Vorsteuern eines ausländischen Unternehmens aus pauschalen Reisekostenersätzen
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2012/15/0067 eingebracht. Mit Erk. v. 26.2.2015 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der WPG, vertreten durch Stb, vom 28. September 2009 gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt, vertreten durch MB, vom 28. August 2009 betreffend Vorsteuererstattung an ausländische Unternehmer 2008 nach den am 15. Juni und am 13. Oktober 2011 in 8018 Graz, Conrad von Hötzendorf-Straße 14-18, durchgeführten Berufungsverhandlungen entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Antrag vom 20.4.2009, beim Finanzamt eingelangt am 22.4.2009, begehrte die Bw. die Vergütung der Umsatzsteuer für nicht im Inland ansässige Unternehmer für den Zeitraum 1-12/2008 in Höhe von 52.025,18 €.
Das Finanzamt setzte die abziehbare Vorsteuer mit Bescheid vom 28. August 2009 für den Streitzeitraum mit 0 € fest.
In der Begründung wurde ausgeführt, dass gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz der Verordnung BGBI. Nr. 279/1995 idF BGBI. 11 Nr. 384/2003 es grundsätzlich erforderlich sei, dass dem Erstattungsantrag die Rechnungen im Original sofort bei AntragsteIlung beizulegen seien. Zur Wahrung der Antragsfrist seien diese Originaldokumente jedoch spätestens innerhalb der Sechsmonatsfrist vorzulegen bzw. an die Vergütungsbehörde zu übermitteln. Da die zwingend erforderlichen Originalrechnungen nicht innerhalb der genannten Frist vorgelegt worden seien, sei der Antrag abzuweisen.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde durch die Bw. dargelegt, eine Vorlage der Originalbelege sei nicht möglich, da es sich in diesem Fall um pauschal abgerechnete Diäten und Nächtigungsgelder ihrer Mitarbeiter handle, welche mehr als 183 Anwesenheitstage in Österreich hätten, in Österreich somit lohnsteuerpflichtig geworden seien, und so auch Anspruch auf die 26,4 Euro Diät sowie 15 Euro Nächtigungsgeld hätten.
Die Korrektheit dieser pauschalen Entschädigungen sei durch eine Prüfung vom Finanzamt W. durch den Bescheid vom 14.03.2009 bestätigt worden. Dieser Bescheid sei bereits mit dem Ansuchen an das Finanzamt G. mit übermittelt worden.
Ebenso sei das Dienstgeberlohnkonto beim Ansuchen mit eingereicht worden, auf welchem hervorgehe, dass insgesamt 572.277,-- € an Diäten und Nächtigungsgelder bezahlt worden seien. Aufgrund der Gleichbehandlung, auch österreichische Unternehmen hätten einen Anspruch auf Vorsteuererstattung aus bezahlten Diäten und Nächtigungsgeldern, sei es für die Bw. nicht nachvollziehbar, warum bei den in Österreich steuerpflichtigen Mitarbeitern eine Vorsteuerrückzahlung verwehrt werden solle.
Es werde um Abänderung des Bescheides dahingehend ersucht, dass die beantragte Vorsteuerrückzahlung in der Höhe von 52.025,18 zu Gunsten der Bw. geändert werde.
Diese Berufung wurde mit BVE vom 13. Oktober 2009 mit der Begründung, dass ausländischen Unternehmern kein Anspruch auf Vorsteuerabzug für Personalaufwendungen zustehe, als unbegründet abgewiesen.
