Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn Mutter mit Kind in einen Mitgliedstaat auswandert und der im Inland lebende geschiedene Vater dem persönlichen Anwendungsbereich der VO 1408/71 unterliegt
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom 28. Oktober 2003 gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom 22. Oktober 2003 betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Jänner 1998 bis Oktober 2003 entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er den Zeitraum Jänner 1998 bis Dezember 2001 betrifft, aufgehoben.
Soweit der angefochtene Bescheid den Zeitraum Jänner 2002 bis Oktober 2003 betrifft, wird er insofern abgeändert, als die Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag in der Höhe von insgesamt € 198,-- zurückgefordert wird.
Entscheidungsgründe
Der UFS wies mit Entscheidung vom 30.6.2005, RV/0728-W/05, die Berufung betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Jänner 1998 bis Oktober 2003 für die Tochter N. ab und stellte im Erwägungsteil folgenden Sachverhalt fest.
"Die Berufungswerberin (Bw.) ist österreichische Staatsbürgerin und Mutter zweier Töchter, N., geb. am 1991, und M., geb. am 2002.
Die Bw wohnt seit Sommer 1997 ständig in Griechenland und nicht mehr in Österreich. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet sich seit diesem Zeitpunkt in Griechenland, wo die Bw mit ihren Kindern einen Wohnsitz hat und lebt. Die Tochter N. besucht seit Herbst 1997 in Griechenland die Schule und hält sich seitdem ständig in Griechenland auf. Die Tochter M. wurde in Griechenland (Zakynthos) geboren und hat einen griechischen Mutter-Kind Pass. Ihr Vater ist griechischer Staatsbürger.
Bis 2001 stand die Bw in Griechenland weder in einem Beschäftigungsverhältnis noch war sie arbeitslos gemeldet. Ihr Lebensunterhalt wurde iW von Verwandten und aus Ersparnissen bestritten.
Seit Sommer 2001 ist sie als Reiseleiterin eines griechischen Unternehmens, das für B-Reisen Tagesausflüge durchführt, nichtselbständig beschäftigt, und zwar jeweils von Mai bis Anfang Oktober jeden Jahres.
Die Tochter N. hat sich in den Ferien (Sommer und Weihnachten) überwiegend in Österreich bei Verwandten der Bw aufgehalten und dabei auch ihren unterhaltspflichtigen Vater H.S., der österr Staatsbürger ist und hier lebt und arbeitet, besucht.
Die Bw hat im Inland einen weiteren Wohnsitz, der von ihr kaum benutzt wird."
Ausgehend von diesem Sachverhalt vertrat der UFS die Ansicht, die Voraussetzungen des § 2 Abs 8 Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl Nr 376/1967 idgF (FLAG), wonach Personen mit einem Wohnsitz sowohl im Bundesgebiet als auch im Ausland nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe haben, wenn der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet liegt und sich die Kinder ständig im Bundesgebiet aufhalten, lägen nicht vor, da die Bw den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen und die Tochter N. den ständigen Aufenthalt im Streitzeitraum in Griechenland habe.
Gemäß Judikatur des VwGH sei einer Person, die den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Ausland habe, auch die Ausgleichszahlung nach § 4 FLAG zu versagen.
Nach den Bestimmungen des FLAG bestehe daher kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Aber auch die Verordnung (EWG) 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern idgF (VO) sei nicht anzuwenden. Sie gelte grs für alle Bürger der Union, die einer selbständigen oder nichtselbständigen Tätigkeit nachgehen, sowie für Arbeitslose und Hinterbliebene. Bis zum Beschäftigungsbeginn der Bw im Sommer 2001 könne die VO daher nicht zur Anwendung gelangen. Nach Beschäftigungsbeginn sei die VO zwar grs anwendbar und gelte auch für Familienleistungen wie die Familienbeihilfe, allerdings gelte hier das Beschäftigungslandprinzip. Habe eine Person den Mittelpunkt der Lebensinteressen in einem Mitgliedstaat und übe sie nur dort eine Beschäftigung aus, so würden nur die innerstaatlichen Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaates gelten. Die Art 72a ff) der VO (EWG) 1408/71, die die Familienleistungen behandelten, seien allesamt nicht anwendbar, da im ggstdl Fall nur ein Mitgliedstaat betroffen und kein Inlandsbezug gegeben sei. Ein Anknüpfungspunkt, weshalb die Bw auf Grund zwingender Anwendungen österreichischer Rechtsvorschriften laut zit VO Familienleistungen von Österreich erhalten sollte, könne nicht erblickt werden.
Die Bw legte Beschwerde beim VwGH ein und berief sich für den Zeitraum 1.1.1998 bis Sommer 2001 auf Art 73 VO, welcher bestimme, dass ein Arbeitnehmer, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats (MS) unterliege, für seine Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderen MS wohnten, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des ersten Staates habe, als ob diese Familienangehörigen im Gebiete dieses Staates wohnten. Die Beschwerdeführerin (Bf) hätte als geschiedene Ehegattin eines Arbeitnehmers, der den Rechtsvorschriften Österreichs und damit eines MS unterliege, aG des Art 73 der VO im MS der Beschäftigung Anspruch auf eine Leistung wie die Familienbeihilfe.
Für den Zeitraum Sommer 2001 bis 31.10.2003 folge der Anspruch auf Familienbeihilfe aus den mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechten der Bf., insbesondere dem Recht auf Freizügigkeit.
Der VwGH fasste am 25. Juni 2008, Zl EU 2008/0002, den Beschluss, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) gemäß Art 234 EG-Vertrag folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
"1. Ergibt sich aus der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 ...., dass die nicht berufstätige geschiedene Ehefrau eines in Österreich wohnhaften und nichtselbständig tätigen Mannes ihren Anspruch auf Familienbeihilfe (für ein Kind) gegenüber Österreich beibehält, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat einen Wohnsitz begründet und dorthin den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen verlegt, und wenn sie dort weiterhin nicht berufstätig ist?
2. Kommt für die Beantwortung der Frage 1. dem Umstand Bedeutung zu, dass Österreich, wo der geschiedene Ehemann verbleibt und er ausschließlich wohnhaft und berufstätig ist, diesem Mann unter bestimmten Voraussetzungen den Anspruch auf Familienbeihilfe (für das Kind) einräumt, wenn der Anspruch der geschiedenen Ehefrau nicht mehr besteht?
3. Ergibt sich aus der Verordnung ein Anspruch der geschiedenen Ehefrau auf Familienbeihilfe (für das Kind) gegenüber Österreich, wo der geschiedene Mann und Kindesvater wohnhaft und berufstätig ist, wenn gegenüber den in der Frage 1. angegebenen Verhältnissen dadurch eine Änderung eintritt, dass die Ehefrau im neuen Mitgliedstaat eine Berufstätigkeit aufnimmt?"
Der EuGH beantwortete mit Urteil vom 26.11.2009, Zl C-363/08 die Fragen wie folgt.
