VfGH G363/2015

VfGHG363/201525.2.2016

Ablehnung der Behandlung des Parteiantrags im Anlassfall

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1b
ABGB §1121
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1b
ABGB §1121

 

Spruch:

Die Behandlung des Antrages wird abgelehnt.

Begründung

Begründung

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG ablehnen, wenn er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (Art140 Abs1b B‑VG).

Die Antragstellerin behauptet, als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Bestimmung, nämlich des §1121 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums (Art1 1. ZPEMRK, Art5 StGG) und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B‑VG, Art2 StGG) verletzt zu sein. Ihren auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützten Antrag stellte sie aus Anlass einer Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 22. Juni 2015 zu Z8 C 535/14m. Im vorliegenden Antrag begehrt sie, der Verfassungsgerichtshof möge die Wortfolge ", wenn es in die öffentlichen Bücher eingetragen ist," in §1121 ABGB, JGS 946/1811, idF RGBl. 69/1916, in eventu den zweiten Satz des §1121 ABGB, in eventu §1121 ABGB insgesamt, als verfassungswidrig aufheben.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Februar 2016, G541/2015, wurde §62a Abs1 Z5 VfGG, BGBl 85/1953, idF BGBl I 92/2014, wegen Verstoßes gegen Art140 Abs1a B‑VG aufgehoben.

Das Vorbringen der Antragstellerin lässt vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles und der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers (vgl. zB VfSlg 19.687/2012) eine Rechtsverletzung wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass der Antrag keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat:

Die Regelungen der §§1120 und 1121 ABGB regeln Einschränkungen des Grundsatzes "Kauf bricht Miete" für Veräußerungen und Zwangsversteigerung eines Bestandgegenstandes. Der Erwerber bzw. Ersteher ist grundsätzlich an bestehende Bestandverträge gebunden, außer diese sind nicht in die öffentlichen Bücher eingetragen. Die Regelung des §1121 ABGB kann eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums (Art1 1. ZPEMRK, Art5 StGG) nicht bewirken, da trotz fehlender ausdrücklicher Entschädigungsregelung des §1121 ABGB die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH 12.5.1936, 3 Ob 381/36) entgegen der Behauptung der Antragstellerin auch bei Zwangsversteigerungen eines Bestandgegenstandes eine Ersatzpflicht des Bestandgebers, der eine Eintragung in die öffentlichen Bücher verabsäumt hat, vorsieht. Ebenso wenig vermag die Bestimmung des §1121 ABGB eine Verletzung des Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz zu begründen, da es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt, inwieweit vom Grundsatz "Kauf bricht Miete" abgewichen wird.

Der Antragstellerin sind die begehrten Kosten nicht zuzusprechen, weil es im Falle eines Antrages nach Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG Sache des zuständigen ordentlichen Gerichtes ist, über allfällige Kostenersatzansprüche nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften zu erkennen (vgl. VfGH 9.12.2015, G165/2015).

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung des – nicht auf das Vorliegen sämtlicher Formerfordernisse hin geprüften – Antrages abzusehen (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).

Stichworte