Bescheidmäßige Festsetzung der Gebühr gemäß § 17a VfGG, weil diese nicht entrichtet wurde.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Herrn M.P., W., nunmehr vertreten durch den Masseverwalter, gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom 14. August 2009 betreffend 1. Gebühren und 2. Gebührenerhöhung nach der am 15. Februar 2011 in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Herr M.P., der Berufungswerber, hat für Herrn D.I. und die Firma H.G. am 17. Juli 2008 beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Einleitung eines Normprüfungsverfahrens gem. Art. 140 Abs. 1 B-VG eingebracht. Dieser Antrag langte beim Verfassungsgerichtshof am 17. Juli 2008 ein und wurde bei diesem unter den Zahlen Gyz erfasst. Diese Anträge wurden vom Verfassungsgerichthof mit Beschluss vom 24. Februar 2009 zurückgewiesen.
Da beim Verfassungsgerichtshof der Nachweis über die Entrichtung der Gebühr nach § 17a VfGG nicht erbracht wurde, wurde von diesem ein amtlicher Befund aufgenommen und dieser an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien weitergeleitet. Dieser Befund langte beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien am 21. April 2009 ein.
Mit Bescheiden vom 14. August 2009 (1. Gebührenbescheid und 2. Bescheid über eine Gebührenerhöhung) setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien für diese Anträge an den Verfassungsgerichtshof gegenüber dem Berufungswerber 1. die Gebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 440,-- und 2. die Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG in der Höhe von € 220,-- (50 % der nicht vorschriftsmäßig entrichteten Gebühr), somit insgesamt € 660,-- fest.
Die Bescheide enthalten folgende Begründungen:
1. Gebührenbescheid:
"Die Festsetzung erfolgt, weil die Gebühr nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde. Nach § 13 Abs. 3 GebG ist zur Entrichtung der festen Gebühren zur ungeteilten Hand mit den im § 13 Abs. 1 GebG genannten Personen verpflichtet, wer im Namen eines anderen Eingaben oder Beilagen überreicht oder gebührenpflichtige amtliche Ausfertigungen oder Protokolle oder Amtshandlungen veranlasst."
2. Bescheid über eine Gebührenerhöhung:
"Wird eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 vH der verkürzten Gebühr zu erheben."
In der gegen diese Bescheide eingebrachten Berufung wurde vorgebracht:
"Als Berufungsgrund wird geltend gemacht:
Unrichtige rechtliche Beurteilung
und es wird ausgeführt wie folgt:
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern erhebt mit dem Bescheid zu xx/x Verfassungsgerichtshofgebühren in der Höhe von EURO 220- gem § 17 a VfGG inklusive einer Mehrgebühr in der Höhe von EURO 110 nach § 9 Abs 1 GebG 1957.
Dieser Bescheid ist mir als Vertreter des Beschwerdeführers DI, im verfassungsgerichtlichen Verfahren zu Gyz zugestellt worden, da ich Herrn DI in diesem Verfahren rechtsfreundlich vertrete.
Die Konsequenz von Gebühren ist die faktische Verhinderung des Zugangs zum Recht, da bei der Einbringung des Rechtsmittels nicht mehr vorrangig inhaltliche Fragen, sondern vielmehr finanzielle im Vordergrund stehen. Der allgemein zu hohe Ansatz der Gebühren hat zur Folge, dass eine Vielzahl durch das Netz fällt, im Gegensatz zum amerikanischen Rechtssystem. Diese Vielzahl steht im Dilemma, weil die Betroffenen einerseits genug verdienen um durch den Alltag zu kommen, jedoch andererseits jedenfalls nicht ausreichend verdienen um einen Rechtsstreit zu finanzieren um ihn auch tatsächlich so zu führen, dass sie zu ihrem Recht kommen. Die ärmere Gesellschaftsschicht erhält -nicht immer- Verfahrenshilfe und die reichere Gesellschaftsschicht kann es sich leisten Rechtsstreitigkeiten zu führen. Für einen Rechtsanwalt entsteht in so einem Fall, wenn er an eine Sache glaubt somit das Kostenrisiko, da er gem GebG zur ungeteilten Hand Gesamtschuldner wird, sobald er eine Partei in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren vertritt, dadurch entsteht die Situation, dass Anwälte keine verfassungsgerichtlichen Verfahren für eine Vielzahl von Leuten führen können, da sie die Kosten(-risiko) voll und ganz zu tragen haben, da in den meisten Fällen wegen Vermögenslosigkeit der Partei, nicht die Möglichkeit der Exekution besteht.