1. Art. 73 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine geschiedene Person, die von dem zuständigen Träger des Mitgliedstaats, in dem sie gewohnt hat und in dem ihr früherer Ehegatte weiterhin lebt und arbeitet, Familienbeihilfe erhalten hat, für ihr Kind, sofern es als Familienangehöriger des früheren Ehegatten im Sinne von Art. 1 Buchst. f Ziff. i dieser Verordnung anerkannt ist, den Anspruch auf diese Beihilfe beibehält, obwohl sie diesen Staat verlässt, um sich mit ihrem Kind in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen, in dem sie nicht berufstätig ist, und obwohl der frühere Ehegatte die betreffende Beihilfe in seinem Wohnmitgliedstaat beziehen könnte.
2. Übt eine Person, die sich in einer Situation wie derjenigen der Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens befindet, im Mitgliedstaat ihres Wohnsitzes eine Berufstätigkeit aus, die tatsächlich einen Anspruch auf Familienleistungen begründet, so ruht gemäß Art. 76 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung der Anspruch auf die nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem ihr früherer Ehegatte berufstätig ist, geschuldeten Familienleistungen bis zur Höhe des in den Rechtsvorschriften ihres Wohnmitgliedstaats vorgesehenen Betrags.
Der VwGH hob mit Erkenntnis vom 2.2.2010, Zl 2009/15/0204, den Bescheid des UFS wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts auf und führte im Erwägungsteil iW aus:
"Der Beschwerdeführerin wurde für ihre Tochter N. im Streitzeitraum die Familienbeihilfe gewährt. Ihr früherer Ehemann wohnt in Österreich, ist hier berufstätig, ist als Vater N.s zu deren Unterhalt verpflichtet und ist dieser Unterhaltspflicht nicht nachgekommen. Das Kind, für welches die Leistung gewährt wurde, ist auch im Sinne der VO Familienangehöriger des geschiedenen Ehemannes der Beschwerdeführerin. Der Beschwerdefall fällt somit in den Anwendungsbereich der VO. Nach Punkt 1 des Tenors des Urteiles des EuGH hat die Beschwerdeführerin unter den hier gegebenen Umständen den Anspruch auf die Familienbeihilfe beibehalten, solange sie in Griechenland nicht berufstätig ist. Bis zur Aufnahme einer Berufstätigkeit der Beschwerdeführerin in Griechenland bestand ihr Anspruch zu Recht mit der Folge, dass die Rückforderung der Leistung rechtswidrig ist.
Nach Punkt 2 des Tenors des Urteils des EuGH ist ab dem Zeitpunkt der Aufnahme einer Berufstätigkeit der Beschwerdeführerin in Griechenland zunächst zu prüfen, ob diese Tätigkeit in Griechenland einen Anspruch auf Familienleistungen nach dem Recht Griechenlands begründet. Begründet diese Tätigkeit in Griechenland keinen Anspruch auf Familienleistungen nach griechischem Recht, so hat diese Tätigkeit keinen Einfluss auf den Anspruch der Beschwerdeführerin auf die österreichische Familienleistung und wäre auch in diesem Fall die Rückforderung der gegenständlichen Leistung für diesen Zeitraum rechtswidrig. Würde die Berufstätigkeit der Beschwerdeführerin in Griechenland einen Anspruch auf Familienleistungen nach griechischem Recht begründen, würde dies zu einem Ruhen des Anspruches auf Familienbeihilfe bis zur Höhe des nach den griechischen Vorschriften vorgesehenen Betrages führen. Erreichte die Familienleistung nach den griechischen Vorschriften die Höhe der gegenständlichen Familienleistung, würde diese zur Gänze geruht haben und wäre in diesem Zeitraum der Rückforderungsanspruch begründet. Wäre die griechische Familienleistung niedriger als die tatsächlich von Österreich gewährte Familienleistung, würde nur in diesem Ausmaß die Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag ruhen und in diesem Ausmaß rückforderbar sein. ..."
Im fortgesetzten Verfahren RV/0554-W/10 führte der UFS Ermittlungen durch. Die Behörde forderte die Bw mit Vorhalt vom 5.5.2010 auf, uA folgende Fragen zu beantworten und die Bw beantwortete diese mit Telefax vom 29.6.2010 wie folgt:
Frage: Weisen Sie durch geeignete Unterlagen nach, dass der Kindesvater H. S. für N. in welcher Höhe unterhaltspflichtig ist. Antwort: Es gibt keine Unterlagen. Frage: Welche Beträge an Unterhalt hat der Kindesvater im Streitzeitraum gezahlt? Antwort: Minimale Unterstützung ab 2000. Frage: War der Kindesvater im Streitzeitraum Ihres Wissens nach in Österreich sozialversichert? Antwort: Privatversichert. Frage: War der Kindesvater im Streitzeitraum Ihres Wissens nach in Österreich beschäftigt oder arbeitslos? Wann war er beschäftigt? Wann war er arbeitslos? Antwort: Nein. Frage: In welchem Zeitraum genau waren Sie in Griechenland berufstätig? Antwort: Ich war ab Mai 2001 bis Oktober 2001, Mai 2002 bis Oktober 2002, Mai 2003 bis Oktober 2003 bei P. T. ... tätig. Ab Oktober 2002 bis März 2003 und Oktober 2003 - März 2004 arbeitslos gemeldet. Frage: Wie hoch war Ihr Einkommen aus dieser Berufstätigkeit? Antwort: ca. 750 Euro/Monat Frage: Waren Sie selbständig oder nichtselbständig berufstätig? Antwort: Nichtselbständig Frage: Waren Sie in Griechenland sozialversichert? Antwort: Ab Mai 2001 Frage: Haben Sie in Griechenland Familienbeihilfe für N. bezogen? Antwort: Nein Frage: ... Hatten Sie in Griechenland im Streitzeitraum Ihrer Ansicht nach Anspruch auf griechische Familienbeihilfe für N.? Antwort: ?
Darüber hinaus führte die Bw aus: "Beiliegend Zeugnisse von N. J. ... Die Schulzeugnisse sind natürlich griechisch. Mittlerweile studiert N. J. an der Universität Patra Mathematik. Beweis genug, dass sie ihrer Schulpflicht nachgekommen ist. H. S. hat nie wirklich bezahlt in diesem Zeitraum."
Beigelegt waren Unterlagen in griechischer Sprache, welche offenbar N. betreffen, weiters die Geburtsurkunde von N. und ein Sorgerechtsbeschluss vom 17.12.2002, wonach die alleinige Obsorge für N. der Bw zusteht.
Der UFS forderte weiters mit Schreiben vom 29.6.2010 einen Datenauszug des H. S. an. Dieser wurde am 5.7.2010 übermittelt. Demnach war H. S. ab 1.1.1994 gem. § 16 ASVG in der Krankenversicherung selbstversichert.
Der UFS stellte mittels Auskunftsersuchens vom 29.11.2010 folgende Fragen an H. S..
1. Waren Sie im Zeitraum von 1.1.1998 - 31.10.2003 nichtselbständig beschäftigt, arbeitslos oder selbständig tätig? Waren Sie in diesem Zeitraum sozialversichert (Unfall-, Kranken-, Pensionsversicherung?) Handelte es sich um eine Pflichtversicherung oder eine freiwillig Versicherung? Waren Sie im genannten Zeitraum für mj N. J. unterhaltspflichtig? Wenn ja, in welcher Höhe? Weisen Sie dies durch geeignete Unterlagen nach zB Scheidungsvergleich oÄ.
