UFS RV/0493-S/10

UFSRV/0493-S/1028.9.2010

Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten.

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom 15. April 2010 gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom 19. März 2010 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2009, StNr., entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Einkommensteuerbescheid 2009 vom 19.03.2010, StNr., wurden die Kosten für die doppelte Haushaltsführung nicht anerkannt.

Begründet wurde dies damit, dass eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nur dann gegeben ist, wenn die Ehegattin selbst relevante Einkünfte bezieht. Die Begründung dass eine Verlegung des Wohnsitzes aus wirtschaftlichen Gründen nicht in Frage kommt, ist nicht ausreichend.

Der Bw, musste auf Veranlassung des Dienstgebers am 1.5.2004 den Arbeitsplatz von A nach B verlegen.

In der Berufung vom 15.04.2010 und im Vorlageantrag vom 08.06.2010 (Berufungsvorentscheidung vom 19.05.2010) machte der Bw zusammengefasst im Wesentlichen folgende Gründe für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung geltend:

1.) Unser Reihenhaus ist 26 Jahre alt und könnte nur mit großem Verlust verkauft werden.

2.) Damit wäre es nicht möglich in B. eine adäquate Wohnung zu erwerben.

3.) Es ist nicht zumutbar, mit 55 Jahren den gesamten Freundeskreis aufzugeben und in B. neu aufzubauen.

4.) Es wäre für uns aus finanziellen und sozialen Gründen nicht zu bewältigen, den Familienwohnsitz nach B. zu verlegen.

5.) Unsere Tochter besuchte 2004 noch das Gymnasium und machte anschließend eine Ausbildung für Sozialpädagogik bis Juni 2007.

6.) Meine Ehefrau führt den Haushalt in unserem Reihenhaus weiter.

7.) Im April 2007 hatte ich eine schwere Operation und es war nicht sicher, ob ich meinen Beruf weiter ausüben kann. Nach längerem Aufenthalt im Krankenhaus und Rehab-Zentrum habe ich im Juli 2007 die Arbeit wieder fortgesetzt. Da meine berufliche Zukunft aber sehr ungewiss war, konnte ich das Risiko einer Verlegung des Familienwohnsitzes nicht eingehen.

Die Abgabenbehörde I. Instanz hat bis ins Jahr 2007 die doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten anerkannt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Werbungskosten eines Arbeitnehmers sind Aufwendungen oder Ausgaben, die beruflich veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen oder Ausgaben

# objektiv im Zusammenhang mit einer nichtselbstständigen Tätigkeit stehen und

# subjektiv zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen geleistet werden oder den Steuerpflichtigen unfreiwillig treffen und

# nicht unter ein Abzugsverbot des § 20 fallen.

Gemäß § 20 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden:

# Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge (Abs. 1 Z. 1 EStG 1988).

# Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988).

Weiters dürfen Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchstens in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 angeführten Betrag übersteigen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.

Kosten der Haushaltsführung stellen demnach grundsätzlich keine Werbungskosten dar.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) verweist in seiner Judikatur explizit darauf, dass normale Kosten für Wohnung und Kleidung unter § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 fallen und damit vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen sind (VwGH 16.3.1988, 87/13/0200).

Dennoch gibt es Sachverhaltskonstellationen, aufgrund welcher Kosten der Haushaltsführung als durch die Einkünfteerzielung veranlasst gelten. Begründet ein Arbeitnehmer aufgrund einer unüblich weit entfernt gelegenen Berufsausübung einen zweiten Haushalt im Nahbereich seiner Arbeitsstätte, so kann dem dadurch entstehenden Mehraufwand für die (doppelte) Haushaltsführung (vorübergehend oder dauerhaft) Werbungskostencharakter zukommen, wenn und solange ihm die Verlegung des bisherigen (Familien-) Wohnsitzes (vorübergehend oder dauerhaft) nicht zumutbar ist.

Dem Werbungskostencharakter von Kosten einer doppelten Haushaltsführung liegt die Vorstellung zu Grunde, dass ein Dienstnehmer aufgrund einer Berufsausübung in einer Entfernung, die eine tägliche Rückkehr an den (Familien-)Wohnsitz unzumutbar macht, zusätzlich zu den unter § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 fallenden Kosten seines Haushalts, gleichartige Kosten für einen weiteren Haushalt im Nahbereich des Arbeitsortes zu tragen hat. Diese Grundkonstellation setzt das zeitgleiche Vorliegen von zwei Haushalten an zwei verschiedenen Orten jeweils mit daraus resultierenden Aufwendungen voraus. Werbungskostencharakter kann den Kosten der Haushaltsführung somit nur zukommen, soweit aufgrund eines doppelten Haushalts ein Mehraufwand überhaupt entsteht.

