren Gründen nicht sachgerecht. So sei unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten nicht nachvollziehbar, dass mit dem Standortrecht nur öffentliche Liegenschaftseigentümer belastet seien, weil es für den Breitbandausbau keinen Unterschied machen könne, ob Antennentragemasten auf öffentlichen oder privaten Liegenschaften errichtet würden. Zudem hätten die belasteten Liegenschaftseigentümer einen massiven Grundrechtseingriff hinzunehmen. Denn eine weitere Nutzung der mit einem Standortrecht belasteten Liegenschaft sei nämlich nicht (oder nicht mehr sinnvoll) möglich. Auch werde die Verfügungsmacht des belasteten Eigentümers über dessen Liegenschaft durch das Standortrecht in unverhältnismäßiger Weise auf technisch notwendige Verfügungen eingeschränkt, sodass öffentliche Liegenschaftseigentümer durch das Standortrecht stärker belastet seien als durch Leitungsrechte. Im Hinblick auf die im Vergleich zu Leitungsrechten eingriffsintensivere Ausgestaltung sei die gebührende Abgeltung nicht angemessen, weil sie nur einmalig zu leisten und wie bei Leitungsrechten – ungeachtet der eingriffsintensiveren Ausgestaltung ebenfalls nur – auf die bloße Wertminderung beschränkt sei und sich auf Grund des Verweises in §55 TKG 2021 an den in der WR‑V 2019 festgelegten Richtsätzen zu orientieren habe.

Auch verletze §59 TKG 2021 den Grundsatz des Vertrauensschutzes, weil diese Bestimmung in bestehende Verträge eingreife und damit auf Sachverhalte vor Inkrafttreten des TKG 2021 rückwirke. Es sei nämlich nicht auszuschließen, dass Mobilfunkbetreiber vor Inkrafttreten des TKG 2021 abgeschlossene Verträge mit öffentlichen Liegenschaftseigentümern kündigen und die Einräumung eines Standortrechts verlangen würden. Im Vertrauen darauf, über Grundflächen frei verfügen zu können, seien aber bereits diverse Planungen oder Liegenschaftsschätzungen vorgenommen und Verträge ausgehandelt worden. Der TKG 2021-Gesetzgeber hätte das berücksichtigen und eine Übergangsbestimmung vorsehen müssen.

3.2. Mit Blick auf die Einschränkung des Adressatenkreises auf öffentliche Eigentümer und die fehlende Notwendigkeit des Standortrechts für einen angemessenen Breitbandausbau würden Gemeinden gegenüber Privaten ohne sachlichen Grund diskriminiert werden, weshalb die Wiener Landesregierung auch das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Gemeinde auf Selbstverwaltung als verletzt erachtet.

3.3. Zudem hegt die Wiener Landesregierung Bedenken im Hinblick auf die ausreichende Bestimmtheit näher bezeichneter Wortfolgen in §59 TKG 2021. Die Bestimmung lasse offen, wie das Standortrecht zustande komme, unter welchen Voraussetzungen die Regulierungsbehörde angerufen werden könne, worüber sie zu entscheiden habe und welchen Inhalt bzw welche Rechtswirkung diese behördliche Entscheidung habe. Zudem sei nicht klar, ob die Frage der Entschädigung abschließend geregelt und was unter dem Begriff der "öffentlichen Rücksichten" zu verstehen sei bzw wie diese im Rahmen einer Interessenabwägung zu berücksichtigen seien. Vor diesem Hintergrund könne auch kein angemessener Ausgleich mit den Interessen der Länder und Gemeinden vorgenommen werden, sodass §59 TKG 2021 auch gegen das bundesstaatliche Rücksichtnahmegebot verstoße.

