Keine (zusätzlichen) pauschalierten Betriebsausgaben hinsichtlich der bereits um den Hausanteil gekürzten Sonderklassegebühren eines nachgeordneten Arztes
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch WT, vom 6. Juli 2010 gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom 21. Juni 2010 betreffend Einkommensteuer 2008 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (in der Folge kurz Bw) bezog im Jahr 2008 aus seiner Tätigkeit als Arzt am Liechtensteinischen Landesspital in Vaduz (vom 01.01. bis 29.02.2008) und am Krankenhaus der Stadt Dornbirn (ab 01.02.2008) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Neben diesen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit bezog er als Arzt am KH Dornbirn im Jahr 2008 noch Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Form von Honorar- und Assistenzgebühren für die Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse.
In der elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung vom 31.03.2010 gab der Bw. gegenüber dem Finanzamt unter anderem Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 22 Z 1 lit b letzter Satz EStG 1988) in Höhe von 1.900,20 € bekannt.
Als Berechnungsgrundlage für die erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit diente dem Bw der dem Schreiben der Stadt Dornbirn vom 17.02.2009 (Anm.: Honorar- und Assistenzgebührenabrechnung des Jahres 2008) beigelegte Kontoauszug des KH Dornbirn, dem zu entnehmen ist, dass an den Bw im Jahr 2008 insgesamt 2.159,32 € an Honorar- und Assistenzgebühren ausbezahlt worden sind. Von diesem Betrag zog der Bw unter Bezugnahme auf § 17 Abs. 1 EStG 1988 12% als Betriebsausgabenpauschale (259,12 €) ab.
Mit Einkommensteuerbescheid 2008 vom 02.04.2010 wurde vom Finanzamt Bregenz die Einkommensteuer mit 5.864,01 € festgesetzt, wobei der Berechnung - soweit hier von Belang - seine deklarierten Einkünfte aus selbständiger Arbeit (abzüglich der Betriebsausgabenpauschale von 12%) in Höhe von 1.900,20 € zugrunde gelegt worden sind.
Mit Schreiben vom 07.05.2010 stellte die steuerliche Vertretung des Bw einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO betreffend der Einkommensteuer 2008 und begründete dies damit, dass für den Zeitraum der Grenzgängertätigkeit bzw der Beschäftigung am Landesspital Vaduz eine anteilige Pendlerpauschale in Höhe von 342,00 € als zusätzliche Werbungskosten zu berücksichtigen gewesen wäre.
In der daran anschließenden Überprüfung durch das Finanzamt wurde der steuerliche Vertreter des Bw. am 10.05.2010 in einem Telefonat darauf aufmerksam gemacht, dass bei den vom Bw. erklärten Einkünften aus selbständiger Arbeit die Basispauschale nach § 17 EStG nicht in Abzug gebracht werden könne, da die an den Pflichtigen ausbezahlten "Poolgelder" bereits um den "Hausanteil" gekürzt worden seien.
In der weiteren Korrespondenz mit dem Finanzamt führte der steuerliche Vertreter des Bw in einem E-mail vom 12.05.2010 im Wesentlichen aus, dass nach Auskunft der Ärztekammer und einigen Fachartikeln (ua Aigner/Kofler, SWK 2009, S 458) es in Vorarlberg aufgrund der gesetzlichen Normierung sehr wohl steuerlich möglich sei, die Betriebsausgabenpauschale neben dem Abzug vom Hausanteil zu gewähren.
Mit Bescheid vom 21.06.2010 wurde vom Finanzamt das Verfahren betreffend der Einkommensteuer 2008 von Amts wegen wiederaufgenommen. Mit Einkommensteuerbescheid 2008 vom 21.06.2010 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2008 mit 5.745,13 € fest. Dabei wurde die ursprünglich vom Bw geltend gemachte Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 259,12 € (12% von 2.159,32 €) bei dessen Einkünften aus selbständiger Arbeit nicht mehr anerkannt. Dies mit folgender Begründung:
"Das große Pendlerpauschale für einfache Wegstrecken von mehr als 40 km wurde für zwei Monate (Jänner und Februar 2008) berücksichtigt.
Da von der die Poolgelder ausbezahlenden Stelle, dem Krankenhaus Dornbirn, bereits ein um den ,Hausanteil' (Kosten für die Zurverfügungstellung der Krankenanstalteninfrastruktur) gekürzter Honorarbetrag an Sie zur Auszahlung gelangt ist, kann zusätzlich zu diesen berücksichtigten tatsächlichen Betriebsausgaben kein Basispauschale mehr abgezogen werden."