Auch Aufwendungen für die Fahrten von einem Wohnsitz am Dienstort zu einem weiter entfernt gelegenen Familienwohnsitz sind grundsätzlich der privaten Lebensführung zuzuordnen. Doch gilt auch dies nicht ausnahmslos. Nach Lehre und Rechtsprechung sind Aufwendungen für Familienheimfahrten von dem am Arbeitsort gelegenen Wohnsitz zum Familienwohnsitz unter jenen Voraussetzungen Werbungskosten, unter denen eine doppelte Haushaltsführung als beruflich veranlasst gilt. Allerdings beschränkt das Gesetz die berücksichtigungsfähige Höhe der Kosten beruflich veranlasster Familienheimfahrten.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. e EStG 1988 sind Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits- (Tätigkeits-) Ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) nicht abzugsfähig, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen Berufstätigkeit bezogenen, höchsten in § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. c EStG 1988 angeführten Betrag übersteigen.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH sind Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung und für Familienheimfahrten dann als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn die Arbeitsstätte vom Familienwohnort so weit entfernt ist, dass die tägliche Rückkehr nicht mehr zumutbar ist, die Arbeitsstätte somit außerhalb des Einzugsbereichs des Familienwohnsitzes liegt und deswegen am Dienstort ein weiterer Wohnsitz begründet werden muss (z.B. VwGH 27.1.2000, 96/15/0205; 25.2.2003, 99/14/0340).

Die Abzugsfähigkeit der Kosten, die sich durch einen Doppelwohnsitz ergeben, ist neben dem Bestehen einer beruflichen Veranlassung für die Begründung eines Berufswohnsitzes an die zusätzliche Voraussetzung geknüpft, dass auch die Aufrechterhaltung zweier Wohnsitze aus beruflichen Gründen erfolgt. Aufwendungen für den zweiten Wohnsitz sind daher nur dann abzugsfähig, wenn der Doppelwohnsitz als solcher berufsbedingt ist (so auch Doralt, EStG, § 16 Rz 220).

Der VwGH sieht die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen.

Der Grund, warum Aufwendungen für einen weiteren Haushalt am Dienstort und für Familienheimfahrten dennoch ausnahmsweise als Werbungskosten berücksichtigt werden können, liegt darin, dass derartige Aufwendungen so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst gelten, als eine Verlegung des Familienwohnsitzes in die Nähe der Arbeitsstätte nicht zugemutet werden kann.

Die Unzumutbarkeit kann unterschiedliche Ursachen haben, die sowohl in der privaten Lebensführung als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in einer Erwerbstätigkeit seines Ehegatten begründet sein können. Die Ursachen für die Unzumutbarkeit müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem, objektivem Gewicht sind.

Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus.

Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen kann auch eine auf Dauer angelegte, doppelte Haushaltsführung gerechtfertigt sein. Die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (z.B. VwGH 20.9.2007, 2006/14/0038; 26.7.2007, 2006/15/0047; 22.11.2006, 2005/15/0011; 3.8.2004, 2000/13/0083, sowie Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 16 Abs. 1 Z. 6, Tz. 3, mit Hinweisen auf weitere VwGH-Judikatur).

Vor dem Hintergrund der vorstehend angeführten Rechtsprechung muss für die Einkünfte mindernde Berücksichtigung der Kosten einer doppelten Haushaltsführung und von Heimfahrten zum (Familien-) Wohnort somit die Begründung des zweiten Haushaltes am Arbeitsort beruflich veranlasst und die Aufgabe des bisherigen (Familien-)Wohnsitzes unzumutbar sein.

"Familienwohnsitz" ist nach der Rechtsprechung jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein unverheirateter Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet (VwGH 27.2.2008, 2005/13/0037 und 24.4.1996, 1996/15/0006).

Nach einer gewissen Zeit, die nicht schematisch, sondern stets im Einzelfall zu beurteilen ist, ist es dem Steuerpflichtigen in aller Regel zumutbar, den Familienwohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen (VwGH 22.4.86, 84/14/0198). Die Dauer dieser Übergangsphase wird von den Verhältnissen des Einzelfalls bestimmt (abhängig etwa davon, ob die auswärtige Tätigkeit befristet oder dauerhaft angelegt ist).

