Erdgasabgabevergütung bei KWK-Anlagen: Wiederaufnahme des Verfahrens
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über folgende Berufungen der Bw, vertreten durch LBG Wirtschaftstreuhand- und Beratungsgesellschaft m.b.H., 8020 Graz, Niesenbergergasse 37, vom 26. Jänner 2007 entschieden:
1) Berufung vom 26. Jänner 2007 gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom 13. Dezember 2006 betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens bezüglich Vergütung von Erdgasabgabe und Festsetzung der Erdgasabgabevergütung jeweils für 1-12/1999, 1-12/2000 sowie 1-12/2001,
2) Berufung vom 2. April 2008 gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom 25. Jänner 2008 betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens bezüglich Vergütung von Erdgasabgabe und Festsetzung der Erdgasabgabevergütung jeweils für 1-12/2002, 1-12/2003, 1-12/2004 sowie 1-12/2005.
Den Berufungen wird Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Zum Sachverhalt wird auf Berufungsentscheidung vom 09.12.2008, RV/0834-G/07, sowie auf die Berufungsentscheidung vom 09.12.2008, RV/0212-G/08, verwiesen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis VwGH 25.09.2012, 2009/17/0049, folgendes zur materiell-rechtlichen Frage der Vergütung von Erdgasabgabe bei sog. KWK-Anlagen entschieden:
3 .2. Wird Erdgas zur Stromerzeugung verwendet, ist es für die Anwendung des § 3 Abs. 2 Z 2 ErdgasabgabeG unerheblich, ob eine bei der Stromerzeugung entstehende (Ab-)Wärme ungenutzt an die Umwelt abgegeben wird oder wirtschaftlich genutzt wird. Eine diesbezügliche Differenzierung enthält § 3 Abs. 2 Z 2 ErdgasabgabeG nicht. Ist die Wärmenutzung daher mit keinem zusätzlichen Erdgasbedarf verbunden, schmälert sie die Erdgasabgabevergütung nicht. Insofern ist es - entgegen der Auffassung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - abhängig von der technischen Ausgestaltung keinesfalls ausgeschlossen, dass der Nutzwärme für Zwecke der Anwendung des § 3 Abs. 2 Z 2 ErdgasabgabeG kein zusätzlich notwendiger Brennstoffeinsatz zugeordnet wird.
Voraussetzung ist allerdings stets, dass der Energieeinsatz auch tatsächlich in vollem Umfang für die Stromerzeugung genutzt wurde und es sich daher nur mehr um eine Nutzung der technisch unvermeidbaren Abwärme handelt. Es ist daher beispielsweise insofern nicht begünstigt, einer Anlage mehr Erdgas zuzuführen als die Anlage an Prozessenergie für die Stromerzeugung braucht, um durch die erhöhte Zuführung zwar nicht die produzierte Strommenge, aber die als Fernwärme wirtschaftlich nutzbare Abwärmemenge zu erhöhen, wenn eine Kausalität bzw. Finalität für die Stromerzeugung fehlt.
3.3. Anders als von der Amtsbeschwerde unterstellt, enthält § 3 Abs. 2 Z 2 ErdgasabgabeG keine outputbezogene Betrachtung, die für die Bestimmung des Vergütungsbetrages auf eine anteilige Aufteilung nach den mit der eingesetzten Erdgasmenge hergestellten Energieprodukten zurückgreifen würde.
Wie schon die bereits zitierten Erläuterungen zur Stammfassung verdeutlichen, liegt § 3 Abs. 2 Z 2 ErdgasabgabeG vielmehr eine inputbezogene, zweckorientierte Betrachtung zu Grunde, die im Falle der Stromerzeugung aus Erdgas "das dazu aufgewendete Erdgas" als solches steuerfrei stellt und damit den "Energieinput entlastet".
Nur wenn und insoweit die Mit-Erzeugung von Wärme bzw. deren Nutzung zu einem erhöhten Erdgasbedarf führt, findet eine Steuerneutralisierung nicht statt.
Vor diesem materiell-rechtlichen Hintergrund hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis VwGH 25.09.2012, 2009/17/0049, die gegenständlichen (im Sachverhalt zitierten) Berufungsentscheidungen betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit mit folgender Begründung aufgehoben:
Da eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen erfordert, dass bei Vorliegen der Wiederaufnahmegründe ein im Spruch anders lautender Bescheid zu ergehen hätte, als der das wieder aufgenommene Verfahren beendende (vgl. StolI, BAO-Kommentar, 1994,2917 f), der angenommene Wiederaufnahmegrund einer (der Stromerzeugung nachgelagerten) Wärmeerzeugung aus der technisch unvermeidbaren Abwärme aber - im Gegensatz zur Annahme der Berufungsentscheidung - einer ungekürzten Abgabenvergütung nach § 3 Abs. 2 Z 2 ErdgasabgabeG nicht im Wege steht, erweist sich in den Beschwerdefällen auch die damit begründete Wiederaufnahme des Verfahrens schon deshalb als rechtswidrig.
Die angefochtenen Bescheide waren daher aufzuheben.
Graz, am 19. Oktober 2012
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 3 Abs. 2 Z 2 Erdgasabgabegesetz, BGBl. Nr. 201/1996 |
Verweise: |