Gegen die Nichtgewährung der Basispauschale in Höhe von 12% erhob der Pflichtige durch seine steuerliche Vertretung Berufung und begründete diese im Wesentlichen damit, dass auf Grund der konkreten landesgesetzlichen Ausgestaltung der Verrechnung gemäß § 86 Abs. 3 Vorarlberger Spitalgesetz beim Abzug des 25%igen Hausanteils nicht von einer dem honorarberechtigten Arzt zuzurechnenden Betriebsausgabe ausgegangen werden könne. Weiters könnten nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 neben der Betriebsausgabenpauschale auch Ausgaben für Löhne und für Fremdlöhne geltend gemacht werden, soweit diese Fremdlöhne unmittelbar in die Leistung eingehen würden, die den Betriebsgegenstand des Unternehmens bilden würden. Beim pauschalen Hausanteil ziehe der Krankenhausträger die zur Verfügung gestellte Infrastruktur namentlich auch die Kosten des ärztlichen und nicht ärztlichen Personals ab. Es sei also von Fremdlöhnen auszugehen, die zusätzlich zum Pauschale nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 geltend gemacht werden könnten.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 09.08.2010 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und die Abweisung im Wesentlichen damit begründet, dass die Inrechnungstellung und Vereinnahmung der Honorare für Behandlungsleistungen von Patienten der Sonderklasse durch Spitalsärzte durch die Krankenanstalt im Namen und für Rechnung der sonderklassenhonorarberechtigten Ärzte erfolge.
In weiterer Folge führte das Finanzamt erläuternd aus, es werde im Zuge der Vereinnahmung dieser Honorarbeträge durch die Krankenanstalt von dieser primär für die Zurverfügungstellung der Krankenanstaltsinfrastruktur wie auch des Verwaltungsaufwandes pauschal 25 v.H. vor Einfließen in den "Pool" unter dem Titel "Hausanteil" in Abzug gebracht. Zur Auszahlung würden schließlich die solcherart gekürzten Beträge gelangen. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei jedoch der unmittelbare Zusammenhang von Honorareinnahmen für die Behandlung von Patienten der Sonderklasse einer Krankenanstalt und den von diesen durch die vereinnahmende Krankenanstalt in Abzug gebrachten "Hausanteilen" evident. Würden auch in vernachlässigbarer Größe Personalkosten damit abgedeckt, so könne dies jedoch nicht so weit führen, den Hausanteil unter "Fremdlöhne" iSd § 17 Abs 1 EStG 1988 zu subsumieren und gleichzeitig mit dem Basispauschale als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.
Mit Anbringen vom 01.09.2010 stellte die steuerliche Vertretung des Bw einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz (Vorlageantrag). Dazu begehrte der Bw die Entscheidung durch den Berufungssenat (nicht des gesamten Senates) und ersuchte diesen - unter Hinweis auf die ursprünglich eingebrachte Begründung in der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid vom 21.06.2010 - um nochmalige Überprüfung, ob nicht der Hausanteil unter "Fremdlöhne" iSd § 17 Abs 1 EStG 1988 zu subsumieren und damit neben der Basispauschale als Betriebsausgabe zu berücksichtigen sei.
Mit Vorlagebericht des Finanzamts Bregenz vom 20.09.2010 wurde die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat unter Beifügung der Finanzamtsakten zur Entscheidung vorgelegt.
Die Berufungsbehörde wandte sich mit E-Mail vom 6.6.2012 an den Berufungswerber. Unter Hinweis auf Rechtsprechung und einen Fachartikel (VwGH 22.02.2007, 2002/14/0019; UFS 2.4.2008, RV/1039-L/07; Herdega in RdM 2009/38) wurde ihm - unvorgreiflich der zu treffenden Entscheidung - mitgeteilt, dass kein gravierender Unterschied zwischen § 86 des Vorarlberger Spitalgesetzes und § 54 des Oberösterreichischen Krankenanstaltengesetzes erblickt werden können. Schließlich wurde er mit folgenden Ausführungen um eine Stellungnahme gebeten:
"... Demnach hat in ihrem Fall - in wirtschaftlicher Betrachtungsweise - das Finanzamt der Besteuerung der Poolgelder den tatsächlich erzielten Gewinn (Betriebseinnahmen abzüglich sämtlicher Betriebsausgaben) zugrunde gelegt. Die Inanspruchnahme der Pauschalierung wäre, da vom Bruttoärztehonorar auszugehen wäre, für Dr. B ungünstiger. Bei Ansatz des tatsächlichen Betriebsergebnisses bleibt aber kein Raum für die zusätzliche Anwendung der Pauschalierung.