2. Haben Sie in diesem Zeitraum Unterhalt für N. geleistet? Wenn ja, in welcher Höhe? Weisen Sie dies durch geeignete Unterlagen nach zB Kontoauszüge. Wenn nein, warum nicht?
Hr S. beantwortete den Vorhalt wie folgt:
"... Ich machte im genannten Zeitraum eine Ausbildung zu Lebensberater und war selbst versichert. Während dieses Zeitraums unterstützten mich mein Vater P S. und meine Lebensgefährtin. Ich war in diesem Zeitraum für N. J. unterhaltspflichtig und zahlte ca. € 250,-- monatlich. Sende Ihnen in der Beilage handschriftliche Zahlungsbestätigungen von R. S., da ich ihr das Geld meistens bar gegeben habe, wenn sie in Österreich war. ..."
Beigelegt war ein Beschluss über die Scheidung der Ehe im Einvernehmen der R. S. und des H. S. vom 6.12.1989; ferner waren diverse handschriftliche Bestätigungen der R. S. betreffend erhaltene Unterhaltszahlungen für N. J. und den Verzicht auf weitere Forderungen, sowie zwei Überweisungsbelege über bezahlte Geldbeträge des H. S. an R. S..
Mit Schreiben vom 16.12.2000 forderte der UFS die Bw auf, nachstehende Fragen zu beantworten und allenfalls Unterlagen vorzulegen:
1. Laut Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung war Hr. H. S. im Zeitraum von 1.1.1998 - 31.10.2003 in der Krankenversicherung gem. § 16 ASVG selbstversichert. Diese Möglichkeit besteht für Personen, die nicht in einer gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind. Demnach war Hr. S. in diesem Zeitraum weder beschäftigt noch arbeitslos. Auch nach seiner eigenen Auskunft war er selbst versichert. Um Stellungnahme wird gebeten! 2. Laut Ihrer Auskunft erhielten Sie von Hrn. S. an Unterhaltsbeiträgen "minimale Unterstützung ab 2000." Laut vorliegenden und Ihnen in Kopie übermittelten Bestätigungen (Beilagen 1 - 5) erhielten Sie jedenfalls ab 2000 regelmäßige Unterhaltsleistungen und stellten für den zurückliegenden Zeitraum keine weiteren Forderungen. Um Stellungnahme wird gebeten! 3. Von wem wurde festgestellt, dass Hr. S. für mj. N. J. unterhaltspflichtig ist und in welcher Höhe? Sollte die Unterhaltspflicht niemals behördlich festgestellt worden sein, auf welchen monatlichen Betrag, der ab wann zu zahlen ist, haben Sie sich mit Hrn. S. geeinigt? Wurde eine schriftliche Vereinbarung darüber aufgesetzt? Hätten Sie den Betrag von Hrn. S. einklagen können? Wurde die Vaterschaft von Hrn. S. anerkannt oder festgestellt? Bitte um Vorlage allfälliger Unterlagen!"
Die Bw beantwortete den Vorhalt mit Schreiben vom 3.1.2011 wie folgt:
"...1. Laut meines Wissens ist Herr S. H. als Künstler privat versichert. 2. Wie gesagt habe ich kleinere Beträge, oder Entschädigung (Auto im Wert von max. 1000 Euro) ab 2000 bekommen. Um den Frieden zu sichern, habe ich keine weiteren Forderungen gestellt oder gerichtliche Schritte unternommen und ihm die Zahlungsbestätigungen unterschrieben. 3. H. S. ist Vater von N. J., was die Geburtsurkunde bestätigt. Ist mitversichert. - es wurde nie ein Betrag festgesetzt - keine schriftliche Vereinbarung - meines Wissens nach ja, aber schwierig, da er kein regelmäßiges Einkommen hat und ich mich im Ausland aufhalte - Vaterschaft laut Geburtsurkunde und mitversichert mit Hr. S. ..."
Beigelegt war die E-Card der N. J..
Der UFS stellte mit Entscheidung vom 23.2.2011, RV/0554-W/10, folgenden Sachverhalt fest:
"Die Berufungswerberin (Bw.) ist österreichische Staatsbürgerin und Mutter zweier Töchter, N., geb. am 1991 , und M., geb. am 2002.
Die Bw wohnt seit Sommer 1997 ständig in Griechenland und nicht mehr in Österreich. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet sich seit diesem Zeitpunkt in Griechenland, wo die Bw mit ihren Kindern einen Wohnsitz hat und lebt. Die Tochter N. besucht seit Herbst 1997 in Griechenland die Schule und hält sich seitdem ständig in Griechenland auf. Die Tochter M. wurde in Griechenland (Zakynthos) geboren und hat einen griechischen Mutter-Kind Pass. Ihr Vater ist griechischer Staatsbürger.
Bis 2001 stand die Bw in Griechenland weder in einem Beschäftigungsverhältnis noch war sie arbeitslos gemeldet. Ihr Lebensunterhalt wurde iW von Verwandten und aus Ersparnissen bestritten.
Seit Mai 2001 ist sie als Reiseleiterin eines griechischen Unternehmens, das für B-Reisen Tagesausflüge durchführt, nichtselbständig beschäftigt, und zwar jeweils von Mai bis Anfang Oktober jeden Jahres. Seit Mai 2001 ist sie in Griechenland aG der beschriebenen Tätigkeit durchgehend sozialversichert.
Die Tochter N. ist bei ihrer Mutter in Griechenland haushaltszugehörig. Sie hat sich nur in den Ferien (Sommer und Weihnachten) oft in Österreich bei Verwandten der Bw aufgehalten und dabei auch ihren Vater H.S., der österr. Staatsbürger ist und hier lebt, besucht.
Die Ehe der Bw mit Hrn. S. wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts X am 6.12.1989 im Einvernehmen mit der Wirkung geschieden, dass sie mit Eintritt der Rechtskraft seit 28.12.1989 aufgelöst ist. Für das am 1991 geborene gemeinsame Kind N.J. wurde kein Unterhalt festgesetzt und es gibt auch keine schriftliche Vereinbarung zwischen der Bw und Hrn. S. über zu leistende Unterhaltszahlungen. Hr. S. zahlte für N. im Streitzeitraum freiwillige monatliche Unterhaltsbeträge an die Bw in unterschiedlicher Höhe.
Herr S. war letztmalig vom 3.6.1991 bis 27.9.1991 als Arbeiter nichtselbständig beschäftigt. Vom 24.2.1992 bis 31.8.1992 erhielt er Arbeitslosengeldbezug. Seitdem und somit auch im gesamten Streitzeitraum ist er weder nichtselbständig noch selbständig tätig. Er ist auch weder arbeitslos gemeldet noch geringfügig beschäftigt oder Student.
Seit 1.1.1994 ist er in der Krankenversicherung gem. § 16 ASVG freiwillig selbstversichert.
Im Streitzeitraum bestritt er seinen Lebensunterhalt durch Unterstützungen seines Vaters und seiner Lebensgefährtin.
Die Bw hat im Inland einen weiteren Wohnsitz, der jedoch von ihr kaum benutzt wird."
