UFS RV/0943-W/11

UFSRV/0943-W/1113.12.2013

Sicherheitszuschlag und Liebhaberei beim Betrieb eines Gasthauses

 

Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ro 2014/13/0003. Zurückweisung mit Beschluss vom 22.2.2017.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Rudolf Wanke und die weiteren Mitglieder Hofrat Dr. Karl Zepitsch, Mag. Johannes Denk und Kommerzialrat Friedrich Nagl, im Beisein der Schriftführerin Romana Schuster, über die Berufungen des Bw., vertreten durch A, vom 3. März 2010 und 9. August 2010 gegen die Bescheide des Finanzamtes B, vertreten durch Hofrat C, vom 14. Jänner 2010 und 15. Juli 2010 betreffend amtswegige Wiederaufnahme der Umsatz- und Einkommensteuerverfahren für die Jahre 2004 bis 2006, Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2004 bis 2008, nach der am 11. Dezember 2013 in 3500 Krems, Rechte Kremszeile 58, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

1) Der Berufung gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2004 bis 2008 wird teilweise Folge gegeben.

Diese angefochtenen Bescheide werden abgeändert. Der Bescheid betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2008 ergeht gemäß § 200 Abs. 2 BAO endgültig.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe dieser Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

2) Die Berufung gegen die Bescheide betreffend amtswegige Wiederaufnahme der Umsatz- und Einkommensteuerverfahren für die Jahre 2004 bis 2006 sowie betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2004 bis 2008 wird als unbegründet abgewiesen.

Diese angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

3) Der Antrag auf Anberaumung eines Erörterungstermins wird als unzulässig zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Beim Berufungswerber (Bw.), der ua. ein Gasthaus in der Rechtsform eines Einzelunternehmens betrieb, fand im Jahr 2009 eine Außenprüfung gemäß § 147 Abs. 1 BAO (ua. betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2004 bis 2007) sowie eine Nachschau gemäß § 144 Abs. 1 BAO (betreffend Umsatzsteuer für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2008) statt. Dabei traf die Betriebsprüferin des Finanzamtes B ua. folgende Feststellungen: (S 3 ff der Niederschrift über die Schlussbesprechung):

" Allgemeines

Tz 1 Mängel

Im Zuge der Betriebsprüfung wurden folgende Mängel festgestellt:

1. Uraufzeichnungen der Tageslosungen fehlen - es wurden zT Reinschriften/Summen von den Stricherllisten angefertigt und diese weggeschmissen bzw. ist auf den vorhandenen Aufzeichnungen kein Zusammenhang zwischen den Artikeln und Beträgen festzustellen

2. Lücken bei den ID-Nummern in den Journalen

3. Ausdrucke von Schankanlage nur in Papierform vorhanden, elektronisch können die Daten nicht zur Verfügung gestellt werden

4. Losungsausdruck der Schankanlage erfolgt nicht täglich; außerdem werden die erfassten Artikel immer weniger

5. WEK stimmt nicht - Verkauf von Toast, Würsteln, Berner, Schnitzel, Pommes bei fehlendem Einkauf

6. auf Tageslosungsaufzeichnungen sind zT Einkäufe = Kassaausgänge vermerkt ohne entsprechende Belege; sie wurden auch nicht verbucht, obwohl es sich zT um WEK (Wurst) handelt

7. 2006 - Einkauf D - in 2 Fällen nur Lieferschein Y, Rechnung D fehlt

8. Einkauf von Lebensmitteln ohne entsprechende Losung - zB 5.5.2004 Salate bzw. April 2004 Geburtstagsfeier ohne entsprechenden Einkauf

9. Einkauf Zigaretten - auf Rechnung nur "Rauchwaren"

Steuerliche Feststellungen

Tz 2 Sicherheitszuschlag

Auf Grund der Mängel lt. Tz 1 wird ein Sicherheitszuschlag iHv 10% hinzugerechnet:

 

2004

2005

2006

2007

Erlöse Gasthaus 20%

87.914,82 €

74.946,82 €

74.706,64 €

73.688,77 €

10% Sicherheitszuschlag

8.791,48 €

7.494,68 €

7.470,66 €

7.368,88 €

Erlöse 20% lt. Bp

96.706,30 €

82.441,50 €

82.177,30 €

81.057,65 €

     

Erlöse Gasthaus 10%

5.163,13 €

4.318,11 €

3.288,18 €

3.065,99 €

10% Sicherheitszuschlag

516,31 €

431,81 €

328,82 €

306,60 €

Erlöse 10% lt. Bp

5.679,44 €

4.749,92 €

3.617,00 €

3.372,59 €

Tz 3 Einkünfte aus Gewerbebetrieb - Gasthaus

Ausgangssituation bei Beginn der Prüfung waren die laufenden Verluste des Gasthauses F in H.

 

in Schilling

in Euro

1997

-827.175,00

-60.113,15 lt. Bp

1998

-183.392,00

-13.327,62 lt. Bp

1999

-468.032,00

-34.013,21 lt. Bp

2000

-961.864,00

-69.901,38 lt. Bp

2001

-785.009,00

-57.048,83

2002

 

-60.079,00

2003

 

-54.265,04

2004

 

-34.634,61

2005

 

-57.007,64

2006

 

-55.487,44

2007

 

-17.394,88

  

-513.272,80

Aus diesem Grund wurde bereits bei Unterzeichnung des Prüfungsauftrages mit dem Steuerberater das Thema "Liebhaberei" erörtert.

Das ehemalige Gasthaus I wurde [vom Bw.] im Jahr 1997 gekauft und generalsaniert. Das neue Gasthaus F wurde im Oktober 1997 eröffnet (lt. Bilanz 1997 Kanzlei J).

Im Schreiben der Kanzlei J vom 13. Mai 2009 wurde ein Besprechungsprotokoll vom 23. Februar 2009 betreffend Kriterienprüfung zur Liebhabereibeurteilung mit folgendem Inhalt übermittelt:

Nach dem Ankauf wurden verschiedene Projekte entwickelt, aber wieder verworfen, deshalb wurde der Gastronomiebetrieb 1998 für ein Jahr an Frau K verpachtet. Ab 1. September 1999 wurde das Gasthaus [vom Bw.] unter der Geschäftsleitung von Frau N weitergeführt. Zuerst mit einem Koch, zwei Kellnern und einem Betriebsleiter, dies wurde dann reduziert auf einen Vollzeitkellner, eine Halbtagskellnerin und die Betriebsleiterin Frau N, ebenfalls als Halbtagskraft.

Es gab ständige Bemühungen, die Verluste zu verringern. Dies gelang aber auf Grund der sehr hohen Betriebskosten und Fremdkapitalzinsen für den Ankauf des Areals nicht. Weiters belastete die Konkurrenz von fünf Gasthäusern in unmittelbarer Nähe das Unternehmen.

Marketingmaßnahmen in Form von der Teilnahme bei den O, Glühweinstände, Happy Hour, Oldie Abend, div. Werbeaktivitäten beim P, Silvesteraktivitäten, Heringsschmaus, Ganslessen und Werbung für diverse Feiern und Hochzeiten wurden durchgeführt.

Weiters wurde versucht, sämtliche Arbeits- und Geschäftsessen der Firmen F GmbH und Q GmbH im Gasthaus abzuhalten. Teilweise verbilligte Speisen abzugeben, die vermehrte Kundenfrequenz bringen sollten, und auch die Abhaltung von Betriebs- und Weihnachtsfeiern wurden angeregt.

Im Juli 2008 wurden die Öffnungszeiten drastisch bis 14.00 Uhr eingeschränkt. Dafür war an 6 Tagen in der Woche nur mehr eine Halbtagskraft beschäftigt.