Ich lade Sie zur Stellungnahme binnen drei Wochen ein. Weiters haben Sie binnen 3 Wochen Gelegenheit, (im gegebenen Zusammenhang) die Berücksichtigung von noch nicht geltend gemachten Betriebsausgaben zu beantragen. Sollten Sie Ihr Vorbringen in der Sache aufrecht erhalten, bitte ich Sie um Vorlage entsprechender Unterlagen (zB Vereinbarungen, Berechnungen, Abrechnungen, ...), - aus denen sich im Detail die einzelnen Anteile der (Brutto)Ärztehonorare bzw der angewandte Aufteilungsschlüssel ergeben, - auf Grund derer die Abrechnungsmodalitäten nachvollzogen werden können und - die Ihre im gegebenen Zusammenhang konkret erbrachten dienstvertraglichen Aufgaben und Leistungen dartun."
In der Rückantwort des steuerlichen Vertreters vom 11.06.2012 führt dieser unter Zitierung eines Fachartikels (Grubhofer, SWK 30/2008, S 808) folgendes aus:
"Laut Expertenmeinung in Fachzeitschriften besteht noch eine Chance, den Hausanteil als Fremdlöhne neben der Pauschalierung abzuziehen.
Die Pauschalierung als solches ist konsumiert und wird akzeptiert, das soll nicht Teil des Berufungsbegehren sein, sondern nur, ob der Hausanteil als Fremdlohn angesehen werden kann.
So im SWK 30/2008, 808:
(Anmerkung: Es folgt die Zitierung dieses Fachartikels ab Punkt 5.)
...
Wir möchten daher im Detail nicht die angeforderten Unterlagen vorbringen, sondern vom Unabhängigen Fachsenat diese oben aufgeworfene Frage entschieden haben."
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist, ob der "Hausanteil" bzw Teile davon unter "Fremdlöhne" iSd § 17 Abs 1 EStG 1988 subsumierbar (und zusätzlich zur Basispauschalierung als weitere Betriebsausgabe abzugsfähig) ist.
Gemäß § 22 Z 1 lit b letzter Satz EStG 1988 zählen zu den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit auch die Entgelte der Ärzte für die Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse (einschließlich ambulatorischer Behandlung), soweit diese Entgelte nicht von einer Krankenanstalt im eigenen Namen vereinnahmt werden.
§ 17 Abs.1 EStG 1988 lautet wie folgt:
"Bei den Einkünften aus einer Tätigkeit im Sinne des § 22 oder des § 23 können die Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs 3 mit einem Durchschnittssatz ermittelt werden. Der Durchschnittssatz beträgt - bei freiberuflichen oder gewerblichen Einkünften aus einer kaufmännischen oder technischen Beratung, einer Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 2 sowie aus einer schriftstellerischen, vortragenden, wissenschaftlichen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit 6%, höchstens jedoch 13 200 €, - sonst 12%, höchstens jedoch 26 400 €,
der Umsätze im Sinne des § 125 Abs 1 der Bundesabgabenordnung. Daneben dürfen nur folgende Ausgaben als Betriebsausgaben abgesetzt werden: Ausgaben für den Eingang an Waren, Rohstoffen, Halberzeugnissen, Hilfsstoffen und Zutaten, die nach ihrer Art und ihrem betrieblichen Zweck in ein Wareneingangsbuch ( § 128 BAO ) einzutragen sind oder einzutragen wären, sowie Ausgaben für Löhne (einschließlich Lohnnebenkosten) und für Fremdlöhne, soweit diese unmittelbar in Leistungen eingehen, die den Betriebsgegenstand des Unternehmens bilden, weiters Beiträge im Sinne des § 4 Abs 4 Z 1. § 4 Abs 3 vorletzter Satz ist anzuwenden."
