UFS RV/0154-F/11

UFSRV/0154-F/1124.1.2013

Anforderungen an einen zwischen Ehegatten abgeschlossenen Darlehens- und Mietvertrag

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/15/0135 eingebracht. Mit Erk. v. 28.5.2015 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zl. RV/1100558/2015 erledigt.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch Dr. Scheinecker KG, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei, 4600 Wels, Rablstraße 25, vom 14. Februar 2011 gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom 6. Oktober 2010 betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2009 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin ist seit 21.6.2005 als Kommanditgesellschaft (zuerst KEG, gemäß § 907 UGB ab 1.1.2007 KG) im Firmenbuch eingetragen. Sie betreibt eine Rechtsanwaltskanzlei in B. Unbeschränkt haftender Gesellschafter ist Y als Komplementär, Kommanditist sein Vater, Z.

Die Kanzleiräumlichkeiten stehen zu einem Anteil von 51,05% im zivilrechtlichen Eigentum von Frau X, der Gattin des Rechtsanwaltes Y. Eigentümer des restlichen Teils der Kanzlei ist Rechtsanwalt Z. Schon vor dem Anteilskauf durch X wurden die Räume im Rahmen der Kanzleigemeinschaft P /Z, später der Kanzlei Z, schließlich der Kanzleigemeinschaft Z/Y unternehmerisch genutzt und von den Klienten als Einheit wahrgenommen.

Die Finanzierung des Liegenschaftsanteilkaufes im Jahr 2002 erfolgte mittels eines Darlehens, das Y bei der VLH AG aufnahm und in weiterer Folge an seine Gattin als Darlehen weitergab. Es wurde auf der Liegenschaft ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten von Y eingetragen.

Die Käuferin X vermietete die zu einem Kaufpreis von 174.414,80 € erworbene Immobilie zu einem Mietzins von 1.030,00 € monatlich an die berufungswerbende KG. Weder über die Mietvereinbarung mit der KG, noch über die Darlehensgewährung zwischen den Ehegatten wurde ein schriftlicher Vertrag abgefasst.

Das Finanzamt gelangte im Rahmen einer für die Jahre 2006, 2007 und 2008 durchgeführten Betriebsprüfung zu dem Schluss, dass es sich bei den im zivilrechtlichen Eigentum von X stehenden Büroräumlichkeiten um wirtschaftliches Eigentum von Y handelt und die Einkünfte aus Vermietung diesem im Sonderbetriebsvermögen zuzurechnen sind. Es kam daher für die genannten Jahre zu Wiederaufnahmen des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO und zur Erlassung neuer Sachbescheide (Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO), in denen der Anteil des Y an den Einkünften aus selbständiger Arbeit entsprechend erhöht wurde. Diese Bescheide blieben unangefochten.

Erst der Feststellungsbescheid betreffend das Jahr 2009 wurde mit der streitgegenständlichen Berufung bekämpft. In ihr wird ausgeführt: Der Mietvertrag zwischen X und der KG sei in Anwesenheit von Z abgeschlossen worden, der darüber auch einen schriftlichen Aktenvermerk erstellt habe. Zur Kreditaufnahme durch Y sei es aus Gründen der Einfachheit, Wirtschaftlichkeit und Haftung gekommen. Das Kreditinstitut habe über die Weitergabe des Kredites an X Bescheid gewusst. Der Kredit sei auch vertragsentsprechend durch X bedient worden. Es sei unerheblich, dass für die Kreditgewährung keine Sicherheiten bestellt worden seien, habe die Käuferin doch zugunsten des Kreditgebers, ihres Gatten, ein Veräußerungs- und Belastungsverbot eingeräumt.

