Verlustermittlung ausländischer Gruppenmitglieder
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/15/0253 eingebracht. Mit Erk. v. 29.6.2016 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/5101160/2016 erledigt.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der RILG, vertreten durch KAT, vom 29. November 2010 und 31. Mai 2012 gegen die Bescheide des Finanzamtes L vom 24. November 2010 und 4. Mai 2012 betreffend Feststellungsbescheide Gruppenmitglied 2005 und 2006 entschieden:
Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
1. Anlässlich einer Betriebsprüfung (BP) bei der RILG (Bw.) wurde im Besprechungsprogramm vom 30. Mai 2008 folgende Feststellung getroffen:
a. Verlustumrechnung Gruppenbesteuerung, Umrechnung des ausländischen Verlustes nach inländischen Vorschriften:
Ab der Veranlagung 2005 könne eine Gruppenbesteuerung für rechtlich selbständige, aber wirtschaftlich abhängige Konzerngesellschaften angewendet werden. Steuerliche Ergebnisse von inländischen als auch ausländischen Gruppenmitgliedern (GM) würden dem Gruppenträger (GT) zugerechnet.
Die Unternehmensgruppe könne ausländische GM einbeziehen, wobei nur solche ausländische Gesellschaften GM sein könnten, deren Anteile unmittelbar von inländischen Körperschaften gehalten würden.
Während Gewinne der ausländischen Beteiligungskörperschaft in der Regel mangels eines Besteuerungsrechtes gemäß dem anzuwendenden DBA der Republik Österreich nicht besteuert werden dürften, könnten die steuerlichen Verluste sofort geltend gemacht werden. Die ausländischen Verluste müssten dabei in nach inländischen Vorschriften ermittelte Verluste umgerechnet werden.
Nach Umrechnung des negativen Ergebnisses des deutschen GM RIFL/P (100%-Tochter der RILG) nach inländischen Vorschriften, sei das Ergebnis des GM für 2004 positiv. Eine Berücksichtigung des Ergebnisses für den Zeitraum 2004 könne daher nicht erfolgen.
Die Ermittlungsgrundlagen seien dem geprüften Unternehmen im Zuge der Außenprüfung bereits übergeben worden.
b. Darstellung nach Verlustübernahme durch die BP:
Überleitung nach inländischen Vorschriften (in €)
vor BP | nach BP | Differenz | |
Umwertung aktuelles Jahr | -104.155,69 | -104.155,69 | 0,00 |
Umwertung Abschreibung | -514.635,06 | -514.635,06 | 0,00 |
Umwertung Buchwertabgänge | -961.468,01 | 251.796,51 | 1.213.264,52 |
Drohverlust | -191.877,00 | -191.877,00 | 0,00 |
Handelsvertreter-Rückstellung | 3.000,00 | 3.000,00 | 0,00 |
-739.865,64 | 473.398,88 | 1.213.264,52 |
c. Abrechnung aufgrund der Gruppenbesteuerung:
vor BP | nach BP | Differenz | |
Abrechnung 2005 | -739.865,64 | -0,00 | 739.865,64 |
2. Gegen den aufgrund der BP ergangenen Feststellungsbescheid GM 2005 wurde mit Schreiben vom 29. November 2010 Berufung eingelegt:
a. Man stelle den Antrag, die zu berücksichtigenden Verluste nicht unbeschränkt steuerpflichtiger ausländischer Gruppenmitglieder (Auslandsverluste) mit insgesamt 790.196,15 € unter Einbeziehung des bisher nicht berücksichtigten Verlustes des ausländischen Gruppenmitgliedes RIFL/P iHv 739.865,64 € festzustellen.
b. Die RIFL/P betreibe im Wesentlichen das Mobilienleasinggeschäft (einschließlich Mietkaufgeschäft), sei aber auch in der Geschäftsbesorgung für andere Leasinggesellschaften und im Bereich Forfaitierung tätig. Relevant für die Berufung sei nur die Behandlung des Leasing(Miet)vermögens.
Die deutsche RIFL/P stehe zu 100% im Eigentum der österreichischen Firma RILG. Seit dem Geschäftsjahr 2004 (das Ergebnis per 31.12.2004 fließe in die Veranlagung 2005 des GM RILG ein) würden die nach österreichischem Steuerrecht umgewerteten Verluste in die Gruppenbesteuerung der ROA (GT) übernommen.
c. Strittig sei, wie ein Auslandsverlust bei erstmaliger Einbeziehung eines ausländischen GM in die Unternehmensgruppe zu ermitteln sei.
Nach konsequenter Anwendung von österreichischem Steuerrecht - auch auf die Ausgangsbilanz - ergebe sich ein Verlust iHv 739.865,64 €. Nach der Ermittlung durch die Groß-BP, die von einer dem deutschen Steuerrecht entsprechenden Ausgangsbilanz ausgehe, ergebe sich jedoch ein Gewinn iHv 473.398,88 €, sodass im Rahmen der Gruppenbesteuerung kein Auslandsergebnis zu übernehmen sei.
d. Nach § 9 Abs 6 Z 6 KStG seien bei nicht unbeschränkt steuerpflichtigen ausländischen Körperschaften nur die nach § 5 Abs 1 und den übrigen Vorschriften des EStG 1988 ermittelten Verluste aus Einkunftsquellen des jeweiligen Wirtschaftsjahres dem unmittelbar beteiligten GM bzw GT im Ausmaß der Beteiligungen aller beteiligten GM einschließlich eines beteiligten GT zuzurechnen.
Mit dieser Bestimmung werde geregelt, dass für Zwecke der Verlustermittlung § 5 Abs 1 EStG umfassende Anwendung finde. Es sei daher auch für Zwecke der Erstellung jener Bilanz, welche als Ausgangsbasis für die Verlustermittlung herangezogen werde, konsequent österreichisches Steuerrecht anzuwenden.