§ 86 Vorarlberger Spitalgesetz, LGBl. Nr. 54/2005, (in Folge kurz Vbg SpG) lautet:
"(1) Die mit der Leitung einer Abteilung, eines Departments, eines Instituts oder eines Laboratoriums betrauten Personen, sowie die Konsiliarärzte und Konsiliarärztinnen sind berechtigt, von den Patienten oder Patientinnen der Sonderklasse ein Honorar zu verlangen (Ärztehonorar). Darüber hinaus kann der Rechtsträger der Krankenanstalt die mit der Leitung eines Fachschwerpunktes oder einer Tagesklinik betrauten Personen berechtigen, Ärztehonorare zu verlangen.
(2) Vom Ärztehonorar gebühren den Ärzten oder Ärztinnen des ärztlichen Dienstes Anteile, die ihre fachliche Qualifikation und ihre Leistung berücksichtigen. Anteile am Ärztehonorar können auch anderen besonders qualifizierten Bediensteten gewährt werden. Die Anteile sind durch die mit der Abteilungsleitung betraute Person mit Zustimmung des Rechtsträgers der Krankenanstalt, welcher die beteiligten Personen anzuhören hat, festzulegen. Kommt es binnen drei Monaten nicht zur Zustimmung des Rechtsträgers, so hat die Landesregierung die Aufteilung festzulegen. Diese Festlegung gilt bis zu dem Zeitpunkt, zu dem es zur Zustimmung des Rechtsträgers kommt.
(3) Dem Rechtsträger der Krankenanstalt gebührt für die Bereitstellung der Einrichtungen der Anstalt ein Anteil von mindestens 25 v.H. des Ärztehonorars.
(4) Der Rechtsträger der Krankenanstalt hat die Ärztehonorare namens der Ärzte und Ärztinnen vorzuschreiben und einzubringen."
Gemäß § 21 BAO ist für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. § 21 BAO stellt nach Ansicht des VwGH keine Regel zur Auslegung von Steuergesetzen, sondern eine Richtlinie zur Beurteilung abgabenrechtlich relevanter Sachverhalte dar (vgl Ritz, BAO4, § 21 Tz 10 mwN).
Diewirtschaftliche Betrachtungsweise dient der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (VwGH 14.1.1986, 85/14/0134) und ist kein einseitig fiskalisch orientiertes Instrument (VwGH 11.8.1993, 91/13/0005; Stoll, BAO, 227).
Aus § 86 Vbg SpG geht hervor, dass nachgeordnete Ärzte wie der Bw. keinen direkten rechtlichen Honoraranspruch (Abs. 1) gegen Patienten der Sonderklasse haben, sondern diesbezüglich nur über einen mittelbaren Anspruch (Abs. 2) verfügen. Allerdings sieht § 86 Vbg SpG ausdrücklich vor, dass den (nachgeordneten) Ärztinnen oder Ärzten des ärztlichen Dienstes Anteile am eingehobenen Sonderklassehonorar zukommen müssen, die sich wiederum nach der fachlichen Qualifikation und der konkreten Leistung zu orientieren haben und durch die Abteilungsleiterin/den Abteilungsleiter festzulegen sind.
Fest steht auch, dass im Zuge der Vereinnahmung dieser Sonderklassehonorare durch den Rechtsträger der Krankenanstalt von diesem für die Gebrauchs- und Nutzungsüberlassung der Einrichtungen der Krankenanstalt pauschal (mindestens) 25% vor Einfließen in den "Pool" unter dem Titel "Hausanteil" in Abzug gebracht worden sind. Demzufolge wurde der Honoraranteil der nachgeordneten Ärztinnen und Ärzte erst von dem um den "Hausanteil" gekürzten Gesamthonorar errechnet, wodurch bei der Verbuchung der Sammel-Gutschriften bzw bei der Auszahlung der solcherart gekürzten Beträge an die nachgeordneten Ärztinnen und Ärzte der "Hausanteil" bei diesen auch anteilsmäßig berücksichtigt wurde.
Da der in wirtschaftlicher Betrachtungsweise festgestellte Sachverhalt im hier wesentlichen Kern mit jenem identisch ist, welcher der in der E-Mail vom 6.6.2012 zitierten Rechtsprechung (VwGH 22.02.2007, 2002/14/0019, zur vergleichbaren Regelung des § 54 OÖ KAG 1997; vgl auch UFS 02.04.2008, RV/1039-L/07), zugrunde lag, ist auch die rechtliche Beurteilung korrespondierend vorzunehmen. Dies bedeutet:
Bezieht ein Spitalsarzt Sonderklassegebühren und werden diese für den Sachaufwand der Krankenanstalt um einen "Hausanteil" gekürzt, dann ermittelt sich die Bemessungsgrundlage an sich nicht vom Nettobetrag (Sonderklassegebühren abzüglich "Hausanteil"), sondern vom Bruttobetrag (Sonderklassegebühren noch nicht um den "Hausanteil" gekürzt). Der "Hausanteil" kann daher nicht neben dem Pauschale etwa unter dem Titel "Fremdlöhne" geltend gemacht werden (ausdrücklich VwGH 22.02.2007, 2002/14/0019; Doralt, EStG12, Tz 23/1).