Soweit das Finanzamt darauf hingewiesen habe, Vereinbarungen zwischen Angehörigen müssten nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, sei festzuhalten: X habe die Räumlichkeiten im Jahr 2002 von Rechtsanwalt P gekauft. Zwischen der Käuferin und der Berufungswerberin - damals noch als KEG - sei ein Mietvertrag (Anm.: mündlich) abgeschlossen worden. Inhaltliche Ausgestaltungen eines Mietvertrages wie Zahlungsversäumnisse, Kündigungsgründe oder -fristen ergäben sich selbstverständlich aus dem Mietrechtsgesetz und dem ABGB und bedürften keiner schriftlichen Festlegung. Auch Fremde würden häufig Mietverträge wie den in Streit stehenden abschließen. Ebenso sei der Darlehensvertrag abgeschlossen worden und die Darlehenshingabe erfolgt. All dies sei im Beisein von Zeugen geschehen. Es fehlten keinerlei Vertragsbestimmungen.

Y habe aufgrund der Bonität seiner Rechtsanwaltskanzlei bessere Kreditkonditionen erhalten, als sie seiner Frau, die lediglich über ein geringes Einkommen verfüge, gewährt worden wären. Deshalb sei es zur Kreditaufnahme wie dargestellt mit Weitergabe unter den gleichen Konditionen von Y an X gekommen.

Y sei keineswegs wirtschaftlicher Eigentümer der in Streit stehenden Büroräumlichkeiten. Die vereinbarte Miete werde von der KG an X bezahlt, die davon Zinsen und Tilgungsraten für den aufgenommenen Kredit bestreite.

In der Folge erging eine abweisende Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes, in der ausgeführt wurde: Es könne außer Streit gestellt werden, dass X mit Kaufvertrag vom 22.2.2002 den in Streit stehenden Liegenschaftsanteil von RA P gekauft und gleichzeitig ein Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten von Y eingeräumt habe. Entsprechend einer Aktennotiz von Z sei am 29.3.2002 mündlich vereinbart worden, dass Y seiner Gattin ein Darlehen von 174.000,00 € zur Verfügung stelle, damit sie den Kaufpreis aufbringen könne. Notiert wurde auch, dass Y seinerseits ein Darlehen bei der VLH AG aufgenommen habe und dass die Käuferin das Kaufobjekt den Rechtsanwälten Z und Y gegen ein monatliches Mietentgelt von 1.030,00 € zur Verfügung stelle.

Verträge zwischen nahen Angehörigen seien stets darauf zu untersuchen, ob nicht hinter der nach außen vorgegebenen Leistungsbeziehung eine familienhafte Veranlassung stehe. Das bedeute etwa für einen Mietvertrag, dass dieser abgabenrechtliche Wirkungen nur dann entfalte, wenn er einem Fremdvergleich standhalte. Sei dies nicht der Fall, so gehörten die aus einem solchen Vertragsverhältnis resultierenden Einnahmen nicht zu den Einkünften des Vermieters und seien daher steuerlich nicht relevant. Aufwendungen im Zusammenhang mit nicht fremdüblichen Vermietungen seien als freiwillige Zuwendungen iS des § 20 Abs. 1 Z 1 und 4 EStG 1988 zu qualifizieren. Auch im Hinblick auf den Darlehensvertrag hätte ein fremder Darlehensgeber zur besseren gerichtlichen Durchsetzbarkeit nicht auf eine schriftliche Dokumentierung und angesichts der Höhe der kreditierten Summe auch nicht auf entsprechende Sicherstellung, wie etwa die Eintragung einer Hypothek, verzichtet. Der streitgegenständliche Darlehensvertrag könne daher steuerrechtlich ebenfalls nicht anerkannt werden.

Was das wirtschaftliche Eigentum betreffe, so werde ein Wirtschaftsgut ertragsteuerlich dem zugerechnet, der mit ihm wie ein Eigentümer schalten und walten könne und dies auch tue. Ein solcher Ausnahmefall liege etwa dann vor, wenn besondere Umstände - beispielsweise das Fehlen eines Mietvertrages zwischen Angehörigen - den Nutzungsberechtigten wie einen Eigentümer erscheinen ließen. So habe der VwGH in seinem Erkenntnis vom 30.6.1976, 0622/75, ausgesprochen, ein im zivilrechtlichen Eigentum des einen Ehegatten stehendes Gebäude sei insoweit dem anderen zuzurechnen, als dieser auf seine Kosten umfangreiche Investitionen durchführe und fremdübliche Nutzungsvereinbarungen fehlten.

Die Berufungswerberin beantragte die Vorlage ihrer Berufung an die Abgabenbehörde II. Instanz.

Über die Berufung wurde erwogen:

Festgehalten wird vorab, dass die Höhe des Betrages, der bei X nicht unter dem Titel der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anerkannt, sondern bei Y als Einkünfteanteil hinzugerechnet wurde, unstrittig ist und der UFS daher diesbezüglich keine Untersuchungen angestellt hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 29.9.2004, 2001/13/0159) können vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen für den Bereich des Steuerrechts nur als erwiesen angenommen werden und damit Anerkennung finden, wenn sie

Die drei Kriterien müssen kumulativ vorliegen, was bedeutet, dass schon das Fehlen einer dieser Voraussetzungen zur Nichtanerkennung der Vereinbarung führt (Doralt, EStG14, § 2 Tz 160).

Nahebeziehungen können auch durch gesellschaftsrechtliche Verflechtungen entstehen. Die oben dargelegten Grundsätze gelten daher ebenso, wenn es um die Anerkennung von Verträgen zwischen einer Personengesellschaft und einem Angehörigen eines beherrschenden Gesellschafters geht (BFH 15.12.1988, BStBl 1989 II, 500; Doralt, EStG14, § 2 Tz 159/2).

Von "wirtschaftlichem Eigentum" spricht man dann, wenn ein anderer als der rechtliche Eigentümer die wirtschaftliche Herrschaft ausübt, deren gewöhnlicher Ausdruck das Eigentum ist. Solange dem Eigentümer alle mit dem Eigentum verbundenen Rechte uneingeschränkt zur Verfügung stehen, fallen das zivilrechtliche und das wirtschaftliche Eigentum zusammen. Liegt die jederzeitige Verfügbarkeit über die Substanz und den Ertrag eines Wirtschaftsgutes aber bei einem anderen, so wird es im Hinblick auf die Anwendungen der steuerrechtlichen Vorschriften diesem zugerechnet (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 285).

Sonderbetriebsvermögen liegt vor, wenn der Gesellschafter einer Personengesellschaft Wirtschaftsgüter seines Privatvermögens der Gesellschaft zur Nutzung überlässt. Ein Wirtschaftsgut kann daher nur dann Sonderbetriebsvermögen sein, wenn (soweit) es im Eigentum eines Gesellschafters steht. Gegenstand des Sonderbetriebsvermögens ist nicht das Nutzungsrecht am Wirtschaftsgut des Gesellschafters, sondern das Wirtschaftsgut selbst. Für die Zurechnung zum Sonderbetriebsvermögen muss das Wirtschaftsgut der Gesellschaft auf Dauer zur Verfügung gestellt sein. Wirtschaftsgüter im Sonderbetriebsvermögen sind Betriebsvermögen des Gesellschafters; nicht die Gesellschaft ist gleich einem Eigentümer berechtigt, über das Wirtschaftsgut zu verfügen, sondern der Gesellschafter selbst (vgl. Doralt, EStG10, § 23 Tz 253 ff).

Gegenständlich ergibt sich in Zusammenfassung der oben beschriebenen Ereignisse unter Einbeziehung des von Z abgefassten Aktenvermerkes nachstehendes Bild: Ein Zahlungsfluss wird unter dem Titel "Miete" seitens des unbeschränkt haftenden Gesellschafters einer KG für diese an seine Gattin geleitet, von der Gattin wiederum zurück an den Ehemann, der die Zahlungen seinerseits an jene Bank weiterleitet bzw. dafür anspart, bei der er die Kredite aufgenommen und auf die Gattin überbunden hat, die es ihr ermöglichten, die vermietungsgegenständlichen Räume zu kaufen. Vgl. Aktenvermerk Z wörtlich: "Frau X hat von den eingehenden Mietzinszahlungen auf diesem Konto jene Beträge (Zinsen, Tilgungen und Ansparraten für endfällige Kredite) an Y auszubezahlen, die erforderlich sind, damit auch Y seinerseits die von ihm aufgenommenen Kredite (Zinsen, Tilgungen, Ansparraten für endfällige Kredite) bei der Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank zurückbezahlen kann".