Nach der am 15. Juni 2011 abgehaltenen Berufungsverhandlung langte am 22. Juli ein weiterer Schriftsatz der steuerlichen Vertretung ein in dem dargelegt wurde, dass seitens der Betriebsprüfung zum Vorsteuerrückerstattungsverfahren eingewendet werde, dass mangels Vorlage von Originalbelegen gemäß der Verordnung zur Rückerstattung von inländischen Vorsteuern, eine Vorsteuerrückerstattung nicht möglich sei. Diese Ansicht werde grundsätzlich geteilt, jedoch werde die Ansicht vertreten, dass im Falle von pauschal vergüteten Reisekosten jedenfalls § 13 UStG in der geltenden Fassung anzuwenden sei. § 13 UStG regele die Voraussetzungen eines Vorsteuerabzuges aus pauschal vergüteten Reisekosten an Unternehmer sowie deren Mitarbeiter. Aus den Bestimmungen des § 13 UStG gehe eindeutig hervor, dass ordnungsgemäß geführte Lohnkonten, aus denen der Zweck, Inhalt sowie Dauer der Reise eindeutig erkennbar seien, als Originalbelege ausreichend seien.
Das Originallohnkonto sei der Finanzverwaltung im Rahmen der Vorsteuerrückerstattung vorgelegt worden, sodass den Bestimmungen des § 13 UStG ausreichend Rechnung getragen worden sei. Im Rahmen einer gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben seien die pauschal vergüteten Reisekosten seitens der Finanzverwaltung für den Prüfungszeitraum geprüft und im Rahmen dieser GPLA keine Feststellungen getroffen worden. Aus den Prüfungsunterlagen bzw. aus der GPLA gehe daher eindeutig hervor, dass sämtliche pauschalen Reisekosten entsprechend den Bestimmungen des Kollektivvertrages und der Abgabenvorschriften ausbezahlt worden seien. Auch die Bestimmungen des österreichischen EStG sehen vor, dass zur Anerkennung pauschaler Reisekosten Zweck, Inhalt und Dauer der Reise eindeutig erkennbar sein müssen. Die Vorgaben des österreichischen Einkommensteuergesetzes deckten sich daher mit jenen des § 13 UStG, d. h. aus den Lohnkonten sei eindeutig ableitbar zu welchem Zweck mit welchem Inhalt und für welchen Zeitraum die pauschalen Reisekosten ausbezahlt worden seien. Dadurch werde den Vorgaben des § 13 UStG im konkreten Fall ausreichend Rechnung getragen, weshalb der Vorsteuerabzug aus den pauschalen Reisekosten entsprechend diesen Bestimmungen zu gewähren sei.
Der Einwand der Betriebsprüfung, dass keine Originalbelege im Sinne von Hotelrechnungen etc. vorlägen, sei im Zuge der gemeinsamen Besprechung ausreichend diskutiert worden und sei dargelegt worden, dass es naturgemäß für pauschale Reisekosten keine Originalbelege geben könne, da widrigenfalls, d. h. bei Vorliegen von Originalbelegen, keine pauschalen Reisekosten sondern die tatsächlichen Reisekosten vergütet würden. Dies entspräche dem Wesen und dem Sinn der Vergütung von pauschalen Reisekosten. Die Verordnung zur Rückerstattung von Vorsteuerbeträgen habe den Bestimmungen des in der Stufenhierarchie vorgelagerten Umsatzsteuergesetzes voll inhaltlich Rechnung zu tragen, weshalb die Vorgaben des § 13 UStG auch auf die Bestimmungen bzw. die Verordnung zur Rückerstattung aus inländischen Vorsteuern ausländischer Unternehmen anzuwenden seien. Darüber hinaus sei anzumerken, dass die 6. Mehrwertsteuerrichtlinie der Europäischen Union als eine der obersten Grundsätze die Kostenneutralität der Umsatzsteuer innerhalb der Unternehmerkette vorsehe. Da die Leistungen, die den Vorsteuerabzug der Berufungswerberin betreffen, eindeutig (dies bestätigt auch der Prüfungsabschluss der Finanzverwaltung zur gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben) für die Berufungswerberin erbracht worden seien und die Berufungswerberin unbestritten Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sei, sei die Kostenneutralität der Umsatzsteuer zu wahren. Sollte der Vorsteuerabzug nicht gewährt werden, würden der Berufungswerberin Umsatzsteuerbeträge als Kosten erwachsen, was den obgenannten Vorgaben der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie nicht entspräche.
