Kurzfristige Hausstandsgründung im Ausland durch die Berufungswerberin keine Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw, vertreten durch WT, vom
1.) 8. Jänner 2009 gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 4. Dezember 2008,
2.) 9. November 2011 gegen den Einkommensteuerbescheid und den Anspruchszinsenbescheid 2008, beide vom 27. September 2011,
3.) 9. November 2011 gegen den Einkommensteuerbescheid und den Anspruchszinsenbescheid 2009, beide vom 27. September 2011
sowie über die nicht datierten, die oben angeführte Abgabepflichtige betreffende Vorlageberichte des Finanzamtes Bregenz hinsichtlich
4.) Anspruchszinsen 2007, bei der Berufungsbehörde eingelangt am 15. September 2011, und
5.) Säumniszuschlag 2008 und 2009, bei der Berufungsbehörde eingelangt am 16.7.2013,
entschieden:
Zu 1.) bis 3.) Die Berufungen gegen die Einkommensteuerbescheide 2007 bis 2009 und die Anspruchszinsenbescheide für 2008 und 2009 werden als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide des Finanzamtes werden bestätigt.
Zu 4.) und 5.) Die Vorlageberichte des Finanzamtes betreffend Anspruchszinsen 2007 sowie Säumniszuschlag 2008 und 2009 werden als unzulässig zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Unbestritten bzw. objektiv belegt, also durch Sachbeweise nachweisbar, ist Folgendes:
- Die Berufungswerberin, nachfolgend Bw abgekürzt, hat im September 2003 das Studium "Betriebliches Prozess- und Projektmanagement" an der Fachhochschule Dornbirn mit Erfolg abgeschlossen.
- Sie ist im Februar 2004 ein Dienstverhältnis mit Firma Österreich eingegangen und hatte in Ö ihre Arbeitsstelle.
- Während des Studiums, nach dessen Abschluss und während ihrer bis Ende Jänner 2007 dauernden Beschäftigung in Bludenz hatte sie den alleinigen Wohnsitz in Österreich. Hier wohnte sie in dauerhafter Haushaltsgemeinschaft mit ihren Eltern in einer von den Eltern von deren Dienstgeber angemieteten ca. 100 m2 großen Wohnung. In dieser stand ihr ein Zimmer mit knapp 12 m2 zur alleinigen Verfügung. Die Gemeinschaftsräume (Küche, Bad, WC, Wohnraum, Keller, 2 Tiefgaragenplätze) wurden von der ganzen Familie benutzt, von der Bw also mitbenutzt.
- Die Bw wurde per 1. Februar 2007 (mit ihrer Zustimmung) von ihrem österreichischen Arbeitgeber auf die Dauer von 18 Monaten zu Firma Schweiz, Zürich, entsendet (short-term assignment, FA 100/2007 und 45/2009). Der Entsendungsauftrag benennt mehrfach Österreich als Heimat- und die Schweiz als Gastgeberland.
- Der österreichische Arbeitgeber der Bw stellte einen vom 29.8.2008 datierenden Lohnzettel für die Zeit vom 1.2. bis 31.12.2007 aus, der auf die Bw mit österreichischer Adresse lautet (FA 9/2007). Aktenkundig ist weiters ein Lohnzettel der österreichischen Arbeitgeberin für den Zeitraum 1.1. - 31.7.2008, beim Finanzamt eingelangt im September 2011, auf dem die Bw ebenfalls mit österreichischer Anschrift geführt wird (FA 43/2008), weiters zwei Lohnzettel, die den Zeitraum vom 1.4. - 30.4. und 1.5. - 31.12.2009 betreffen, beim Finanzamt am 15.11.2011 eingegangen sind und die Bw mit der neuen Wohnanschrift in ÖstB anführen (FA 31 - 34/2009).
- Die Bw mietete sich in der Schweiz auf Kosten ihres Arbeitgebers eine Zweizimmerwohnung an (FA 47-57/2007), die sie selbst - tatkräftig und finanziell unterstützt von ihren Eltern - mit neuen Möbeln von IKEA und zum Teil neu angeschafftem Hausrat - eingerichtete. Es handelt sich dabei um die Gründung ihres ersten eigenständigen Haushaltes.
- Bereits am 1.2.2008 (1 Jahr nach Beginn der Entsendung) unterfertigte die Bw einen Dienstvertrag mit Firma Österreich, der sie ab 1.4.2009 in neuer Funktion wieder zur Arbeitsleistung in Bludenz verpflichtete.
- Zwischen der Bw und Firma Schweiz wurde ein vom 29.5.2008 datierender, von der Bw am 9.7.2008 unterfertigter Arbeitsvertrag abgeschlossen (FA 102/2007 und 49/2009), laut dem die Bw in der Funktion, die auch im Ende Juli 2008 auslaufenden Entsendungsauftrag angeführt ist, in die Dienste des Schweizer Unternehmens eintritt.
- Die Aufenthaltsgenehmigung der Bw in der Schweiz war (laut Angaben der Bw auf Grund eines rein formalen Fehlers nur) jeweils mit 6 Monaten befristet, wurde jedoch immer problemlos um weitere sechs Monate verlängert (Aktenvermerk vom 12.8.2013 über eine nicht protokollierte Aussage der Bw beim Erörterungsgespräch am 9.8.2013).
- Gleichzeitig mit dem Ende ihrer Beschäftigung in der Schweiz gab die Bw ihren dortigen Wohnsitz auf und nutzte die elterliche Wohnung wiederum in Hausgemeinschaft mit ihren Eltern.