4. Die Bundesregierung und die RTR‑GmbH halten diesen Bedenken zusammengefasst Folgendes entgegen:

4.1. Es bestehe ein öffentliches Interesse an der Bereitstellung flächendeckender Telekommunikationsleistungen und am Breitbandausbau. Da die (öffentlichen) Grundeigentümer den Breitbandausbau zwar nicht durch eine grundsätzliche Weigerung zum Vertragsabschluss, aber bislang durch die Höhe der verlangten Entgelte behindert hätten, bestehe ein legitimes Interesse daran, den Breitbandausbau mit dem zwangsweise durchsetzbaren Standortrecht zu unterstützen.

Dabei weist die Bundesregierung darauf hin, dass es im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liege, Regelungen nach seinen rechtspolitischen Vorstellungen entsprechend zu gestalten und entsprechende Mittel zur Zielerreichung zu wählen. Diesen Gestaltungsspielraum habe der Verfassungsgerichtshof dem Gesetzgeber in seiner Entscheidung nach Art144 Abs2 B‑VG vom 9. März 2021, E3802/2020, hinsichtlich der Ausnahme von Antennentragemasten aus den Leitungsrechten zugestanden. Es müsse dem Gesetzgeber sohin auch umgekehrt zustehen, zur Förderung des Breitbandausbaus in den verfassungsgesetzlichen Grenzen für Antennentragemasten ein eigenes Zwangsrecht vorzusehen.

Eine Einbeziehung privater Grundeigentümer in das Standortrecht sei bewusst nicht erfolgt, weil diese mit Blick auf das öffentliche Interesse des Bundes, der Länder und der Gemeinden am Ausbau moderner Kommunikationsinfrastruktur nicht dieselben Einschränkungen hinzunehmen hätten. Ein vergleichbar gewichtiges privates Interesse am Breitbandausbau, das eine vergleichbare Grundrechtsbeschränkung rechtfertigen könne, gebe es nicht.

Auch sei das Standortrecht nach Auffassung der Bundesregierung und der RTR‑GmbH nicht unsachlich ausgestaltet. Vielmehr sei es den Leitungsrechten nachgebildet und könne nur in engen Grenzen in Anspruch genommen werden. So habe der Gesetzgeber auch für die Inanspruchnahme eines Standortrechts zunächst den Vorrang der Mitbenutzung bestehender Strukturen angeordnet. Sollte eine Mitbenutzung bestehender Strukturen nicht möglich sein, sei eine Abwägung mit etwaigen, dem Standortrecht entgegenstehenden öffentlichen Rücksichten vorzunehmen und zu prüfen, ob durch das Standortrecht die widmungsgemäße Verwendung der (jeweiligen) Liegenschaft nicht oder nur unwesentlich dauernd eingeschränkt werde. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen habe auch die Regulierungsbehörde im Falle ihrer Befassung zu prüfen und ihrer (vertragsersetzenden) Entscheidung das Verhältnismäßigkeitsprinzip zugrunde zu legen. Insoweit das Standortrecht mit Blick auf die eingeschränkte Verfügungsmöglichkeit des Belasteten über die in Anspruch genommene Liegenschaft eingriffsintensiver ausgestaltet sei als Leitungsrechte, werde diese Wertminderung bei der Abgeltung entsprechend berücksichtigt.

Im Hinblick auf die behauptete Verletzung des Vertrauensgrundsatzes führen die Bundesregierung und die RTR‑GmbH aus, dass der bloße Umstand, dass Mobilfunkbetreiber einen bestehenden Vertrag in Zukunft kündigen und ein Standortrecht in Anspruch nehmen könnten, keinen Verstoß gegen den Vertrauensgrundsatz darstelle. Weder stelle §59 TKG 2021 eine rückwirkende Rechtsvorschrift dar noch bestehe ein schützenswertes Vertrauen in die Beibehaltung der bestehenden Rechtslage. Zudem hebt die RTR‑GmbH hervor, dass bereits mit §5 Abs7 TKG 2003 idF BGBl I 78/2018 die Abgeltung für die Errichtung von Antennentragemasten auf die Wertminderung beschränkt wurde und dies sohin keine Neuerung des Standortrechts sei.

