UFS RV/0502-F/09

UFSRV/0502-F/0929.4.2011

Gemeinnützigkeit einer ein ARA betreibenden GmbH

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der bfadr, vertreten durch Gerhard von der Thannen, Steuerberater, 6863 Egg, Impulszentrum Bregenzerwald, vom 5. November 2009 gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom 31. Juli 2009 betreffend Körperschaftsteuervorauszahlung 2009 sowie die Berufungen vom 18. November 2010 gegen die Bescheide des Finanzamtes Bregenz vom 10. November 2009 betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 2004 bis 2008 entschieden:

Den Berufungen wird Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die Berufungsführerin betreibt eine Abwasserreinigungsanlage. Ihr Einzugsgebiet umfasst die Gemeinden X und Y. Diese Gemeinden sind auch Gesellschafter der Berufungsführerin.

Mit den angefochtenen Bescheiden hat das Finanzamt Bregenz der Berufungsführerin Mindestkörperschaftsteuer vorgeschrieben.

In den Berufungen brachte die Berufungsführerin im Wesentlichen vor:

"Gemäß § 5 Z 6 KStG sind an sich unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 von der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht befreit, wenn sie der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nach Maßgabe der §§ 34 bis 47 BAO dienen. Gem. § 34 Abs. 1 BAO sind die Begünstigungen, die bei Betätigungen für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke auf abgabenrechtlichem Gebiet in einzelnen Abgabenvorschriften gewährt werden an die Voraussetzung geknüpft, dass die Körperschaft, der die Begünstigung zukommen soll nach Gesetz, Satzung, Stiftungsbrief oder ihrer sonstigen Rechtsgrundlage und auch ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar der Förderung der genannten Zwecke dient. Gem. § 35 Abs 1 BAO sind solche Zwecke gemeinnützig, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird. Eine solche Förderung liegt gem. § 35 Abs. 2 BAO nur vor, wenn die Tätigkeit dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützt. Dies gilt insbesondere für die Förderung ... des Natur-, Tier- und Höhlenschutzes. Gemäß § 39 BAO ist die ausschließliche Förderung an fünf Voraussetzungen geknüpft (1. Verfolgung keiner anderer als gemeinnützige Zwecke; 2. Die Körperschaft darf keinen Gewinn erstreben. Die Mitglieder dürfen keine Gewinnanteile oder sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten; 3. Die Mitglieder dürfen bei ihrem Ausscheiden oder bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer Sacheinlagen zurückerhalten, der nach dem Zeitpunkt der Leistung der Einlagen zu berechnen ist; 4. Die Körperschaft darf keine Person durch Verwaltungsausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen; 5. Bei Auflösung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks darf das Vermögen der Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Sacheinlagen übersteigt, nur für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verwendet werden.)

Gegenstand des Unternehmens der [Berufungsführerin] ist gemäß Gesellschaftsvertrag die Planung, Finanzierung, der Bau und der Betrieb, die Instandhaltung und die laufende Überwachung des Zustandes und der Wirkung einer gemeinsamen Abwasserreinigungsanlage samt den dazugehörigen technischen Hilfseinrichtungen zur Reinigung der Abwässer in den Gemeinden X und Y. Die Reinigung von Abwässern ist eine Tätigkeit des Naturschutzes. Somit sind die Voraussetzungen des § 35 BAO erfüllt.

Im Jahr 1991 wurde der Gesellschaftsvertrag geändert und die Voraussetzungen des § 39 BAO im Gesellschaftsvertrag verankert.

Somit ist die [Berufungsführerin] eine gemeinnützige Körperschaft und daher gem. § 5 Z 6 KStG von der unbeschränkten KöSt-Pflicht (und auch von der Mindest-KöSt) befreit.