[Der Bw.] entschied sich, den Verkauf der Liegenschaft mit einem Gesamtkaufpreis von maximal 370.000,00 € in Angriff zu nehmen. Der seinerzeitige Kaufpreis 1997 betrug 436.000,00 €. Verhandlungen mit der Stadtgemeinde H scheiterten, sodass sich [der Bw.] entschloss, den Gastronomiebetrieb in H zu schließen und nach R zu verlegen.

Zu diesen Ausführungen ist folgendes festzustellen:

Der Betrieb des Gasthauses durch [den Bw.] bzw. seiner Lebensgefährtin Frau N erfolgte eigentlich als "Notlösung", da die angestrebten bzw. geplanten Projekte nicht verwirklicht werden konnten. Im Prüfungszeitraum 2004 bis 2008 erzielte das Unternehmen hauptsächlich Umsätze aus dem Verkauf von Bier und Wein. Speisen wurden nur im untergeordneten Ausmaß angeboten. Die Speisekarte (lt. Erlösaufzeichnungen) beschränkte sich auf Gulasch-/Bohnensuppe, Toast, Würstel, Wurstsemmeln und Pommes. In Ausnahmefällen gab es Schnitzel, Berner Würstel bzw. Ripperl oder das bei diversen angemeldeten Feiern vereinbarte Essen. Wobei noch hinzuzufügen ist, dass zum Teil der entsprechende Wareneinkauf an Lebensmitteln fehlt.

Im Prüfungszeitraum 2004 bis 2008 wurden oben erwähnte Marketingmaßnahmen, ausgenommen der P, nicht mehr durchgeführt. Selbst Arbeits- und Geschäftsessen der Firmen F GmbH und Q GmbH wurden nicht im "eigenen" Gasthaus abgehalten!

Hinsichtlich der Einschränkung der Öffnungszeiten ist anzumerken, dass diese Maßnahme nicht geeignet ist, die wirtschaftliche Situation des Betriebes zu verbessern, da zwar die laufenden Kosten durch das Personal verringert werden, aber die Fixkosten der Zinsen und der Betriebskosten für das Gebäude dennoch unverändert bleiben.

In der Stellungnahme von Mag. J vom 18. November 2009 betreffend Liebhabereivermutung wurden weiters folgende Einwände vorgebracht:

a) Die Verluste laut ihrer Aufstellung von 2002 bis 2006 waren deswegen so hoch, da die Lohnaufwendungen für Frau N im vollen Umfang dem Gasthaus zugerechnet wurden, obwohl 50% ihrer Arbeitszeit bereits für das Management des übrigen Vermietungsunternehmens notwendig waren.

b) Im Jahr 2007 kam es zu erheblichen Reduktionen des Speisenangebotes im Unternehmen am Hauptplatz in H, sodass unrentables Verabreichen von Speisen während des ganzen Tages eingestellt wurde.

c) Klar ist , dass das Unternehmen mit dem Standort in H eine schlechte Infrastruktur hatte, da insgesamt 5 Konkurrenzbetriebe rund um dieses Gasthaus angesiedelt waren, und nicht so viel Publikum während des Tages Gastronomiebetriebe frequentiert.

d) Das Unternehmen hat immer wieder versucht, durch Marketingmaßnahmen die Produktivität zu steigern, was zB fallweise im Jahr 2004 gelungen ist, hier gab es lediglich einen Verlust von 12.600,93 €, unter dem Abzug der Hälfte der gesamten Lohnaufwendungen für Frau N, ist im Gastronomiebetrieb und Gastronomieteil des Gesamtbetriebes [Name des Bw.] bereits ein positives Ergebnis zu verzeichnen.

e) Das Unternehmen hat sich immer marktgerecht verhalten, seine Preisgestaltung entsprach den üblichen Preisen im Gastronomiebereich in H, geringere Preise wurden nicht verlangt.

f) Das Unternehmen hat immer wieder versucht, Produkte und Leistungen den Marktbedürfnissen anzupassen, dies ist ein klares Indiz gegen die Liebhaberei, da nicht erkennbar war, dass man am "Markt vorbei" produziert.

Hierzu ist anzumerken, dass es sich um die Verluste der Bilanz lt. Einkommensteuererklärung handelt und lt. Schreiben vom 23. Februar 2009 Frau N bereits seit längerem nur als Halbtagskraft angemeldet war. Dies ist auch in der Höhe des Lohnaufwandes ersichtlich.

 

brutto

je Monat

2004

9.554,50 €

682,46 €

2005

9.774,50 €

698,18 €

2006

10.201,50 €

728,68 €

2007

10.520,70 €

751,48 €

2008

14.764,80 €

1.054,63 €

Hinsichtlich der Reduktion des Speisenangebotes muss festgehalten werden, dass das laufende Speisenangebot, wie oben erwähnt, bereits im gesamten Prüfungszeitraum sehr eingeschränkt war. Dass das Gasthaus unter fünf benachbarten Gasthäusern zu leiden hatte, hätte bereits beim Kauf Berücksichtigung finden müssen. Da aber beim Kauf des Objekts nicht beabsichtigt war, das Gasthaus weiterzuführen, schenkte [der Bw.] dieser Konkurrenz keine Beachtung.

Die fallenden Erlöse erforderten auf Grund der hohen Fixkosten (Personal, Energie, Heizung, Gemeinde und Zinsen) entsprechend hohe Einlagen [des Bw.], um die laufenden Ausgaben bezahlen zu können oder bereits eingeleitete Vollstreckungsmaßnahmen hintanzuhalten. Weiters wurde auch Frau N der Gehalt nicht mehr in voller Höhe ausbezahlt (Verrechnungskonto N zum 31.12.2008 22.285,12 €).

 

2004

2005

2006

2007

2008

Erlöse

93.077,95 €

79.264,93 €

77.994,82 €

76.754,76 €

60.861,90 €

Einlagen [Bw.]

43.418,06 €

44.500,00 €

31.723,20 €

33.100,00 €

40.500,00 €

nicht ausbez. Lohn N

 

1.932,93 €

4.869,98 €

4.232,10 €

7.492,93 €

Anhand dieser hohen privaten Zuschüsse hätte man bereits erkennen müssen, dass dieses Gasthaus nicht gewinnbringend geführt werden kann.

Bei der Beurteilung, ob ein steuerlich unbeachtlicher Liebhabereibetrieb im Sinne der Liebhabereiverordnung vorliegt, ist jedenfalls davon auszugehen, dass es sich im gegenständlichen Falle um einen Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 1 LVO handelt, somit also eine Betätigung mit der Annahme einer Einkunftsquelle.

Es ist daher anhand objektiver Kriterien (Kriterienprüfung § 2 LVO) darauf zu schließen, ob ein Ertragsstreben vorliegt.

Das objektiv erkennbare Ertragsstreben des Steuerpflichtigen muss darauf gerichtet sein, im Laufe der Betätigung Gewinne in einer Höhe zu erwirtschaften, die nicht nur die angefallenen Verluste ausgleichen, sondern darüber hinaus zu einer Mehrung des Betriebsvermögens (Gesamtgewinn) führen.

Betreffend die Kriterienprüfung gem. § 2 Abs. 1 LVO ist zu den einzelnen Punkten anzumerken:

- Ausmaß und Entwicklung der Verluste:

Wie bereits zu Beginn dargestellt, ergaben sich im Betätigungszeitraum 1997 bis 2008 ausschließlich Verluste. Die Umsätze im Prüfungszeitraum verringerten sich ständig (siehe Aufstellung oben).