Im Streitfall sind nach den für Familienverträge geltenden Kriterien der Mietvertrag zwischen X als Vermieterin und der Rechtsanwälte L KG als Mieterin sowie der Darlehensvertrag zwischen X als Darlehensnehmerin und Y als Darlehensgeber zu untersuchen.

Der Mietvertrag (Bestandvertrag) kommt als Konsensualkontrakt mit der Einigung über Bestandsache und Bestandzins zustande. Wird kein Endtermin vereinbart, liegt im Zweifel ein Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit vor.

Ausreichende Publizität ist an sich keine Besonderheit für Familienverträge, sondern ganz allgemein für die Anerkennung von Verträgen erforderlich. Die fehlende Schriftlichkeit von Verträgen kann als Indiz für fremdunübliche Leistungsbeziehungen gewertet werden (Doralt, a.a.O., § 2 Tz 161). Liegt keine schriftliche Vereinbarung vor, so müssen zumindest die wesentlichen Vertragsbestandteile mit genügender Deutlichkeit fixiert sein (VwGH 8.9.1992, 87/14/0186).

Im Streitfall wurde dem Kriterium des Nach-außen-ausreichend-zum-Ausdruck-Kommens (Publizitätserfordernis), das insofern einen strengeren Maßstab an Verträge zwischen nahen Angehörigen legt, mangels schriftlicher Niederlegung der Mietvereinbarung nicht entsprochen. Hieran vermag auch der - im Übrigen undatierte und unleserlich unterfertigte - Aktenvermerk des Z nichts zu ändern.

Was den klaren, eindeutigen und zweifelsfreien Inhalt des Mietvertrages betrifft, ist ein solcher nicht nur mangels erkennbarer Vereinbarungen über die Dauer, sondern auch wegen fehlender Festlegungen über den anzuwendenden Wertindex und die Zahlungsmodalitäten, insbesondere zur Fälligkeit und zum Zahlungstermin, zu verneinen. In der Regel entstehen Zinsforderungen erst mit dem gesetzlichen oder vertraglich festgelegten Fälligkeitstermin. Es darf davon ausgegangen werden, dass die gesetzliche Regelung des § 15 Abs. 3 MRG auf das vorliegende Bestandverhältnis nicht anzuwenden ist, weil § 1 Abs. 4 Z 3 MRG gilt (Mietgegenstand im Wohnungseigentum, Errichtung aufgrund einer nach dem 8.5.1945 erteilten Baubewilligung). Die Zahlungsmodalitäten hinsichtlich Fälligkeit und Zahlungstermin hätten sich daher nach einer zwischen den Vertragsparteien getroffenen Vereinbarung zu richten - eine solche fehlt aber im Streitfall vollends.

Was das Kriterium der Fremdüblichkeit betrifft, teilt der Unabhängige Finanzsenat nicht die seitens der Berufungswerberin vertretene Argumentationslinie, wonach es der im allgemeinen Wirtschaftsleben geübten Praxis entspreche, Mieten von Geschäftsräumlichkeiten mündlich abzuschließen. Es ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass - im Gegenteil - ein mündlicher Mietvertrag über Geschäftsräume absolut unüblich ist. Dies ergibt sich schon daraus, dass ein sorgfältiger Unternehmer aus Gründen der Rechtssicherheit (leichtere und jederzeitige Beweisbarkeit der vertraglichen Vereinbarungen) und der langfristigen, strategischen Unternehmensplanung darauf bedacht wäre, in einem schriftlichen Vertragswerk Essentialia wie Dauer des Bestandverhältnisses, Fälligkeit und Zahlungstermine betreffend Mietzins, Kündigungsfristen und Kündigungsgründe etc. in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu regeln. Dies umso mehr wenn die angemieteten Geschäftsräume nicht in den Vollanwendungsbereich des MRG fallen. Alle die für eine schriftliche Vertragsgestaltung sprechenden Argumente mussten übrigens den unmittelbar und persönlich beteiligten Rechtsanwälten Y und Z vollkommen klar sein.

