VfGH B1/2015 ua

VfGHB1/2015 ua19.6.2015

Zurückweisung der Beschwerde eines Vereins gegen Bescheide betreffend Versagung der Genehmigung der "Islamischen Religionsgemeinde Wien" mangels Zuständigkeit des VfGH

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Allg
B-VG Art144 Abs1 / Allg

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Mit Anträgen vom 28. und 29. Dezember 2010 begehrte der Verein "Islamisches Österreichisches Zentrum (IÖZ)" zum einen die Genehmigung der "Islamischen Religionsgemeinde Wien", zum anderen die "Bestätigung der Unwirksamkeit des 'Bescheides' vom 30.08.1988, erlassen vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Sport". Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wies mit den angefochtenen Bescheiden vom 12. Mai 2011 den Antrag auf Genehmigung einer Religionsgemeinde ab und den Antrag auf "Bestätigung der Unwirksamkeit" zurück. Beide Bescheide richteten sich zunächst an Herrn A. H., welcher dem Vereinsregisterauszug zufolge die Funktion eines organschaftlichen Vertreters des Vereins Islamisches Österreichisches Zentrum innehatte. Gegen diese Bescheide erhob das Islamische Österreichische Zentrum beim Verfassungsgerichtshof eine auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerde. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 24. September 2012, B192/12, B206/12-14, die Behandlung der Beschwerde des Islamischen Österreichischen Zentrums (IÖZ) gegen die Bescheide der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 12. Mai 2011, Zlen BMUKK-9.070/0006-KA/2011 und BMUKK-9.070/0007-KA/2011, mangels Legitimation zurückgewiesen, da Bescheidadressat nicht der beschwerdeführende Verein, sondern dessen organschaftlicher Vertreter war.

2. Mit einem an das "Kultusamt im BKA" gerichteten Schreiben vom 26. November 2014 beantragte der nunmehr beschwerdeführende Verein die Zustellung der angeführten Bescheide innerhalb von zwei Wochen, wobei ersucht wurde, "laut VfGH Entscheidung nur mit der Adresse u[nd] dem Namen zu berichtigen und innerhalb der angemessenen [zwei] Wochen Frist mit der Post neu zuzustellen".

3. In der Folge wurden beide Bescheide mit geändertem Adressaten (nunmehr an den beschwerdeführenden Verein gerichtet) und ansonsten in identer Form mit einem Begleitschreiben vom 5. Dezember 2014 übermittelt. Das Begleitschreiben enthält die Fertigungsklausel "Für den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien". Im Kopf und in der Amtssignatur des Schreibens wird das Bundeskanzleramt angeführt.

4. In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen behauptet. In einem ergänzenden Schriftsatz bringt der beschwerdeführende Verein vor, dass sich das Bundesverwaltungsgericht "laut eingeholter Auskunft" als nicht zuständig zur Entscheidung über eine Beschwerde über die angefochtenen Bescheide erklärt habe.

5. Der Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der den Beschwerdebehauptungen entgegengetreten und ausgeführt wird, dass für die belangte Behörde "keine andere rechtlich zulässige Möglichkeit [bestanden habe], als die genannten Bescheide zu erlassen".

6. Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, die am 1. Jänner 2014 in Kraft trat, wurde auch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz für den Schul- und Kultusbereich erlassen (BGBl I 75/2013). Gleichzeitig trat gemäß Art16 dieses Gesetzes das Bundesgesetz über die Regelung des Instanzenzuges bei Erlassung von Bescheiden in Angelegenheiten der staatlichen Kultusverwaltung (BGBl II 156/1934) außer Kraft. Dieses sah in §1 vor, dass "bei Streitigkeiten, die gemäß dem Zusatzprotokoll zu Artikel XI, §1, Absatz 2, und Artikel XIV, Absatz 3, des mit dem Heiligen Stuhle abgeschlossenen und im Bundesgesetzblatt 1934 II unter Nr 2 verlautbarten Konkordates von den Behörden der staatlichen Kultusverwaltung durch Bescheid oder Provisorialverfügung zu entscheiden sind, […] der im Artikel 28, II, des Gesetzes vom 21. Juli 1925, BGBl 277 (Verwaltungsentlastungsgesetz), bezeichnete Instanzenzug Platz zu greifen" hatte. Aus den Art130 Abs1 und Art131 Abs2 B‑VG ergibt sich die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Bundesministerin in Angelegenheiten der unmittelbaren Vollziehung des Bundes, die nach dem 1. Jänner 2014 erlassen wurden.

7. Gemäß Art144 Abs1 B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes, soweit die beschwerdeführende Partei durch das Erkenntnis in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, einer gesetzwidrigen Kundmachung über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages), eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet.

8. Die angefochtenen Bescheide, die im Vergleich zu den Schreiben der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 12. Mai 2011, Zlen BMUKK‑9.070/0006-KA/2011 und BMUKK‑9.070/0007‑KA/2011, einen anderen Adressaten aufweisen und daher von diesen Schreiben verschiedene Bescheide sind, wurden mit der Zustellung am 5. Dezember 2014 erlassen. Die Übergangsvorschriften des Art151 Abs51 B‑VG und des §6 Abs1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetzes kommen daher nicht zur Anwendung.

9. Die vorliegende Beschwerde richtet sich ausdrücklich gegen Bescheide der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, die dem Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien zuzurechnen sind. Da der Verfassungsgerichtshof seit 1. Jänner 2014 gemäß Art144 B‑VG lediglich zur Entscheidung über Beschwerden gegen Erkenntnisse und – unter bestimmten Voraussetzungen – Beschlüsse der Verwaltungsgerichte berufen ist, ist die Beschwerde zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinn VfGH 24.11.2014, E1459/2014).

10. An der Unzulässigkeit der Beschwerde vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die angefochtenen Bescheide eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung enthalten und nicht der geltenden Rechtslage entsprechend angepasst wurden (vgl. sinngemäß zur Unmaßgeblichkeit einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung für die Frage der Erschöpfung des Instanzenzuges VfSlg 17.544/2005 mwN).

11. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita und Abs4 erster Satz VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

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