Die Leistungen (Reisekosten) seien, wie die Finanzverwaltung bestätige, für das Unternehmen erbracht worden und damit werde den Vorgaben des § 12 UStG im Zusammenhang mit der Berechtigung zum Vorsteuerabzug Rechnung getragen. Da darüber hinaus den Bestimmungen des § 13 zur Vergütung der Vorsteuern für pauschale Reisekosten ebenfalls vollinhaltlich genüge getan werde, sei der Vorsteuerabzug für die pauschal vergüteten Reisekosten an die Mitarbeiter zu gewähren. In diesem Zusammenhang sei nochmals der Hinweis erlaubt, wie dies bereits in der mündlichen Vorbesprechung ausgeführt worden sei, dass nur jene Vorsteuerbeträge in Anspruch genommen würden bzw. beantragt würden, welche Vorsteuerbeträge bzw. Reisekosten für jene Mitarbeiter betreffen, deren Lohn dem Steuerabzug, d. h. der Lohnsteuer unterlägen.
Es wurden entsprechenden Lohnunterlagen für das 2. Quartal 2008 übermittelt, aus denen hervorgehe, dass die Aufzeichnungen zur Vergütung der pauschalen Reisekosten entsprechend den Vorgaben und Bestimmungen des UStG geführt worden seien und wurden. Aus diesen Unterlagen gingen für jeden Mitarbeiter eindeutig der Zweck, die Dauer und der Inhalt der Reise hervor, weshalb auch im Rahmen der gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben keine Beanstandungen zur Vergütung der pauschalen Reisekosten festgestellt worden sei.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBI. 279,1995, idF BGBIII 2001,416, ist an Unternehmer, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, unter bestimmten Voraussetzungen die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern zu gewähren. Bei der Prüfung der Abziehbarkeit von Vorsteuerbeträgen ist nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorzugehen. § 12 UStG 1994 regelt die Voraussetzungen des Vorsteuerabzuges im Allgemeinen. § 13 UStG 1994 beinhaltet als lex specialis zu § 12 UStG 1994 Aussagen zu den Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit Reisekosten, wobei § 13 UStG 1994 lediglich die Aufwendungen für Verpflegung und Nächtigung betrifft. In § 13 Abs. 3 UStG 1994 finden sich Sonderregelungen für ausländische Unternehmer. Diese können aus Anlass einer Geschäfts- oder Dienstreise nur jene Vorsteuerbeträge abziehen, die in einer Rechnung an sie gesondert ausgewiesen werden, wobei die Rechnung auch auf den Namen des Dienstnehmers lauten kann, der die Reise unternommen hat (Ruppe/ UStG 1994/ 2.Auflage/ § 13 Tz 21).
§ 13 Abs. 3 und 4 UStG 1994 lauten:
,,(3) Unternehmer, die nicht der inländischen Einkommensbesteuerung unterliegen oder deren Arbeitnehmer im Inland nicht unter den Steuerabzug vom Arbeitslohn fallen, können aus Anlass einer Geschäfts- oder Dienstreise nur jene Vorsteuerbeträge abziehen, die in einer Rechnung (§ 11) an sie gesondert ausgewiesen werden. Im Falle der Mehraufwendungen für Verpflegung darf ein Vorsteuerabzug jedoch höchstens von den nach Abs. 1 und 2 als Tagesgeld festgesetzten Pauschbeträgen ermittelt werden.
(4) Die nach den vorstehenden Absätzen errechneten Vorsteuerbeträge können nur abgezogen werden, wenn über die Reise ein Beleg ausgestellt wird, welcher über Zeit, Ziel und Zweck der Reise, die Person, von der die Reise ausgeführt worden ist, und über den Betrag Aufschluss gibt, aus dem die Vorsteuer errechnet wird. Die Verpflichtung zur Ausstellung eines eigenen Beleges für Zwecke des Vorsteuerabzuges entfällt, wenn die erwähnten Angaben bereits aus den für die Erhebung der Einkommensteuer (Lohnsteuer) erforderlichen Unterlagen hervorgehen."