Insgesamt ist daher eine mündliche Mietvereinbarung, die generell keine Aussage über die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien enthält, nicht als fremdüblich zu beurteilen. Sie wäre zweifellos in dieser Art unter Familienfremden nicht abgeschlossen worden.

Der Umstand, dass ein Vertragsabschluss für außenstehende Dritte erkennbar sein muss, erfordert nicht unbedingt die Schriftform. Ist jedoch die Schriftform absolut üblich, so führt deren mangelnde Einhaltung zur Nichtanerkennung des Vertrages (vgl. Doralt, a.a.O., § 1 Tz 161/1 mit Hinweis auf VwGH 14.9.1977, 0027, 0162/77 zu einem zwischen Ehegatten abgeschlossenen Darlehensvertrag).

Darlehensverträge zwischen Ehegatten bedürfen gemäß § 1 Abs. 1 lit. b NotAktsG der Notariatsaktsform. Fehlt der Notariatsakt, ist ein gültiger Vertrag nicht zustande gekommen und kann das grundlos Geleistete gemäß § 1435 ABGB zurückgefordert werden. Eine spätere Auflösung der Ehe macht den Darlehensvertrag nicht gültig (vgl. Schubert in Rummel 3, §§ 983, 984, Rz 6 und Rummel in Rummel 3, § 1432, Rz 5).

Im Streitfall kommt es nicht entscheidend darauf an, dass mangels Einhaltung der Vorschriften des Notariatsaktsgesetzes der Darlehensvertrag zwischen den Ehegatten L zivilrechtlich nicht zustandegekommen ist. Ist nämlich ein Rechtsgeschäft wegen eines Formmangels oder wegen eines Mangels der Rechts- und Handlungsfähigkeit nichtig, so ist gemäß § 23 Abs. 3 BAO dies für die Erhebung der Abgaben insoweit und so lange ohne Bedeutung, als die am Rechtsgeschäft beteiligten Personen dessen wirtschaftliches Ergebnis eintreten und bestehen lassen (Doralt, EStG14, § 2 Tz 161/2, Ritz, BAO4, § 23 Tz 12).

Es sind daher auch in einem solchen Fall für die steuerliche Beurteilung des tatsächlich bewirkten wirtschaftlichen Ergebnisses die schon genannten Grundsätze für vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen anzuwenden.

Die fehlende Schriftform, die schon bei nicht bestehender Notariatsaktspflicht die wesentlichen Vertragsbestandteile nicht mit genügender Deutlichkeit erkennen ließe und damit dem Publizitätserfordernis entgegenstünde, kann gegenständlich nicht durch den schon mehrfach erwähnten (wie oben ausgeführt hinterfragungswürdigen) Aktenvermerk des Z saniert werden, zumal auch dieser als Vater bzw. Schwiegervater Teil der familienhaften Verbindungen ist.

Was den klaren, eindeutigen und zweifelsfreien Inhalt betrifft, ist ein solcher mangels erkennbarer Vereinbarungen über gegenseitige Rechte und Pflichten, Rückzahlungsmodalitäten, Zinsen, Sicherheiten etc. zu verneinen.