Im Allgemeinen wird aber für verheiratete (in eheähnlicher Gemeinschaft lebende) Arbeitnehmer ein Zeitraum von zwei Jahren ausreichend sein. Davon abgesehen ist die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort zB. unzumutbar, wenn von vornherein mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die auswärtige Tätigkeit mit vier bis fünf Jahren befristet ist (VwGH 26.11.1996, 95/14/0124).

Nach Ablauf der erwähnten Übergangszeit hat der Steuerpflichtige darzulegen, aus welchen Gründen der entfernt liegende Familienwohnsitz beibehalten wird. Die langjährige Beibehaltung eines Wohnsitzes in unüblicher Entfernung vom Arbeitsplatz begründet jedenfalls die Vermutung, dass der Wohnsitz aus privaten Gründen beibehalten wird (VwGH 18.12.1997, 96/15/0259).

Bereits mit Erkenntnis vom 3. März 1992, 88/14/0081, traf der Verwaltungsgerichtshof Aussagen zur Zumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort bei einer nur vorübergehenden Berufsausübung (zum Fall eines unverheirateten Steuerpflichtigen, der für die Dauer von fünf Jahren zu Ausbildungszwecken an einem Ort, von dem aus die tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz nicht zugemutet werden konnte, nichtselbständig tätig gewesen ist). Diesem Erkenntnis lag der Gedanke zugrunde, dass die Verlegung des Wohnsitzes dann nicht zumutbar ist, wenn von vornherein (somit zum Zeitpunkt des Dienstantrittes) mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die auswärtige Tätigkeit auf vier bis fünf Jahre befristet ist.

Darauf aufbauend führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. November 1996, 95/14/0124, weiter aus, "dass einem Arbeitnehmer nach Erreichen des 60. Lebensjahres die Verlegung des Wohnsitzes an den Tätigkeitsort nicht zumutbar ist, wenn von vorneherein feststeht, dass er die Berufstätigkeit - wie dies der allgemeinen Übung entspricht - spätestens mit Erreichen des 65. Lebensjahres einstellen wird."

Wenn ein Zeitraum von "vier bis fünf Jahren" für die auswärtige Tätigkeit nicht überschritten wird, dann ist die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort bei einer befristeten Tätigkeit noch als unzumutbar anzusehen (VwGH 3.3.1992, 88/14/0081; VwGH 26.11.1996, 95/14/0124).

Berufliche Veranlassung der mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen und deren daraus resultierende Qualifizierung als Werbungskosten liegen nach ständiger Rechtsprechung nur dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann.

Solche Ursachen müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektiven Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (vgl. dazu beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 2004, 2003/13/0154, sowie vom 26. Mai 2004, 2000/14/0207).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 31.3.1987, 86/14/0165, "um Missverständnissen vorzubeugen" bemerkt hat, ist jedoch die Verlegung des Familienwohnsitzes "im hier maßgeblichen Sinn nicht schon deshalb unzumutbar, weil der Steuerpflichtige am Familienwohnsitz ein Eigenheim errichtet hat, die Kinder dort die Schule besuchen und dgl. mehr. Es muss vielmehr die Unzumutbarkeit Folge von Umständen sein, die mit der Berufstätigkeit im Zusammenhang stehen, wie zB die Tatsache, dass an diesem Ort keine zur Begründung des Familienwohnsitzes geeignete Wohnung zu beschaffen ist (siehe Erkenntnisse vom 29.4.1963, 20/28/62 und 22.4.1986, 84/14/0198) oder eben die Tatsache, dass keine die Begründung eines Familienwohnsitzes rechtfertigende dauernde Arbeitsstelle vorliegt."

Abgesehen davon, dass aus Richtlinien - wie schon aus der Präambel hervorgeht - keine über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehenden Rechte und Pflichten abgeleitet werden können, reichen laut oben zitiertem VwGH-Erkenntnis weder die Errichtung eines Eigenheimes (wobei hier nicht zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung differenziert wird) noch die Schulpflicht eines Kindes als Kriterium für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes aus.

Vielmehr hätte der Bw. konkret dartun müssen, dass es für ihn aus tatsächlichen Gründen nicht möglich gewesen ist, in B. oder Umgebung eine für eine zweiköpfige Familie ausreichende und auch finanziell erschwingliche und seiner Einkommenssituation angepasste Wohnung zu finden.