- Während der Zeit, in der der Bw in Zürich eine Zweizimmerwohnung zur alleinigen Verfügung stand (Feb. 2007 - März 2009), behielt sie die Schlüssel zur elterlichen Wohnung, war sie dort immer wieder gerne gesehen, zahlte sie unter dem Titel "Haushaltsgelt" monatlich einen Beitrag in Höhe von 155 € an ihre Eltern, bewohnte sie die elterliche Wohnung mit ihrem eigenen, äußerlich unverändert gebliebenen und nicht anderweitig verwendeten, also jederzeit benutzbaren Zimmer in unregelmäßigen Abständen (zu Wochenenden, bei Festen). In dieser Zeit behielt sie weiterhin in Österreich ihren melderechtlichen Hauptwohnsitz und ihre Postanschrift bei, verfügte sie auch weiterhin ununterbrochen über einen entsprechenden Haus- und Wohnungsschlüssel. Auch ein auf sie per österreichischer Wohnadresse zugelassenes Kraftfahrzeug wurde von ihr nicht ab-bzw umgemeldet und meist in der zur österreichischen Wohnung gehörenden Tiefgarage geparkt. Des Weiteren ist in dem von der Bw am 20.6.2008 unterfertigten Antrag auf Selbstversicherung als Grund für den Antragstellung "Grenzgänger - Schweiz!" und als Wohnanschrift der melderechtliche inländische Hauptwohnsitz angeführt.
- Per 13.5.2009 meldete die Bw ihren Hauptwohnsitz in ÖstA ab und in ÖstB an (UFS 22). Am 6.2.2009 hatte sie den Kaufvertrag über den Erwerb einer (zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertiggestellten) Eigentumswohnung in ÖstB unterfertigt. Sowohl im Kaufvertrag als auch im Antrag auf Gewährung einer Förderung ist die inländische Wohnanschrift angeführt (UFS 134 - 159; FA 6/2007).
- Vom 2.11.2005 bis zum 22.5.2009 war ein PKW auf die Bw per Anschrift in ÖstA zugelassen (UFS 24). Danach folgte die Ummeldung auf die neue Adresse in ÖstB (UFS 25; FA 93, 94/2007).
- Die Bw war in den Streitjahren durchgehend bei der VGKK versichert und wurde allein unter österreichischer Anschrift geführt (FA 23 - 25/2007, 63 - 67/2008, 11/2009). Im von der Bw am 20.6.2008 unterfertigten Antrag auf Selbstversicherung ist ihre Anschrift in ÖstA angeführt. Als Grund für die Selbstversicherung ist angeführt: "Grenzgänger - Schweiz!"
Strittig ist, ob die Bw von Februar 2007 bis März 2009 in ÖstA einen Wohnsitz hatte und wo sie im Falle eines Doppelwohnsitzes ansässig im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens war.
Über die Berufung wurde erwogen:
Zu 1.) - 3.)
Wohnsitz: Gemäß § 1 Abs. 1 EStG 1988 sind nur natürliche Personen einkommensteuerpflichtig. Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind nach Absatz 2 erster Satz dieser Bestimmung jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte (Absatz 2 zweiter Satz leg. cit.).
Die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht endet bei Aufgabe des Wohnsitzes und beginnt mit dessen Begründung.
Die für § 1 Abs. 2 EStG 1988 maßgeblichen Begriffe des Wohnsitzes und gewöhnlichen Aufenthaltes einer Person determiniert § 26 der Bundesabgabenordnung (BAO).
Nach § 26 Abs. 1 erster Satz BAO hat einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften (z.B. § 1 Abs. 2 EStG 1988) jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benützen wird.
Innehaben einer Wohnung im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO bedeutet nach den von Judikatur und Lehre entwickelten Grundsätzen, über eine Wohnung tatsächlich oder rechtlich zu verfügen, diese also jederzeit für den eigenen Wohnbedarf benützen zu können (VwGH 16.9.1992, 90/13/0299; VwGH 26.11.1991, 91/14/0041). Als Rechtsgründe für das Innehaben kommen außer (Wohnungs)Eigentum, (Unter)Miete und dem Wohnrecht nach ABGB auch familienrechtliche Ansprüche in Betracht.
Auf die polizeiliche An- bzw. Abmeldung (§ 1 Abs. 1 Meldegesetz) kommt es bei Klärung der Wohnsitzfrage nicht an, wenngleich diese Faktoren im Einzelfall Indizienwirkung haben können (VwGH 24.1.1996, 95/13/0150). Ist die Innehabung einer inländischen Wohnung in der gesetzlich beschriebenen Weise im Einzelfall festzustellen, dann ist es also egal, ob der Benützer dort ge- bzw. abgemeldet ist. Unter den vorgenannten Voraussetzungen steht der Annahme eines inländischen Wohnsitzes und damit auch der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht auch nicht entgegen, wenn sich der Steuerpflichtige häufig im Ausland aufhält, er beruflich im Ausland tätig oder sogar dort polizeilich gemeldet ist, weil diese Kriterien für die Wohnsitzfrage im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO bedeutungslos sind (VwGH 3.7.2003, 99/15/0104; VwGH 11.12.1990, 90/14/0183). Im Unterschied zum gewöhnlichen Aufenthalt einer Person, der an die körperliche Anwesenheit anknüpft und daher jeweils nur für einen Ort oder ein Gebiet bejaht werden kann (VwGH 14.4.1972, 457/71, VwGH 5.7.1983, 82/14/0178; Quantschnigg/Schuch, ESt-HB, § 1 Tz. 13), kann jemand durchaus auch mehrere Wohnsitze haben (VwGH 21.1.1998, 95/16/0228, 0229, 0230). Weitere Wohnsitze im Ausland schließen einen Wohnsitz im Inland daher gleichfalls nicht aus (VwGH 11.12.1990, 90/14/0183).