Das System der Gerichtsgebühren ist damit verfassungswidrig, da es Art. 6 EMRK sowie Art 7 B-VG verletzt. Dies dadurch, dass die primären Entscheidungsgründe für die Einbringung eines Rechtsmittels nicht mehr sachlich abzuwiegen sind, sondern vielmehr zuerst die Kosten für das einzubringende Rechtsmittel zu kalkulieren sind. Die Gerichtsgebühren sind in einem ordentlichen Verfahren der einzige ,Kostenfixpunkt' für die Partei, da die Schuld auch gilt wenn z.B. über das Rechtsmittel nicht einmal entschieden wird.
Durch das österreichische Rechts-, bzw. Gebührensystem wird für eine Vielzahl von Personen der Zugang zum Recht faktisch verschlossen, da Rechtsstreitigkeiten nur mehr eine Sache des Eigenkapitals und der Finanzierung sind und sich die Vielzahl von Leuten somit eine Prozessführung durch die damit verbundenen Kosten nicht mehr leisten kann.
Als Grundlage für die Forderung der Gerichts Gebühren von dem Vertreter wird der § 13 Abs 3 GebG genannt. Dies aufgrund des § 17a Abs 1 und § 17a Abs 6 VfGG.
Hierzu wird ausgeführt, dass die Bestimmungen des Gebührengesetzes verfassungswidrig sind, da ein Rechtsanwalt nicht zur ungeteilten Hand Gesamtschuldner zusammen mit seinem Mandanten für angefallene Gerichtsgebühren sein kann, da dies dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit widerspricht. Eine Säule des Rechtsstaates ist, dass ein Rechtsanwalt die Vertretung einer Partei in juristischen Sachverhalten ist und nicht wie durch diese Regelung der Solidarhaftung des Gebührengesetzes zu dem ,Komplizen' der Partei wird.
Hier entsteht des weiteren in gewisser Weise ein moralisches Dilemma für den Rechtsanwalt, da eine Einhebung der Gebühren vom Vertreter einer Partei hat zur Folge, dass Rechtsanwälte, bei Ablehnung der Verfahrenshilfe für die Partei durch den Verfassungsgerichtshof, ein erhöhtes Risiko tragen müssen, sodass Ihnen, wenn sie der Meinung sind, dass die Verfassungsgerichtshofbeschwerde erfolgreich sein kann im gleichen Zug nicht nur seine eigenen Kosten, sondern auch die Gerichtskosten der Mandantschaft zu tragen haben und aus diesem Grund dadurch Beschwerden, welche der Verfassungsgerichtshof für nicht aussichtsreich befindet von vornhinein nicht mehr eingebracht werden können, da kein Rechtsanwalt bereit ist, zu seinen zusätzlichen Kosten noch die Kosten der Mandantschaft zu tragen. Dies hat zur Folge, dass der Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit hat eine Vielzahl von österreichischen Staatsbürgern von der Inanspruchnahme ihres verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts einzuschränken, bzw wenn nicht sogar ganz auszuschließen.
Es gibt auf der einen Seite die Möglichkeit, dass der Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Verfahrenshilfe abweist, wenn die Vermögenssituation des Antragsstellers nicht ordentlich bekannt gemacht wurde oder Angaben unvollständig oder unklar sind, was wiederum für viele Personen schwer ist, da sie keine ordentlichen Angaben machen können. Auf der anderen Seite kann ein Antrag auf Verfahrenshilfe durch den Verfassungsgerichtshof abgewiesen werden, wenn dieser der Meinung ist, dass die Beschwerde aussichtslos und ohne Erfolgschancen ist. Hier ergibt sich das Problem der Auslegung der Ansicht über die Erfolgschancen. Ein Rechtsanwalt bringt eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde grundsätzlich nur ein, wenn er diese auch vertreten kann.