Vor dem Hintergrund dieser Sach- und Rechtslagekann der Abgabenbehörde I. Instanz nicht entgegengetreten werden, wenn sie in wirtschaftlicher Betrachtungsweise davon ausgegangen ist, dass beim Bw der unmittelbare Zusammenhang zwischen dessen Honorareinnahmen für die Behandlung von Patienten der Sonderklasse und den von diesen durch die vereinnahmende Krankenanstalt in Abzug gebrachten "Hausanteilen" evident ist. Wird doch damit von der Abgabenbehörde I. Instanz nichts anderes zum Ausdruck gebracht, als dass dem Bw ein dem § 86 Abs 2 Vbg SpG entsprechender Anteil des den Ärztinnen und Ärzten der Krankenanstalt für die Behandlung der Patienten der Sonderklasse gebührenden Honorars zuzurechnen ist und der Bw dementsprechend im gleichen Ausmaß auch für den in § 86 Abs. 3 Vbg SpG geregelten Anteil von (mindestens) 25% von den Ärztehonoraren für die Bereitstellung der Einrichtungen der Anstalt aufzukommen hat (vgl hiezu auch UFS 02.04.2008, RV/1039-L/07).
Weiters ist anzumerken, dass es sich bei der Honorarverrechnung seitens der Krankenanstalt um einen internen Vorgang handelt, mit dem die Krankenanstalt bzw der Rechtsträger der Krankenanstalt - dieser hat ja gemäß § 86 Abs 4 Vbg SpG die Ärztehonorare namens der Ärzteschaft vorzuschreiben und einzubringen - die vereinnahmten Honorare (nach Abzug des "Hausanteils" nach § 86 Abs 3 Vbg SpG von den Gesamthonoraren) abrechnete bzw. aufteilte.
Im Endeffekt ist durch diese Form der Abrechnung gewährleistet, dass jede/jeder an der Behandlung eines Sonderklassepatienten beteiligte Ärztin/Arzt (vom Primar bis zu den nachgeordneten Ärztinnen oder Ärzten des ärztlichen Dienstes) nur den um den anteiligen "Hausanteil" (anteilige Betriebsausgaben) gekürzten Honoraranteil ausbezahlt bekommt.
Diese Sichtweise wird aber auch der tatsächlichen Gestaltung der Dinge gerecht, weil die nachgeordneten Ärztinnen oder Ärzte, indem sie für die Sonderklassepatienten tätig werden, Einrichtungen der Krankenanstalt in Anspruch nehmen. Ihre ärztlichen Leistungen sind mit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen untrennbar verbunden. Der vom Bw zumindest indirekt akzeptierten Festlegung der prozentmäßigen Anteile entsprechend dem in § 86 Abs 2 Vbg Spitalgesetz verankerten Leistungsprinzip und dem danach ermittelten Ärztehonorar des Bw steht auch in wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine entsprechende Nutzung der Einrichtungen der Krankenanstalt im Rahmen seiner Leistungserbringung gegenüber.
In der Beistellung solcher Leistungen [Gebrauchs- und Nutzungsüberlassung der Einrichtungen der Krankenanstalt zwecks (selbständiger) gesonderter medizinischer Behandlung von Patienten der Sonderklasse] durch Dritte (und der korrespondierenden Inanspruchnahme durch den Arzt) sind einkommensteuerlich gleichsam (Betriebs-)Einnahmen in Form von geldwerten Vorteilen zu erblicken, denen Betriebsausgaben in Höhe des anteiligen "Hausanteils" gegenüberstehen. Insofern stützt dieser Umstand die Richtigkeit der soeben dargelegten und von der Abgabenbehörde I. Instanz vertretenen Rechtsansicht.