Für die Annahme eines Wohnsitzes im Sinne der §§ 1 Abs. 2 EStG 1988 iVm. 26 Abs. 1 BAO ist auch nicht erforderlich, dass die Wohnung tatsächlich ununterbrochen benützt wird (VwGH 16.9.1992, 90/13/0299). Vielmehr reicht es beispielsweise aus, wenn eine Wohnung jährlich mehrere Wochen in Benutzung genommen wird (VwGH 4.12.1969, 310/69; VwGH 20..6.1990, 89/16/0020). Die Frage des inländischen Wohnsitzes aber ist allein nach innerstaatlichem Recht und zwar anhand des im § 26 Abs. 1 BAO geregelten Wohnsitzbegriffes zu lösen (VwGH 21.5.1990, 89/15/0115; VwGH 7.7.1967, 1860/66; VwGH 8.6.1962, 201/62). Die abkommensrechtliche Frage nach dem Lebensmittelpunkt stellt sich erst in einem zweiten Schritt, nämlich nach der Bejahung eines Doppelwohnsitzes.
Nach dem Gesetzeswortlaut kann ein Wohnsitz immer nur dann angenommen werden, wenn Anhaltspunkte vorliegen, die auf das Beibehalten und Benützen einer Wohnung schließen lassen. Solche Anhaltspunkte liegen etwa vor, wenn Räumlichkeiten jederzeit zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses zur Verfügung stehen, oder aber wenn ein Steuerpflichtiger eine Wohnung nach eigenen Angaben bei gelegentlichen Aufenthalten im Inland tatsächlich benützt hat (VwGH 3.7.2003, 99/15/0104). Da das Vorliegen eines Wohnsitzes im Sinne der Abgabenvorschriften an die jederzeitige tatsächliche Nutzungsmöglichkeit einer Wohnung geknüpft ist, reicht die Überlassung eines Zimmers zur bloß vorübergehenden Nutzung dafür nicht aus (VwGH v. 14.11.1996, 94/16/0033). Ebenso stellt auch eine zwar im Besitz des Abgabepflichtigen befindliche Wohnung (Haus), über die (das) dieser jedoch nicht jederzeit frei verfügen kann (etwa wegen Vermietung), keinen Wohnsitz im Sinne vorgenannter Abgabenvorschriften dar.
Die Wohnung muss eingerichtet sein, um unbeschränkte Steuerpflicht nach sich zu ziehen (Loukota, Internationale Steuerfälle, RZ 35; Doralt, EStG9, § 1 Tz 10; ). Denn man muss die Wohnung unter Umständen innehaben, die darauf schließen lassen, dass man sie beibehalten und benutzen wird. Nach der Rechtsprechung des VwGH müssen die fraglichen Räumlichkeiten, um als Wohnung qualifiziert zu werden, ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten (VwGH 26.11.1991, 91/14/0041) Leerstehende Wohnungen führen daher nicht zur unbeschränkten Steuerpflicht (vgl. auch Ritz, BAO3, § 26 Tz 7, und Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 1 Tz 63).
Nach dem klaren und eindeutigen Gesetzeswortlaut setzt der Wohnsitzbegriff ein qualifiziertes Innehaben voraus (Doralt, EStG9, § 1 Tz 11/1). Gefordert ist die Innehabung unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass die Wohnung beibehalten und als solche auch künftig genutzt werden soll.
Wird ein Steuerpflichtiger auch bei wiederholten Aufenthalten in einer Wohnung nur als Gast aufgenommen, hat er keine Wohnung inne, die einen Wohnsitz begründet (Doralt, EStG9, § 1 Tz 11).
Nach der Lehre (Ritz, BAO3, § 26 Tz 4) und Rechtsprechung (VwGH 24.1.1996, 95/13/0150; VwGH 21.5.1990, 89/15/0115) ist die tatsächliche Gestaltung der Dinge maßgebend. Auf die subjektive Absicht und Einstellung kommt es nicht an.
Die Bw bzw ihre steuerliche Vertretung wenden sich gegen die Annahme eines inländischen Wohnsitzes vor allem mit zwei Argumentationslinien. Zum einen stehen sie unter Hinweis auf Rz 22 der EStR auf dem Standpunkt, volljährige Kinder mit eigenem Hausstand hätten einen eigenen Wohnsitz, und zwar selbst dann, wenn ihnen die Eltern an deren Wohnsitz ein Zimmer zur Verfügung stellen. Zum anderen brachte die steuerliche Vertretung sachverhaltsmäßig vor, die Bw habe im Elternhaus keine Schlüsselgewalt gehabt und daher auch keinen jederzeitigen Zugang zum Wohnsitz der Eltern. Beide Argumente sind aus nachstehenden Gründen nicht geeignet, der Berufung zum Erfolg zu verhelfen.