Verletzung des Gleichheitssatzes
Die Bewertung der Erfolgsaussichten einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde ist schwierig und mit Problemen verbunden, da wie zuvor ausgeführt, für viele die sich in ihren verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten verletzt fühlen so von vornhinein keine Möglichkeit besteht, die für sie zufriedenstellenden Klärung zu erreichen.
Es stellt sich hier die Frage, ob diese ,Aussondierung' durch eine Bewertung der Erfolgsausichten einer Beschwerde nicht automatisch eine Befangenheit der erkennenden Richter begründet. Die Psychologische Situation die entsteht, wenn eine Beschwerde, die anfänglich als erfolglos bewertet wurde dann von einem Senat des Verfassungsgerichtshofes entschieden werden muss ist für die Öffentlichkeit so, dass davon ausgegangen wird, dass die Beschwerde keine Chance hat auf eine positive Entscheidung, woraus sich die Zweifel am Anschein der Unbefangenheit ableiten lassen.
Daraus ergibt sich direkt auch die Verletzung des Gleichheitssatzes, indem jemand, der vermögend ist der ,Aussonderung' des Verfassungsgerichtshofes somit entgeht, da er es sich leisten kann zu seinem Recht zu kommen. Der Gleichheitssatz ist dadurch betroffen, da es bei nicht vermögenden Personen, die einen Verfahrenshilfeantrag stellen immer zu einer ,Aussonderung' kommt und daher eine objektive Sachliche Entscheidung, die frei von Zweifeln am Anschein der Unbefangenheit ist gar nicht erst zustande kommen kann. Die derzeitigen Voraussetzungen für die Verfahrenshilfe schaffen somit eine Diskriminierung all jener, die nicht vermögend sind und keine Verfahrenshilfe bekommen, welche nicht mit dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit und dem Gleichheitssatz vereinbar ist."
Zu der auf Antrag des Berufungswerbers am 15. Februar 2011 um 9:30 Uhr angesetzten Berufungsverhandlung ist auf Seiten des Berufungswerbers niemand erschienen. Die Vorladung zu dieser Verhandlung wurde von Herrn MV als Masseverwalter im Konkurs nach Herrn M.P. nachweislich am 17. bzw. 21. Jänner 2011 übernommen. Da nach § 284 Abs. 4 BAO ein Fernbleiben der Partei der Durchführung der Verhandlung nicht entgegensteht, fand die Berufungsverhandlung ohne Berufungswerber statt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Mit dem Gebührenbescheid wurden die Gebühren gemäß § 17a VfGG für die beim Verfassungsgerichtshof für Herrn D.I. und die Firma H.G. eingebrachten Anträge auf Einleitung eines Normprüfungsverfahrens vorgeschrieben. Die Vorschreibung der Gebühr (und auch der Gebührenerhöhung) erfolgte durch das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien, da dieses für die Erhebung dieser Gebühr zuständig ist. Gegenstand dieses Verfahrens ist die Vorschreibung der Gebühr für die beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten Anträge und die Vorschreibung der Gebührenerhöhung in Folge der Nichtentrichtung dieser Gebühr.
§ 17a VfGG lautet:
"Für Anträge gemäß § 15 Abs. 1 einschließlich der Beilagen ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen eine Eingabengebühr zu entrichten:
1. Die Gebühr beträgt 220 Euro. Der Bundeskanzler und der Bundesminister für Finanzen sind ermächtigt, die Eingabengebühr im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates durch Verordnung neu festzusetzen, sobald und soweit sich der von der Bundesanstalt "Statistik Österreich" verlautbarte Verbraucherpreisindex 2005 oder ein an dessen Stelle tretender Index gegenüber der für Jänner 2008 verlautbarten und in der Folge gegenüber der der letzten Festsetzung zugrunde gelegten Indexzahl um mehr als 10% geändert hat. Der neue Betrag ist aus dem im ersten Satz genannten Betrag im Verhältnis der Veränderung der für Jänner 2008 verlautbarten Indexzahl zu der für die Neufestsetzung maßgebenden Indexzahl zu berechnen, jedoch auf ganze zehn Euro auf- oder abzurunden.