Schließlich hält die gewählte Vorgangsweise einem Fremdvergleich nicht stand: X erhielt laut Abgabeninformationssystem in den Jahren zwischen 2002, als der Wohnungskauf erfolgte, und dem Streitjahr 2009 als teilzeitbeschäftigte Angestellte bei der Berufungswerberin steuerpflichtige Bezüge zwischen 9.076 € und 12.240,56 € pro Jahr. Zweifelsfrei hätte Y, der als Rechtsanwalt mit florierender Kanzlei hohe Bonität genießt, nicht ein Darlehen bei einer Bank aufgenommen und dieses an eine ihm fremde Person, die ein solch geringes Gehalt bezieht sowie persönlich ein derartiges Bankdarlehen, es sei denn unter Bereitstellung weitreichender Sicherheiten, keinesfalls erhalten hätte, überbunden, damit diese fremde Person Büroräumlichkeiten kaufen und an die Rechtsanwälte-KG vermieten kann, deren Komplementär er ist - dies alles ohne jegliche schriftliche Fixierung von Vertragspunkten. Mit Sicherheit wäre ein derartiges "Geschäft" schon unter nicht rechtskundigen Fremden nicht abgeschlossen worden, umso weniger bei Beteiligung eines Rechtsanwaltes, der kraft seines Studiums und Berufes über ein einschlägiges Fachwissen verfügt.

In Zusammenfassung werden daher die Vereinbarungen zwischen den Ehegatten L bzw. X und der KG nicht den strengen, für Verträge zwischen nahen Angehörigen geltenden Anforderungen gerecht und können sie daher für den Bereich des Steuerrechts keine Anerkennung finden. Die Büroräume, deren Finanzierung bzw. Vermietung Gegenstand dieser Vereinbarungen sind, sind Y als wirtschaftlichem Eigentümer zuzurechnen. Nicht bestritten wird hiebei die Rechtsgültigkeit des zwischen X als Käuferin und RA P als Verkäufer im Februar 2002 in Schriftform und unter Einhaltung aller üblichen Vertragsklauseln einschließlich notarieller Beurkundung und Bestätigung der Echtheit der Unterschriften der Vertragsparteien abgewickelte Kaufvertrages (dieses unter Fremden zustandegekommene Rechtsgeschäft erfüllt somit, ohne dass die oben erläuterten strengen Kriterien gelten würden, die Erfordernisse der Publizität und des eindeutigen, klaren Inhaltes).

Wenn auch grundsätzlich Wirtschaftsgüter dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen sind, gibt es Konstellationen, in denen zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum auseinanderfallen. Dies ist dann der Fall, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer über die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind (Gebrauch, Verbrauch, Veränderung) verfügt und er gleichzeitig den negativen Inhalt des Eigentumsrechtes, nämlich den Ausschluss Dritter, sogar des zivilrechtlichen Eigentümers, von der Einwirkung auf die Sache - wie etwa im Streitfall durch Einräumung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes zu seinen Gunsten - geltend machen kann (vgl. Ritz, BAO4, § 24 Tz 3).

Verwaltungs- und Nutzungsrechte wie Mietrechte allein bewirken kein abweichendes wirtschaftliches Eigentum, solange nicht weitere Rechte übertragen werden, die dem Nutzungsberechtigten eine besondere, über bloße übliche Nutzungsverhältnissen hinausgehende, atypische eigentümerähnliche Stellung zukommen lassen (VwGH 25.9.1984, 81/14/167; 17.4.1989, 88/15/0097). Solche Konstellationen, etwa längerfristig vereinbarte Nutzungs- insbesondere Bestandverhältnisse, haben das Ziel, nicht nur die Nutzung, sondern eine eigentümerähnliche Stellung einzuräumen. Bei diesen Konstellationen ist es aufgrund der langfristigen Vereinbarung wirtschaftlich gesehen und auf die Nutzungsdauer bezogen bedeutungslos, dass der zivilrechtliche Eigentümer einen Herausgabeanspruch hat. Der Nutzungsberechtigte ist aufgrund der Vertragslage (Langfristigkeit, Unkündbarkeit oder unbestimmte Dauer, Einräumung entsprechender Befugnisse sowie Belastungs- und Veräußerungsverbot des Eigentümers) berechtigt, unter Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers die tatsächliche Güterherrschaft auszuüben (vgl. Stoll, BAO, 293).