- Ursachen, auf Grund deren im Gegensatz zu vergleichbaren Betrieben kein Gewinn oder Überschuss erzielt wird:

Das Gasthaus machte auf eventuelle Kundschaft keinen einladenden Eindruck. Dies ist auch aus den Speisenumsätzen ersichtlich. Auch die angebotenen Speisen lockten keine Kunden in das Gasthaus.

Hinsichtlich der Werbemaßnahmen wurden im Prüfungszeitraum lediglich ein Inserat im S, im Her Stadtplan, in Bürgerinformationsplakaten und bei der T geschaltet bzw. Weihnachtswein verschenkt. 2008 wurde bereits für die Vermietung des Lokals inseriert.

- Marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf angebotene Leistungen/Preisgestaltung:

Die Preisgestaltung entspricht jener der Konkurrenz, aber auf Grund der angebotenen Speisen und des äußeren Erscheinungsbilds des Lokals konnte man den anderen Lokalen keine Kundschaft abwerben.

- Art und Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen:

"Verbesserungsmaßnahmen" wie Einschränkung des Speisenangebotes und der Öffnungszeiten führen nicht zu einer Verbesserung der Ertragssituation, da bei geringeren Umsätzen die hohen Fixkosten nicht erwirtschaftet werden können.

Die "Verlegung" des Betriebes nach RR kann keine Strukturverbesserung des Lokals H, U, darstellen, da das Gasthaus in RR bereits bestand und von der Schwester des Pflichtigen betrieben wurde und außerdem die Stammkunden aus H nicht den Weg nach RR auf sich nehmen werden.

Es müsste somit in RR erst ein neuer Kundenstock aufgebaut werden. Das Gasthaus in RR ist daher als Übernahme eines bestehenden Betriebes zu werten.

[Der Bw.] hätte schon auf Grund seiner hohen Einlagen erkennen müssen, dass der Betrieb des Gasthauses niemals gewinnbringend werden kann. Hätte er sich marktgerecht verhalten, hätte der Betrieb aus wirtschaftlichen Gründen bereits längst geschlossen werden müssen.

Auf Grund dieser Ausführungen ergibt sich, dass die Betätigung in einer Art betrieben wird, die von vornherein auf Dauer gesehen keinen Gesamtgewinn (Gesamtüberschuss) erwarten lässt, deshalb liegt einkommensteuerlich Liebhaberei vor und die Verluste aus dem Betrieb des Gasthauses sind nicht anzuerkennen.

Gemäß § 6 LVO kann Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn nur bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2, nicht hingegen bei anderen Betätigungen vorliegen. Da es sich in diesem Fall um einen Betrieb gem. § 1 Abs. 1 LVO handelt, ist die Umsatzsteuer zu erklären und abzuführen.

[...]

Tz 7 Umsatzsteuernachschau 2008

Entsprechend Tz 2 wird für den Nachschauzeitraum ebenfalls ein 10%-iger Sicherheitszuschlag den Umsätzen hinzugerechnet.

 

2008

Erlöse Gasthaus 20%

58.977,06 €

10% Sicherheitszuschlag

5.897,71 €

Erlöse 20% lt. Bp

64.874,77 €

  

Erlöse Gasthaus 10%

1.884,84 €

10% Sicherheitszuschlag

188,48 €

Erlöse 10% lt. Bp

2.073,32 €

Dies ergibt folgende Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer:

 

lt. UVA

Zuschlag

lt. Bp

steuerbarer Umsatz

116.239,32 €

6.086,19 €

122.325,51 €

20% Normalsteuersatz

105.395,14 €

5.897,71 €

111.292,85 €

10% ermäßigter Steuersatz

10.844,18 €

188,48 €

11.032,66 €

Vorsteuern (ohne EUSt)

7.092,09 €

 

7.092,09 €"

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Betriebsprüferin, nahm am 14. Jänner 2010 die Verfahren betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2004 bis 2006 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und erließ am selben Tag neue Sachbescheide. Ebenfalls am 14. Jänner 2010 erließ es die Umsatzsteuerbescheide (Erstbescheide) für die Jahre 2007 und 2008 (letzteren gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig) und den Einkommensteuerbescheid (Erstbescheid) für das Jahr 2007.

Gegen diese Bescheide erhob der steuerliche Vertreter nach erfolgter Fristverlängerung am 3. März 2010 Berufung:

Beantragt werde, diese Bescheide wegen unrichtiger Würdigung der tatsächlichen betrieblichen Umstände und somit Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Zur materiellen Begründung gehe der steuerliche Vertreter auf Tz 3 Einkünfte aus Gewerbebetrieb - Gasthaus und die Betrachtung der Bp hinsichtlich Liebhaberei ein. Er setze sich mit der Kriterienprüfung gemäß § 2 Abs. 1 LVO auseinander und stelle entgegen den Ausführungen im Bp-Bericht folgendes fest:

1. Der Betrieb des Gasthauses durch den Bw. und seine Lebensgefährtin Frau N sei keine Notlösung gewesen, sondern eine Geschäftsaktivität, die nach Beendigung des Pachtvertrages von Frau K angestrebt worden sei, da man mit diesem Gastronomiebetrieb Möglichkeiten der Einkommenserzielung gesehen habe.

2. Die im Prüfungszeitraum 2004 bis 2008 erzielten Umsätze an Speisen seien in keiner Weise für den Betrieb untergeordnet gewesen, sondern hätten dem wirtschaftlichen Umfeld in H entsprochen. In diesem fraglichen Zeitpunkt habe es im Umkreis fünf Gasthäuser gegeben und es sei notwendig gewesen, sich am Speisenangebot im Stadtzentrum von H zu orientieren.

3. Die Anmerkungen der Bp, das Gasthaus sei "nicht einladend" gewesen, seien aufs Schärfste zurückzuweisen. Das Gasthaus habe auf die Kundschaft einen "normalen" Eindruck eines Landgasthofes gemacht und keinesfalls könne man dies als "nicht einladend" bezeichnen.

4. Hinsichtlich der Werbemaßnahmen seien diese für einen Gastronomiebetrieb ausreichend gewesen. Die schlechte Infrastruktur und die Lage des Gasthauses alleine spreche nicht für Liebhaberei. Verwiesen werde dabei auf Punkt 11.4 der Kriterienprüfung des § 2 Abs.1 LVO.

5. Das Unternehmen habe ein marktgerechtes Verhalten an den Tag gelegt und in keiner Weise "am Markt vorbei" gewirtschaftet und Produkte zu erhöhten Preisen angeboten. Dieses marktgerechte Verhalten und damit keine Liebhabereivermutung entspreche den Bestimmungen der Kriterienprüfung Ziffer 11.5 des § 2 Abs. 1 LVO.

6. Gemäß Ziffer 11.7 der LVO seien ausreichende Verbesserungsmaßnahmen durchgeführt worden. Dies habe eine Straffung des Speisenangebotes, eine Optimierung der Öffnungszeiten und die Aufnahme von Möglichkeiten, Betriebsfeiern und Besprechungen über das Unternehmen Q GmbH in diesem Lokal anzusetzen, bedeutet.

7. Mehr und mehr sei jedoch klar gewesen, dass eine Veräußerung des Gesamtprojektes für den Bw. interessant und notwendig gewesen sei. Dadurch sei es zur Notwendigkeit gekommen, dass eine Vermietung des Lokals angedacht gewesen sei, was danach auch umgesetzt worden sei.

8. Der Gastronomiebetrieb mit der gewerberechtlichen Geschäftsführerin N sei daher in vollem Umfang nach RR verlegt worden. Der Einwand, dass Stammkunden aus H nicht den Weg nach RR genommen hätten, sei unrichtig. Gemäß der jetzigen Kundenfrequenz in RR könne man ersehen, dass genügend Stammpublikum aus dem Lokal in H nach RR gefolgt sei.