Zunächst ist davon auszugehen, dass volljährige Kinder ohne eigenen Hausstand in der elterlichen Wohnung einen abgeleiteten Wohnsitz haben (Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer 1988, § 1 Tz 7). Daraus ist aber nicht zwingend der Schluss zu ziehen, dass volljährige Kinder mit einem eigenen Hausstand jedenfalls keinen Wohnsitz in der elterlichen Wohnung haben. Dies wird in der Regel so sein, muss aber nicht so sein (Doralt, EStG9, § 1 Tz 15). Nach Überzeugung der Berufungsbehörde liegt gegenständlich eine Ausnahme von dieser Regel vor. Dies vor allem deshalb, weil die in den Streitjahren alleinstehende Bw zweifelsfrei bis zur rein berufsbedingten, im Übrigen absehbar nur temporären Gründung eines eigenen Hausstandes in Ch in der elterlichen Wohnung ihren alleinigen Wohnsitz hatte und weil sie unbestrittenermaßen unmittelbar nach der Auflösung des schweizerischen Wohnsitzes zumindest für kurze Zeit wiederum in der elterlichen Wohnung ihren alleinigen Wohnsitz hatte (was ua vor dem Hintergrund von Punkt 5 des "Appendix" vom 1.2.2009, UFS 98, den Charakter der elterlichen Wohnung als ihre möblierte Unterkunft unterstreicht). Diesem Umstand ist großes Gewicht beizumessen (Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach, ESt- und KStG, § 1 Tz 66; BFH 17.3.1961, VI 185/60 U). Hinzu kommt, dass sich in der Zwischenzeit bzw durch die Hausstandsgründung in der Schweiz rein äußerlich an der elterlichen Wohnung nichts änderte, dass der Bw dort jederzeit ein Zimmer, sprich ihr Reich, zur alleinigen und die Gemeinschaftsräume zur Mitbenutzung zur Verfügung standen, dass sie dort jederzeit gerne gesehen war, dass sie die elterliche Wohnung auch immer wieder tatsächlich zu Wohnzwecken nutzte, dass sie dort gemeldet blieb, dass sie dort meist ihr Kraftfahrzeug parkiert und zudem ihre postalische Anschrift beibehalten hatte. Oder mit anderen Worten: Die Bw hatte auch in der Zürcher Zeit, so wie unmittelbar davor und danach, im Inland die tatsächliche Verfügungsgewalt über Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet waren, ohne wesentliche Änderungen jederzeit zum Wohnen benutzt werden konnten und auch genutzt wurden, und die ihr als Alleinstehende nach Größe und Ausstattung ein ihren persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim boten (VwGH 23.5.2009, 89/13/0015). Dass sich die Bw nicht bloß zu Besuchszwecken in der elterlichen Wohnung aufhielt, belegt die monatliche Überweisung von 155 € unter dem Titel "Haushaltsgeld". Die Bw behauptete zwar im Rahmen des am 9.8.2013 mit ihr geführten Erörterungsgesprächs, den Betrag, den sie vor der Hausstandsgründung in der Schweiz als Beitrag zur gemeinsamen Haushaltsführung beigesteuert habe, während der Beschäftigung in der Schweiz ihren Eltern dafür bezahlt zu haben, dass sich diese um ihr in der elterlichen Wohnung zurückgelassenes Aquarium bzw die Fische in ihm gekümmert hätten. Diesem Vorbringen schenkt die Berufungsbehörde jedoch aus mehreren Gründen keinen Glauben: Fürs erste spricht der äußere Schein, nämlich die unveränderte Aufrechterhaltung des Dauerauftrages samt Überweisungsgrund dagegen, dass dieses Vorbringen zutrifft. Zum Zweiten steht der überwiesene Betrag in einem auffallenden Missverhältnis zum Aufwand, der damit angeblich abgegolten worden sein soll. Zum Dritten erwähnten weder die Mutter noch der Vater der Bw bei ihrer unmittelbar an die Anhörung der Bw anschließenden zeugenschaftlichen Einvernahme die Pflege des Aquariums als Grund für die unveränderte Aufrechterhaltung des Dauerauftrages (Mutter: Es war jedenfalls aber klar mit den Kindern besprochen, dass das Wohnen nicht umsonst ist. Vater: Meine Tochter musste einen Beitrag zur gemeinsamen "Haushaltsführung" leisten. Das war mit beiden Kindern so abgesprochen. Die Höhe richtete sich nach der konsumierten Leistung. Ich weiß heute nicht mehr die genauen Beträge, weiß auch nicht wie sich diese errechneten. Ich kann aber noch beibringen bzw ermitteln, wie hoch der monatliche Beitrag meiner Tochter in den Jahren 2007 - 2009 war. Ich weiß auch, dass sich der Beitrag von Tochter während der Zürcher Zeit verringert hat.) Erst im Nachhinein erklärten die Eltern, und dies nur in teilweiser Übereinstimmung mit der Erstaussage ihrer Tochter, mit dem Haushaltszuschuss seien "die Aufwendungen für die allfällige Weiterleitung der Post, den für die Abstellung des Fahrzeuges Mazda 3 reservierten zusätzlichen (warum zusätzlich) Tiefgaragenplatz und die Pflege ihres Aquariums und Sorge für die Fische" abgegolten worden. Dass die Aussage des Vaters bezüglich der Reduzierung des monatlichen Beitrages jedenfalls nicht wörtlich zu verstehen ist, belegen die von der Bw mit E-Mail vom 11.8.2013 nachgereichten Bankbelege bzw ihre per E-Mail vom 12.8.2013 (UFS 130) übermittelte Nachricht. Die monatliche Überweisung von 50 € auf ein Sparbuch erfolgte jedenfalls ohne Wissen der Tochter (Erklärung vom 11.8.2013, UFS 104). Nachprüfbar ist auf Grund der mit E-Mail vom 11.8.2013 nachgereichten Unterlagen (UFS 109ff) lediglich, dass die Tochter in der Zürcher Zeit nach wie vor 155 € unter dem Titel Haushaltsgeld an die Eltern überweisen hat, dass die Eltern monatlich 50 € auf ein Sparbuch übertragen haben und als Grund der Überweisung der Vorname der Tochter angeführt worden ist, dass die Zahlungen der Tochter wie auch die Überweisungen der Eltern ab dem Zeitpunkt eingestellt worden sind, als die berufungsführende Tochter in Österreich ihren ersten Hausstand gegründet hat bzw ihre eigene Eigentumswohnung bezogen hat und dass das Sparbuch am 29.5.2009 einen Guthaben-Stand von 1.323,67 € aufwies. Nach der Zeugenaussage des Vaters der Bw haben sich die Eltern der Bw erst im Frühjahr 2009 dazu entschlossen, den auf die Zürcher Zeit entfallenden Betrag der Tochter zum Teil wieder zu retournieren und als Starthilfe zu übergeben. Die "Refundierung" basiert sohin auf einem einseitigen und nachträglichen Entschluss der Eltern der Bw. Trifft die Aussage des Vaters zu, dass sich das Haushaltsgeld nach der konsumierten Leistung richtete, lässt sich die "Refundierung" eines Teiles im Übrigen auch, und zwar naheliegender, mit der reduzierten Verpflegung begründen.