Dies hatte der Bw. im Übrigen offensichtlich gar nicht beabsichtigt, da er - so seine Ausführungen im Berufungsverfahren - davon ausgegangen ist, dass ein "Verkauf des bestehenden Eigenheimes und ein Neukauf einer Wohnung im Nahbereich von B." nur mit "wirtschaftlich nicht zumutbaren Verlusten" durchgeführt hätte werden können.

Abgesehen davon, dass der Bw. für diese Behauptung jeden Beweis schuldig geblieben ist, würde jedoch auch der bloße Umstand eines wirtschaftlichen Nachteils für sich alleine kein Grund für die Anerkennung von Aufwendungen im Zusammenhang mit doppelter Haushaltsführung als Werbungskosten sein.

Es soll in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, dass die Vorgangsweise des Bw., den Familienwohnsitz in S. nicht aufzugeben und damit sein dort in Form eines Eigenheims geschaffenes Vermögen erhalten zu wollen, durchaus verständlich ist.

Allerdings handelt es sich dabei nicht um Umstände, die als durch die Erwerbstätigkeit des Bw. veranlasst gelten und somit auch nicht als ursächlich für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort anzusehen sind.

Nach der Judikatur des VwGH ist es Sache des Steuerpflichtigen, der die Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht, ohne dass die Abgabenbehörde in einem solchen Fall verhalten ist, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen. Die berufliche Veranlassung von Aufwendungen, denen nach dem ersten Anschein eine nicht berufliche Veranlassung zu Grunde liegt, ist vom Steuerpflichtigen darzustellen (VwGH 8.2.2007, 2004/15/0102; 22.11.2006, 2005/15/0011; 3.8.2004, 2000/13/0083).

Zusammenfassend ist auszuführen:

Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort bei gleichzeitiger Beibehaltung des Familienwohnsitzes (doppelte Haushaltsführung) ist beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz

# vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und entweder

# die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist oder

# die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann.

Die Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. im Ergebnis die hg. Erkenntnisse vom 26. November 1996, 95/14/0124 und vom 15. November 2005, 2005/14/0039).

Es kommt nicht darauf an, ob in einem früheren Zeitraum, insbesondere bei Eingehen der Beschäftigung (am neuen Beschäftigungsort), die Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung gegeben gewesen ist. Die persönliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen in einem Streitjahr hängt nämlich nicht davon ab, ob in einem Vorjahr die - tatsächlich nicht erfolgte - Verlegung des Wohnsitzes zumutbar gewesen ist. Wenn dem Abgabepflichtigen im Streitjahr die Verlegung des (Familien)Wohnsitzes nicht zumutbar ist, macht es keinen Unterscheid, ob die Unzumutbarkeit bereits früher vorgelegen ist oder nicht (VwGH 21.06.2007, 2005/15/0079).

Der Bw, der am 1.5.2004 den Arbeitsplatz von A nach B verlegen musste, macht folgende Umstände, die für eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung sprechen, geltend:

1.) Unser Reihenhaus ist 26 Jahre alt und könnte nur mit großem Verlust verkauft werden.

2.) Damit wäre es nicht möglich in B. eine adäquate Wohnung zu erwerben.

3.) Es ist nicht zumutbar, mit 55 Jahren den gesamten Freundeskreis aufzugeben und in B. neu aufzubauen.

4.) Es wäre für uns aus finanziellen und sozialen Gründen nicht zu bewältigen, den Familienwohnsitz nach B. zu verlegen.

5.) Unsere Tochter besuchte 2004 noch das Gymnasium und machte anschließend eine Ausbildung für Sozialpädagogik bis Juni 2007.

6.) Meine Ehefrau führt den Haushalt in unserem Reihenhaus weiter.

7.) Im April 2007 hatte ich eine schwere Operation und es war nicht sicher, ob ich meinen Beruf weiter ausüben kann. Nach längerem Aufenthalt im Krankenhaus und Rehab-Zentrum habe ich im Juli 2007 die Arbeit wieder fortgesetzt. Da meine berufliche Zukunft aber sehr ungewiss war, konnte ich das Risiko einer Verlegung des Familienwohnsitzes nicht eingehen.

Zu den einzelnen Punkten ist anzumerken:

Ad 1. und 2.) Das Reihenhaus befindet sich in einer aufstrebenden Kleinstadt in der näheren Umgebung der Landeshauptstadt A mit hervorragender Verkehrsanbindung an diese. Ein Preisgefälle zu Orten in der Umgebung der Arbeitsstelle ist nicht gegeben. Zudem ist es zumutbar, für die Ehegatten eine ausreichende und auch finanziell erschwingliche und der Einkommenssituation angepasste Wohnung am Beschäftigungsort anzumieten.