Die Behauptung sei daher unrichtig, dass in RR ein neuer Kundenstock aufzubauen wäre.

Es sei daher gemäß Ziffer 11 der Kriterienprüfung davon auszugehen, dass dieses Unternehmen sämtliche positive Kriterien, die eine Liebhabereivermutung zuließen, erfüllt habe. Verwiesen werde dabei auf die ausführliche Stellungnahme des steuerlichen Vertreters bereits vom 18. November 2009.

In weiterer Folge setze sich der steuerliche Vertreter mit Tz 2 Sicherheitszuschlag der Jahre 2004 bis 2007 auseinander.

Es sei für ihn nicht nachvollziehbar, dass es auf Grund der Mängelliste der Tz 1 zu dem erheblichen Sicherheitszuschlag komme, da er folgende Argumente dagegen halte:

1. Die Uraufzeichnungen in den Tageslosungen fehlten, jedoch existiere von Dienstag bis Sonntag (Montag sei Ruhetag) eine sogenannte Wochenliste, aus der in Kombination mit einer Stricherlliste klar hervorgehe, welche Umsätze getätigt worden seien.

2. Die Lücken bei den ID-Nummern in den Journalen seien auf Grund eines EDV-Mangels beim V Programm entstanden, lägen aber in keiner Weise in der Verantwortung des Unternehmers.

3. Die Ausdrucke von der Schankanlage seien nur in Papierform vorhanden. Eine elektronische Aufzeichnung sei auf Grund des Alters dieser Schankanlage nicht mehr möglich. Die Reparatur wäre zu teuer gewesen und die Kosten hätten das Ergebnis des Betriebes weiter verschlechtert.

4. Idente Begründung wie bei Punkt 3.

5. Der Wareneinkauf sei richtig - aus den Kühltruhen des Unternehmens seien die Berner Würstel, vorgefertigte Schnitzel bzw. Pommes frites und Toast entnommen worden.

6. Bei den Tageslosungsaufzeichnungen seien entsprechende Vermerke getätigt worden, wenn Waren wie zB Wurst eingekauft worden seien.

7. Hinsichtlich des Einkaufes der Firma D sowie Einkäufe von Lebensmitteln für die Geburtstagsfeiern im April 2004 würden entsprechende Belege nachgereicht.

8. Beim Einkauf von Zigaretten sei es richtig, dass auf der Rechnung "Rauchwaren" stehe. Dies sei ein Bezeichnungsirrtum des Trafikanten gewesen.

Für den Fall der Vorlage seines Rechtsmittels an den Unabhängigen Finanzsenat beantrage der steuerliche Vertreter einen Erörterungstermin, eine mündliche Berufungsverhandlung und eine Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat.

Die entsprechenden Beweisunterlagen wegen der Zuschätzung werde er bis 31. März 2010 nachreichen und er behalte sich noch vor, ergänzende Begründungen bis zu diesem Zeitpunkt nachzureichen.

Am 8. März 2010 erging ein Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes an den Bw., in dem dieser aufgefordert wurde, "die Unterlagen lt. Berufungsschreiben vom 3. März 2010" bis zum 31. März 2010 nachzureichen.

Mit Schreiben vom 1. April 2010 übermittelte der steuerliche Vertreter der Abgabenbehörde I. Instanz ein an ihn adressiertes Schreiben des Bw. vom 31. März 2010 mit folgendem Wortlaut:

"Betrifft: Bp Gasthaus [Name des Bw.]

Sehr geehrter Herr Mag. J!

Bezugnehmend auf unser Telefonat vom 25.3.2010 übermittle ich Ihnen beiliegend die nachstehend angeführten Unterlagen und gebe zu den Vorhalten folgendes bekannt:

1. Geburtstagsfeier April 2004 - kein Wareneinkauf:

Bezüglich der oa. Geburtstagsfeier teile ich Ihnen mit, dass die hier verkauften Speisen (Schnitzel und Cordon Bleu) aus der Tiefkühltruhe entnommen wurden. Der Einkauf dieser Waren stammt vom September 2003 gemäß beiliegender Kopie der Rechnung der Fa. W in X.

2. Einkäufe bei Fa. Y ohne Rechnung (nur mit Lieferscheinen):

Bei den oa. Vorhalten handelt es sich um die Einkäufe vom 6.5.2006 sowie vom 30.10.2006. Seitens der Fa. Z wurden nun die dazu gehörenden Rechnungen gefaxt und liegen bei. Das Problem hierbei dürfte sein, dass sich auf diesen Fakturen neben den Einkäufen der Fa. Y auch andere Wareneinkäufe befinden.

Bei etwaigen Unklarheiten bzw. für Rückfragen bin ich noch am 1.4.2010 oder sonst erst nach Ostern erreichbar.

[...]"

Diesem Schreiben des Bw. waren beigeschlossen:

- Die Kopie einer Rechnung der Firma W vom 30. September 2003 über 1.525,33 €.

- Kopien zweier Rechnungen der Firmen D/Z vom 6. Mai 2006 und vom 30. Oktober 2006 über 106,72 € bzw. 178,86 €.

- Kopien zweier Lieferscheine der Firma Y vom 6. Mai 2006 und vom 30. Oktober 2006 über 2,48 € bzw. 3,77 €.

In ihrer Stellungnahme zur Berufung vom 27. April 2010 führte die Betriebsprüferin folgendes aus:

" Materielle Begründung

ad 1. Lt. Gespräch mit Mag. J bei der Prüfungsanmeldung wurde das Objekt in H nicht dazu erworben, um ein Gasthaus zu eröffnen.

ad 2. Hätte sich Familie F am Speisenangebot im Stadtzentrum orientiert, bestünde das Angebot nicht nur aus Toast, Würstel, Gulaschsuppe...

ad 3. Lt. Aussage TL AA befand sich das Objekt bereits vor dem Ankauf von Herrn F in einem "bedauernswerten" Zustand. Dies wurde von Kollegin AB bestätigt: "Tschumsn".

Sicherheitszuschlag

ad 1. Selbst Mag. J bestätigt hiermit, dass die Uraufzeichnungen nicht aufbewahrt wurden!

ad 5. Hinsichtlich der vorgelegten Einkaufsrechnung Fa. W ist festzuhalten, dass im April 2004 13 Cordon, 25 Schnitzel verkauft und 44 Personen verköstigt wurden (Speise unbekannt). Fleischverbrauch je Portion ca. 15 dag ergibt bei 82 Portionen 12,3 kg Fleisch. Da aber die Umsätze 2003 nicht bekannt sind, ist eine Überprüfung unmöglich."

Am 15. Juli 2010 erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008, mit dem es den aus der Bewirtschaftung des Gasthauses resultierenden Jahresverlust (-27.704,65 €) wiederum nicht anerkannte.

Gegen diesen Bescheid erhob der steuerliche Vertreter am 9. August 2010 Berufung. Diese entspricht inhaltlich den in der oa. Berufung vom 3. März 2010 zur Tz 3 des Bp-Berichts getätigten Ausführungen, sodass zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese verwiesen wird. Für den Fall der Vorlage des Rechtsmittels an den Unabhängigen Finanzsenat beantragte der steuerliche Vertreter einen Erörterungstermin, eine mündliche Berufungsverhandlung und eine Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat.