Das Vorbringen der steuerlichen Vertretung der Bw, diese habe im Elternhaus keine Schlüsselgewalt gehabt und daher auch keinen jederzeitigen Zugang zum Wohnsitz der Eltern ist durch die insofern übereinstimmenden Aussagen der BW und ihrer Eltern widerlegt. So sagte der Vater der Bw folgendes aus: "Jedes der beiden Kinder hatte ein eigenes Zimmer, oder wenn man so will, sein eigenes Reich. ....... Selbstverständlich hatte meine Tochter jederzeit Zutritt zur Wohnung im öA. Dort hatte sie ihr Zimmer. Es war ja ihr Daheim. Ihr Zimmer ist auch nie anders verwendet worden." Die Bw tätigte zu diesem Thema folgende Aussage: "Ich habe den Schlüssel für die öst Wohnung durchgehend weiter behalten. Aber immer vor ich nach Bregenz kam, habe ich Kontakt mit meinen Eltern aufgenommen und gefragt, ob es okay ist, dass ich komme. Natürlich hat man nie nein gesagt. Es gab auch keinen Grund nein zu sagen. Dann war das Bett bezogen und das Kinderzimmer bewohnbar. Ich habe mich in ÖstA nicht als Fremdkörper gefühlt". Und die Mutter der Bw, die bei ihrer Vernehmung immer wieder Antwort suchend zu ihrer Tochter sah und auffallende Wissenslücken zB zu den Anwesenheiten ihrer Tochter zeigte, sagte aus: "Meiner Tochter stand im öA ein Kinderzimmer allein zur Verfügung. Bad, WC, Küche und Wohnzimmer konnte sie mitbenutzen. Meine Tochter und ihr Bruder sind gekommen und gegangen, wann sie wollten. Wir hatten ein sehr gutes Verhältnis. Beide waren immer gerne im öA gesehen. Und die Tochter hatte auch immer einen Schlüssel für die Wohnung". Die wiedergegebenen Aussagen widerlegen aber nicht nur die Behauptung, die Bw habe nicht jederzeit Zutritt zur elterlichen Wohnung gehabt. Sie belegen vielmehr auch, dass die Bindung zum Elternhaus bzw zur elterlichen Wohnung in ÖstA vor, während und unmittelbar nach der Zürcher Entsendung stark und aufrecht war (vgl. BFH 23.11.200, VI R 107/99, Rz 18).
Unter Bedachtnahme auf die eingangs getroffenen Feststellungen bestehen nach Überzeugung der Berufungsbehörde keine begründeten Zweifel daran, dass die Bw in der fraglichen Zeit (auch) über einen inländischen Wohnsitz verfügte und als Folge dessen gem. § 1 Abs. 2 EStG 1988 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war.
Mittelpunkt der Lebensinteressen: Aufgrund der vorausgegangenen Ausführungen ist die Berufungsbehörde so wie das Finanzamt zur Überzeugung gelangt, dass die Bw auch in der Zeit ihrer Entsendung nach Ch einen inländischen Wohnsitz hatte und somit unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war. Da sie in dieser Zeit aber auch in der Schweiz über eine ständige Wohnstätte verfügte, ist zu klären, wo sie im Sinne von Art. 4 Abs. 2 DBA Schweiz ansässig war. Nach der zitierten Norm, auch "tie-breaker-rules" genannt, bestimmt sich die abkommensrechtliche Ansässigkeitin subsidiärer Reihenfolgenach dem Vorhandensein einer ständigen Wohnstätte, dem Mittelpunkt der Lebensinteressen, dem gewöhnlichen Aufenthalt, der Staatsangehörigkeit und als allerletztes Mittel am gegenseitigen Einvernehmen der Vertragsstaaten. Im Berufungsfall kann die Ansässigkeit, so wie in der Praxis meist, bereits in der ersten Stufe geklärt, also am " Mittelpunkt der Lebensinteressen " festgemacht werden (SWK 31/2007, S 848; SWK 33/2007, S 901).
Die Frage, wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer Person befindet, ist stets nach dem Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu entscheiden (vgl. VwGH 22.3.1991, 90/13/0073).
Bei Bestimmung des Mittelpunktes der Lebensinteressen kommt es auf persönliche und wirtschaftliche Beziehungen an, die die gesamte Lebensführung des Abgabepflichtigen hinsichtlich Familie, Besitz, Vermögenswerten, örtlich gebundenen Tätigkeiten, Einnahmequellen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Beziehungen nach ihrer überwiegenden Bedeutung umfassen. Persönliche und wirtschaftliche Beziehungen müssen nicht kumulativ vorliegen. Bei gegenläufigen Beziehungen (z.B. engere persönliche Beziehungen zum einen Staat, engere wirtschaftliche Beziehungen zum anderen Staat) entscheidet das Überwiegen. Die erfordert eine zusammenfassende Wertung; es zählt das Gesamtbild der Lebensverhältnisse (UFS 8. September 2009, RV/0066-F/06, mit Hinweisen auf VwGH 23.3.1991, 90/13/0073, und Beiser in ÖStZ 1989, 241 ff; UFS 31.1.2011, RV/0518-F/10).