Die Finanzverwaltung vertrete hingegen die Ansicht, dass bei erstmaliger Einbeziehung einer ausländischen Gesellschaft in eine Gruppe gemäß § 9 KStG von der ausländischen Steuerbilanz auszugehen sei und eine Überleitung auf das österreichische Recht stattzufinden habe. Grundlage für eine solche Überleitung sollten die noch vorhandenen (ausländischen) Buchwerte bei Aufnahme der ausländischen Körperschaftsteuer bilden. Dieser in den KStR vertretenen Ansicht habe sich im Ergebnis die BP angeschlossen, wenn auch in der Niederschrift über die Schlussbesprechung lapidar vermerkt werde: "Die ausländischen Verluste müssen dabei in nach inländischen Vorschriften ermittelte Verluste umgerechnet werden". Tatsächlich habe die BP unverändert die sich nach deutschem Recht ergebenden Ausgangswerte (Bilanzwerte zum 1.1.2004) für die Ermittlung nach österreichischem Recht herangezogen. Daher gelange sie zu einem anderen Ergebnis (Gewinn), als sich bei konsequenter Anwendung des § 5 Abs 1 EStG ergeben würde. Diesem Ansatz der BP könne jedoch aufgrund der nachstehenden Ausführungen nicht gefolgt werden.
e. Mayr führe zu § 9 Abs 6 Z 6 KStG aus, dass die ausländische Körperschaft für Zwecke der Verlustermittlung so zu behandeln sei, als wäre sie eine unter § 7 Abs 3 KStG fallende Körperschaft. Solche Körperschaften hätten ihren Gewinn (Verlust) gemäß § 5 Abs 1 EStG zu ermitteln. Die Methode, nach der jener Gewinn zu ermitteln sei, sei grundsätzlich jene des BV-Vergleiches nach unternehmensrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung, jedoch unter Berücksichtigung der steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften.
f. Nach Wiesner ua. sei der BV-Vergleich eine periodenbezogene Differenzrechnung, die bei einer erwirtschafteten Erhöhung des Vermögens gegenüber dem Anfangsstand einen Gewinn und bei einer wirtschaftlich erlittenen Verminderung einen Verlust ergebe. Als BV gelte das notwendige BV, somit die Summe aller im wirtschaftlichen Eigentum stehenden Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb objektiv zu dienen bestimmt seien und dem Betrieb auch tatsächlich dienten. Als Konsequenz daraus führe der BV-Vergleich nur dann zu einem richtigen Ergebnis, wenn das BV vollständig erfasst und entsprechend den Bewertungsvorschriften des § 6 EStG bewertet worden sei.
g. Nach der Interpretation der Finanzverwaltung sei jedoch für jene Bilanz, von der bei Eintritt in die Gruppe auszugehen sei, eine nach ausländischen Werten ermittelte Bilanz maßgeblich. In konsequenter Anwendung des geforderten § 5 Abs 1 EStG könne jedoch dem allgemeinen Verständnis des BV-Vergleiches zufolge nur dann ein richtiges Ergebnis erzielt werden, wenn auch jene Bilanz ebenso gemäß den inländischen Vorschriften bewertet werde.
h. Für Zwecke der Besteuerung der einzelnen Wirtschaftsgüter des BV seien gemäß § 6 Abs 1 EStG für abnutzbares Anlagevermögen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (AK, HK), vermindert um die Absetzung für Abnutzung maßgebend. Die von der Finanzverwaltung angedachte Vorgangsweise führe insoweit zu einer gleichzeitigen Anwendung inländischen und ausländischen Rechts, als zwar für Zwecke der zukünftigen Abschreibung der inländische Abschreibungssatz herangezogen werde, jedoch für Zwecke der Bemessungsgrundlage die um eine ausländische Abschreibung verminderten Anschaffungskosten zugrundegelegt würden. Der Gesetzeswortlaut verlange jedoch eine ausdrückliche Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs 1 EStG, für welche im Hinblick auf die Bewertung ausschließlich § 6 EStG maßgeblich sei. Schon deshalb sei es weder objektiv betrachtet nachvollziehbar, noch systemkonform, wenn inländisches und ausländisches Recht vermischt werde.
i. Die Abweichungen zwischen österreichischem und deutschem Recht resultierten aus der nur in Deutschland zulässigen degressiven Abschreibung sowie der in Deutschland zulässigen pro-rata-temporis-Abschreibung (in Österreich zwingend Halbjahres/Ganzjahresabschreibung) und der unterschiedlichen Nutzungsdauer (insbesondere die zwingende Nutzungsdauer von acht Jahren für PKW in Österreich, wohingegen in Deutschland auf fünf Jahre abgeschrieben werde).
j. Für Zwecke der Verlustermittlung sei eine ausländische Körperschaft so zu behandeln, als wäre sie eine unter § 7 Abs 3 KStG fallende Körperschaft. Die von der Finanzverwaltung vertretene Vorgangsweise verstoße damit auch gegen das in § 2 Abs 1 EStG und § 7 Abs 1 KStG festgelegte Prinzip der Abschnittsbesteuerung, wonach der Besteuerung jenes Einkommen zugrundezulegen sei, das der Steuerpflichtige jeweils im Zeitabschnitt eines Kalenderjahres bezogen habe. Im Falle einer Gewinnermittlung durch BV-Vergleich seien Einnahmen in dem Zeitpunkt bezogen, in dem eine BV-Vermehrung eintrete. Aufwendungen seien in dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, in dem das BV-Vermögen vermindert werde. Der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung sei auch nach den Richtlinien der Finanzverwaltung einzuhalten. Es dürften somit keine Ergebnisauswirkungen, die andere Wirtschaftsjahre beträfen, in den aktuellen Abrechnungszeitraum verlagert werden.
Folge man im Hinblick auf die Verlustermittlung bei ausländischen Gesellschaften der Vorgehensweise der Finanzverwaltung, sei im Ergebnis dieser unerwünschte Zustand erreicht, da die nach österreichischem Recht ermittelten Aufwendungen (Abschreibungen) nicht in die Periode ihres Anfalles, sondern in frühere Perioden (nämlich solche vor dem Gruppeneintritt) verlagert würden.
k. Es sei darauf hinzuweisen, dass die Finanzverwaltung offensichtlich selbst unterschiedliche, miteinander nicht vereinbare Ansichten vertrete. Die Aktivseite der Ausgangsbilanz sei gemäß der in den KStR festgehaltenen Ansicht der Finanzverwaltung nach ausländischem Recht zu ermitteln, während die Passivseite der Bilanz nach österreichischem Recht anzusetzen sei. Wenn das ausländische Recht keine Rückstellung kenne und der rückzustellende Aufwand nach dem Beitritt in der Gruppe eintrete, so sei nach den Richtlinien dieser Aufwand auszuscheiden, wenn nach österreichischem Recht eine Rückstellung zu bilden gewesen wäre. Im Gegensatz zur aktivseitigen Vorgehensweise werde hier richtigerweise von einer konsequenten Anwendung des inländischen Rechts bei der ausländischen Verlustermittlung ausgegangen. Wenn ein rückstellungspflichtiger Sachverhalt in der Zeit vor dem Gruppeneintritt gelegen sei, hätte man nach inländischem Recht eine solche bilden müssen. Trete sodann in der Zeit der Gruppenzugehörigkeit jener Aufwand ein, werde nach österreichischem Recht mittels Rückstellung vorgesorgt und der ausländische Aufwand sei für Zwecke der Umrechnung auf inländisches Recht auszuscheiden.
l. Die unterschiedliche Behandlung von Aktiv- und Passivseite sei auch deshalb nicht verständlich und unsachlich, weil die Verlustzurechnung von ausländischen Gruppenmitgliedern - wie die Finanzverwaltung selbst bemerke - gemäß § 9 Abs 6 Z 6 KStG grundsätzlich der Berücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste gemäß § 2 Abs 8 EStG entspreche. Bei der Verlustzurechnung von ausländischen GM sei daher § 2 Abs 8 EStG sinngemäß anzuwenden. Die Regelung des § 2 Abs 8 EStG sei als Vorbild für die Verlustzurechnung von ausländischen GM gemäß § 9 Abs 6 Z 6 KStG zu sehen. Bei der Ermittlung des in Österreich anzusetzenden Verlustes iSd § 2 Abs 8 EStG seien ausschließlich die Bewertungs- und Gewinnermittlungsvorschriften des österreichischen Steuerrechtes maßgebend. Die Möglichkeit ausländische Werte als Basis für die Bewertung bzw Gewinnermittlung in Österreich heranzuziehen, sei weder vorgesehen, noch systemkonform. Eine ausschließliche Anwendung österreichischer Bewertungs- und Gewinnermittlungsvorschriften sei somit konsequenterweise auch aus dem Blickwinkel der Vorbildwirkung des § 2 Abs 8 EStG für § 9 Abs 6 Z 6 KStG geboten.
Woher eine Differenzierung von Aktiv- und Passivseite stammen solle, werde seitens der Finanzverwaltung nicht erläutert und könne aus dem Gesetz nicht abgeleitet werden.
Die Aktiv- und Passivseiten seien daher unterschiedslos gemäß der Bestimmung in § 9 Abs 6 Z 6 KStG umfassend nach österreichischen Gewinnermittlungsvorschriften zu bewerten.
3. Mit Schreiben vom 3. Februar 2010 nahm die BP zur Berufung wie folgt Stellung:
Durch das geprüfte Unternehmen sei nicht der ausländische Buchwert per 31. Dezember 2003 als Ausgangsbuchwert für die Abschreibung für Abnutzung herangezogen worden, sondern bedingt durch die unterschiedlichen Abschreibungsformen (degressive Abschreibung) sei für den Zeitraum vor Gruppenzugehörigkeit ein neuer Ausgangsbuchwert unter Zugrundelegung einer linearen Abschreibung ermittelt worden. Mit diesen neuberechneten höheren Ausgangswerten habe man den steuerlichen Veräußerungsverlust berechnet. Von Seiten der Außenprüfung sei der ausländische Restbuchwert per 31. Dezember 2003 zur Berechnung herangezogen worden.
Der Sachverhalt sei außer Streit gestellt worden.
4. Am 10. Dezember 2010 wurde die Berufung betreffend Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2005 dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.
5. Bezüglich des Feststellungsbescheides Gruppenmitglied 2006 wurde in der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 23. März 2012 zusammengefasst folgendes ausgeführt:
a. Im Jahr 2005 sei das Ergebnis des ausländischen GM RIFL/P auf das österreichische Steuerrecht adaptiert und 2006 steuerlich erfasst worden.
Laut vorgelegter Berechnung sei bei der Adaptierung aus den Titeln "Unterschiedsbetrag Abschreibung" eine Zurechnung iHv 1.205.810,00 € sowie "Unterschiedsbetrag Restbuchwertabgänge" eine Abrechnung iHv -502.720,00 € angesetzt worden. Das steuerliche Ergebnis des Gruppenmitgliedes für 2005 habe somit gesamt - 752.111,00 € betragen.
b. Ausgangswert für die Restbuchwertermittlung seien nicht die vorliegenden deutschen Buchwerte per 31. Dezember 2003 - dem Zeitpunkt des Eintritts in die Gruppe - gewesen, sondern die auf das österreichische Steuerrecht hochgerechneten Restbuchwerte. Die somit errechneten höheren Restbuchwerte per 1. Januar 2004, hätten folglich beim Abgang diverser Anlagegüter im Jahr 2005 zu höheren Restbuchwertabgangsverlusten geführt.
Abschreibungspotential sei aber bei Aufnahme in die Unternehmensgruppe der noch vorhandene ausländische Buchwert zum 31. Dezember 2003 (= 1. Januar 2004). Es erfolge keine Hochrechnung des Buchwertes unter Zugrundelegung der österreichischen Abschreibung für Jahre davor.
Aufgrund der Neuberechnung der Betriebsprüfung würden sich folgende Zahlen ergeben:
Unterschiedsbetrag Abschreibung neu: 1.304.218,00 €.
Unterschiedsbetrag Restbuchwertabgänge neu: - 174.051,00 €. Ergebnis des Gruppenmitgliedes 2005 gesamt: - 325.034,00 €.
c. Die Berechnung der Unterschiedsbeträge Abschreibung und Buchwertabgänge sei vom geprüften Unternehmen und dessen steuerlicher Vertretung hinsichtlich der Wertermittlung ausdrücklich außer Streit gestellt worden.
6. In der Berufung gegen den Feststellungsbescheid GM 2006 vom 31. Mai 2012 wurde folgendes festgestellt:
a. Es werde der Antrag gestellt, die Verluste des ausländischen GM mit -752.111,00 € anstatt mit -325.034,00 € zu berücksichtigen.
b. Verwiesen werde auf die schon in der Berufung zum Feststellungsbescheid GM 2005 geäußerte Rechtsmeinung.
7. Mit Schreiben vom 22. August 2012 wurden die Berufungen betreffend Feststellungsbescheid GM 2005 und 2006 auf den Punkt "Übernahme der Verluste des ausländischen GM RIFL/P" eingeschränkt.
8. Mit Bescheid vom 20. September 2012 erging zum Feststellungsbescheid GM 2006 eine Berufungsvorentscheidung.
9. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2012 beantragte die Bw. die Vorlage der Berufung gegen den Feststellungsbescheid GM 2006 an den Unabhängigen Finanzsenat.
Über die Berufung wurde erwogen:
1. a. Die Verlustübernahme von ausländischen Gruppenmitgliedern ist in § 9 Abs 6 Z 6 KStG für den Prüfungszeitraum 2005 wie folgt geregelt:
Bei nicht unbeschränkt steuerpflichtigen ausländischen Gruppenmitgliedern sind nur die nach § 5 Abs 1 und den übrigen Vorschriften des Einkommensteuergesetzes 1988 und dieses Bundesgesetzes ermittelten Verluste aus Einkunftsquellen des jeweiligen Wirtschaftsjahres dem unmittelbar beteiligten Gruppenmitglied bzw Gruppenträger im Ausmaß der Beteiligungen aller beteiligten Gruppenmitglieder einschließlich eines beteiligten Gruppenträgers zuzurechnen. In Jahren, in denen der ausländische Verlust mit einem ausländischen Gewinn verrechnet wird oder verrechnet werden könnte, ist ein Betrag in diesem Ausmaß beim beteiligten inländischen Gruppenmitglied bzw Gruppenträger, dem der Verlust zugerechnet wurde, als Gewinn zuzurechnen.
b. Strittig ist im vorliegenden Fall, ob bei ausländischen Tochtergesellschaften (GM) Bilanzwerte der ausländischen Bilanz (beim Eintritt in die Gruppe) so umgerechnet werden können, dass eine über die Anschaffungskosten hinausgehende Abschreibung möglich wird.
2. A. Achatz/Kirchmayr, KStG, § 9 Rz 303 ff, führen zur Verlustermittlung des ausländischen Gruppenmitgliedes folgendes an:
a. Die historische Auslegung zeigt, dass die Bestimmung des § 2 Abs 8 EStG das Vorbild für die Bestimmung des § 9 Abs 6 Z 6 KStG war (EB RV 451 BlgNr 22, GP , 24c und 25). Die Erläuterungen erwähnen als Vorbild § 2 Abs 2c EStG 1988. Die Bestimmung des § 2 Abs 8 EStG geht ihrerseits auf die Rspr des VwGH zurück (VwGH 25.9.2001, 99/14/0217). Damit kann die Bestimmung des § 2 Abs 8 EStG zur Auslegung des § 9 Abs 6 Z 6 KStG herangezogen werden (Rz 305).
b. Die zuzurechnenden Verluste müssen "nach § 5 Abs 1 und den übrigen Vorschriften des EStG und dieses Bundesgesetzes ermittelt werden". Zuzurechnen sind auch jene Verluste, die aus ausländischen Einkunftsquellen stammen. Die Anordnung beinhaltet zwei Aussagen
- erstens muss der Verlust des ausländischen GM, da er nach der Gewinnermittlungsart des § 5 EStG zu ermitteln ist, umgerechnet werden. Es muss zu einer Umrechnung der ausländischen Bilanz - wobei es sich um eine Unternehmens- oder Steuerbilanz handeln kann - nach den Vorgaben der Gewinnermittlungsart des § 5 Abs 1 EStG kommen. Dies entspricht auch der herrschenden Meinung im Schrifttum und der Ansicht der Finanzverwaltung (Tumpel/Aigner in Q/A/H/T/T, Gruppenbesteuerung, § 9 Abs 6 Tz 61; Rabel in B/B/R/S/W, Gruppenbesteuerung, § 9 Abs 6 Tz 23; Damböck, Ausländische Tochtergesellschaften, in Damböck et al, Gruppenbesteuerung, 110 ff; Mamut/Schilcher in Lang et al, Gruppenbesteuerung 187; W/K/M, Gruppenbesteuerung, K 280; Stefaner/Weninger in L/S/S, § 9 Tz 175; Steiner/Vock in Q/R/S/S, § 9 Tz 552; KStR Rz 420, 425 und 429; Wiesner/Mayr, RdW 2004, 496).
- zweitens wird durch diese Anordnung klargestellt, dass die Verluste des ausländischen GM zu den negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb iSd 7 Abs 3 KStG gehören (Rz 312).
c. (1) Entscheidend für das Vorliegen eines "ausländischen Verlustes" (§ 9 Abs 6 Z 6 S 2) ist das Ergebnis der Umrechnung der ausländischen Unternehmens- oder Steuerbilanz, wobei auch inländische Einkünfte einbezogen werden: Liegt nach ausländischem Recht ein Verlust vor, ergibt sich jedoch nach Umrechnung aufgrund der Gewinnermittlungsart des § 5 EStG ein Gewinn, kann das ausländische Ergebnis bei der Gruppe nicht berücksichtigt werden. Liegt umgekehrt nach ausländischem Recht ein Gewinn vor, ergibt sich jedoch nach der Umrechnung iSd § 5 Abs 1 EStG ein Verlust, so ist dieser als ausländischer Verlust iSd § 9 Abs 6 Z 6 Satz 2 bei der Gruppe zu berücksichtigen (Rz 315).
Der Gesetzeswortlaut stützt auch die Auslegung, dass der Verlust ausländischer Gruppenmitglieder iSd § 9 Abs 2 TS 2 unter sinngemäßer Anwendung des § 7 Abs 2 KStG zu ermitteln ist. Damit kommen die allgemein für Körperschaften geltenden Einkommensermittlungsvorschriften zur Anwendung. Es kann sich dabei aber stets nur um eine sinngemäße Anwendung der Einkommensermittlungsvorschriften handeln (Rz 316).
(2) Wie erwähnt, muss die ausländische Bilanz nach den Vorgaben der Gewinnermittlungsart des § 5 EStG umgerechnet werden. Bei der Umrechnung kann auf die Grundzüge des § 2 Abs 8 EStG zurückgegriffen werden. Grundsätzlich ist die ausländische Steuerbilanz der Ausgangspunkt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung besteht eine Bindung an die ausländische Steuerbilanz allerdings nur dann, wenn "keine erheblichen Abweichungen" zum österreichischen Gewinnermittlungsrecht (iSd § 5) bestehen. Liegen solche Abweichungen vor, ist von der ausländischen Unternehmensbilanz auszugehen. Diese Auffassung der Finanzverwaltung stellt insoweit eine Erleichterung dar, als der ausländische Verlust nach dem Gesetzeswortlaut uneingeschränkt - und damit möglichst exakt - nach den Vorgaben des § 5 ermittelt werden müsste (s auch EB RV 451 Blg Nr 22. GP, 24, welche die Berücksichtigung eines ausländischen Verlustes jedenfalls dann ausschließen, wenn dieser nach ausländischem Recht nur durch eine "im Ausland bestehende Investitionsbegünstigung entstanden ist" - Rz 327).
(3) Die Umrechnung nach den Vorgaben des § 5 Abs 1 EStG hat zur Folge, dass die in der ausländischen Unternehmens- bzw Steuerbilanz verwendeten Wertansätze grundsätzlich übernommen werden. Sie werden nur insoweit korrigiert, als sie gemäß § 5 Abs 1 EStG mit den österreichischen steuerlichen Vorschriften unvereinbar sind. Besteht nach den österreichischen Gewinnermittlungsvorschriften ein Wahlrecht, nach den ausländischen Vorschriften aber nicht, kann dieses Wahlrecht auch nicht in der österreichischen Bilanz ausgeübt werden, sondern es besteht insoweit eine Bindung an den - zulässigen - ausländischen Wertansatz. Ein formelles Maßgeblichkeitsverständnis ist aber kein plausibles Argument für eine Bindung an die ausländische Bilanz (Rz 329).
(4) Konkret sind bei der Umrechnung folgende Vorschriften zu berücksichtigen: Nach hM (s KStR 2001 Rz 426 - nunmehr Rz 1081) sind jene Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach ausländischem Recht bereits abgeschrieben sind, jedoch nach § 7 EStG eine längere Abschreibungsdauer aufweisen, nicht (fiktiv) abzuschreiben (Wiesner/Mayr, RdW 2005, 568 f; W/K/M, Gruppenbesteuerung 281; Steiner/Vock, in Q/R/S/S, § 9 Tz 573).
B. In Wiesner/Kirchmayr/Mayr, Gruppenbesteuerung, K 281 heißt es dazu: Ausgangswert kann dabei nach den KStR nur der bei Aufnahme in die Unternehmensgruppe (noch) vorhandene (ausländische) Buchwert sein. Bei der Abschreibung abnutzbarer Vermögensgegenstände ist daher der steuerlich erklärte Aufwand bei der Umrechnung entweder um überhöhte Teile zu kürzen oder um zu geringe Teile zu erhöhen. Sollte ein Vermögensgegenstand am Beginn des ersten Jahres der Zugehörigkeit zur Unternehmensgruppe voll abgeschrieben sein, kann eine nach inländischem Bilanzsteuerrecht längere Abschreibungsdauer nicht zu einer Anerkennung von fiktiven Abschreibungsquoten führen. Das bei Aufnahme in die Unternehmensgruppe noch vorhandene Abschreibungspotential ist ab Gruppenzugehörigkeit nach inländischen steuerlichen Vorschriften zu berücksichtigen (so schon in RdW 2005, 566).
C. In Hohenwarter, Verlustverwertung im Konzern, Seite 455, wird zur Eröffnungsbilanz folgendes ausgeführt: Dieser Bilanz kommt insofern eine entscheidende Bedeutung zu, als sich aus ihr die Abschreibungsbasis der einzelnen Wirtschaftsgüter ergibt, die wiederum die Höhe der Abschreibungen und damit unmittelbar das zurechenbare Ergebnis des ausländischen GM bestimmt.
Im Unterschied zu ausländischen Betriebsstätten oder Betrieben unbeschränkt Steuerpflichtiger lässt sich die Eröffnungsbilanz ausländischer GM mangels inländischem Anknüpfungspunkt jedoch nur sehr schwer und unter großem Aufwand exakt ermitteln. Aus diesem Grund vertritt die hM und Verwaltungspraxis eine Umrechnung des ausländischen Ergebnisses auf Basis einer Mehr-Wenigerrechnung (S 445).
Ausgangswerte für die Umrechnung sind grundsätzlich die bei Aufnahme der ausländischen Körperschaft noch vorhandenen ausländischen Buchwerte. Folglich ist das bei der Aufnahme in die Unternehmensgruppe noch vorhandene Abschreibungspotential erst ab der Gruppenzugehörigkeit nach inländischen steuerlichen Vorschriften zu ermitteln. Aufwertungen, die sich daraus ergeben könnten, dass man die Aufnahme eines ausländischen GM als fiktive Betriebseröffnung oder fiktiven Betriebserwerb behandelt, haben demnach zu unterbleiben (S 446; aA Schneider, taxlex 2005, 199, wonach bei Aufnahme in die Unternehmensgruppe eine Betriebseröffnung oder ein Betriebserwerb anzunehmen ist, weil eine Gleichbehandlung nach § 2 Abs 8 EStG gerechtfertigt ist). Es soll aber keine vollständige, sondern nur eine "gewisse Gleichstellung" von Auslandsbetriebsstätten und Auslandstochtergesellschaften erfolgen.
D. Nach Lang/Schuch/Staringer, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, S 188 f, besteht die "Eröffnungsbilanz" - im Unterschied zur Umrechnung nach § 2 Abs 8 EStG - aus den historischen Buchwerten der ausländischen Handelsbilanz. Bei Eintritt in die Gruppe wird demnach der in der Bilanz der ausländischen Körperschaft noch vorhandene Buchwert als Ausgangswert übernommen.
E. In Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock, Kommentar zum KStG, § 9, Rz 573, wird ausgeführt, dass bei der Umrechnung auf die historischen abgeleiteten Buchwerte abzustellen ist. Ausgangswert ist der noch vorhandene ausländische Buchwert, der steuerlich erklärte Aufwand ist um überhöhte Teile zu kürzen. Sollte ein Wirtschaftsgut am Beginn des ersten Jahres der Zugehörigkeit zur Unternehmensgruppe voll abgeschrieben worden sein, kann eine nach österreichischem Recht längere Abschreibungsdauer nicht zu einer Anerkennung von fiktiven Abschreibungsquoten führen.
F. Im Gegensatz dazu vertritt Damböck in Damböck/Haunold/Huemer/Schuch, Gruppenbesteuerung, S. 110 f. die Rechtsansicht, dass die Eröffnungsbilanz der ausländischen Gesellschaft aus der Vergangenheit unter Zugrundelegung österreichischer Vorschriften abzuleiten ist (mit Verweis auf die durch Gröhs/Dambeck schon in FS Loukota, S. 135 ff vertretene Rechtsposition einer Bewertung mit dem gemeinen Wert oder dem Bilanzansatz des Wertes aus der Vergangenheit unter Zugrundelegung österreichischer Vorschriften).
3. Der Unabhängige Finanzsenat geht aus folgenden Gründen davon aus, dass der Bilanzwert der Anlagegüter in Höhe des in der ausländischen Steuer(Handels)bilanz ausgewiesenen Wertes anzusetzen ist.
a. (1) Der Entscheidung des VwGH zur Verwertung ausländischer Verluste aus Betriebsstätten, die der gesetzlichen Verankerung des § 2 Abs 8 EStG (StRefG 2005, BGBl I 57/2004) voranging, ist der Grundsatz zu entnehmen, dass eine doppelte Verlustverwertung in jedem Fall zu vermeiden ist (VwGH 25.9.2001, 99/14/0217 ). Der Verlustausgleich nach § 2 Abs 8 EStG findet nur insoweit statt, als der ausländische Verlust im Entstehungsjahr im Ausland nicht ausgeglichen wird, sodass das Prinzip der Vermeidung einer doppelten Verwertung der Verluste vom Gesetzgeber aufgegriffen wurde. § 9 Abs 6 Z 6 KStG will eine doppelte Verwertung von Verlusten dadurch vermeiden, dass gemäß § 9 Abs 6 Z 6 zweiter Satz KStG in Jahren, in denen der ausländische Verlust mit einem ausländischen Gewinn verrechnet wird oder verrechnet werden könnte, ein Betrag in diesem Ausmaß beim beteiligten inländischen GM bzw GT, dem der Verlust zugerechnet wurde, als Gewinn zuzurechnen ist.
Auch das Unionsrecht geht von denselben Grundsätzen aus. Im Bereich der Einbeziehung ausländischer Tochtergesellschaften in Gruppenbesteuerungssysteme erachtet es der EuGH sogar als gemeinschaftsrechtkonform, dass Auslandstöchter nicht in die Systeme der Gruppenbesteuerung miteinbezogen werden (s Lachmayer, ÖStZ 2013/564 zu den Rs EuGH 18.7.2007, C-231/05 , Oy AA und EuGH 25.2.2010, C-337/08 , X Holding BV). Im Bereich finaler Verluste (grenzüberschreitende Verlustverwertung von Konzerngesellschaften) liegt der Rspr des EuGH ebenfalls nur der Leitgedanke der einmaligen Verlustberücksichtigung zugrunde (s EuGH 13.12.2005, C-446/03 , Rs Marks & Spencer plc, zu Verlusten einer gebietsfremden Tochter in einem anderen Mitgliedstaat. Es wird eine Differenzierung zwischen gebietsansässiger Tochtergesellschaft und in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften grundsätzlich zugelassen. Die Möglichkeit eines Verlustabzuges ist aber - im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung - dann nicht zu verwehren, wenn die Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten im Sitzstaat ausgeschöpft sind und auch keine Möglichkeit besteht, die Verluste in künftigen Zeiträumen zu berücksichtigen. Der Grund liegt darin, dass die ausgewiesenen Verluste zumindest einmal berücksichtigt werden müssen; siehe auch EuGH 21.2.2013, Rs C-123/11 , A Oy, Rz 33). Unionsrechtlich ist eine einmalige Verlustverwertung vorgesehen, aber keinesfalls eine Begünstigung der ausländischen GM gegenüber inländischen Gruppenmitgliedern.