Dass nur der (oben dargestellte) wahre wirtschaftliche Gehalt für die Beurteilung der hier strittigen Frage maßgeblich sein kann, ist schon deshalb überzeugend, weil gerade bei der Einkommensbesteuerung in erster Linie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen erfasst werden soll und durch die wirtschaftliche Betrachtungsweise bewirkt wird, dass wirtschaftlich gleiches Geschehen trotz möglicherweise unterschiedlicher äußerer Erscheinungsform zu gleichen abgabenrechtlichen Konsequenzen führt (vgl Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 21 Anm 3).
Dem Leistungsfähigkeitsgrundsatz entspricht der Grundsatz der Erfassung des erzielten (verwirklichten) Einkommens und der Grundsatz der Nettobesteuerung, dh der Berücksichtigung von Ausgaben und Aufwendungen, die mit den steuerpflichtigen Bruttoeinnahmen zusammenhängen (Wiesner in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG [01.06.2009], Vor § 1).
Bezieht ein Spitalsarzt Sonderklassegebühren und werden diese für den Sachaufwand (nach der Terminologie des § 86 Abs 3 Vbg Spitalgesetz "... für die Bereitstellung der Einrichtungen der Anstalt ...") der Krankenanstalt um einen "Hausanteil" gekürzt, dann ermittelt sich die Bemessungsgrundlage - wie vom VwGH in seinem Erkenntnis vom 22.07.2007, 2002/14/0019 dargelegt - nicht vom Nettobetrag, sondern vom Bruttobetrag. Für die Anwendbarkeit dieser Rechtsprechung spricht nicht zuletzt auch die Bedachtnahme auf eine verfassungskonforme Interpretation der einschlägigen Bestimmungen, die Berücksichtigung des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und die Beachtung des Normzwecks von Pauschalierungen (Vereinfachung, nicht Begünstigung oder Befreiung).
Der Bw hat demnach durch den Ansatz der bereits um den "Hausanteil" von (mindestens) 25% gekürzten Einnahmen bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Endeffekt bereits die tatsächlichen Betriebsausgaben (voll) geltend gemacht. Diese sind aber gemäß § 17 EStG 1988 neben dem 12%igen Betriebsausgabenpauschale nicht (noch zusätzlich) abzugsfähig, zumal § 17 leg. cit. dem Steuerpflichtigen im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG 1988 nur die Option einräumt, seine Betriebsausgaben entweder nach dem Durchschnittssatz gemäß § 17 Abs 1 leg. cit zu ermitteln oder nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften.
In gegenständlichem Fall hat das Finanzamt - in der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise - der Besteuerung der "Poolgelder" (Ärztehonorare) den tatsächlich erzielten Gewinn (Betriebseinnahmen abzüglich sämtlicher Betriebsausgaben) zugrunde gelegt. Dies kommt auch klar und eindeutig dadurch zum Ausdruck, dass der Bw die Einladung des UFS vom 6.6.2012, noch nicht berücksichtigte Betriebsausgaben geltend zu machen, dahingehend beantwortet hat, dass die Pauschalierung als solches konsumiert sei. Die Inanspruchnahme der Pauschalierung wäre daher, da diesfalls vom Bruttoärztehonorar auszugehen wäre, für den Bw. ungünstiger. Insofern hat das Finanzamt im Rahmen des angefochtenen Bescheides die für den Bw. günstigere Variante des Abzuges der tatsächlichen Aufwendungen - weil höher als das Pauschale gemäß § 17 EStG 1988 - in Form des "Hausanteils" zugelassen. Bei Ansatz des tatsächlichen Betriebsergebnisses bleibt aber kein Raum für die zusätzliche Anwendung der Pauschalierung.
Nach Überzeugung des Unabhängigen Finanzsenates stellt sich daher gar nicht mehr die abgabenrechtliche Frage, ob neben der Basispauschale der "Hausanteil" unter dem Titel "Fremdlöhne" als weitere Betriebsausgabe abzugsfähig wäre, zumal für den Bw. die günstigere Variante herangezogen wurde und insofern keine Beschwer des Bw erkennbar ist. Die nach Meinung des Bw noch offene Frage ist eine akademischen Rechtsfrage ohne steuerrechtliche Relevanz für die Berufungsentscheidung.
Aus den angeführten Gründen hat das Finanzamt die zusätzliche Berücksichtigung des Betriebsausgabenpauschales gemäß § 17 EStG 1988 zu Recht verweigert. Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.
Feldkirch, am 21. Juni 2012
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 22 Z 1 lit. b letzter Satz EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: | VwGH 22.02.2007, 2002/14/0019 |