Zumutbarkeit eines öffentlichen Verkehrsmittels (PP).
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vom 8. Februar 2010 gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, vertreten durch FA, vom 28. Jänner 2010 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2009 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Eingabe vom 10. Jänner 2010 wurde die Einkommensteuererklärung 2009 auf elektronischem Wege beim zuständigen Finanzamt eingereicht.
Mit Einkommensteuerbescheid 2009 vom 28. Jänner 2010 wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2009 mit einer Gutschrift in Höhe von 110,00 € festgesetzt (10% der SV-Beiträge, max. 110,00 €).
Mit Eingabe vom 8. Februar 2010 wurde Berufung gegen den Bescheid vom 28. Jänner 2010 erhoben. Es wurde um Berücksichtigung des sog. Pendlerpauschales in Höhe von 342,00 € ersucht.
Mit Ersuchen um Ergänzung seitens des zuständigen Finanzamtes vom 9. Februar 2010 wurde die Berufungswerberin ersucht, weitere Angaben nachzureichen: - Vorlage des Antrages auf Pendlerpauschale (L 34) - Genaue Bezeichnung der Ein- und Ausstiegsstellen - Genaue Dienstzeiten
Im Antwortschreiben vom 25. Februar 2010 wurde diesbezüglich Folgendes angegeben: In der Erklärung zur Berücksichtigung des Pendler-Pauschales wurde angegeben, dass zu Arbeitsbeginn oder Arbeitsende die Fahrzeit bei Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels unzumutbar lang sei (Wegstrecke unter 20km mehr als 1 1/2 Stunden). Die genauen Stationen wurden wie folgt bezeichnet: Bahnstation P West - Bahnstation L/U - Straßenbahnstation Mbahnhof (Linie 3) - Straßenbahnstation Mkreuzung - Busstation Mkreuzung (Linie 46 oder 49) - Busstation I.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 15. März 2010 wurde gegenständliche Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 16 EStG 1988 Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn die einfache Fahrtstrecke weniger als 20km beträgt, mit dem Verkehrsabsetzbetrag abgegolten sei. Sei dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann würde das große Pendlerpauschale zustehen. Laut dem Fahrplan der ÖBB sei auf der Wegstrecke Wohnung Arbeitsstätte grundsätzlich die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels möglich. Da trotz Aufforderung die täglichen Dienstzeiten nicht nachgewiesen worden seien, sei eine Überprüfung der Zumutbarkeit eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht möglich. Das große Pendlerpauschale ab 2km hätte daher nicht berücksichtigt werden können.
Mit Eingabe vom 23. März 2010 wurde ein Antrag auf Entscheidung über die Berufungsvorentscheidung eingereicht (sog. Vorlageantrag). Die Berufungswerberin führte aus, dass aus unerklärlichen Gründen der Dienstvertrag mit den Dienstzeiten nicht übermittelt worden sei. Dieser würde nunmehr beiliegen. Der Arbeitgeber von 2009 sei mittlerweile in Insolvenz und ein täglicher Stundennachweis könne daher nicht mehr erbracht werden. Die Arbeitspläne seien pro Woche ausgegeben und auf einem Notizzettel übergeben worden. Die Zeiten seien sehr oft von Montag bis Freitag bis 20:00 Uhr und an Samstagen zwischen 07:00 Uhr und 12:00 Uhr gewesen. Speziell bei Dienstende 20:00 Uhr und am Samstag seien die Verbindungen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sehr schlecht gewesen und die Fahrzeit hätte 1,5 Stunden überschritten. - Dienstvertrag: "Die Verteilung der Arbeitszeit erfolgt nach dem festgelegten Dienstplan innerhalb der für das Call Center gültigen Dienstzeiten: Montag bis Freitag: 7.00 bis 20.00 Uhr bzw. Samstag 7.00 bis 12.00 Uhr."