Ad 3.) Die Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen. Hinsichtlich dieses Argumentes ist aber auszuführen, dass die Veränderung des Beschäftigungsortes bereits 2004 erfolgt ist, also in einem Zeitpunkt als der Bw 49 Jahre alt war. Die Beschäftigungsdauer bis zur Pensionierung betrug damals 16 Jahre. Ein Wohnsitzverlegung wäre innerhalb von zwei Jahren zumutbar gewesen. Eine Berücksichtigung des Lebensalters kann daher nicht mehr erfolgen, ohne dass weitere oder neue Gründe für eine Unzumutbarkeit hinzutreten.

Ad 4.) Was die auch unter Punkt 3.) angeführten Sozialkontakte betrifft, so sind diese Umstände eindeutig der privaten Lebensführung zuzuordnen und stellen keine Unzumutbarkeit dar. Zudem hat der Bw außer Punkt 1. und 3.) keine finanziellen und sozialen Gründe konkret ausgeführt.

Seitens der Abgabenbehörde I. Instanz wurde der Bw mit Vorhalt vom 25.6.2010 aufgefodert, diese Gründe näher zu erläutern, was nicht erfolgt ist.

Es ist Sache des Bw die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht (siehe auch VwGH 27.02.2008, 2005/13/0037).

Zu den Punkten 1.) bis 4.) ist weiters auszuführen, dass der Bw lediglich allgemeine Behauptungen aufstellt ohne konkrete Umstände darzutun. Aus den Ausführungen insgesamt ergibt sich das Bild, dass der Bw nie beabsichtigt hat, den Familienwohnsitz nach B. zu verlegen. Für die Nächtigung am Beschäftigungsort steht ihm eine günstige Wohngelegenheit zur Verfügung.

Die Abgabenbehörde I. Instanz hat die doppelte Haushaltsführung bis ins Jahr 2007 als Werbungskosten anerkannt.

Für das verfahrensgegenständliche Jahr 2009 hat sie die geltend gemachten Gründe 1.) bis 4.) zurecht als ausschließlich in den privaten Bereich fallend beurteilt, zumal die geltend gemachten Gründe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in S. nicht über Momente der persönlichen Vorliebe hinausgehen.

Die mit der Entscheidung des Bw, in S. den Familienwohnsitz beibehalten zu wollen, verbundenen Kosten der doppelten Haushaltsführung und der Familienheimfahrten sind daher der privaten Lebenssphäre zuzuordnen und können nicht als Werbungskosten anerkannt werden.

Ad 5.) Der Gymnasiumsbesuch der Tochter mag möglicherweise bei einer Beschäftigungsortverlegung im Jahr der Matura eine Unzumutbarkeit begründen, ein Studium der Sozialpädagogik einer erwachsenen Tochter ist kein Grund für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung.

Ad 6.) Dieses Argument zeigt, dass die Ehegattin nicht berufstätig ist und es daher zumutbar gewesen wäre, innerhalb von zwei Jahren den Wohnsitz zu verlegen.

Ad 7.) Dieses Argument wäre - möglicherweise - im Jahre 2007 relevant gewesen, hat jedoch keinen Einfluss auf die Umstände des Jahres 2009. Zudem wurden für 2007 mit Bescheid vom 02.05.2008 die Kosten der doppelten Haushaltsführung anerkannt.

Da somit keines der Bw vorgebrachten Sachverhaltselemente die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung zu stützen vermag, hat die Abgabenbehörde I. Instanz zurecht die Anerkennung der beruflichen Bedingtheit der Werbungskosten hinsichtlich der doppelten Haushaltsführung und der Familienheimfahrten verneint.

Salzburg, am 28. September 2010

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Verweise:

VwGH 16.03.1988, 87/13/0200
VwGH 27.01.2000, 96/15/0205
VwGH 25.02.2003, 99/14/0340
VwGH 20.09.2007, 2006/14/0038
VwGH 26.07.2007, 2006/15/0047
VwGH 22.11.2006, 2005/15/0011
VwGH 03.08.2004, 2000/13/0083
VwGH 27.02.2008, 2005/13/0037
VwGH, 84/14/0198
VwGH 26.11.1996, 95/14/0124
VwGH 18.12.1997, 96/15/0259
VwGH 03.03.1992, 88/14/0081
VwGH 20.04.2004, 2003/13/0154
VwGH 08.02.2007, 2004/15/0102
VwGH 21.06.2007, 2005/15/0079

Stichworte