2. Gebietskörperschaften sind von der Entrichtung der Gebühr befreit.
3. Die Gebührenschuld entsteht im Zeitpunkt der Überreichung der Eingabe; die Gebühr wird mit diesem Zeitpunkt fällig.
4. Die Gebühr ist unter Angabe des Verwendungszwecks durch Überweisung auf ein entsprechendes Konto des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien zu entrichten. Die Entrichtung der Gebühr ist durch einen von einer Post-Geschäftsstelle oder einem Kreditinstitut bestätigten Zahlungsbeleg in Urschrift nachzuweisen. Dieser Beleg ist der Eingabe anzuschließen. Die Einlaufstelle hat den Beleg dem Beschwerdeführer (Antragsteller) auf Verlangen zurückzustellen, zuvor darauf einen deutlichen Sichtvermerk anzubringen und auf der im Akt verbleibenden Ausfertigung der Eingabe zu bestätigen, dass die Gebührenentrichtung durch Vorlage des Zahlungsbeleges nachgewiesen wurde. Für jede Eingabe ist die Vorlage eines gesonderten Beleges erforderlich. Rechtsanwälte können die Entrichtung der Gebühr auch durch einen schriftlichen Beleg des spätestens zugleich mit der Eingabe weiterzuleitenden Überweisungsauftrages nachweisen, wenn sie darauf mit Datum und Unterschrift bestätigen, dass der Überweisungsauftrag unter einem unwiderruflich erteilt wird.
5. Für die Erhebung der Gebühr ist das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien in erster Instanz zuständig.
6. Im Übrigen gelten für die Gebühr die Bestimmungen des Gebührengesetzes 1957, BGBl. Nr. 267, über Eingaben mit Ausnahme des § 11 Z 1 und des § 14 sowie die §§ 74, 203 und 241 Abs. 2 und 3 der Bundesabgabenordnung 1961, BGBl. Nr. 194."
Nach dieser Bestimmung ist für Anträge auf Einleitung eines Normprüfungsverfahrens an den Verfassungsgerichtshof spätestens im Zeitpunkt des Einlangens des Antrages beim Verfassungsgerichtshof eine Gebühr in der Höhe von € 220,-- (für jeden Antrag) zu entrichten. Die Gebührenschuld entsteht mit dem Einlangen des Antrages beim Verfassungsgerichtshof. Die Gebührenschuld entsteht somit unabhängig davon ob und wie der Gerichtshof den Antrag behandelt.
Nach § 17a Z. 6 VfGG gelten für die Gebühr neben den Bestimmungen des Gebührengesetzes über Eingaben (ausgenommen sind der § 11 Z. 1 und der § 14) auch die §§ 74, 203 und 241 Abs. 2 und 3 der Bundesabgabenordnung. Nach § 203 BAO ist bei Abgaben, die nach den Abgabenvorschriften in Wertzeichen (Stempelmarken) zu entrichten sind, ein Abgabenbescheid nur zu erlassen, wenn die Abgabe in Wertzeichen nicht vorschriftsmäßig entrichtet worden ist. Damit gilt diese Bestimmung auch sinngemäß für die feste Gebühr nach § 17a VfGG, die durch Überweisung auf das Konto Nr. 5504109 des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien zu entrichten ist.
Im vorliegenden Fall wurde die Gebühr nach § 17a VfGG nicht entrichtet. Es liegen demnach die in § 203 BAO normierten Voraussetzungen für eine bescheidmäßige Festsetzung der Gebühr vor. Wird eine solche Gebühr mit Bescheid festgesetzt, so ist gemäß § 9 Abs. 1 GebG auch eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 v. H. der verkürzten Gebühr zu erheben. § 9 Abs. 1 GebG sieht somit zwingend die Festsetzung einer Gebührenerhöhung als objektive Rechtsfolge des Unterbleibens der vorschriftsmäßigen Entrichtung der festen Gebühr vor. Die Vorschreibung der Gebührenerhöhung steht nicht im Ermessen der Behörde.
Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 GebG ist bei Eingaben, deren Beilagen und den die Eingaben vertretenden Protokollen sowie sonstigen gebührenpflichtigen Protokollen zur Entrichtung der Stempelgebühren derjenige verpflichtet, in dessen Interesse die Eingabe eingebracht oder das Protokoll verfasst wird.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist mit den im Absatz 1 genannten Personen zur Entrichtung der Stempelgebühren zur ungeteilten Hand verpflichtet, wer im Namen eines anderen eine Eingabe oder Beilage überreicht oder eine gebührenpflichtige amtliche Ausfertigung oder ein Protokoll oder eine Amtshandlung veranlasst.