In einem Schreiben vom 13. April 2010 seitens des zuständigen Finanzamtes wurde die Berufungswerberin auf die gesetzlichen Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 hingewiesen. Weiters wurde angegeben, dass eine Recherche im Internet ergeben hätte, dass die Wegzeit eines öffentlichen Verkehrsmittels von 1,5 Stunden (bei einer Strecke von weniger als 20km) für den Arbeitsweg nicht überschritten werde. Auch für die Arbeitszeiten an einem Samstag bzw. bei Arbeitszeiten bis 20:00 Uhr sei lt. Fahrplanauskunft eine Fahrt mit dem öffentlichen Verkehrsmittel innerhalb der zumutbaren Zeit möglich (maximale Dauer 55 Minuten). Es werde ersucht, hierzu Stellung zu nehmen und geeignete Beweismittel vorzulegen.
Mit Eingabe vom 5. Mai 2010 (E-Mail) wurde ein Fahrplan der ÖBB übermittelt, woraus ersichtlich sei, dass ab 20:00 Uhr nur jede Stunde ein Zug fahren würde (M nach P). Da die Verbindungen von der Q nach 20:00 Uhr es nicht möglich machen würden, den Zug um 19:50 Uhr zu erreichen, würde die Wegzeit mehr als 1,5 Stunden dauern. Der übermittelte Fahrplanauszug enthält u.a. folgende Daten: Verbindung Linz-P (Bahn und Bus Abfahrtszeiten 2010): Abfahrt (M bzw. D) Mo-Fr: 19:50; 20:36 (Bus); 20:37; 21:37 Abfahrt (M bzw. D) Samstag: 12:23 (Bus); 12:30 (Zug); 12:36 (Bus); 12:53 (Bus); 13:00 (Zug) Auf dieser Kopie kennzeichnete die Berufungswerberin die Zugverbindungen an Samstagen ab 21:37 Uhr.
In einer weiteren Eingabe vom 31. Mai 2010 (E-Mail) gab die Berufungswerberin bekannt, dass die Wochenarbeitszeiten unterschiedlich zwischen 15-20 Stunden gedauert hätten. Aus einem ebenfalls übermittelten Wochenplan ist ersichtlich, dass die Berufungswerberin maximal bis 20:00 Uhr (wochentags) bzw. 12:00 Uhr (samstags) gearbeitet hätte.
Mit Vorlagebericht vom 7. Juni 2010 wurde gegenständliche Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.
Die Ergebnisse weiterer Ermittlungen seitens des nunmehr zuständigen Referenten des Unabhängigen Finanzsenates hinsichtlich der tatsächlichen öffentlichen Verkehrsmittel sind im Entscheidungsteil wiedergegeben.
Über die Berufung wurde erwogen:
§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 : Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden zusätzlich (Anmerkung Referent: zum Verkehrsabsetzbetrag) folgende Pauschbeträge berücksichtigt: 2 km bis 20 km: "342 Euro" jährlich. ...
Gegenständlich ist von folgendem, unstrittigen, Sachverhalt auszugehen: - Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beträgt jedenfalls zwischen 2 km und 20 km (ca. 13 km). Wohnort: 4040 P, Mi 95 Arbeitsstätte: Fa. Q AG, 4020 Linz, I 47 - Zwischen diesen beiden Orten verkehren jedenfalls öffentliche Verkehrsmittel (Zug, Bus). Die Arbeitszeiten der Berufungswerberin (lt. Wochenplan) bewegen sich zwischen 7:00 Uhr und 20:00 Uhr; an Samstagen bis max. 12:00 Uhr. Anzahl der Arbeitszeiten bis 20:00 Uhr: zwischen 2x und 5x pro Monat Anzumerken ist weiters, dass die von der Berufungswerberin im übermittelten Fahrplan gekennzeichneten Fahrzeiten (Samstag 21:37; 20:08; 22:37 und 23:00) für die gegenständliche Entscheidung nicht relevant sind, da an keinem Samstag so lange gearbeitet wurde.