Zum Schreiben von Herrn [...] vom 07.10.2009 in Beantwortung unserer Anfrage zum gegenständlichen Thema möchte ich noch folgendes anmerken: Die Finanzverwaltung ist der Meinung, dass die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben keine Gemeinnützigkeit entfalten kann. Diesem Argument steht ganz allgemein entgegen, dass nirgends im Gesetz eine diesbezügliche Bestimmung zu finden ist. Zudem ist in § 35 Abs. 2 BAO die Schulbildung (als hoheitliche Tätigkeit) ausdrücklich als gemeinnützig angeführt. Weiters wird der [Berufungsführerin] unterstellt, dass sie "eigenwirtschaftliches Interesse ihrer Gesellschafter verfolge".

Unternehmensgegenstand der [Berufungsführerin] ist die Reinigung von Abwässern. Gem. § 35 Abs. 1 BAO sind gemeinnützige Zwecke solche, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird. Dies trifft bei der Reinigung von Abwässern wohl zweifellos zu. Dass die Gesellschafter gesetzlich zur Reinigung des Abwassers verpflichtet sind spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Zudem werden Kapitalgesellschaften und Vereine immer dazu dienen die Ziele ihrer Gesellschafter/Mitglieder (welcher Art auch immer diese sein mögen) zu erfüllen, denn niemand wird Gesellschafter einer GmbH oder Mitglied eines Vereins werden, deren/dessen Unternehmensgegenstand/Zweck den eigenen Zielen entgegensteht."

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs 4 zweiter Satz KStG sind Betriebe, die von juristischen Personen des privaten Rechts geführt werden, nach den für diese Rechtsform geltenden Vorschriften zu besteuern. Die Berufungsführerin ist daher nicht als Betrieb gewerblicher Art, sondern als "normales" Körperschaftsteuersubjekt zu besteuern. Die Steuerbefreiung für Hoheitsbetriebe (§ 2 Abs 5 KStG) kommt daher nicht zur Anwendung.

Gemäß § 5 Z 6 KStG sind gemeinnützige Körperschaften von der unbeschränkten Steuerpflicht befreit. Es ist daher zu prüfen ob die Berufungsführerin gemeinnützig iSd §§ 34 ff BAO ist. Voraussetzung ist dass eine Körperschaft der Förderung gemeinnütziger (§§ 35 f BAO) Zwecke ausschließlich (§ 39 BAO) und unmittelbar (§ 40 BAO) nach ihrer Satzung oder sonstigen Rechtsgrundlage (§ 41 BAO) und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung (§ 42 BAO) dient. Dabei darf sie nur in eingeschränkter Weise wirtschaftlich tätig werden (§§ 44 bis 47 BAO). Vor allem darf sie keinen Gewinn anstreben. (vgl Lang/Schuch/Staringer, KStG § 5 Tz 99).

Die Reinigung von Abwässern dient zweifellos dem Umweltschutz und ist daher gemäß § 35 BAO eine gemeinnützige Tätigkeit. Durch diese Tätigkeit wird die Allgemeinheit gefördert, da im gegenständlichen Fall, die gereinigten Abwässer in den Bodensee fließen und dieser das Trinkwasserreservoir von ca 4.500.000 Menschen ist.

Die Berufungsführerin erfüllt auch die Kriterien der ausschließlichen und unmittelbaren Förderung der gemeinnützigen Zwecke sowohl nach ihrer Satzung als auch nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung. Sie hat über Jahre hinweg ein ausgeglichenes Ergebnis erzielt, was durch die Vorschreibung lediglich der Mindestkörperschaftsteuer manifestiert wird. Sie hat daher auch keine Gewinnerzielungsabsicht.

Die Tatsache, dass die Gesellschafter gesetzlich zur Abwasserreinigung verpflichtet sind, ist entgegen der Ansicht des Finanzamtes kein Grund der Berufungsführerin den Gemeinnützigkeitsstatus zu versagen.

Den Berufungen war daher stattzugeben.

Feldkirch, am 29. April 2011

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 2 Abs. 4 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 5 Z 6 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 35 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Stichworte