Ohne Erlassung von Berufungsvorentscheidungen wurden die Berufungen am 29. März 2011 der Abgabenbehörde II. Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

In der am 11. Dezember 2013 abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt:

Nach dem Vortrag des Sachverhaltes durch den Referenten und der Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens durch die Parteien führte der steuerliche Vertreter aus, dass die Wiederaufnahme zulässig gewesen sei.

Am 2. Jänner 2009 sei die Verlegung des Betriebes von H nach RR erfolgt. Während des gesamten Berufungszeitraumes 2004 bis 2008 habe sich der Betrieb in H befunden.

In H sei das ehemalige I-Areal erworben worden, auf dem sich ursprünglich ein Gasthaus und eine Fleischerei befunden hätten. Vor dem Ankauf sei der Betrieb bereits stillgelegt worden. Es sei geplant gewesen, in H ein Bauprojekt mit entsprechenden Investoren durchzuführen, wobei das Gasthaus, das etwa 10% der Gesamtfläche ausmache, als zentraler Kommunikationstreffpunkt gedacht gewesen sei. Gedacht gewesen seien die Errichtung von Wohnungen bis hin zum betreuten Wohnen sowie eines Spar-Marktes. Das Gasthaus sei betriebsbereit gewesen, daher wäre es ein Fehler gewesen, zu warten, bis das gesamte Projekt realisiert werde. Es sei zunächst kurze Zeit selbst vom Bw. betrieben worden, dann sei es verpachtet und nach der Insolvenz der Pächterin von Frau N fortgeführt worden. Das Speisenangebot sei marktkonform gewesen, da in H fünf Gasthäuser gestanden seien und nicht genügend Kunden etwa für Mittagsmenüs vorhanden gewesen wären. Der Bw. habe daher auf ein geringes Speisenangebot gesetzt, dass er günstig abgeben habe können. Das Publikum seien eben beispielweise LKW-Chauffeure auf der Durchfahrt gewesen, die rasch günstig essen hätten wollen. Für diesen Kundenstock wäre es unrelevant gewesen, ob sie in H oder in RR gegessen hätten. Auf das schärfste zurückgewiesen werde, dass das Lokal nicht einladend gewesen sei. Es habe sich um ein altes Gasthaus gehandelt, wie es im B mehrere gäbe, wobei die Anlagen renoviert worden seien.

Der steuerliche Vertreter legte eine Übersicht über die steuerliche Entwicklung der Jahre 2005 bis 2010 vor und erläuterte, dass am Standort RR weniger Plätze als in H zur Verfügung gestanden seien, sodass die Umsätze sich nicht steigernd entwickeln hätten können. Die Tabelle zeige aber, dass bereits ab dem Jahr 2008 Gewinne erwirtschaftet worden seien. Der steuerliche Vertreter nannte Vergleichsbeispiele, die zeigten, dass die Verlegung eines Gastronomiebetriebes an einen anderen Standort, an dem sich bereits vorher ein Gastronomiebetrieb befunden habe, keineswegs unüblich sei.

Hinsichtlich des Sicherheitszuschlages werde auf die Ausführungen in der Berufung verwiesen.

Der Vertreter des Finanzamtes führte aus, dass er den Zustand des Gebäudes nicht kenne und die Meinung von Kollegen aus Vorprüfungen wiedergegeben worden sei. Dies sei aber nicht tragendes Argument der angefochtenen Bescheide gewesen. Das Finanzamt sehe die Reduktion des Speiseangebots nicht unter dem Blickwinkel der Marktkonformität, sondern verweise auf die hohen Fixkosten, die mit einem eingeschränkten Speiseangebot noch weniger erwirtschaftet werden könnten. Fraglich könne sein, ob die Einführung des Betriebsschlusses um 14.00 Uhr marktkonform gewesen sei, wenn nach den Angaben des Bw. eher das Abendgeschäft im Vordergrund gestanden sei. Das Finanzamt gehe entgegen dem Bw. von zwei unterschiedlichen Betrieben - einen in H und anschließend einen in RR - aus. Zum Betrieb in RR sei auszuführen, dass die Daten laut den in der Berufungsverhandlung vorgelegten Aufstellungen nicht mit den Daten übereinstimmten, die dem Finanzamt bekannt gegeben worden seien. Es könne sein, dass hier der Buchwert vom Gebäudeverkauf enthalten sei.

Der steuerliche Vertreter des Bw. führte aus, dass die Tabelle allein den Gastronomiebetrieb betreffe, während die Steuererklärungen alle Betriebe umfassten. Die Öffnungszeiten seien dem Publikum angepasst worden, da die LKW-Fahrer zu Mittag essen hätten wollen. Zusätzlich habe es zwischen Donnerstag und Sonntag auch Abendöffnungszeiten gegeben. Was das Speisenangebot anlange, sei es etwa nicht sinnvoll, Schnitzel anzubieten, wenn diese nicht nachgefragt würden. Es hätte dann nur einen Wareneinkauf gegeben, der irgendwann einmal verdorben wäre. Das Areal sei eine wirtschaftliche Einheit gewesen, man könne den Betrieb des Gasthauses nicht isoliert von der provisorischen Vermietung bzw. dem geplanten Projekt mit dem betreuten Wohnen und dem Supermarkt sehen.

Über Vorhalt des Vorsitzenden, dass in den Jahren 1997 bis 2007 nur Verluste erwirtschaftet worden seien, führte der steuerliche Vertreter aus, dass stets das Bemühen da gewesen sei, den Betrieb ertragreich zu führen.

Der Bw. erklärte, dass das Bebauungsprojekt bereits 1997 begonnen worden sei und endgültig 2008 ad acta gelegt worden sei. Zwischendurch sei das Projekt einige Male gescheitert. Das Erste dieser Projekte dürfte um 2000, 2002 mangels Investoren beendet worden sein.

Der steuerliche Vertreter des Bw. führte weiters aus, eine Wohnbaugenossenschaft wäre interessiert gewesen, es habe auch schon eine Projektvorstellung gegeben, aber der Bürgermeister habe dieses Projekt nicht unterstützt. Es habe dann ein Projekt mit der Wirtschaft in H gegeben, das aber an Animositäten zwischen den handelnden Personen - Bürgermeister einerseits, ehemaliger Stadtamtsdirektor andererseits - gescheitert sei. 2009 sei das gesamte Areal samt dem Gasthaus veräußert worden. Es habe auch Probleme mit der provisorischen Vermietung gegeben, daher sei dann alles verkauft worden. Das Grundstück gehöre jetzt der Wirtschaft in H. Es seien hohe Betriebskosten etwa für den Kanal zu bezahlen gewesen.

Das Haus in RR gehöre der Schwester des Bw., die es vermietet habe. Das Gasthaus bestehe noch. Über Vorhalt, dass in der Aufstellung die angesprochenen Fixkosten etwa für den Kanal nicht in der Tabelle enthalten seien: Das sei richtig. Die Fixkosten könnten in einer anderen Position der Steuererklärung enthalten sein.

Über Vorhalt durch das Finanzamt, dass im Jahr 2011 27.000,00 € Miete abgezogen worden sei, gab der steuerliche Vertreter des Bw. an, das könne er im Moment nicht erklären. Das Finanzamt verwies darauf, wenn es sich um eine Nachzahlung gehandelt habe, wären auch die Jahre 2009 und 2010 negativ.

In der Tabelle seien die Betriebskosten nicht enthalten, daher erkläre sich auch der Unterschied zu den Steuererklärungen. In der Tabelle habe nur das Verbesserungspotential dargestellt werden sollen.

Das Finanzamt ersuchte um Abweisung der Berufung.