Gemeinsames Element der Rspr des EuGH, VwGH und jener inländischen Regelungen, die Verlustübernahmen aus Betriebsstätten oder ausländischen Gruppenmitgliedern gesetzlich verankern, ist somit die grundsätzliche Überlegung, dass durch die Verlustübernahme Verluste zumindest einmal - im Sitzstaat oder in Österreich - ausgeglichen werden können. Dadurch soll eine Gleichstellung (aber keine Bevorzugung) ausländischer GM gegenüber inländischen GM erreicht werden.
(2) Im Falle des Ausscheidens des nicht unbeschränkt steuerpflichtigen (ausländischen) GM aus der Unternehmensgruppe, ist im Jahr des Ausscheidens ein Betrag im Ausmaß aller zugerechneten (und im Ausland noch nicht verrechneten) Verluste beim GM oder GT als Gewinn zuzurechnen. Das gilt auch dann, wenn die Verluste im Ausland nicht verwertet werden können (Quantschnigg/Achatz/Haidenthaler/Trenkwalder/Tumpel, Gruppenbesteuerung, § 9 Abs 6 KStG, Rz 74 ff).
Zu einer doppelten (endgültigen mehrfachen) Verlustverwertung kommt es zwar aufgrund der Nachversteuerungsregel nicht. Die von der Bw. dargelegte Auslegung würde aber ausländischen GM zumindest temporär einen von inländischen GM nicht erreichbaren (Zins)Vorteil verschaffen, zumal eine Gruppenzugehörigkeit grundsätzlich nicht nur auf kurze Dauer angelegt ist.
b. Nach § 9 Abs 6 Z 6 KStG sind die nach § 5 Abs 1 und den übrigen Vorschriften des EStG und des KStG ermittelten Verluste aus Einkunftsquellen des jeweiligen Wirtschaftsjahres zuzurechnen.
(1) Die Bw. geht davon aus, dass der Begriff "nach § 5 Abs 1 ... ermittelte Verluste" auch eine Adaptierung des deutschen Bilanzwertes der Anlagegüter bei Eintritt in die Unternehmensgruppe beinhaltet, demzufolge als (noch abschreibbarer) Bilanzwert die Differenz zwischen (ausländischen) Anschaffungskosten und (inländischer) Afa gelten soll.
(2) Das ergibt sich einerseits nicht aus dem Gesetz und widerspricht in seinen Auswirkungen auch den Implikationen des Gesetzgebers:
- Der Gesetzgeber spricht von "Verlusten des jeweiligen Wirtschaftsjahres", die zu adaptieren sind, also von der Umrechnung der Aufwendungen im Verlustübernahmejahr, nicht aber von der Adaptierung der Restbuchwerte im Zeitpunkt des Eintritts in die Gruppe als Gruppenmitglied (2003), in der Form, dass die ursprünglichen Anschaffungskosten um eine allenfalls niedrigere österreichische Abschreibung zu vermindern und dieser Wert als Restbuchwert - mit der Folge einer "Aufwertung" - anzusetzen wäre(n). Letztere Rechtsauffassung entspricht nicht der hM (Achatz/Kirchmayr, KStG, § 9, Rz 303 ff; Wiesner/Kirchmayr/Mayr, Gruppenbesteuerung, K 281; Hohenwarter, Verlustverwertung im Konzern, S 455 f; Lang/Schuch/Staringer, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, S 188 f sowie Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock, KStG, § 9, Rz 573 mit Verweis auf KStR Rz 1981).
- Die von der Bw. angenommene Adaptierung des deutschen Restbuchwertes, indem von den deutschen Anschaffungskosten die reguläre österreichische Afa abgezogen wird, würde - jedenfalls temporär - zu einer die ursprünglichen Anschaffungskosten weit übersteigenden Abschreibung führen: Betragen beispielsweise die AK 100.000,00 € (2003) und kann die Bw. aufgrund von Sonderabschreibungen 90.000,00 € in den Jahren 2003 und 2004 abschreiben, so verbleibt ein (deutscher) Restbuchwert von 10.000,00 € im Jahr 2004 (Abgang des Wirtschaftsgutes 2005). Stünde nach österreichischer Rechtslage eine Abschreibung von jährlich 5.000,00 € zu, so würde der Restbuchwert 2005 bei der von der Bw. geforderten "Umrechnung" bei 90.000,00 € liegen. Bei einem Abgang des Wirtschaftsgutes 2005 hätte die Bw. in diesem Fall insgesamt 180.000,00 € (90.000,00 Afa bisher, 90.000,00 € Restbuchwertabschreibung) bei AK von 100,000,00 € (vorläufig) abgeschrieben. Geht man hingegen von der Rechtsansicht der BP aus, wonach der Restbuchwert der deutschen Steuerbilanz (10.000,00 €) als Abschreibungsbasis heranzuziehen ist, so beträgt die Gesamtabschreibung genau 100.000,00 € (= ursprüngliche AK).
Jahr | Ausland | Österreich | Gesamtabschreibung |
2003 | 100.000,00 -70.000,00 | 100.000,00 -5.000,00 | |
2004 | --20.000,00 | -5.000,00 | |
RBW 31.12.2004 | 10.000,00 | 90.000,00 | |
Abgang Bw. 2005 | 90.000,00 | 180.000,00 | |
Abgang BP 2005 | 10.000,00 | 100.000,00 |
Im umgekehrten Fall - höhere Abschreibung in Österreich - ergibt sich wiederum nur aus der von der BP angewandten Methode eine 100%ige Abschreibung der ursprünglichen Anschaffungskosten, während die Methode der Bw. nur zu einer Abschreibung von 70.000,00 € führen würde.