Die Sechste Richtlinie enthält keine vergleichbare Vorschrift. Die Pauschalierung der Vorsteuern bzw. der Abzug der Vorsteuern ohne Rechnung stellt eine Vereinfachungsmaßnahme gemäß Artikel 27 der Sechsten Richtlinie dar. Die betragsmäßige Beschränkung des Vorsteuerabzuges entspricht Artikel 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie (aus Erläuterungen zur Regierungsvorlage). Maßgeblich für die Erstattung ist das Recht des Erstattungsstaates, sodass nur solche Vorsteuern erstattet werden, die eben nach nationalem Recht erstattungsfähig sind. Auf ausländische Unternehmer, die im Inland weder beschränkt noch unbeschränkt ertragsteuerpflichtig sind, ist § 13 Abs. 1 und 2 UStG 1994 nicht anwendbar. Diese Unternehmer können Vorsteuern aus Reisekosten nur aufgrund einer Rechnung iSd § 11 UStG 1994 abziehen.
Es muss über Zeit, Ziel und Zweck der Reise ein Beleg vorliegt; der Nachweis der betrieblichen Veranlassung trifft den Unternehmer (vgl. UFS 21. 5. 2003, RV /0039-G/03). Eine Durchschnittsbetrachtung ist nicht zulässig. Die für ausländische Unternehmer normierte Einschränkung gilt auch für in- und ausländische Unternehmer, soweit deren Arbeitnehmer nicht dem inländischen Lohnsteuerabzug unterliegen. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug aus den Pauschbeträgen ist die Ausstellung eines Eigenbeleges, aus welchem Zeit, Ziel, Zweck, Reisender und Bemessungsgrundlage für den Vorsteuerabzug eindeutig hervorgehen. Die Nachweise müssen für die Finanzverwaltung leicht nachprüfbar sein, dh aus den Lohnaufzeichnungen, Geschäftsbüchern oder sonstigen Unterlagen leicht ersichtlich sein.
Ein Fehlen von einzelnen Informationen, wie bspw Zweck der Reise, genaue Ortsangabe oder Angabe des Reisenden (auch bei Ein-Mann-Unternehmen!) führt nach Rsp des UFS (3.9.2009, RV/0690-I/07) bereits zur Versagung des Vorsteuerabzugs. Nach Rsp des VwGH (28.5.2008, 2006/15/0280) sind die Voraussetzungen für einen ordnungsgemäßen Nachweis erst dann erfüllt, wenn neben dem Nachweis einer tatsächlich angetretenen Reise auch insb deren exakte Dauer belegt werden kann.
Sind die og Voraussetzungen nicht dem Grunde nach nachgewiesen, erübrigt sich die Prüfung, ob überhaupt eine Dienstreise iSd Abgabenvorschriften stattgefunden hat. Entgegen den sonst üblichen strengen Nachweispflichten für den Vorsteuerabzug geht § 13 als lex specialis § 12 auch hinsichtlich der Nachweispflichten vor. Für Dienstreisen gilt: Sind die erforderlichen Informationen aus den Lohnverrechnungsunterlagen ableitbar, entfällt die Notwendigkeit einer Belegerstellung. Die Voraussetzungen für begünstigte Behandlung der Reisekosten sowie den Vorsteuerabzug daraus müssen für das Finanzamt leicht nachprüfbar sein und aus der Lohnverrechnung, den Geschäftsbüchern oder sonstigen Unterlagen leicht ersichtlich sein. Es ist die Reise sowohl dem Grunde, als auch der Höhe und Dauer nach zu belegen, indem Datum, Dauer sowie Ziel und Zweck der Dienstreise dargelegt werden (VwGH 28. 5. 2008, 2006/15/0280).
Nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates stellen die von der Bw. vorgelegten Zeitnachweise und Arbeitsbestätigungen von Dienstnehmern an die WIG mit Sitz in S bzw. an die Personalbeistellungsfirma FK mit Sitz in V keine geeigneten Unterlagen dar, die die Bw. zur Erstattung der Vorsteuern berechtigen.
Graz, am 12. Jänner 2012
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 13 Abs. 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |