UFS RV/0464-S/11

UFSRV/0464-S/1120.10.2011

Aktivlegitimation zur Einbringung der Berufung einer gelöschten GmbH

 

Entscheidungstext

Bescheid

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der SteuerberatungsGmbH, Adr.2, eingebracht im Namen der GmbH_i.L.., Adr.1, vom 23. September 2010 gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom 11. bzw. 13. August 2010 betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer für 2000 und 2001, die Umsatzsteuer sowie die Körperschaftsteuer und die Anspruchszinsen für 2000 und 2001, den Verspätungszuschlag für 2000 und die Haftung für Kapitalertragsteuer für 2000 und 2001 entschieden:

Die Berufung wird gemäß § 273 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr. 1961/194 idgF, als unzulässig zurückgewiesen.

Begründung

Die GmbH_i.L.. (im folgenden kurz: GmbH i.L.), wurde laut Eintragung im Firmenbuch seit April 2002 von der vormaligen Geschäftsführerin N.N. als Liquidator vertreten, nachdem zuvor eine Konkursabweisung mangels Vermögens stattgefunden hatte. Mit Gerichtsbeschluss vom 13.1.2004 erfolgte eine neuerliche Konkursabweisung mangels Vermögens und in der Folge die amtswegige Löschung gemäß § 40 Firmenbuchgesetz (FBG) wegen Vermögenslosigkeit (eingetragen im Firmenbuch am 6.1.2005).

Im Zuge einer Außenprüfung bei der XY-GmbH kam es zur Erlassung eines Prüfungsauftrages auch für die GmbH i.L. und zur Durchführung einer Außenprüfung. Als Ergebnis erließ das Finanzamt am 11. bzw. 13. August 2010 die im Spruch angeführten Bescheide, adressiert jeweils an die GmbH_i.L.., p.A. Frau N.N. mit deren Wohnanschrift.

Gegen die genannten Bescheide brachte die SteuerberatungsGmbH "im Namen und im Auftrag unserer Klientin GmbH_i.L." fristgerecht Berufung ein. Laut Abfrage in der Datenbank des Finanzamtes erteilte die GmbH i.L. der Steuerberatungs GmbH am 22.9.2010 die Vollmacht zur steuerlichen Vertretung, wobei diese Vollmacht nach Auskunft durch die Steuerberatungskanzlei von den beiden ehemaligen Geschäftsführern, Herrn und Frau F., unterschrieben wurde.

Daraus folgt in rechtlicher Hinsicht:

Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat bloß deklaratorischen Charakter (vgl. VwGH 17.5.2004, 2003/17/0134) und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist (vgl. OGH 19.6.2006, 8 ObA 46/06g) und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt - also zB Abgaben noch festzusetzen - sind (vgl. Ritz, BAO³, § 79, Tz 10, 11; VwGH 21.9.2005, 2001/13/0059; VwGH 11.11.2008, 2006/13/0187).

Die Rechts- und Parteifähigkeit einer GmbH bleibt daher auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch solange erhalten, als noch Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind. An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide ergehen daher grundsätzlich rechtswirksam (vgl. VwGH 28.6.2007, 2006/16/0220).

Bis zur Vollbeendigung braucht die aufgelöste Gesellschaft - so wie bisher - einen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter. In der Zeit zwischen Auflösung und Vollbeendigung (vollständige Abwicklung aller Rechtsverhältnisse) fungiert grundsätzlich der vormalige Geschäftsführer als "geborener Liquidator"(vgl. VwGH 23.6.1993, 91/15/0157; VwGH 17.12.1993, 92/15/0121; UFS 17.12.2008, RV/0527-K/06; UFS 12.3.2009, RV/0292-K/07). An ihn können an die Gesellschaft adressierte Erledigungen bis zur Bestellung eines Liquidators noch zugestellt werden.

Der Auflösung folgt i.d.R. die Liquidation oder Abwicklung (§ 89 GmbHG). Während dieser Zeit wird eine Kapitalgesellschaft durch die im Firmenbuch eingetragenen Liquidatoren oder Abwickler (§ 93 GmbHG) vertreten. Nach Beendigung der Liquidation und Entlastung der Liquidatoren erfolgt die Löschung im Firmenbuch (§ 157 UGB, § 93 GmbHG). Mit ihr endet auch das Liquidatorenamt.

Sollten in weiterer Folge noch Bescheide an die im Firmenbuch gelöschte Gesellschaft erlassen werden, so regelt § 80 Abs. 3 BAO die Vertretung einer aufgelösten GmbH. Diese Vertretungsregelung erfasst allerdings nur jene Fälle, in denen eine Liquidation stattgefunden hat. Nicht erfasst sind Fälle, in denen eine Kapitalgesellschaft gemäß § 40 Abs. 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird oder eine Gesellschaft gemäß § 39 Abs. 1 FBG bei Konkursabweisung mangels eines zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichenden Vermögens (§ 71b IO) als aufgelöst gilt und daher mangels Vermögens von Amts wegen zu löschen ist.

Die Löschung gemäß § 40 Abs. 1 FBG sowie die im Firmenbuch gemäß § 39 Abs. 2 FBG einzutragende Auflösung gelten zwar nur als deklarativ und führen grundsätzlich nicht zur Vollbeendigung der Gesellschaft (vgl. dazu auch OGH 12.7.2005, 5 Ob 58/05y). Jedoch ist mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (vgl. OGH 20.5.1999, 6 Ob 330/98t; OGH 28.6.2007, 3 Ob 113/07z), sodass in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden können. Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam (vgl. OGH 28.6.2007, 3 Ob 113/07z; siehe dazu auch UFS 25.7.2007, RV/0792-W/05; 23.5.2011, RV/2748-W/09).

Daraus ergibt sich, dass die GmbH i.L. nicht mehr befähigt war, der einschreitenden Steuerberatungs GmbH rechtswirksam Vollmacht zu erteilen. Die ehemaligen Geschäftsführer sind keine Organe der GmbH i.L. mehr und nicht (mehr) zur Vertretung der gelöschten GmbH befugt. Sie konnten daher die Steuerberatungs GmbH nicht mit der steuerlichen Vertretung der GmbH i.L. bevollmächtigen. Damit fehlt der einschreitenden Steuerberatungs GmbH die Aktivlegitimation zur Einbringung einer Berufung namens der GmbH i.L., sodass die Berufung zurückzuweisen ist (siehe dazu UFS 25.11.2003, RV/1290-W/03).

Aus dem vorhin Gesagten folgt aber auch, dass die angefochtenen Bescheide mangels Zustellung rechtlich nicht existent geworden sind. Berufungen gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter sind ebenfalls als unzulässig zurückzuweisen (VwGH 15.2.2006, 2005/13/0179; 27.4.1995, 93/17/0075).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Salzburg, am 20. Oktober 2011

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