4.2. Insoweit die Wiener Landesregierung auch eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes der Gemeinde auf Selbstverwaltung behauptet, könne mit Verweis auf die obigen Ausführungen in der Beschränkung des Adressatenkreises des Standortrechts auch keine Diskriminierung der Gemeinden erkannt werden.

4.3. Den Bedenken hinsichtlich der Unbestimmtheit näher bezeichneter Wortfolgen in §59 TKG 2021 halten die Bundesregierung und die RTR‑GmbH zusammengefasst entgegen, dass das Standortrecht den Leitungsrechten nachgebildet und sohin hinreichend klar formuliert sei bzw sich etwaige Auslegungsfragen auch durch einen Rückgriff auf die Judikatur zu den einschlägigen Bestimmungen im TKG 2003, zB zu der das Verfahren vor der Regulierungsbehörde regelnden Bestimmung des §12a TKG 2003, die Vorbild für §78 TKG 2021 gewesen sei, lösen ließen. Auch liege kein Verstoß gegen das bundesstaatliche Rücksichtnahmegebot vor, weil es die Bezugnahme auf "öffentliche Rücksichten" in §59 Abs1 TKG 2021 gerade ermögliche, dem Standortrecht zuwiderlaufende öffentliche Interessen anderer Gebietskörperschaften zu berücksichtigen.

5. Die Bedenken der Wiener Landesregierung sind insoweit berechtigt, als sie sich gegen §59 Abs2 TKG 2021 richten; im Übrigen treffen die Bedenken nicht zu:

5.1. Der Verfassungsgerichtshof teilt zunächst die grundsätzlichen Bedenken der Wiener Landesregierung, dass die Einrichtung eines Standortrechts für Antennentragemasten unsachlich und daher gleichheitswidrig sei und einen unverhältnismäßigen und daher nicht gerechtfertigten Eingriff in das Eigentumsgrundrecht der belasteten Gebietskörperschaften darstelle, nicht:

Zunächst stellt es, wie die Bundesregierung zu Recht hervorhebt, ein erhebliches öffentliches Interesse dar, den Breitbandausbau im Interesse des Auf- und Ausbaus einer hochwertigen digitalen Infrastruktur zu unterstützen. Ein entsprechendes Infrastrukturrecht in Form des Standortrechts gemäß §59 TKG 2021 stellt auch ein geeignetes Mittel dar, um dieser Zielsetzung Rechnung zu tragen. Dem Gesetzgeber ist auch nicht entgegenzutreten, wenn er ein solches Infrastrukturrecht unter der Voraussetzung, dass vorrangig in Anspruch zu nehmende Mitbenutzungsrechte nach §64 TKG 2021 nicht möglich oder nicht tunlich sind, für erforderlich erachtet, um die genannte Zielsetzung wirksam zu verfolgen. Dass der Gesetzgeber zur Einräumung eines derartigen Infrastrukturrechts verfassungsrechtlich nicht verpflichtet ist (VfGH 9.3.2021, E3802/2020), steht dieser Einschätzung durch den Gesetzgeber nicht entgegen, sie liegt in dem, dem Gesetzgeber diesbezüglich zukommenden Spielraum.

Das Standortrecht des §59 TKG 2021 stellt auch grundsätzlich eine angemessene, also im engeren Sinn verhältnismäßige Beschränkung der grundrechtlich geschützten, aus ihrem (mittelbaren) Eigentum folgenden Verfügungsrechte (aber keine Enteignung, vgl VfSlg 15.044/1997) der belasteten Gebietskörperschaften dar. Denn zum einen dürfen öffentliche Rücksichten einem Standortrecht eines Berechtigten an einer einschlägigen Liegenschaft nicht entgegenstehen und darf die mit der Ausübung des Standortrechts einhergehende Nutzung die widmungsgemäße Verwendung der Liegenschaft nicht oder nur unwesentlich dauernd einschränken. Zum anderen ist dem belasteten Grundeigentümer gemäß §59 Abs3 TKG 2021 eine der Wertminderung durch das Standortrecht entsprechende Abgeltung durch den Berechtigten zu bezahlen, wobei – wie sich unter Berücksichtigung der Erläuterungen zu §59 Abs3 TKG 2021 ergibt – bei der Berechnung der Abgeltung im Einzelfall die aus der eingeschränkten Verfügungsbefugnis des Liegenschaftseigentümers resultierende Belastung entsprechende Berücksichtigung zu finden hat (Erläut zur RV 1043 BlgNR 27. GP , 25). Dazu kommt, dass gemäß §74 Abs1 TKG 2021 unter anderem bei der Ausübung des Standortrechts in möglichst wenig belästigender Weise und mit möglichster Schonung der benützten Liegenschaften, Objekte oder der in Anspruch genommenen Anlagen, Leitungen, sonstigen Einrichtungen oder physischen Infrastrukturen und der Rechte Dritter vorzugehen ist (und §74 Abs2 TKG 2021 Vorsorge dafür trifft, dass der Berechtigte bei der Ausführung von Arbeiten zur Errichtung entsprechender Antennentragemasten samt allen vor Ort erforderlichen Einrichtungen für die weitest mögliche Aufrechterhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der benützten Liegenschaften, Objekte oder in Anspruch genommenen Anlagen, Leitungen, sonstigen Einrichtungen oder physischen Infrastrukturen zu sorgen hat). Im Hinblick auf den ausdrücklich angeordneten Vorrang öffentlicher Rücksichten, wenn das Standortrecht diesen entgegensteht, verfängt auch der Hinweis der Wiener Landesregierung, dass mit der Einräumung eines Standortrechts beispielsweise sozialer Wohnbau oder Maßnahmen im energiepolitischen Interesse wie die Errichtung von Solaranlagen behindert würden, insoweit nicht.

5.2. Es ist auch nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber das Standortrecht nur an Liegenschaften, die unmittelbar oder mittelbar im ausschließlichen Eigentum einer Gebietskörperschaft stehen, einräumt und damit nur Gebietskörperschaften, nicht aber (zumindest auch) private Liegenschaftseigentümer im öffentlichen Interesse belastet. Es liegt im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, wenn er für die Durchsetzung im öffentlichen Interesse liegender Infrastrukturrechte zunächst auf unmittelbar oder mittelbar ausschließlich staatliches Liegenschaftseigentum greift, solange er sicherstellt, dass die mit dem öffentlichen Eigentum bezweckten öffentlichen Interessen nicht unzulässig eingeschränkt werden, was §59 Abs1 TKG 2021 durch den Vorrang öffentlicher Rücksichten gewährleistet.

5.3. Es ist aber, wie die Wiener Landesregierung zu Recht ausführt, unsachlich, wenn §59 Abs2 TKG 2021 dem ausschließlich (Liegenschaften von) Gebietskörperschaften belastenden Standortrecht insoweit erhöhten Bestandsschutz zuerkennt, als das Verfügungsrecht des belasteten (unmittelbaren oder mittelbaren) staatlichen Liegenschaftseigentümers in besonderer Weise dahingehend eingeschränkt ist, dass nur Verfügungen wegen nachgewiesener technischer Notwendigkeit zu berücksichtigen sind. Denn damit geht ein einmal bestehendes Standortrecht im Konfliktfall zwingend jedweden (zukünftigen) Maßnahmen beispielsweise wie den oben genannten des sozialen Wohnbaus (etwa Aufstockung oder Dachgeschossausbau) oder der verstärkten Nutzung von Solarenergie und damit den diesbezüglichen "öffentlichen Rücksichten" vor.

Es mag, was der Verfassungsgerichtshof hier nicht näher zu beurteilen hat, sachliche Gründe geben, die im Interesse des Ausbaus und der Erhaltung der einschlägigen digitalen Infrastruktur einen erhöhten Bestandsschutz für Standortrechte rechtfertigen können. Es ist aber jedenfalls sachlich nicht zu rechtfertigen, einen solchen erhöhten Bestandsschutz unbedingt und nur in Bezug auf unmittelbar oder mittelbar im ausschließlichen Eigentum einer Gebietskörperschaft stehende Liegenschaften einzuräumen, weil damit (nur) die öffentlichen Interessen, die die Gebietskörperschaften mit diesem Eigentum und der Verfügung darüber verfolgen, in jedem Fall unbedingt dem mit dem Standortrecht verfolgten öffentlichen Interesse weichen müssen. Für eine solche grundsätzliche Beschränkung im öffentlichen Interesse liegender Verfügungen von Gebietskörperschaften über in ihrem ausschließlichen Eigentum stehende Liegenschaften fehlt es an einer sachlichen Rechtfertigung.

Diese Unsachlichkeit kann der Gesetzgeber auch nicht dadurch vermeiden, dass er in §59 Abs3 TKG 2021 bei der Berechnung der Abgeltung im Einzelfall die aus der eingeschränkten Verfügungsbefugnis des belasteten Liegenschaftseigentümers resultierende, im Vergleich zu Leitungsrechten höhere Belastung entsprechend berücksichtigt (eine Berücksichtigung, die die Erläut zur RV 1043 BlgNR 27. GP , 25 nahelegen, wenn sie darauf hinweisen, dass das Standortrecht mit Blick auf die beschränkte Verfügungsmöglichkeit "deutlich eingriffsintensiver" ausgestaltet ist als Leitungsrechte und dass dementsprechend die Wertminderung entsprechend höher zu bewerten sei). Denn die Unsachlichkeit liegt in der (einseitigen und) unbedingten Beschränkung der von den Gebietskörperschaften auf ihrem ausschließlichen Liegenschaftseigentum verfolgten öffentlichen Interessen, die – gerade im Hinblick auf Gebietskörperschaften (vgl VfSlg 10.841/1986) – nicht durch eine aus öffentlichen Mitteln zu tragende Abgeltung ausgeglichen werden kann.

Demgegenüber ist es aber sachlich gerechtfertigt, nur die staatlichen Eigentümer von Liegenschaften dazu zu verpflichten, bei Verfügungen im Sinne des §75 Abs1 TKG 2021, die das Standortrecht einschränken oder sogar beseitigen, dazu zu verpflichten, dem Standortberechtigten einen adäquaten Ersatzstandort anzubieten, sofern dies technisch oder wirtschaftlich zumutbar ist. Die berechtigte Vermutung, dass Gebietskörperschaften bei einer Durchschnittsbetrachtung über mehr Liegenschaften als einzelne Private und damit über bessere Möglichkeiten, einen adäquaten Ersatzstandort anzubieten, verfügen, rechtfertigt in den Grenzen des technisch und wirtschaftlich Zumutbaren diese Verpflichtung.

Vor diesem Hintergrund lässt sich die Unsachlichkeit des erhöhten Bestandsschutzes des Standortrechts ausschließlich gegenüber Gebietskörperschaften dadurch beseitigen, dass der Verfassungsgerichtshof in §59 Abs2 TKG 2021 die Wortfolge "nur Verfügungen wegen nachgewiesener technischer Notwendigkeit zu berücksichtigen sind und" aufhebt. Einer Frist für das Inkrafttreten dieser Aufhebung bedarf es im Hinblick auf die fortbestehende Regelung des §75 TKG 2021 nicht.