Ausgehend von diesem Sachverhalt wies der UFS die Berufung ab und vertrat die Ansicht, Anspruch auf Familienbeihilfe nach dem FLAG vermittle ein Kind mit ständigem Aufenthalt in Österreich und ab 30. Dezember 2000 auch mit ständigem Aufenthalt in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes. Der Anspruch auf Familienbeihilfe stehe der Person zu, die die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1, 2 und 8 FLAG erfüllt; unter hier nicht interessierenden Voraussetzungen hätten auch Kinder Anspruch auf Familienbeihilfe für sich selbst. Eine Person, die im Bundesgebiet ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, und zu deren Haushalt das Kind gehört, habe Anspruch auf Familienbeihilfe. Gehöre ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so gehe der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils würde vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt. Die Familienbeihilfe stelle eine Familienleistung (nach Art 4 Abs. 1 lit. h der Verordnung) dar, die Österreich den Anspruchsberechtigten - von der hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme des § 3 Abs. 1 FLAG abgesehen - unabhängig von einem Versicherungs- oder Beschäftigungsverhältnis gewähre.
Diese Voraussetzungen für die Gewährung von Familienbeihilfe an die Bw wären zu Beginn der Familienbeihilfenzahlungen an die Bw gegeben. Im Jahr 1997 habe die Bw sodann in Griechenland einen Wohnsitz begründet und den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen dorthin verlegt. Für darauf folgende Zeiträume stehe nach innerstaatlichem Recht (§ 2 Abs. 8 FLAG) ihrem Anspruch auf Familienbeihilfe der Umstand entgegen, dass sie in Österreich nicht mehr den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen habe. Stehe der Beschwerdeführerin der Anspruch auf Familienbeihilfe nicht zu, so bestehe ein gleichartiger Anspruch für den in Österreich verbliebenen geschiedenen Ehemann und Kindesvater. Ihm käme allerdings dann kein Anspruch zu, wenn er nicht überwiegend die Unterhaltskosten für das Kind trüge.
Die Verpflichtung zur Rückzahlung von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe gemäß § 26 FLAG stelle ausschließlich auf objektive Momente ab. Entscheidend sei somit lediglich, ob im betroffenen Zeitraum die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe gegeben wären.
Die Bw, in deren Haushalt die Tochter N. lebe, hätte im gesamten Rückzahlungszeitraum den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen nicht im Bundesgebiet. Unstrittig sei, dass die Bw nach innerstaatlichem Recht in diesem Zeitraum keinen Anspruch auf Familienbeihilfe gehabt habe.
Die Verordnung (EG) 1408/71 (in der Folge: VO) sei im ggstdl Fall - im Gegensatz zur Auffassung der Bw - nicht anwendbar. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergäbe sich, dass die Bw die frühere Ehefrau von Hrn S. sei, der im Streitzeitraum nicht unter Art 1 der VO falle.
Wer als Arbeitnehmer oder Selbständiger gelte, sei in Art 1 lit a VO geregelt. Demnach müsse es sich um Personen handeln, die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmern oder Selbständige oder einem Sondersystem für Beamte erfasst werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert seien; ein im Rahmen eines für alle Einwohner oder die gesamte erwerbstätige Bevölkerung geltenden Systems der sozialen Sicherheit Versicherter sei dann erfasst, wenn diese Person aufgrund der Art der Verwaltung oder der Finanzierung dieses Systems als Arbeitnehmer oder Selbständiger unterschieden werden könne oder die in Anhang I für die einzelnen Mitgliedstaaten aufgezählten Kriterien erfülle.
Im Wesentlichen seien somit drei Kriterien zu erfüllen:
- Die Einbeziehung als Versicherter in das soziale Sicherungssystem eines Mitgliedstaates als Pflicht- oder freiwillig Versicherter;
- Die Unterscheidbarkeit einer solchen Person in diesem System als Arbeitnehmer, Selbständiger, Beamter oder Studierender;
- Sowie die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates oder Familienangehörigkeit eines Staatsangehörigen.
Der EuGH habe den Begriff des Arbeitnehmers ursprünglich gemeinschaftsrechtlich unter Bezugnahme auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer interpretiert. Davon sei er mit der Zeit abgegangen und zu einem eigenen sozialversicherungsrechtlichen Anknüpfungspunkt übergegangen.
Somit betrachte der EuGH jede Person, die auch nur gegen ein einziges Risiko bei einem der in Art 1 lit. a VO genannten, allgemeinen oder besonderen Systemen der sozialen Sicherheit unabhängig vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses pflichtversichert oder freiwillig versichert sei, als Arbeitnehmer.
Ein freiwilliges Versicherungsverhältnis sei nur dann für die Anwendung der VO ausreichend, wenn die betreffende Person in einem Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt sei oder eine selbständige Tätigkeit ausübe, oder unmittelbar vorher in einem Sozialversicherungssystem für Arbeitnehmer oder Selbständige gegen dasselbe Risiko pflichtversichert war (Weiterversicherung).
Entscheidend sei somit uA, ob jemand in einem für Arbeitnehmer oder Selbständige geschaffenen System der sozialen Sicherheit pflicht- oder freiwillig versichert sei.
Die dargelegten Kriterien träfen auf Hrn. S. nicht zu. Er sei weder Arbeitnehmer (auch nicht arbeitslos oder geringfügig beschäftigt) noch Selbständiger, Beamter oder Studierender. Er sei nicht in einem für Arbeitnehmer oder Selbständige geschaffenen System der sozialen Sicherheit pflicht- oder freiwillig versichert.
Hr S. sei letztmals bis 27.9.1991 nichtselbständig beschäftigt gewesen. Bis 31.8.1992 habe er Arbeitslosengeldbezug erhalten und sei bis dahin pflichtversichert gewesen.
Die ab 1.1.1994 bestehende Krankenversicherung gem. § 16 ASVG sei eine freiwillige Selbstversicherung. Es handle sich weder um eine Pflicht- noch um eine Weiterversicherung in einem für Arbeitnehmer geschaffenen System der sozialen Sicherheit.
Nach dem festgestellten Sachverhalt sei Hr. S. im Streitzeitraum gegen kein einziges Risiko im Rahmen eines der in Art. 1 Buchstabe a der VO genannten allgemeinen oder besonderen Systeme der sozialen Sicherheit in Österreich pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert gewesen.
Er unterliege daher nach Art 1 der VO nicht dem persönlichen Anwendungsbereich der VO.
In der Zeit von Jänner 1998 bis (inklusive) April 2001 sei die Bw in Griechenland zwar wohnhaft, aber weder nichtselbständig oder selbständig tätig, noch arbeitslos gemeldet oder geringfügig beschäftigt gewesen. Sie hätte bis zur Aufnahme ihrer Tätigkeit in Griechenland im Jahr 2001 keine staatlichen Leistungen von Österreich außer den zurückgeforderten Familienleistungen erhalten. Sie habe in Österreich in keiner Beschäftigung gestanden und sei hier auch nicht arbeitslos gemeldet gewesen.
Die Bw sei in diesem Zeitraum gegen kein einziges Risiko im Rahmen eines der in Art. 1 Buchstabe a der VO genannten allgemeinen oder besonderen Systeme der sozialen Sicherheit pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert gewesen.
Sie unterliege daher nach Art 1 der VO nicht dem persönlichen Anwendungsbereich der VO.
Durch die Verlegung des Mittelpunktes ihrer Lebensinteressen nach Griechenland hätte sie ihren bis dahin unstrittigen Anspruch auf die zurückgeforderten Leistungen verloren.