Der Bw. und sein steuerlicher Vertreter ersuchten abschließend, den Berufungen Folge zu geben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 303 Abs. 4 BAO, BGBl. Nr. 194/1961, ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

§ 184 BAO lautet:

(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Gemäß § 1 Abs. 1 LVO, BGBl. Nr. 33/1993, liegen Einkünfte vor bei einer Betätigung (einer Tätigkeit oder einem Rechtsverhältnis), die durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3 LVO) zu erzielen und nicht unter § 1 Abs. 2 LVO fällt. Voraussetzung ist, dass die Absicht anhand objektiver Umstände (§ 2 Abs. 1 und 3 LVO) nachvollziehbar ist.

Nach § 2 Abs. 1 LVO ist bei Anfallen von Verlusten bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 LVO das Vorliegen der Absicht, einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3 LVO) zu erzielen, insbesondere anhand folgender Umstände zu beurteilen:

1. Ausmaß und Entwicklung der Verluste,

2. Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen oder Überschüssen,

3. Ursachen, auf Grund deren im Gegensatz zu vergleichbaren Betrieben, Tätigkeiten oder Rechtsverhältnissen kein Gewinn oder Überschuss erzielt wird,

4. marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf angebotene Leistungen,

5. marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf die Preisgestaltung

6. Art und Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen (zB Rationalisierungsmaßnahmen).

Im gegenständlichen Fall besteht Streit zwischen den Parteien des verwaltungsbehördlichen Verfahrens darüber, ob a) die amtswegige Wiederaufnahme der Umsatz- und Einkommensteuerverfahren für die Jahre 2004 bis 2006 durch das Finanzamt zu Recht erfolgt ist, ob b) hinsichtlich des Betriebs eines Gasthauses durch den Bw. die Verhängung eines Sicherheitszuschlages in Höhe von 10% zu Recht erfolgt ist und ob c) dieser Betrieb als Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus einer Einkunftsquelle oder als Liebhaberei zu beurteilen ist.

ad a) Neu hervorgekommene Tatsachen sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis (als vom Bescheid zum Ausdruck gebracht) geführt hätten (vgl. Ritz, BAO4, § 303 Tz 7).

Die im Zuge der im Jahr 2009 stattgefundenen Außenprüfung getroffenen Feststellungen betreffend die zahlreichen Aufzeichnungsmängel (Tz 1 des Bp-Berichts) stellen eine solche neu hervorgekommene Tatsache dar, sodass das Finanzamt am 14. Jänner 2010 die Verfahren betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2004 bis 2006 zu Recht von Amts wegen wieder aufgenommen hat. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang, dass der steuerliche Vertreter des Bw. im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung selbst ausgeführt hat, dass die Wiederaufnahme zulässig gewesen ist.

ad b) Von der Betriebsprüferin wurden folgende Aufzeichnungsmängel festgestellt:

- Uraufzeichnungen der Tageslosungen fehlten - angefertigte Reinschriften bzw. Summen von "Stricherllisten" wurden weggeworfen bzw. konnte auf vorhandenen Aufzeichnungen kein Zusammenhang zwischen Artikeln und Beträgen festgestellt werden.

- Es bestanden Lücken bei den ID-Nummern in den Journalen.

- Ausdrucke von der Schankanlage waren nur in Papierform vorhanden.

- Losungsausdrucke von der Schankanlage erfolgten nicht täglich und die erfassten Artikel wurden immer weniger.

- Der Wareneinkauf stimmte nicht - es wurden diverse Speisen ohne dazu gehörigen Einkauf verkauft.

- Auf den Tageslosungsaufzeichnungen waren zum Teil Einkäufe vermerkt ohne entsprechende Belege und ohne Verbuchung dieser Beträge.

- Im Jahr 2006 waren bei Einkäufen der Firma D in zwei Fällen nur Lieferscheine der Firma Y, aber keine Rechnungen der Firma D vorhanden.

- Der Einkauf von Lebensmitteln erfolgte ohne entsprechende Losung, zB am 5. Mai 2004 Salate bzw. im April 2004 eine Geburtstagsfeier ohne entsprechenden Einkauf.

- Auf der Rechnung betreffend den Einkauf von Zigaretten war nur die Bezeichnung "Rauchwaren" ausgewiesen.

Auf Grund dieser Mängel wurde von der Bp ein Sicherheitszuschlag von 10% hinzugerechnet.

In seiner Berufung hat der steuerliche Vertreter folgende Argumente gegen die Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlags vorgebracht:

- Die Uraufzeichnungen in den Tageslosungen fehlten, jedoch existierte von Dienstag bis Sonntag eine sogenannte Wochenliste, aus der in Kombination mit einer "Stricherlliste" klar hervorging, welche Umsätze getätigt wurden.

- Die Lücken bei den ID-Nummern in den Journalen waren auf einen Mangel im EDV-Programm zurückzuführen und lagen nicht in der Verantwortung des Bw.

- Die Ausdrucke von der Schankanlage lagen nur in Papierform vor, da eine elektronische Aufzeichnung auf Grund des Alters dieser Schankanlage nicht mehr möglich war. Eine Reparatur wäre zu teuer gewesen und die Kosten hätten das Ergebnis des Betriebes weiter verschlechtert.

- Der Wareneinkauf war richtig, da aus den Kühltruhen des Unternehmens die Berner Würstel, vorgefertigten Schnitzel bzw. Pommes frites und Toast entnommen wurden.

- Bei den Tageslosungen wurden entsprechende Vermerke getätigt, wenn Waren wie zB Wurst eingekauft wurden.

- Hinsichtlich des Einkaufes der Firma D sowie Einkäufe für die Geburtstagsfeiern im April 2004 würden entsprechende Belege nachgereicht (diese Belege hat der steuerliche Vertreter dem Finanzamt mit Schreiben vom 1. April 2010 übermittelt, siehe oben in der Darstellung des Verfahrensganges in dieser Berufungsentscheidung).

- Dass beim Einkauf von Zigaretten auf der Rechnung "Rauchwaren" stand, war ein Bezeichnungsirrtum des Trafikanten.

In dem mit Schreiben des steuerlichen Vertreters vom 1. April 2010 übermittelten Schreiben des Bw. vom 31. März 2010 hat letzterer ausgeführt, dass für die Geburtstagsfeier im April 2004 kein Wareneinkauf erfolgte; die verkauften Speisen wurden aus der Tiefkühltruhe entnommen. Diese Waren wurden im September 2003 eingekauft; die Einkaufsrechnung der Firma W vom 30. September 2003 wurde beigelegt.

Bei den fehlenden Einkaufsrechnungen der Firma D handelt es sich um die Einkäufe vom 6. Mai 2006 und vom 30. Oktober 2006. Die betreffenden Rechnungen wurden dem Finanzamt mit Schreiben vom 1. April 2010 übermittelt (siehe oben in der Darstellung des Verfahrensganges).

Festzuhalten ist zunächst, dass der steuerliche Vertreter in seiner Berufung bestätigt, dass die Uraufzeichnungen zu den Tageslosungen fehlen; jedoch führt er in weiterer Folge aus, dass eine sogenannte Wochenliste existiere, aus der im Kombination mit einer "Stricherlliste" die Umsätze nachvollzogen werden könnten. Nach den Feststellungen der Betriebsprüferin wurden diese "Stricherllisten" aber nur teilweise aufbewahrt, weshalb die Umsätze aus den vorliegenden Aufzeichnungen nicht nachvollzogen werden können.

Zu den Lücken bei den ID-Nummern in den Journalen ist festzuhalten, dass der steuerliche Vertreter dazu ausgeführt hat, diese seien auf einen Mangel im EDV-Programm zurückzuführen. Im Betriebsprüfungsverfahren hat das Softwareunternehmen in einem Telefonat hierzu ausgeführt, dass für jede Buchung automatisch eine ID vergeben werde; würden Buchungen storniert, würden diese aus der Datenbank gelöscht und die ID fehle (Aktenvermerk der Betriebsprüferin vom 16. September 2009, S 104 Arbeitsbogen der Bp). Entsprechend dieser Auskunft kann das Fehlen der ID-Nummern nicht dem Bw. angelastet werden (auch wenn die vorliegenden Ausdrucke aus der Schankanlage auf Grund der Löschung von Daten aus den Journalen nicht nachvollziehbar sind).

Laut den Feststellungen der Betriebsprüferin wurden auf Tageslosungsaufzeichnungen zum Teil Einkäufe (= Kassaausgänge) vermerkt, die jedoch nicht verbucht wurden. In der Berufung wurde hierzu ausgeführt, dass die entsprechenden Vermerke auf den Aufzeichnungen getätigt worden seien, wenn Waren wie zB Wurst eingekauft worden seien. Das Fehlen der dazu gehörigen Belege bzw. die fehlende Verbuchung dieser Einkäufe wurde nicht aufgeklärt.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass auf Grund der oa. zahlreichen Aufzeichnungsmängel die Anwendung eines Sicherheitszuschlages - die zu den Elementen einer Schätzung gehört (Ritz, BAO4, § 184 Tz 18) - dem Grunde nach zu Recht erfolgte, geht doch diese Schätzungsmethode davon aus, dass es bei mangelhaften Aufzeichnungen wahrscheinlich ist, dass nicht nur nachgewiesenermaßen nicht verbuchte Vorgänge, sondern auch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden (Ritz, § 184 Tz 18, mit Judikaturnachweisen).

Allerdings erscheint dem Unabhängigen Finanzsenat die Höhe des Sicherheitszuschlags von 10% insofern unangemessen, als der Bw. die von der Betriebsprüferin festgestellten Aufzeichnungsmängel zumindest teilweise durch Vorlage von Rechnungen entkräften konnte (Einkaufsrechnung der Firma W vom 30. September 2003, Einkaufsrechnungen der Firma D betreffend die Einkäufe vom 6. Mai 2006 und vom 30. Oktober 2006), die beim Einkauf von Zigaretten auf der Rechnung angeführte Bezeichnung "Rauchwaren" auf einen Irrtum des Trafikanten zurückzuführen war und das im Betriebsprüfungsverfahren mit dem Softwareunternehmen geführte Telefonat zum Ergebnis geführt hat, dass das Fehlen der ID-Nummern in den Journalen nicht dem Bw. angelastet werden konnte (siehe oben). Aus den angeführten Gründen erscheint dem Unabhängigen Finanzsenat die Anwendung eines Sicherheitszuschlages in Höhe von 5% als ausreichend, um den wahren Besteuerungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen, weshalb der Berufung hinsichtlich des Punktes b) teilweise stattzugeben ist.

ad c) Ob eine steuerlich beachtliche Tätigkeit vorliegt, ist für die Streitjahre nach der LVO, BGBl. Nr. 33/1993 idgF, zu beantworten. Diese stellt in erster Linie auf die Absicht des Steuerpflichtigen ab, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen.

Die LVO unterscheidet Betätigungen mit Einkunftsquellenvermutung (§ 1 Abs. 1 LVO) und Betätigungen mit Liebhabereivermutung (§ 1 Abs. 2 LVO).

Die im gegenständlichen Fall vorliegende Betätigung des Bw - der Betrieb eines Gasthauses - ist eine Tätigkeit, die unter § 1 Abs. 1 LVO zu subsumieren ist.

Bei einer solchen Tätigkeit ist die für die Qualifizierung als Einkunftsquelle maßgebliche Absicht, einen Gesamtgewinn zu erzielen, zunächst zu vermuten. Voraussetzung hiefür ist allerdings, dass die Absicht anhand objektiver Umstände (§ 2 Abs. 1 und 3 LVO) nachvollziehbar ist und diese Absicht ist für jede organisatorisch in sich geschlossene Einheit gesondert zu beurteilen.

Bei Vorliegen von Verlusten ist für die Liebhabereibeurteilung maßgeblich, ob und welche Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Steuerpflichtige gesetzt hat. Dies erfolgt im Rahmen der Kriterienprüfung nach § 2 Abs. 1 LVO.

Im gegenständlichen Fall hat der Bw. im Jahr 1997 eine Liegenschaft, auf der sich auch ein Gasthaus befand, erworben und den Betrieb des Gasthauses nach einer Generalsanierung im Oktober 1997 aufgenommen. Nach dem Ankauf wurden verschiedene Projekte betreffend die gesamte Liegenschaft entwickelt, aber wieder verworfen (laut dem Protokoll des steuerlichen Vertreters über eine Besprechung mit dem Bw. vom 23. Februar 2009 (S 191 Arbeitsbogen der Bp) war eines der Projekte ein Baurechtsmodell mit der AC (ein Projekt einer umfassenden Vermietung), weiters war ein Seminarhotel geplant, weiters ein Musikverein mit einem Theaterdachverband). Am 1. Juli 1998 wurde der Gastronomiebetrieb an Frau K verpachtet, die im Jahr 1999 in Konkurs ging, sodass ab 1. September 1999 dieser Gasthof vom Bw. unter der Geschäftsleitung von Frau N weitergeführt wurde. Die Gewinn-/Verlustsituation der Jahre 1997 bis 2008 stellt sich wie folgt dar:

1997

-60.113,15 €

1998

-13.327,62 €

1999

-34.013,21 €

2000

-69.901,38 €

2001

-57.048,83 €

2002

-60.079,00 €

2003

-54.265,04 €

2004

-34.634,61 €

2005

-57.007,64 €

2006

-55.487,44 €

2007

-17.394,88 €

2008

-27.704,65 €

gesamt

-540.977,45 €

(Anzumerken ist, dass die im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung vom steuerlichen Vertreter vorgelegte Tabelle über die steuerliche Entwicklung der Jahre 2005 bis 2010 insofern nicht aussagekräftig ist, als sie die Betriebskosten nicht enthält (daher erklärt sich auch der Unterschied zu den Steuererklärungen)).

Die Erlöse/Umsätze der Jahre 2004 bis 2008 aus dem Betrieb des Gasthauses betragen:

2004

93.077,95 €

2005

79.264,93 €

2006

77.994,82 €

2007

76.754,76 €

2008

60.861,90 €

Hinsichtlich der Streitjahre war entsprechend den in § 2 Abs. 1 LVO aufgestellten Kriterien - unter besonderer Beachtung des Kriteriums der Z 6 ("Art und Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen") - die vom Bw. ausgeübte Tätigkeit wie folgt zu beurteilen:

1. Ausmaß und Entwicklung der Verluste:

Im Betätigungszeitraum 1997 bis 2008 ergaben sich ausschließlich Verluste. Diese waren beträchtlich (zwischen -13.327,62 € im Jahr 1998 und -69.901,38 € im Jahr 2000), der Gesamtverlust in diesem Betätigungszeitraum betrug -540.977,45 €.