Die Ermittlungen des Referenten des Unabhängigen Finanzsenates führten zu folgenden Ergebnissen (Quelle: Fahrplanauskunft ÖBB):
- Abfrage P West Bahnhst nach Linz/D/Fa. Q: ab 06:00 Uhr 29.08.2009 (Samstag): Abfahrt: 6:02 Uhr, Ankunft: 6:34 Uhr; Abfahrt: 6:26 Uhr, Ankunft: 6:57 Uhr 25.08.2009 (Dienstag): Abfahrt: 6:02 Uhr, Ankunft: 6:33 Uhr; Abfahrt: 6:06 Uhr, Ankunft: 6:40 Uhr
- Abfrage Linz/D/Fa. Q nach P West Bahnhst: ab 14:00 Uhr 25.08.2009 (Dienstag): Abfahrt: 14:01 Uhr, Ankunft: 14:37 Uhr; Abfahrt: 14:09 Uhr, Ankunft: 14:44 Uhr; Abfahrt: 15:01 Uhr, Ankunft: 15:36 Uhr
- Abfrage Linz/D/Fa. Q nach P West Bahnhst: ab 20:00 Uhr 28.09.2009 (Montag): Abfahrt: 20:03 Uhr; Ankunft: 20:38 Uhr; Abfahrt 20:15 Uhr, Ankunft: 21:44 Uhr
- Abfrage Linz/D/Fa. Q nach P West Bahnhst: ab 12:00 Uhr 19.09.2009 (Samstag): Abfahrt: 12:07 Uhr, Ankunft: 12:37 Uhr; Abfahrt: 12:09 Uhr, Ankunft: 12:42 Uhr.
Wie aus diesen Beispielen ersichtlich ist, verkehren tatsächlich öffentliche Verkehrsmittel zwischen Wohnung und Arbeitsstätte der Berufungswerberin. Eine tatsächliche Unmöglichkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen, liegt also keinesfalls vor.
Es ist also eine Beurteilung hinsichtlich Unzumutbarkeit wegen langer Arbeitszeit vorzunehmen. Eine derartige Unzumutbarkeit für die hier vorliegende Wegstrecke kann angenommen werden, wenn die tatsächliche Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel 90 Minuten überschreitet (vgl. VwGH 28.10.2008, 2006/15/0319; UFS 11.5.2007, RV/0258-F/07). Aus obigen Beispielen ist leicht zu erkennen, dass diese Fahrzeit in keinem der Fälle überschritten wurde. Die Fahrzeit beträgt in den weitaus überwiegenden Fällen nicht einmal die Hälfte dieser Zeit. Auch bei Berücksichtigung allfälliger Fußwege erreicht man die maximal akzeptierte Dauer von 90 Minuten zur bzw. von der Arbeitsstätte nicht annähernd. Lediglich bei Dienstende 20:00 Uhr gibt es nur eine Verbindung (Abfahrt 20:03) welche eine Fahrzeit von lediglich 35 Minuten aufweist. Die zweite Verbindung (Abfahrt 20:15) dauert bereits 1 Std 29 Min. Zu bemerken ist hierzu aber auch, dass das Dienstende der Berufungswerberin nur gelegentlich 20:00 Uhr war (z.B. Jänner 3x; Februar 3x; März 4x; April 4x; Mai 4x; ... November 4x; Dezember 4x). Das heißt, auch wenn die Berufungswerberin die Verbindung um 20:03 Uhr nicht immer erreicht hätte, so hätte die Fahrzeit nur in sehr seltenen Ausnahmefällen, wenn man Fußwegzeiten zu der Haltestelle berücksichtigt, über 90 Minuten gedauert. Anzumerken ist herzu weiters, dass die Berufungswerberin nicht angeführt hat, längere Wegzeiten zu den Haltestellen zu haben. Die Ortskenntnis des Referenten lässt längere Fußwege auch nicht erkennen.
Die Berufungswerberin wurde seitens des Finanzamtes aufgefordert (Schreiben vom 13. April 2010), zu den Darstellungen (Fahrzeit maximal 55 Minuten) Stellung zu nehmen und geeignete Beweismittel vorzulegen. Im diesbezüglichen Antwortschreiben wies die Berufungswerberin auf einen Fahrplan zwischen Linz und P hin. In der von der Berufungswerberin vorgelegten Kopie der Fahrzeiten wurde irreführend auf Samstagabendfahrten hingewiesen. Diese sind aber für die gegenständliche Entscheidung irrelevant.
In Anbetracht dieser eindeutigen, nachprüfbaren Fakten, war spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am 1. März 2011
Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: |