Jahr | Ausland | Österreich | Gesamtabschreibung |
2003 | 100.000,00 -10.000,00 | 100.000,00 -25.000,00 | |
2004 | -10.000,00 | -25.000,00 | |
RBW 31.12.2004 | 80.000,00 | 50.000,00 | |
Abgang Bw. 2005 | 50.000,00 | 70.000,00 | |
Abgang BP 2005 | 80.000,00 | 100.000,00 |
Bei einem der von der BP bezüglich der Auswirkungen der "Umrechnung" aufgeschlüsselten Wirtschaftsgüter - einem Blockheizkraftwerk - ermittelt sich die über die Anschaffungskosten hinausgehende Abschreibung wie folgt:
Anschaffungskosten 2.274.812,49 €, bis 2003 wurde bereits ein Betrag von 2.007.182,90 € abgeschrieben.
Der Restbuchwert zum 31. Dezember 2003 beträgt nach deutscher Rechtslage 267.629,59 € abzüglich Afa 2004 = 260.195,43 €.
Der Restbuchwert adaptiert nach österr. Steuerrecht beträgt dagegen 631.892,36 €.
Damit würde die Bw. alleine aus dieser Position im Jahr 2005 einen Betrag von 371.696,93 € über die ursprünglichen Anschaffungskosten hinaus abschreiben, während inländischen GM eine derartige Möglichkeit nicht offen stünde. Die Rückgängigmachung dieses Steuervorteiles könnte erst im (nicht bekannten) Zeitpunkt des Ausscheidens des GM aus der Gruppe erfolgen. Die beabsichtigte Verankerung einer derartigen Ungleichbehandlung kann dem österreichischen Gesetzgeber nicht ohne weiteres unterstellt werden.
4. Zusammenfassung:
a. Die weiteren - von der Bw. vorgebrachten - Argumente greifen nicht:
(1) Eine gleichzeitige Anwendung inländischen und ausländischen Rechts liegt im Prüfungszeitraum nicht vor, weil die Feststellung des ausländischen Buchwertes der Gewinnermittlung 2005 vorangeht. Im Prüfungszeitraum - und nur auf den Verlust des jeweiligen Wirtschaftsjahres wird abgestellt - wird nur österreichisches Bilanzrecht angewandt (Abschreibung nach §§ 7-8 EStG).
(2) Die Bw. erkennt im Abstellen auf den ausländischen Bilanzwert einen Verstoß gegen das Prinzip der Abschnittsbesteuerung. Tatsächlich werden aber nicht "österreichische Aufwendungen in frühere Perioden verlagert", vielmehr wird (ungeachtet einer allfälligen späteren Nachversteuerung) für 2005 eine fiktive - die Anschaffungskosten überschreitende - Abschreibung konstruiert, die weder dem nationalen Steuerrecht, noch den unionsrechtlichen Vorgaben entspricht.
(3) Die Behandlung von Passivposten (Verweis auf potentielle österreichische Rückstellungen) war bisher weder Gegenstand höchstgerichtlicher Rspr, noch ist sie Gegenstand der hier vorzunehmenden rechtlichen Beurteilung.
(4) Der Verweis auf § 2 Abs 8 EStG geht ins Leere: Eine Gleichstellung gebietsfremder Tochtergesellschaften (Verlustanrechnung geregelt in § 9 Abs 6 Z 6 KStG) mit ausländischen Betriebsstätten (Regelung in § 2 Abs 8 EStG) ist nicht geboten, weil sich diese nicht in einer vergleichbaren Situation befinden (EuGH 25.2.2010, C-337/08 , Rs X Holding BV, Rn 40). Daher bezweckt § 9 Abs 6 Z 6 KStG auch keine vollständige Gleichstellung der steuerlichen Behandlung von Auslandsbetriebsstätten und Auslandstochtergesellschaften, sondern nur eine "gewisse Gleichstellung" (Hohenwarter, Verlustverwertung im Konzern, Seite 446, Fn 2117).
b. Der Unabhängige Finanzsenat geht davon aus, dass in § 9 Abs 6 Z 6 KStG die Verwertung von Verlusten ausländischer Konzerntöchter zur Gleichstellung mit inländischen GM geregelt ist. Diesem Ziel dient die Einmalverwertung von Verlusten. Eine (fiktive) Abschreibung über den (ausländischen) Anschaffungswert hinaus, entspricht nicht dem Gesetz und dessen Zielsetzung und würde überdies eine verfassungsrechtlich bedenkliche Diskriminierung inländischer GM darstellen.
Die Einmalverwertung der (bereits im Ausland) geltend gemachten Abschreibung ergibt sich nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates im Übrigen auch aus Satz 2 des § 9 Abs 6 Z 6 KStG: Wenn Verluste des ausländischen GM nur zurechenbar sind, sofern sie nicht im Ausland verwertet werden oder verwertet werden können, ist ein Verbot der Zurechnung umso mehr (insoweit) anzunehmen, wenn diese Verluste (in Form der bereits geltend gemachten Abschreibungen) schon in Vorjahren im Ausland verwertet werden konnten. Eine gegenteilige Auslegung von § 9 Abs 6 Z 6 KStG entspricht nicht den Intentionen des Gesetzgebers.
Beilage: 1 Anonymisierungsblatt
Linz, am 26. Juli 2013
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 9 Abs. 6 Z 6 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 |
Schlagworte: | Verlust, ausländisches Gruppenmitglied, Bilanzwerte, ausländische Bilanz, historische Buchwerte |
Verweise: | VwGH 25.09.2001, 99/14/0217 |