Wenn der steuerliche Vertreter in seiner Stellungnahme vom 18. November 2009 argumentiert, die Verluste von 2002 bis 2006 seien deswegen so hoch gewesen, weil die Lohnaufwendungen für Frau N in vollem Umfang dem Gasthaus zugerechnet worden seien, obwohl 50% ihrer Arbeitszeit bereits für das Management des übrigen Vermietungsunternehmens notwendig gewesen seien, so ist ihm einerseits zu entgegnen, dass die Verluste den vom steuerlichen Vertreter vorgelegten Bilanzen und Gewinnermittlungen entnommen wurden, und andererseits, dass laut dem Protokoll des steuerlichen Vertreters über eine Besprechung mit dem Bw. vom 23. Februar 2009 (S 191 Arbeitsbogen der Bp) Frau N bereits seit längerem nur als Halbtagskraft angemeldet war, was auch in der Höhe des Lohnaufwands Deckung fand. Dazu kommt, dass, selbst wenn man die Lohnaufwendungen für Frau N (2004: 9.554,50 €, 2005: 9.774,50 €, 2006: 10.201,50 €, 2007: 10.520,70 €, 2008: 14.764,80 € (jeweils brutto)) zur Gänze den negativen Betriebsergebnissen dieser Jahre hinzurechnete, diese Betriebsergebnisse noch immer negativ wären.

2. Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen oder Überschüssen:

In keinem einzigen Jahr des Betätigungszeitraumes wurden Gewinne erzielt. Anzumerken ist, dass im Prüfungszeitraum 2004 bis 2008 die Umsätze aus dem Gasthausbetrieb stetig zurückgingen und die Verluste in diesem Zeitraum bis zu rund 72% der Umsätze (im Jahr 2005) ausmachten.

3. Ursachen, auf Grund deren im Gegensatz zu vergleichbaren Betrieben, Tätigkeiten oder Rechtsverhältnissen kein Gewinn oder Überschuss erzielt wird:

Wie der steuerliche Vertreter in seinem Protokoll über eine Besprechung mit dem Bw. vom 23. Februar 2009 (S 191 Arbeitsbogen der Bp) selbst ausführt, wurde das ganze Areal (Kaufpreis 1997: 436.000,00 €) mit Fremdkapital angekauft und belasteten sehr hohe Betriebskosten den Standort. Zudem befanden sich in unmittelbarer Nähe fünf Gasthäuser und in etwas weiterer Entfernung (maximal 500 Meter) insgesamt sieben Gasthäuser. Das Speisenangebot war eingeschränkt (im Wesentlichen Gulasch-/Bohnensuppe, Toast, Würstel, Wurstsemmel, Pommes frites); nur in Ausnahmefällen gab es Schnitzel, Berner Würstel bzw. Ripperl oder das bei diversen Feiern vereinbarte Essen.

Hinsichtlich der Werbemaßnahmen wurden im Prüfungszeitraum lediglich ein Inserat im S, im Her Stadtplan, in Bürgerinformationsplakaten und bei der T geschaltet bzw. Weihnachtswein verschenkt. 2008 wurde bereits für die Vermietung des Lokals inseriert.

4. marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf angebotene Leistungen:

In ihrer Stellungnahme zur Berufung hat die Betriebsprüferin ausgeführt, dass, wenn sich der Bw. am Speisenangebot im Stadtzentrum von H orientiert hätte, das Angebot nicht nur aus Toast, Würstel, Gulaschsuppe etc. bestanden hätte.

5. marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf die Preisgestaltung:

Die Preisgestaltung entsprach jener der Konkurrenzbetriebe.

6. Art und Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen (zB Rationalisierungsmaßnahmen):

Im Besprechungsprotokoll vom 23. Februar 2009 (S 191 Arbeitsbogen der Bp) wurde eine Vielzahl von Marketingmaßnahmen aufgelistet (Teilnahme bei den O, Glühweinstände, Happy Hour, Oldie Abend, div. Werbeaktivitäten beim P, Silvesteraktivitäten, Heringsschmaus, Ganslessen und Werbung für diverse Feiern und Hochzeiten), jedoch wurde im Prüfungszeitraum 2004 bis 2008 laut Feststellung der Betriebsprüferin von diesen Maßnahmen nur mehr der P umgesetzt. Auch wurde im Besprechungsprotokoll vom 23. Februar 2009 dargelegt, dass im organisatorischen Bereich versucht wurde, sämtliche Arbeits- und Geschäftsessen der Firmen F GmbH und Q GmbH im eigenen Gasthaus abzuhalten; jedoch liegen im Prüfungszeitraum keine Rechnungen an diese Firmen über Arbeits- und Geschäftsessen vor, womit diese Maßnahme offensichtlich nicht umgesetzt wurde.

Hinsichtlich der Einschränkung der Öffnungszeiten (ab Juli 2008 wurden diese bis 14.00 Uhr eingeschränkt, dafür war an sechs Tagen in der Woche nur mehr eine Halbtagskraft beschäftigt) bzw. der Straffung des Speisenangebotes ist nach Auffassung des Unabhängigen Finanzsenates den Ausführungen der Betriebsprüferin zuzustimmen, wonach diese Maßnahmen nicht geeignet sind, die wirtschaftliche Situation des Betriebes zu verbessern. Diese Maßnahmen führen zwar einerseits zu einer Verringerung des Personalaufwands bzw. des Wareneinkaufs, andererseits aber resultiert daraus auch ein Umsatzrückgang, dem die hohen Fixkosten für das Gebäude (Fremdkapitalzinsen, hohe Betriebskosten) in unveränderter Höhe gegenüber stehen.

Zusammenfassend ist daher hinsichtlich des Punktes "Art und Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen" festzuhalten, dass gewisse Strukturverbesserungsmaßnahmen offensichtlich gar nicht oder nur teilweise umgesetzt wurden, während anderen Maßnahmen der Charakter einer Strukturverbesserung bzw. Rationalisierung nicht zukommt. Die Maßnahmen zur Verbesserung der (Verlust-)Situation sind somit als nicht ausreichend zu beurteilen.

Vor allem aber ist von entscheidender Bedeutung, dass der Bw. bereits wenige Jahre nach Aufnahme des Gasthausbetriebes im Jahr 1997, jedenfalls aber zu Beginn des Streitzeitraumes im Jahr 2004 in Anbetracht der Umstände des gegenständlichen Falles (das ganze Areal (Kaufpreis 1997: 436.000,00 €) wurde mit Fremdkapital angekauft, sehr hohe Betriebskosten belasteten den Standort, im Umkreis von 500 Metern befand sich eine Konkurrenz von sieben Gasthäusern, jedes Jahr waren hohe Einlagen des Bw. nötig, um den Betrieb fortzuführen (2004: 43.418,06 €, 2005: 44.500,00 €, 2006: 31.723,20 €, 2007: 33.100,00 €, 2008: 40.500,00 €)) hätte erkennen müssen, dass seine Betätigung niemals erfolgbringend sein würde, sodass mangels Einstellung der Tätigkeit ab diesem Zeitpunkt Liebhaberei anzunehmen ist ("niemals erfolgbringend" bedeutet, dass sich der Abgabepflichtige zu Beginn des Streitzeitraums bei im Wesentlichen unveränderter Fortsetzung keine Hoffnung auf einen zukünftigen Gesamterfolg in einem angemessenen Zeitraum machen durfte (vgl. UFS 16.10.2007, RV/0205-G/07)). Die Berufung war somit hinsichtlich des Punktes c) als unbegründet abzuweisen.

Hinsichtlich des ausdrücklichen Antrags auf Durchführung eines Erörterungstermins ist festzuhalten, dass ein derartiger Antrag in den Abgabenvorschriften nicht vorgesehen ist.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 5 Berechnungsblätter

Wien, am 13. Dezember 2013

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993
§ 2 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993

Schlagworte:

Sicherheitszuschlag, Aufzeichnungsmängel, Schätzung, Liebhaberei, Kriterienprüfung, strukturverbessernde Maßnahmen

Verweise:

UFS 16.10.2007, RV/0205-G/07
Ritz, BAO, 4. Auflage, § 184 Tz 18, § 303 Tz 7

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