6. Im Übrigen teilt der Verfassungsgerichtshof die von der Wiener Landesregierung des Weiteren vorgebrachten Bedenken nicht:

6.1. Eine Verletzung des durch den Gleichheitsgrundsatz gewährleisteten verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes liegt nicht vor, weil das mit §59 neu in das TKG 2021 aufgenommene Infrastrukturrecht bestehende Verträge nur insoweit betrifft, als bei Dauerrechtsverhältnissen im Falle einer Gesetzesänderung mangels abweichender Übergangsregelung der in dem zeitlichen Geltungsbereich reichende Teil des Dauertatbestandes nach dem neuen Gesetz zu beurteilen ist (siehe dazu in einschlägigem Zusammenhang OGH 22.6.2022, 6 Ob 173/21s, mwN). Mit solchen Gesetzesänderungen müssen die Vertragspartner von Dauerrechtsverhältnissen aber rechnen (vgl VfSlg 20.334/2019 mwN). Dass ein nunmehr nach dem TKG 2021 Standortberechtigter von einem vertraglich vereinbarten oder gesetzlich zustehenden Kündigungsrecht Gebrauch macht, bewirkt keine Rückwirkung des §59 TKG 2021.

6.2. Auch die Bedenken der Wiener Landesregierung im Hinblick auf die Unbestimmtheit näher bezeichneter Wortfolgen in §59 TKG 2021 treffen nicht zu. Aus §59 Abs5 iVm §78 Abs4 TKG 2021 geht hervor, dass das Standortrecht des §59 TKG 2021 im Einzelfall nicht ex lege, sondern entweder durch Vereinbarung zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem oder durch vertragsersetzende Entscheidung der Regulierungsbehörde zustande kommt. Eine solche Entscheidung der Regulierungsbehörde ist vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu §12a TKG 2003 und der Funktion einer solchen "schiedsrichterlich-regulatorischen Entscheidung" hinreichend determiniert (siehe VwGH 8.4.2022, Ro 2022/03/0016). Schließlich ergibt sich aus Entstehungsgeschichte und Zielsetzung des §59 Abs3 TKG 2021 mit hinreichender Deutlichkeit, dass eine – gegebenenfalls von der Regulierungsbehörde bei ihrer Entscheidung gemäß §59 Abs5 TKG 2021 zu berücksichtigende – Verpflichtung zur Bezahlung einer Abgeltung an den belasteten Grundeigentümer nur im Ausmaß der Wertminderung durch das Standortrecht besteht (vgl zu §5 Abs7 TKG 2003 OGH 22.6.2022, 6 Ob 173/21s). Schließlich ist auch der – schon in §5 Abs4 und Abs6 TKG 2003 verwendete – Begriff der "öffentlichen Rücksichten" im vorliegenden Regelungskontext ausreichend determiniert und gibt auch eine entsprechende Interessenabwägung vor (vgl BVwG 1.12.2017, W249 2118784‑1), so dass auch kein Verstoß gegen das bundesstaatliche Rücksichtnahmegebot gegeben ist.

6.3. Auch das der Gemeinde verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Selbstverwaltung ist nicht verletzt, weil es sich bei der Regelung des §59 TKG 2021 im Sinne des Art116 Abs2 B‑VG um ein allgemeines, weil alle Gebietskörperschaften gleichermaßen betreffendes und nicht (einzelne) Gemeinden diskriminierendes Gesetz handelt.

V. Ergebnis

1. Die Wortfolge "nur Verfügungen wegen nachgewiesener technischer Notwendigkeit zu berücksichtigen sind und" in §59 Abs2 des Bundesgesetzes, mit dem ein Telekommunikationsgesetz (Telekommunikationsgesetz 2021 – TKG 2021) erlassen wird, BGBl I 190/2021, ist daher wegen Verstoßes gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatz als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Im Übrigen ist der Antrag abzuweisen.

3. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B‑VG.

4. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und des damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Ausspruches erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B‑VG und §64 Abs2 VfGG iVm §3 Z3 BGBlG.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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