Mitunternehmerstellung von stillen Gesellschaftern
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch Steuerberater, vom 18. Jänner 2005 gegen den Bescheid des Finanzamtes FA, vertreten durch Amtsvertreter, vom 22. Dezember 2004 betreffend das Unterbleiben einer einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Kalenderjahr 1994 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die im Kalenderjahr 1994 erzielten Einkünfte werden mit - € 5.637.769,31 (= -öS 77.577.397,--) gemäß § 188 BAO festgestellt. Bei der Veranlagung der (beteiligten) Steuerpflichtigen sind im Rahmen der Einkommensermittlung nichtausgleichsfähige Verluste laut der festgestellten Einkünfte von € 0,-- zu berücksichtigen. Die Einkünfte werden auf die Beteiligten, wie in der einen Bestandteil dieses Bescheidspruches bildenden Beilage dargestellt, verteilt.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (Bw.) ist eine GesmbH, die ein Handelsunternehmen betreibt. Sie schloss am 18. Mai 1994 bzw. am 15. Juni 1994 als Geschäftsherrin mit der Treuhand (in der Folge kurz Treuhand), als stiller Gesellschafterin einen Vertrag über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft. Die stille Gesellschafterin beteiligte sich mit einer stillen Beteiligung von öS 10.000,--. Weiters wurde vereinbart, dass die stille Gesellschafterin neben ihrer stillen Gesellschaftereinlage in Höhe von öS 10.000,-- weitere Gesellschaftereinlagen bis zu öS 60,010.000,-- leisten werde, wobei sie die über öS 10.000,-- hinaus gehenden Einlagen auf Rechnung von Treugebern halten werde und die jeweils zusätzlich übernommenen Nominaleinlagen bis zum 30.9.1994 einzuzahlen habe.
Mit Schreiben vom 30. September 1994 teilte die Treuhand dem Finanzamt mit, dass sie, die sich zum Stichtag 1.1.1994 mit einer atypisch stillen Gesellschaftereinlage in Höhe von öS 10.000,-- beteiligt habe, ihre Gesellschaftereinlage am 30.9.1994 mit Wirkung zum 1.1.1994 um öS 56,650.000,-- für Treugeber auf insgesamt öS 56,660.000,-- erhöht habe.
Mit Einbringungsvertrag vom 30. Juni 2000 brachte die Treuhand ihre stille Beteiligung an der Bw. rückwirkend zum Stichtag 31.12.1999 nach Art. III Umgründungssteuergesetz in die Bw. ein.
Für das Jahr 1994 erklärte die stille Gesellschaft negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Das Finanzamt sprach bescheidmäßig aus, dass die Einkünfte der atypisch stillen Gesellschaft nicht gemäß § 188 BAO einheitlich und gesondert festgestellt werden. Es liege Liebhaberei vor. Überdies hätten die stillen Gesellschafter keine Mitunternehmerstellung.
Mit Berufungsentscheidung vom 31. März 2009, RV/0150-K/05 verneinte der Unabhängige Finanzsenat das Vorliegen von Liebhaberei, sah aber ebenfalls die Mitunternehmerstellung der stillen Gesellschafter als nicht gegeben an. Letzteres wurde im Wesentlichen damit begründet, dass den stillen Gesellschaftern außer der (vollen) Verlustzuweisung im ersten Jahr der Beteiligung in der Folge nur mehr die vertraglich vereinbarte Fixverzinsung mit 2% der Einlage zugekommen sei, weil die Geschäftsführervergütung der Geschäftsherrin (Bw.) von 2,5% des Umsatzes das Betriebsergebnis unter den Betrag der Fixverzinsung verringert habe. Zudem sei die Abfindung der stillen Gesellschafter bei Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses nach unten mit 90% und nach oben mit 140% der Einlage vertraglich begrenzt gewesen. Es liege somit kein ausreichendes Unternehmerrisiko bei den stillen Gesellschaftern vor. Demzufolge habe das Finanzamt im Ergebnis richtig eine einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für die stillen Gesellschafter nicht durchgeführt. Dazu wird im Einzelnen auf die genannte Berufungsentscheidung verwiesen.
Dagegen erhoben die (ehemaligen) Gesellschafter der stillen Gesellschaft Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof. Dieser hob die Berufungsentscheidung mit Erkenntnis VwGH 28. Juni 2012, Zl. 2009/15/0106 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Weder der Umstand, dass die "Gewinnquote" in der Unternehmensgruppe im Jahr 1993 bloß 2,44% betragen habe, noch die Aussage der Bw., dass die Umsatzrendite im Rahmen der GmbH (bzw. der stillen Gesellschaft) deutlich unter 5% liege, zeige auf, dass von vornherein festgestanden sei, dass mit einem Gewinnvorab von 2,5% des Umsatzes für die GmbH der erzielbare Jahresgewinn bereits aufgebraucht sei und den stillen Gesellschaftern nur mehr die Verzinsung ihrer Einlage mit 2% p.a. verbleiben könne. Gleichzeitig hielt das Höchstgericht aber auch fest, dass im Falle einer rückwirkenden Maßnahme nach Art. IV Umgründungssteuergesetz die bei Abschluss des Vertrages, mit dem der einzelne Gesellschafter beitritt, schon feststehende Verluste des Rückwirkungszeitraumes nicht als Wagnis eingestuft werden können und für sich nicht auf ein Unternehmerrisiko schließen lassen.
Die im daraufhin fortgesetzten Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen haben nichts hervorgebracht, was vor dem Hintergrund des VwGH-Erkenntnisses mit der notwendigen Sicherheit auf eine wesentliche Einschränkung der Mitunternehmerstellung der stillen Gesellschafter schließen lässt.
Der Berufung war daher Folge zu geben und waren die Einkünfte spruchgemäß einheitlich und gesondert festzustellen.
Beilage: Einkünfteverteilungsblatt
1. März 2013
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise: |