Nach dieser Bestimmung des § 13 Abs. 3 GebG wird derjenige zum Gesamtschuldner mit den im Abs. 1 der Gesetzesstelle genannten Personen, der im Namen des Antragstellers entweder eine Eingabe - allenfalls mit Beilagen - überreicht, eine gebührenpflichtige amtliche Ausfertigung oder die Abfassung bzw. Ausfertigung eines Protokolls "veranlasst", also bewirkt. Durch die Normierung eines Gesamtschuldverhältnisses soll verhindert werden, dass die als Antragsteller aufscheinende Person später die Gebührenpflicht dadurch erfolgreich verneinen könnte, dass sie bestreitet, dass die Schrift in ihrem Auftrag überreicht worden ist.
Liegen Gesamtschuldverhältnisse vor, so liegt es im Auswahlermessen der Behörde, welchen der Gesamtschuldner sie für die Gebührenschuld heranzieht. Dies liegt im Wesen eines Gesamtschuldverhältnisses (§ 891 ABGB), nach dem es vom Gläubiger abhängt, ob er von allen oder von einigen Mitschuldnern das Ganze oder nach von ihm gewählten Anteilen, oder ob er das Ganze von einem einzigen fordern will. Über eine Vorrangigkeit eines der in Betracht kommenden Abgabenschuldner kann dem Gesetz nichts entnommen werden (vgl. VwGH 7.10.1993, 93/16/0018 und 2.7.1998, 98/16/0137).
§ 13 Abs. 3 GebG ordnet ohne weitere Unterscheidung die gesamtschuldnerische Gebührenpflicht für alle an, die in offener Stellvertretung handeln. Lege non distinguente ist daher nicht zwischen berufsmäßigen Parteienvertretern und anderen Vertretern zu unterscheiden. Auch Rechtsanwälte und Steuerberater fallen unter diese Bestimmung. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer als Rechtsanwalt berufsrechtlich dazu verpflichtet war, dem Mandat seines Klienten zu entsprechen und allenfalls mit seinem Anspruch auf Ersatz der Barauslagen hinsichtlich der Einbringlichkeit Schwierigkeiten haben könnte, ist bei der Frage, ob ihn die gesamtschuldnerische Haftung gemäß § 13 Abs. 3 GebG trifft, unbeachtlich (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempelgebühren und Rechtsgebühren, Rz 17 zu § 13 GebG unter Hinweis auf VwGH 2.7.1998, 98/16/0137).
Gegen § 13 Abs. 3 GebG bestehen keine Bedenken (Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 2000, B 1257/00, vgl. Fellner aaO, Rz 16 zu § 13 GebG).
Eine Gebühr in der nicht als unangemessen zu bezeichnenden Höhe von S 2.500,-- (nunmehr € 220,--) stellt keine Hürde iSd Art 25 und 26 EMRK dar, zumal Beschwerdeführer, die außerstande sind, die Kosten des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, gemäß §§ 63 ff ZPO iVm § 35 VfGG bzw. § 61 VwGG von ihrer Verpflichtung zur Entrichtung dieser Gebühr befreit werden können (vgl. Fellner, aaO, Rz 156 zu § 14 TP 6 GebG unter Hinweis auf VwGH 26.1.1999, 97/02/0130).
Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken ist zu bemerken, dass der Unabhängige Finanzsenat als Abgabenbehörde nicht über die Verfassungsmäßigkeit gehörig kundgemachter und in Geltung stehender Gesetzesbestimmungen abzusprechen hat. Gemäß Artikel 18 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Der Unabhängige Finanzsenat ist als Verwaltungsbehörde bei der Vollziehung an die geltenden Gesetze gebunden. Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes liegt in der ausschließlichen Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes. Die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Bestimmung steht nicht dem Unabhängigen Finanzsenat zu, sondern ist dem Verfassungsgerichtshof im Rahmen eines "Gesetzesprüfungsverfahrens" vorbehalten.
Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 16. Februar 2011
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953 |