Wird beispielsweise ein Dienstnehmer von seinem Dienstgeber für insgesamt fast drei Jahre von Österreich in die USA entsandt und wird er während dieser Zeit von seiner Familie begleitet, kann der Mittelpunkt der Lebensinteressen dieses Dienstnehmers dennoch weiterhin in Österreich liegen, wenn eine umfassende Absicherung der persönlichen (gesundheitliche Risiken des Entsendeten und seiner mitreisenden Familienangehörigen) und wirtschaftlichen (berufliche Stellung des Entsendeten in Österreich nach der Rückkehr) Verhältnisse des Entsendeten in Österreich gegeben ist und dadurch auch während der Zeit der Entsendung eine entsprechende Bindung an Österreich bestehen bleibt (UFS 4.12.2012, RV/0056-G/10).
Die Rechtsprechung der Berufungsbehörde (UFS 27.1.2011, RV/0520-I/08), die österreichische Verwaltungspraxis (EAS 1086 17.6.1997, SWI 9/1997, 381; EStR 2000, Rz 7596) und das Schrifttum (Lang/Schuch/Staringer, Die Ansässigkeit im Recht der Doppelbesteuerung, 170; Philipp/Loukota/Jirousek, Internationales Steuerrecht I/1 Z4 Rz 11; Loukota, Internationale Steuerfälle, Rz 534; Jakom/Marschner EStG, 2013 § 1 Rz 20) vertreten in diesem Zusammenhang übereinstimmend die Auffassung, dass bei der Lösung derartiger Streitfragen dem zeitlichen Element eine besondere Bedeutung zukommt, dass solche Fragen vor dem Hintergrund eines längeren Beobachtungszeitraumes zu beurteilen sind und dass lediglich kurzfristige Auslandsaufenthalte in der Regel nicht zur Verlagerung des Lebensmittelpunktes führen.
Unter Bedachtnahme auf die dargelegten Grundsätze teilt die Berufungsbehörde die Auffassung des Finanzamtes, wonach die Bw den Lebensmittelpunkt in der strittigen Zeit nicht in die Schweiz verlagert hat. Dies insbesondere aus folgenden Gründen, wobei auch die für den Standpunkt der Bw sprechenden Argumente nicht verschwiegen werden, die da zunächst lauten:
- Die Bw hat in der Schweiz ihren ersten (alleinigen) Hausstand gegründet und die Schweizer Wohnstätte in der fraglichen Zeit auch erheblich öfter genutzt als die elterliche Wohnung. Insoweit werden die vorgelegten Schweizer Bestätigungen auch nicht in Zweifel gezogen.
- Sie hatte für geringfügig mehr als zwei Jahre in der Schweiz ihren Arbeitsort.
- Sie hatte für wenige Monate (1.8.2008 - 30.3.2009) auch einen Schweizer Arbeitgeber.
Gegen die Verlagerung des Lebensmittelpunktes in die Schweiz sprechen allerdings folgende, in Summe erheblich gewichtigeren Gründe:
- Der Entsendungsauftrag in die Schweiz war befristet und benennt klar und eindeutig die Schweiz als Gastgeberland und Österreich als Heimatland.
- Während der Entsendung blieb das österreichische Unternehmen Arbeitgeberin der Bw.
- Die Hausstandgründung in der Schweiz war rein beruflich bedingt. Sie erfolgte im Zusammenhang mit einer befristeten Entsendung, weshalb ihr auch alle damit in Konnex stehenden Unsicherheiten anhaften.
- Die Bw verfügte in der Schweiz immer nur über eine auf 6 Monate befristete Aufenthaltsgenehmigung.
- Die Bw ist in Österreich aufgewachsen und hatte in den Streitjahren (als Alleinstehende) die stärksten persönlichen Beziehungen zu ihrer in Österreich lebenden Familie.
- So wie die Wurzeln der Bw klar und eindeutig in Österreich lagen, so belegen der Kauf einer Eigentumswohnung in Österreich (nach der Zürcher Zeit) und die Rückkehr zum österreichischen Arbeitgeber, dass sie hier auch ihr Zukunft sah.
- Noch vor Ablauf des mit 18 Monaten befristeten Entsendungszeitraumes ist die Rückkehr der Bw zu ihrem österreichischen Arbeitgeber in das österreichische Werk mit von der Bw am 1.2.2008 unterfertigten Dienstvertrag (UFS 96 - 97 bzw 160) fixiert worden. Die Beschäftigung durch den Schweizer Arbeitgeber erfolgte somit nur kurzfristig und interimistisch. Die Behauptung im Vorlageantrag vom 29.10.2010, der österreichische Dienstvertrag mit Firma Österreich sei mit der Beendigung der Entsendung aufgelöst worden, ist so nicht richtig, gelinde ausgedrückt unvollständig. Widerlegt ist damit auch das Vorbringen in der Berufung vom 9.11.2011, die Beendigung des Dienstverhältnisses mit dem Schweizer Arbeitgeber sei nicht von Vornherein absehbar gewesen.
- Die Bw war durchgehend bei der österreichischen Sozialversicherung abgesichert bzw versichert (FA 17,18/2007).
- Die Meldebestätigung vom 16.1.2008 des Personenmeldeamtes der Stadt Zürich ist für die Bw als ausländische Person ausgestellt. Auch die Bestätigung des Kantonalen Steueramtes spricht die Bw als ausländische Arbeitnehmerin an (UFS 20).