Unbestritten sei, dass die Bw nach innerstaatlichem Recht durch Verlegung des Mittelpunktes ihrer Lebensinteressen in einen anderen Mitgliedstaat ihren innerstaatlichen Anspruch auf die Familienleistungen verliert.
Da der ehemalige Ehegatte (für den gesamten Streitzeitraum) und die Bw (bis April 2001) nicht dem persönlichen Anwendungsbereich der VO unterlägen, sei diese in diesem Zeitraum nicht anzuwenden. Anzuwenden seien daher ausschließlich die maßgeblichen innerstaatlichen Rechtsnormen.
Die Bw, in deren Haushalt die Tochter N. lebte, hätte im gesamten Rückzahlungszeitraum den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen nicht im Bundesgebiet.
In diesem Zeitraum hätte die Bw nach innerstaatlichem Recht unbestritten keinen Anspruch auf Familienbeihilfe. Durch die Verlegung des Mittelpunktes ihrer Lebensinteressen nach Griechenland hätte sie ihren bis dahin unstrittigen Anspruch auf die zurückgeforderten Leistungen verloren.
Für den Zeitraum 1.5.2001 bis 31.10.2003 sei zwar die VO auf die Bw grs anwendbar, da sie in Griechenland nichtselbständig tätig bzw arbeitslos gemeldet und durchgehend sozialversichert gewesen sei. Allerdings sei auf Art 13 VO zu verweisen. Demzufolge gelte das Beschäftigungslandprinzip. Die Bw sei in Griechenland nichtselbständig beschäftigt, sozialversichert und wohne auch dort. Daher unterliege sie nur den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats. Arbeitnehmer und selbständige Bürger der Union hätten zwecks Vermeidung von Diskriminierungen zwischen Staatsangehörigen und EU Bürgern innerhalb eines Mitgliedstaats, die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnten, dort auch Anspruch auf staatliche Familienleistungen wie sie Staatsangehörigen dieses Staates zukomme.
Es gehe um eine Zuteilungsregel, welcher Mitgliedstaat für Ansprüche zuständig sei.
Andernfalls könnte jeder Arbeitnehmer oder Selbständige, der von einem Mitgliedstaat in einen anderen übersiedelt, die jeweils höhere Leistung jedes Mitgliedstaats auswählen. Denn diese Person wäre jedenfalls diskriminiert: entweder im Verhältnis zu den Personen, die im Herkunftsland wohnen, falls dort die Leistungen höher sind; oder im Verhältnis zu den Personen, die im Beschäftigungsland wohnen, falls dort die Leistungen höher sind.
Ein solcher Anspruch existiere jedoch nicht und würde auch durch die Unionsbürgerschaft nicht statuiert. Die Rechtswirkungen der Unionsbürgerschaft iVm Art 12 EG-Vertrag dürften nicht über die Rechtswirkungen der VO hinausgehen, also Leistungen begründen, die die VO ausdrücklich ausschließe. Die Rechtswirkungen der Unionsbürgerschaft kämen nur dann zum Tragen, wenn der Sachverhalt nicht unter eine speziellere Vorschrift falle.
Es bestehe daher auch in diesem Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Darüber hinaus werde festgestellt, dass nach dem Erkenntnis des EuGH von den innerstaatlichen Behörden zu prüfen sei, ob das Kind iSd FLAG als "Familienangehöriger" seines Vaters angesehen werden könnte und wenn nein, ob sein Unterhalt überwiegend von seinem Vater bestritten worden sei. Dies sei nach der Judikatur des EuGH bereits dann der Fall, wenn der Vater zu entsprechenden Unterhaltszahlungen verpflichtet sei.
Unbestritten sei, dass N. bei ihrem Vater nicht haushaltszugehörig sei. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehöre, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend traget, würde die in Art 1 lit. f Z i der VO aufgestellte Voraussetzung im Ausgangsverfahren erfüllen. Der Kindesvater wäre bei Tragung der überwiegenden Unterhaltskosten - unter der Prämisse des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen - anspruchsberechtigt, da Art 1 lit f der VO bestimme, dass für den Fall, dass nach den Bezug habenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften eine Person nur dann als Haushaltsangehöriger angesehen werde, wenn sie mit dem Arbeitnehmer in häuslicher Gemeinschaft lebe, diese Voraussetzung als erfüllt gelte, wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von diesem bestritten würde. Die Bestimmungen der genannten VO wären in derartigen Fällen anzuwenden und könnten einen Anspruch auf Familienbeihilfe im Inland begründen, da nach Art 1 lit f VO die Tatsache der überwiegenden Kostentragung ausreiche, um die Haushaltsangehörigkeit einer Person iSd FLAG zu fingieren.
Im ggstdl Fall sei der Kindesvater allerdings nicht zu Unterhaltszahlungen verpflichtet. Sowohl die Bw als auch der Kindesvater führten übereinstimmend aus, dass es keine rechtlich festgestellte Verpflichtung oder schriftliche Vereinbarung über zu leistende Unterhaltszahlungen gäbe. Hr. S. leiste Beträge demnach freiwillig und in unterschiedlicher Höhe.
Hr. S. sei daher nicht zur Zahlung von überwiegenden Unterhaltsleistungen verpflichtet und werde der Kindesunterhalt nach dem Vorbringen der Bw und den vorgelegten Zahlungsbestätigungen auch nicht überwiegend von ihm bestritten.
Das Kind sei somit nicht "Familienangehöriger" des Kindesvaters iSd VO und falle somit ebenfalls nicht in den persönlichen Anwendungsbereich der VO (s Art 2). Diese gelte nämlich uA "für Arbeitnehmer ...sowie für deren Familienangehörige."
Daher sei zusätzlich auch aus diesem Grund für die Bw - die ihren Anspruch nur vom Anspruch ihres geschiedenen Ehegatten herleiten könnte, welcher (neben der im ggstdl. Fall nicht gegebenen Voraussetzung, dass die VO für den Kindesvater persönlich anwendbar wäre) zur Voraussetzung hätte, dass das Kind dessen Familienangehöriger wäre - kein Familienbeihilfenanspruch und somit auch kein Anspruch auf Differenzzahlung gegeben. Die Bestimmungen der Art 73ff der VO würden nämlich nur für "Familienangehörige" eines "Arbeitnehmers" oder "Selbständigen", wenn die Familienangehörigen im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnten, gelten und seien daher nicht anwendbar.
Der Rückforderungsbescheid des Finanzamtes sei daher zu Recht erfolgt.
Die Bw erhob Beschwerde beim VwGH.
Dieser hob den Bescheid des UFS mit Erkenntnis vom 27.9.2012, Zl. 2011/16/0189, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts auf.
Über die Berufung wurde erwogen:
Folgender Sachverhalt steht fest.
Die Berufungswerberin (Bw) ist österreichische Staatsbürgerin und Mutter zweier Töchter, N., geb am 1991, und M., geb am 2002.
Die Bw wohnt seit Sommer 1997 ständig in Griechenland und nicht mehr in Österreich. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet sich seit diesem Zeitpunkt in Griechenland, wo die Bw mit ihren Kindern einen Wohnsitz hat und lebt. Die Tochter N. besucht seit Herbst 1997 in Griechenland die Schule und hält sich seitdem ständig in Griechenland auf. Die Tochter M. wurde in Griechenland (Zakynthos) geboren und hat einen griechischen Mutter-Kind Pass. Ihr Vater ist griechischer Staatsbürger.
Bis 2001 stand die Bw in Griechenland weder in einem Beschäftigungsverhältnis noch war sie arbeitslos gemeldet. Ihr Lebensunterhalt wurde iW von Verwandten und aus Ersparnissen bestritten.
Seit Mai 2001 bis zum Ende des Streitzeitraumes war sie als Reiseleiterin eines griechischen Unternehmens, das für B.-Reisen Tagesausflüge durchführt, nichtselbständig beschäftigt, und zwar jeweils von Mai bis Anfang Oktober jeden Jahres (2001, 2002 und 2003). Von Oktober 2002 bis März 2003 und von Oktober 2003 bis März 2004 war sie arbeitslos gemeldet.
Seit Mai 2001 bis zum Ende des Streitzeitraumes war sie in Griechenland aG der beschriebenen Tätigkeit durchgehend sozialversichert. In den Jahren 2001 bis 2003 konnte die Bw jeweils mehr als 50 Versicherungstage nachweisen.
Die Tochter N. ist bei ihrer Mutter in Griechenland haushaltszugehörig. Sie hat sich nur in den Ferien (Sommer und Weihnachten) oft in Österreich bei Verwandten der Bw aufgehalten und dabei auch ihren Vater H. S., der österreichischer Staatsbürger ist und hier lebt, besucht.
Die Ehe der Bw mit Hrn. S. wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts X am 6.12.1989 im Einvernehmen mit der Wirkung geschieden, dass sie mit Eintritt der Rechtskraft seit Dezember 1989 aufgelöst ist. Für das am 1991 geborene gemeinsame Kind N. J. wurde kein Unterhalt festgesetzt und es gibt auch keine schriftliche Vereinbarung zwischen der Bw und Hrn. S. über zu leistende Unterhaltszahlungen. Hr. S. zahlte für N. im Streitzeitraum Jänner 1998 bis Oktober 2003 freiwillige monatliche Unterhaltsbeträge an die Bw in unterschiedlicher Höhe.
Herr S. war letztmalig vom 3.6.1991 bis 27.9.1991 als Arbeiter nichtselbständig beschäftigt. Vom 24.2.1992 bis 31.8.1992 erhielt er Arbeitslosengeldbezüge. Seitdem und somit auch im gesamten Streitzeitraum ist er weder nichtselbständig noch selbständig tätig. Er ist auch weder arbeitslos gemeldet noch geringfügig beschäftigt oder Student.
Seit 1.1.1994 ist er in der Krankenversicherung gem. § 16 ASVG freiwillig selbstversichert. Dies ist der einzige Zweig der sozialen Sicherheit, in dem er versichert ist.
Im Streitzeitraum bestritt er seinen Lebensunterhalt durch Unterstützungen seines Vaters und seiner Lebensgefährtin.
Die Bw. hat im Inland einen weiteren Wohnsitz, der jedoch von ihr kaum benutzt wird.
Der Sachverhalt wurde weitgehend bereits im Erkenntnis des UFS vom 23.2.2011, RV/0554-W/10, festgestellt und blieb insoweit unbestritten.
Die Ausführungen über die Beschäftigungsverhältnisse der Bw in Griechenland beruhen auf ihren eigenen Angaben im (Vor)verfahren RV/0554-W/10. (Siehe Vorhalt vom 5.5.2010 und Beantwortung vom 29.6.2010; auf diese Beweismittel wird verwiesen). So gab die Bw selbst die Zeiträume ihrer nichtselbständigen Tätigkeit und die Zeiten der gemeldeten Arbeitslosigkeit an und führte aus, dass sie ab Mai 2001 sozialversichert war. Daraus ergibt sich rechnerisch die Tatsache der mehr als 50 Versicherungstage in den Jahren 2001, 2002 und 2003.
Rechtlich ist auszuführen wie folgt:
Einleitend ist auszuführen, dass die Verwaltungsbehörden gem § 63 Abs. 1 VwGG in dem Fall einer Bescheidaufhebung durch den VwGH verpflichtet sind, in dem betreffenden Fall den der Rechtsanschauung des VwGH entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG tritt durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte.
Die Voraussetzungen für die Gewährung von Familienbeihilfe an die Beschwerdeführerin waren zu Beginn der Familienbeihilfenzahlungen an die Beschwerdeführerin bis zur Verlegung ihres Wohnsitzes nach Griechenland unbestritten gegeben. Im Jahr 1997 hat die Beschwerdeführerin sodann in Griechenland einen Wohnsitz begründet und den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen dorthin verlegt. Für darauf folgende Zeiträume steht nach innerstaatlichem Recht (§ 2 Abs. 8 FLAG) ihrem Anspruch auf Familienbeihilfe der Umstand entgegen, dass sie in Österreich nicht mehr den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hat. Steht der Beschwerdeführerin der Anspruch auf Familienbeihilfe nicht zu, so besteht ein gleichartiger Anspruch für den in Österreich verbliebenen geschiedenen Ehemann und Kindesvater. Ihm kommt allerdings dann kein Anspruch zu, wenn er nicht überwiegend die Unterhaltskosten für das Kind trägt.
Die Bw, in deren Haushalt die Tochter N. lebt, hatte im gesamten Rückzahlungszeitraum den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen nicht im Bundesgebiet. Unstrittig ist, dass die Bw nach innerstaatlichem Recht in diesem Zeitraum keinen Anspruch auf Familienbeihilfe gehabt hat und dass der Kindesvater die Unterhaltskosten nicht überwiegend getragen hat.
Die Bw vertritt die Rechtsauffassung, dass ihr Anspruch auch nach der Verlegung des Mittelpunktes ihrer Lebensinteressen in einen anderen Mitgliedstaat aufrecht bleibt und beruft sich dabei auf die Verordnung (EWG) Nr 1408/71 (idF VO). Deren maßgebliche Bestimmungen sind anzuführen wie folgt.
In Art 1 Buchst. a der VO wird der Begriff "Arbeitnehmer" oder "Selbständiger" definiert als
"jede Person, i) die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer oder Selbständige oder einem Sondersystem für Beamte erfasst werde, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist; ii) die im Rahmen eines für alle Einwohner oder die gesamte erwerbstätige Bevölkerung geltenden Systems der sozialen Sicherheit gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken pflichtversichert ist, die von den Zweigen erfasst werden, auf die diese Verordnung anzuwenden ist, - wenn diese Person aufgrund der Art der Verwaltung oder der Finanzierung dieses Systems als Arbeitnehmer oder Selbständiger unterschieden werden kann oder - wenn sie bei Fehlen solcher Kriterien im Rahmen eines für Arbeitnehmer oder Selbständige errichteten Systems oder eines Systems der Ziffer iii) gegen ein anderes in Anhang I bestimmtes Risiko pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist oder wenn auf sie bei Fehlen eines solchen Systems in dem betreffenden Mitgliedstaat die in Anhang I enthaltene Definition zutrifft; iii) die gegen mehrere Risiken, die von den unter diese Verordnung fallenden Zweigen erfasst werden, im Rahmen eines für die gesamte Landbevölkerung nach den Kriterien des Anhangs I geschaffenen einheitlichen Systems der sozialen Sicherheit pflichtversichert ist; iv) die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den unter diese Verordnung fallenden Zweigen erfasst werden, im Rahmen eines für Arbeitnehmer, für Selbständige, für alle Einwohner eines Mitgliedstaats oder für bestimmte Gruppen von Einwohnern geschaffenen Systems der sozialen Sicherheit eines Mitgliedstaats freiwillig versichert ist, - wenn sie im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt ist oder eine selbständige Tätigkeit ausübt oder - wenn sie früher im Rahmen eines für Arbeitnehmer oder Selbständige desselben Mitgliedstaats errichteten Systems gegen das gleiche Risiko pflichtversichert war;"
In lit c wird als "Studierender" definiert: "jede Person außer einem Arbeitnehmer, einem Selbständigen oder einem seiner Familienangehörigen oder Hinterbliebenen im Sinne dieser Verordnung, die ein Studium oder eine Berufsausbildung absolviert, das/die zu einem von den Behörden eines Mitgliedstaats offiziell anerkannten Abschluss führt, und die im Rahmen eines allgemeinen Systems der sozialen Sicherheit oder eines auf Studierende anwendbaren Sondersystems der sozialen Sicherheit versichert ist;"
In Art 1 Buchst. f Z i der VO wird der Begriff "Familienangehöriger" definiert als "jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, ... als Familienangehöriger bestimmt, anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet ist; wird nach diesen Rechtsvorschriften eine Person jedoch nur dann als Familienangehöriger oder Haushaltsangehöriger angesehen, wenn sie mit dem Arbeitnehmer oder dem Selbständigen in häuslicher Gemeinschaft lebt, so gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von diesem bestritten wird..."
Gemäß ihrem Art 2 Abs 1 gilt die VO "für Arbeitnehmer und Selbständige sowie für Studierende, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind oder als Staatenlose oder Flüchtlinge im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen, sowie für deren Familienangehörige und Hinterbliebene."
Art 13 der VO normiert: "(1) Vorbehaltlich des Artikels 14c unterliegen Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel. (2) Soweit nicht die Artikel 14 bis 17 etwas anderes bestimmen, gilt Folgendes: a) Eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats abhängig beschäftigt ist, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Staates, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt ..."
Art 73 der VO ("Arbeitnehmer oder Selbständige, deren Familienangehörige in einem anderen Mitgliedstaat als dem zuständigen Staat wohnen") lautet: "Ein Arbeitnehmer oder ein Selbständiger, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegt, hat, vorbehaltlich der Bestimmungen in Anhang VI, für seine Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des ersten Staates, als ob diese Familienangehörigen im Gebiet dieses Staates wohnten."
Art. 76 Abs 1 der VO ("Prioritätsregeln für den Fall der Kumulierung von Ansprüchen auf Familienleistungen gemäß den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates und den Rechtsvorschriften des Staates, in dem die Familienangehörigen wohnen"), bestimmt: "Sind für ein und denselben Zeitraum für ein und denselben Familienangehörigen in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet die Familienangehörigen wohnen, Familienleistungen aufgrund der Ausübung einer Erwerbstätigkeit vorgesehen, so ruht der Anspruch auf die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats gegebenenfalls gemäß Artikel 73 bzw 74 geschuldeten Familienleistungen bis zu dem in den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats vorgesehenen Betrags."
Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass die Bw die frühere Ehefrau von Hrn H. S. ist, der im Streitzeitraum, den Entscheidungen des EuGH und des VwGH folgend, unter Art 1 der VO fällt.
Wer als Arbeitnehmer oder Selbständiger gilt, ist in Art 1 lit a VO geregelt. Demnach muss es sich um Personen handeln, die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmern oder Selbständige oder einem Sondersystem für Beamte erfasst werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert sind; ein im Rahmen eines für alle Einwohner oder die gesamte erwerbstätige Bevölkerung geltenden Systems der sozialen Sicherheit Versicherter ist dann erfasst, wenn diese Person aufgrund der Art der Verwaltung oder der Finanzierung dieses Systems als Arbeitnehmer oder Selbständiger unterschieden werden kann oder die in Anhang I für die einzelnen Mitgliedstaaten aufgezählten Kriterien erfüllt.
Im Wesentlichen sind somit drei Kriterien zu erfüllen:
- Die Einbeziehung als Versicherter in das soziale Sicherungssystem eines Mitgliedstaates als Pflicht- oder freiwillig Versicherter;
- Die Unterscheidbarkeit einer solchen Person in diesem System als Arbeitnehmer, Selbständiger, Beamter oder Studierender;
- Sowie die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates oder Familienangehörigkeit eines Staatsangehörigen.
Der EuGH hat den Begriff des Arbeitnehmers ursprünglich gemeinschaftsrechtlich unter Bezugnahme auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer interpretiert. Davon ist er mit der Zeit abgegangen und zu einem eigenen sozialversicherungsrechtlichen Anknüpfungspunkt übergegangen.
Somit betrachtet der EuGH jede Person, die auch nur gegen ein einziges Risiko bei einem der in Art 1 lit a VO genannten, allgemeinen oder besonderen Systemen der sozialen Sicherheit unabhängig vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses pflichtversichert oder freiwillig versichert ist, als Arbeitnehmer.
Ein freiwilliges Versicherungsverhältnis ist dann für die Anwendung der VO ausreichend, wenn die betreffende Person in einem Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt ist oder eine selbständige Tätigkeit ausübt, oder früher in einem Sozialversicherungssystem für Arbeitnehmer oder Selbständige gegen das gleiche Risiko pflichtversichert war. (Siehe Art 1 lit a Z iv der VO). Es muss sich im Gegensatz zu Z i leg cit nicht um eine Weiterversicherung handeln. (Siehe VwGH 27.9.2012, Zl 2011/16/0189).
Die dargelegten Kriterien treffen auf Hrn S. zu. Er war - letztmals bis 27.9.1991 - nichtselbständig beschäftigt und erhielt bis 31.8.1992 Arbeitslosengelder und war somit pflichtversichert. Ab 1.1.1994 und auch im Streitzeitraum war er gemäß § 16 ASVG freiwillig in der Krankenversicherung selbstversichert. Gegen dieses Risiko war er früher pflichtversichert.
Hr S. ist daher Arbeitnehmer iSd Art 1 der VO und unterliegt somit dem persönlichen Anwendungsbereich der VO.
Nach dem Erkenntnis des EuGH vom 26.11.2009, Zl C-363/08 , ist von den innerstaatlichen Behörden zu prüfen, ob das Kind iSd FLAG als "Familienangehöriger" seines Vaters angesehen werden konnte und wenn nein, ob sein Unterhalt überwiegend von seinem Vater bestritten wurde. Dies ist nach EuGH bereits dann der Fall, wenn der Vater zu entsprechenden Unterhaltszahlungen verpflichtet ist.
Unbestritten ist, dass N. bei ihrem Vater nicht haushaltszugehörig ist. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, würde die in Art 1 lit f Z i der VO aufgestellte Voraussetzung im Ausgangsverfahren erfüllen. Der Kindesvater wäre bei Tragung der überwiegenden Unterhaltskosten - unter der Prämisse des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen - grs anspruchsberechtigt, da Art 1 lit f der VO bestimmt, dass für den Fall, dass nach den Bezug habenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften eine Person nur dann als Haushaltsangehöriger angesehen wird, wenn sie mit dem Arbeitnehmer in häuslicher Gemeinschaft lebt, diese Voraussetzung als erfüllt gilt, wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von diesem bestritten wird. Die Bestimmungen der genannten VO wären in derartigen Fällen anzuwenden und können einen Anspruch auf Familienbeihilfe im Inland begründen, da nach Art 1 lit f VO die Tatsache der überwiegenden Kostentragung ausreicht, um die Haushaltsangehörigkeit einer Person iSd FLAG zu fingieren (s UFS 26.2.2008, RV/3193-W/07; 22.11.2006, RV/0061-I/06; 14.7.2006, RV/0187-I/06).
Auch diese Voraussetzung liegt nach dem Erkenntnis des VwGH vom 27.9.2012, Zl 2011/16/0189, vor. Dass der Kindesvater nicht zu Unterhaltszahlungen verpflichtet war und freiwillige Beträge in unterschiedlicher Höhe leistete, welche zu keiner überwiegenden Unterhaltsleistung führten, spielt dabei keine Rolle. Es besteht nämlich kein Zweifel daran, dass der Kindesvater schon von Gesetzes wegen zur Leistung von Unterhalt verpflichtet war. Diese Verpflichtung ist bereits ausreichend, denn nach dem zit Erk des EuGH ist für die Frage, ob das Kind Familienangehöriger des Vaters iSd VO ist, ohne Bedeutung, ob der Unterhalt tatsächlich gezahlt wurde.
Das Kind ist somit "Familienangehöriger" des Kindesvaters iSd VO und fällt somit ebenfalls in den persönlichen Anwendungsbereich der VO (s Art 2). Diese gilt nämlich uA "für Arbeitnehmer ...sowie für deren Familienangehörige."
Im Sinne der vom EuGH vorgeschriebenen familienhaften Betrachtung fällt der Berufungsfall somit in den Anwendungsbereich der VO.
Die Bw hat daher unter den hier gegebenen Umständen den Anspruch auf die Familienbeihilfe beibehalten, solange sie in Griechenland nicht erwerbstätig war. Sie kann ihren Anspruch vom grs Anspruch des Kindesvaters, welcher die persönliche Anwendbarkeit der VO für den Kindesvater und die Familienangehörigeneigenschaft des Kindes zu diesem zur Voraussetzung hat, ableiten.
Ab dem Zeitpunkt der Aufnahme einer Berufstätigkeit der Bw in Griechenland ist nach dem zit Erk des EuGH zu prüfen, ob diese Tätigkeit in Griechenland einen Anspruch auf Familienleistungen nach griechischem Recht begründet hat. Ab diesem Zeitpunkt unterliegt die Bw nämlich unbestritten dem persönlichen Anwendungsbereich der VO und nach Art 13 der VO den Rechtsvorschriften Griechenlands. Ob die Familienbeihilfe tatsächlich ausbezahlt wurde, ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, ob ein Anspruch bestand. Die Ermittlungen des UFS haben ergeben, dass die Bw seit Mai 2001 bis zum Ende des Streitzeitraumes Oktober 2003 in Griechenland aG einer nichtselbständigen Tätigkeit durchgehend sozialversichert war und dass sie in den Jahren 2001 bis 2003 jeweils mehr als 50 Versicherungstage nachweisen konnte. Die Ermittlungen des UFS betreffend griechische Familienbeihilfe (Quelle: MISSOC, Gegenseitiges Informationssystem zur Sozialen Sicherheit in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, herausgegeben von der Europäischen Kommission im Internet; http://ec.europa.eu/employment-social/missoc/2001 bzw 2002 bzw 2003) haben ergeben, dass das griechische Kindergeld (vergleichbar der österreichischen Familienbeihilfe) für 2 Kinder in den Jahren 2001 - 2003 monatlich insgesamt € 18,-- beträgt. Es handelt sich um die Zahlung von Beihilfen für den Unterhalt von Kindern von Arbeitnehmern. Das Kind muss den Wohnsitz in Griechenland oder in einem EU-Mitgliedstaat haben. Das Kind muss ledig sein und der Arbeitnehmer muss 50 Versicherungstage während des vorausgegangenen Jahres nachweisen. Die Beihilfe wird bis zu einem Höchstalter des Kindes von 18 (normal) bzw 22 (Studium) Jahren gewährt und es gibt keine einkommensabhängige oder altersmäßige Abstufung.
Dies bedeutet:
Im Jahr 2001 hat die Bw keinen Anspruch auf griechische Familienbeihilfe, da sie im Jahr 2000 nicht 50 Versicherungstage nachweisen kann. Es liegt daher keine Kollision von Familienbeihilfenansprüchen vor. Österreich bleibt im Jahr 2000 ausschließlich zuständig.
Die Bw hat ab 2002 Anspruch auf griechische Familienbeihilfe. Sie konnte ab dem Jahr 2001 mehr als 50 Versicherungstage in Griechenland auf Grund einer nichtselbständigen Tätigkeit nachweisen. Das Kind und die Bw haben den Wohnsitz in Griechenland. Der Anspruch auf Familienbeihilfe für das Kind N. beträgt daher € 9,-- pro Monat. Dies ergibt in Summe einen Anspruch von 22 Monaten (2002 12 Monate und 2003 10 Monate) und somit gesamt € 198,--.
Dieser Anspruch auf griechische Familienbeihilfe kollidiert mit dem im gleichen Zeitraum weiterhin gegebenen vom Kindesvater abgeleiteten Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe.
Da die Bw im Mitgliedstaat ihres Wohnsitzes, Griechenland, eine Berufstätigkeit ausübt, die tatsächlich einen Anspruch auf Familienleistungen begründet, so ruht gemäß Art. 76 der VO der Anspruch auf die nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem ihr früherer Ehegatte berufstätig ist, geschuldeten Familienleistungen bis zur Höhe des in den Rechtsvorschriften ihres Wohnmitgliedstaats vorgesehenen Betrags. (Siehe EuGH, C-363/08 , Tenor).
Demnach ist Griechenland primär zuständig. Der Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe ruht daher im Ausmaß der von Griechenland geschuldeten Leistungen. In diesem Ausmaß, somit im Ausmaß von gesamt € 198,--, ist die Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag rückzufordern.
Der darüber hinausgehende Betrag, die Differenz zwischen der niedrigeren griechischen und höheren österreichischen Kinderbeihilfe, begründet hingegen iSd VO einen Anspruch der Bw auf die Differenz(Ausgleichs)zahlung an Familienbeihilfe durch den nachrangig zuständigen Mitgliedstaat Österreich. Diese Beträge an österreichischer Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag sind daher nicht zurückzufordern.
Die Verpflichtung zur Rückzahlung von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe gemäß § 26 FLAG stellt ausschließlich auf objektive Momente ab. Entscheidend ist somit lediglich, ob im betroffenen Zeitraum die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe gegeben waren.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 20. November 2012
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | Art. 1 VO 1408/71 , ABl. Nr. L 149 vom 05.07.1971 S. 2 |
Verweise: |