Im Streitfall ist Y nicht nur alleiniger Komplementär und damit einziger geschäftsführungs- und vertretungsbefugter Gesellschafter der berufungswerbenden KG, sondern auch noch Begünstigter des zu den in Streit stehenden Kanzleiräumlichkeiten verbücherten Veräußerungs- und Belastungsverbotes.

Ein Veräußerungs- und Belastungsverbot ist zunächst ein obligatorisches Rechtsverhältnis, das zur Unterlassung einer Verfügung verpflichtet. Bei Liegenschaften verschafft die Verbücherung hingegen dingliche Wirkung (Drittwirkung), wenn das Verbot zwischen Ehegatten gelten soll, wobei nach der Judikatur des OGH die Scheidung der Ehe die dingliche Wirkung nicht beendet (zB OGH 5 Ob 210/08 f; 2 Ob 129/09 f). Das Verbot begünstigt eine bestimmte Person/bestimmte Personen. Nur die Zustimmung des Verbostbegünstigten ermöglicht die Verfügung. Der Verbotsbelastete muss sich daher um die Erlangung der Zustimmung bemühen.

Das dingliche Verfügungsverbot macht die Verfügung des zivilrechtlichen Eigentümers bzw. des Verbotsbelasteten über das Wirtschaftsgut nichtig und hindert so etwa die Verbücherung eines Verkaufes oder Tausches, einer Sacheinlage in eine GmbH sowie einer Schenkung auf den Todesfall. Das dingliche Belastungsverbot steht einer Verbücherung von Pfandrechten, Servituten oder Bestandverträgen nach § 1095 ABGB entgegen.

Im Streitfall liegt also das Wesentliche, das mit dem Eigentum zu verbinden ist, nämlich die gesicherte, langfristige, eigentumsähnliche Macht des wirtschaftlichen Gebrauches und der Nutzung, die Möglichkeit des tatsächlichen Verfügens wie ein Eigentümer, kurz gesagt die Möglichkeit des Ausschöpfens der wesentlichen, wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Befugnisse, die mit dem Eigentum verbunden sind, bei Y.

Als allein vertretungsbefugter Gesellschafter kann er gegen jedwede rechtswidrige Beeinträchtigung des Bestandrechtes durch Dritte vorgehen und sie von der Nutzung der Kanzleiräumlichkeiten ausschließen. Mangels vereinbarten Untermietverbotes wäre er sogar berechtigt, einem Dritten den Gebrauch des Bestandrechtes oder von Teile desselben einzuräumen. In Zusammenschau mit dem zu seinen Gunsten verbücherten Veräußerungs- und Belastungsverbot ist er somit faktisch in der Lage, über die streitgegenständlichen Räume wie ein Eigentümer zu verfügen.

Auch aus der Warte des wirtschaftlichen Eigentums gemäß § 24 Abs. 1 lit. d BAO gelangt man daher zu einer Zurechnung der Kanzleiräumlichkeiten an Y und - damit verbunden - der Zurechnung der Einkünfte aus dieser Einkunftsquelle an ihn. Dem steht nach der Rechtsprechung des VwGH auch nicht entgegen, dass die Mietzahlungen auf das Konto der Ehegattin X überwiesen wurden (zB VwGH 24.1.1990, 88/13/0243; 15.12.1994, 93/15/0097).

Soweit daher die Abgabenbehörde I. Instanz die Mietzahlungen, die von der Rechtsanwälte - KG an Frau X gingen, dem Y als Einkünfte aus Sonderbetriebsvermögen zugerechnet hat, kann ihr nicht entgegengetreten werden.

Insgesamt war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am 24. Jänner 2013

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 23 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 24 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 15 Abs. 3 MRG, Mietrechtsgesetz, BGBl. Nr. 520/1981
§ 1 Abs. 4 Z 3 MRG, Mietrechtsgesetz, BGBl. Nr. 520/1981
§ 364c ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811

Stichworte