- Die von der Bw und ihren Eltern im Rahmen des Erörterungsgesprächs getätigten Aussagen belegen klar und eindeutig sowohl den kurzfristigen Charakter der Beschäftigung in Ch als auch die Intensität ihrer Bindung zu Österreich (Bw: Ich habe mich in ÖstA nie als Fremdkörper gefühlt. ....... Ich habe aber gleich meinem Chef gesagt, dass ich Interesse habe, ins öW Werk zurückzukehren, sobald sich eine Gelegenheit ergibt. .... Ich habe mein altes Handy bzw den alten Handy-Vertrag weiterbehalten. Ich wusste ja, das Zürcher Gastspiel war ein überschaubarer Zeitraum. Mutter: Wir hatten ein gutes Verhältnis. Beide waren immer gerne im öA gesehen. ..... Es war ja absehbar, dass der Ch-Aufenthalt vermutlich nach 18 Monaten endet. Vater: Selbstverständlich hatte meine Tochter jederzeit Zutritt zur Wohnung im öA . Dort hatte sie ihr Zimmer. Es war ja ihr Daheim. Ihr Zimmer ist auch nie anders verwendet worden.
Mitwirkungspflicht: Sowohl die erstinstanzliche als auch die zweitinstanzliche Abgabenbehörde haben die Bw mehrfach aufgefordert (vgl. Vorhalt vom 3.12.2009, FA 32/2007, Vorhalt vom 2.7.2010, FA 80/2007, BVE vom 26.8.2010 mit Vorhaltscharakter, E-Mail vom 26.7.2013, UFS 69), die Behauptung, den Wohnsitz in die Schweiz verlegt bzw den Lebensmittelpunkt dorthin verlagert zu haben, angesichts des von ihr selbst zu verantwortenden melde-, sozialversicherungs- und zulassungsrechtlichen Verhaltens, das durch die Beibehaltung der postalischen Anschrift und des Mobilfunkbetreibers unterstrichen wird, nachprüfbar zu belegen. Dies ist nicht geschehen, ist im Hinblick auf die eingangs angeführten Fakten wohl auch gar nicht möglich gewesen. Entgegen dem Berufungsvorbringen erblickt die Berufungsbehörde in der Nichtabmeldung keinen Fehler. Die Nichtabmeldung entspricht vielmehr dem tatsächlichen Geschehen.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt:
Die Behauptung der steuerlichen Vertretung, die Bw habe bei der GKK explizit mit dem Hinweis nachgefragt, dass sie keine Grenzgängerin sein würde, stellt im (für die Bw) besten Fall eine Erinnerungsverzerrung bzw ein Irrtum dar, belegt doch der von der Bw eigenhändig unterfertigte Antrag vom 20.8.2008 das Gegenteil (FA 67/2008).
Das Vorbingen der steuerlichen Vertretung in der Berufung vom 9.11.2011, die Bw habe während ihrer Tätigkeit in der Schweiz die Meldung am Wohnsitz der Eltern aufrecht erhalten, um nachträgliche Post nicht zu verlieren, wird als eine den Lebenserfahrungen widersprechende Schutzbehauptung gewertet. Gibt jemand wirklich seinen Wohnsitz auf bzw verlagert jemand wirklich seinen Lebensmittelpunkt ins Ausland, dann besteht die Gefahr, dass (wichtige) Post nicht beim Adressaten ankommt bzw verloren geht, gerade dann, wenn ein Wohnsitz zu Unrecht aufrecht erhalten wird, wenn kein Postnachsendeauftrag eingerichtet wird und wenn die üblichen Korrespondenz-Adressaten bzw -Absender (zB Versicherung, Behörden, Bank) nicht entsprechend verständigt werden. Die Ummeldung und Einrichtung eines Postnachsendeauftrages war im Berufungsfall offensichtlich ua deshalb nicht erforderlich, weil die Bw ihren Wohnsitz bei den Eltern beibehielt und auch entsprechend regelmäßig benutzte.
Es ist nicht bekannt, auf Grund welcher Umstände das Kantonale Steueramt am 27.10.2010 bestätigt hat (UFS 36 und 50), dass die Bw im Zeitraum vom 5.2.2007 bis 31.12.2007 den (alleinigen?) steuerlichen Wohnsitz in Ch hatte. Eine Auseinandersetzung mit den Grundlagen und Überlegungen, auf denen diese Bestätigung ruht, ist daher nicht möglich. Sie hätte auf Basis der bereits angeführten Regelungen (insbesondere § 26 BAO und Art. 4 Abs. 2 DBA Schweiz) zu erfolgen. Dabei wird von der Berufungsbehörde nicht in Abrede gestellt, dass die Bw in der fraglichen Zeit einen Wohnsitz in der Schweiz hatte. Analoges gilt für die Veranlagungsverfügung vom 17.9.2009 (FA 60/2007), die definitive Rechnung betreffend Staats- und Gemeindesteuern 2007 vom 16.11.2009 (FA 62, 63/2007) und die Quellensteuerbescheinigung vom 15.4.2009 (FA 11/2008).
Aus den obigen Ausführungen erhellt, dass das Vorbringen der Bw nicht geeignet ist, der Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 2007 - 2009 zum Erfolg zu verhelfen. Da die Bw die genannten Abgabenbescheide aus keinem anderen Grund beanstandet hat und da die Berufungsbehörde von sich aus keinen Grund zu erkennen vermag, der Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide aufkommen ließe, war die Berufung insoweit als unbegründet abzuweisen.
Anspruchszinsen 2008 und 2009
Die Bw hat sich gegen die Festsetzung von Anspruchszinsen allein mit der Begründung gewandt, die angefochtenen Einkommensteuerbescheide seien rechtswidrig und hätten nicht (jedenfalls nicht so) ergehen dürfen. Dabei übersieht sie, dass derartige Zinsenbescheide an den Spruch der zur Nachforderung führenden Abgabenbescheides gebunden sind (Ritz, BAO3, § 205 Tz 33 bis 35). Da die angefochtenen Zinsenbescheide demnach nicht mit Aussicht auf Erfolg mit der Begründung anfechtbar sind, der maßgebliche Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig, war in diesem Punkt abweislich zu entscheiden, wozu ja noch kommt, dass sich die angefochtenen Abgabenbescheide als rechtskonform erwiesen haben.
Zu 4.) und 5.) Anspruchszinsen 2007 sowie Säumniszuschläge 2008 und 2009
Vorlageberichte im Sinne von § 276 Abs. 6 BAO sind fristauslösende (VwGH 26.4.2012, 2012/15/0048) Anbringen der Amtspartei, die der berufungsführenden Partei gemäß § 276 Abs. 8 BAO bekannt zu geben sind. Sie lösen bei der Rechtsmittelbehörde Entscheidungspflicht aus (vgl. Fischerlehner, Das neue Abgabenverfahren, § 265 Anm. 1).
Nach § 276 Abs. 6 BAO vorzulegen sind Berufungen bzw Vorlageanträge. Vorlageberechtigt und vorlageverpflichtet ist die Abgabenbehörde erster Instanz, deren Bescheid angefochten worden ist.
Eine Berufung gegen den Anspruchszinsenbescheid 2007 vom 28. August 2010 ist nach der Aktenlage nicht eingebracht worden. Auch der Vorlagebericht (Verf 46, UFS 5) enthält in der Spalte "Berufung oder Beschwerde" keinen Verweis auf eine Berufung. Hinweise auf ein derartiges Rechtsmittel können auch nicht dem elektronischen Deckblatt des Abgabeninformationssystems (Jahresfahne, FA 0/2007) entnommen werden. Der auf diesem mit Eingangsdatum (3.11.2010) vermerkte Vorlageantrag vom 29.10.2010 (FA 86/2007) betrifft, wie aus der nachfolgend wiedergegebenen Textierung klar wird, nur die Einkommensteuer 2007 und ist lediglich gegen die diesbezüglich ergangene Berufungsvorentscheidung gerichtet, während der Anspruchszinsenbescheid 2007 ohne erkennbaren Zusammenhang bzw aus unerfindlichen Gründen lediglich erwähnt wird: "Im Auftrag ...... beantragen wir innerhalb offener Frist I. die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, in eventu das Erlassen einer zweiten Berufungsvorentscheidung hinsichtlich folgender Berufung: - Berufung .... gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 ..... - Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2007". Der Vollständigkeit wird darauf hingewiesen, dass auch aus der Begründung des Schriftsatzes vom 29.10.2010 nicht erkennbar ist, dass bzw weshalb gegen den Anspruchszinsenbescheid Berufung erhoben wird.
Dies gilt sinngemäß auch für den Vorlagebericht betreffend Säumniszuschlag 2008: Der Vorlageantrag vom 15.12.2011 (UFS 38) erwähnt den Säumniszuschlagbescheid vom 9.12.2011 (UFS 43) nur beiläufig, bekämpft ihn aber nicht. Der Vorlagebericht (Verf 46, UFS 60) enthält in der Spalte "Berufung oder Beschwerde" zwar ein (Eingangs-)Datum (19.12.2011) und einen Verweis auf ein Aktenstück (97/2009, gemeint ist 97/2008). An dieser Stelle ist der erwähnte Vorlageantrag vom 15.12.2011 zu finden, der sich als Rechtmittel klar nur gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 sowie die Anspruchszinsenbescheide 2008 und 2009 wendet. Eine Berufung hinsichtlich des Bescheides über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages von der Einkommensteuer 2008 gibt es nicht. Das im Schriftsatz vom 15.12.2011 angeführte Änderungsbegehren betrifft nur die Einkommensteuer 2008 und die damit in Zusammenhang stehende Anspruchszinsen. Der Säumniszuschlagsbescheid vom 9.11.2011 (FA 111/2008) wurde nicht angefochten.
Grundsätzlich gleich verhält es sich mit dem Vorlagebericht betreffend Säumniszuschlag 2009 (UFS 66). Dieser enthält in der Spalte "Berufung oder Beschwerde" zwar ein (Eingangs-)Datum (27.12.2011) und einen Verweis auf ein Aktenstück (61/2009). An dieser Stelle ist aber der Vorlageantrag vom 22.12.2011 zu finden, der sich als Rechtmittel klar nur gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 sowie die Anspruchszinsenbescheide 2008 und 2009 wendet. Eine Berufung hinsichtlich des Bescheides über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages von der Einkommensteuer 2009 gibt es nicht. Das im Schriftsatz vom 22.12.2011 angeführte Änderungsbegehren betrifft nur die Einkommensteuer 2009 und die angesprochenen Anspruchszinsen. Der Säumniszuschlagsbescheid vom 9.12.2011 betreffend die Einkommensteuer 2009 (FA 73/2009) wurde nicht angefochten.
Nach dem Gesagten wurden beim vorlegenden Finanzamt keine Rechtsmittel gegen die unter Punkt 4.) und 5.) angeführten Bescheide eingebracht. Das bedeutet, dass die Vorlageberichte ohne Rechtsgrundlage erstattet worden sind. Sie waren deshalb als unbegründet bzw unzulässig zurückzuweisen.
Feldkirch, am 22. August 2013
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 1 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: | VwGH 16.09.1992, 90/13/0299 |