UFS RV/1747-W/10

UFSRV/1747-W/1028.6.2010

Abzugsfähige Kosten für doppelte Haushaltsführung, insbesondere einer zweckentsprechenden Wohnung am Beschäftigungsort

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/13/0148 eingebracht. Mit Erk. v. 23.11.2011 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Donau WP und StB Kanzlei, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei, 1060 Lehargasse 1, Wien, vom 24. April 2007 gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf vom 11. April 2007 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für den Zeitraum 2004 bis 2005 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe bzw. den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) hat den Familienwohnsitz in Deutschland (M.) und beantragte im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2004 und 2005 die Berücksichtigung von Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung in W. iHv. €°3.034,25 und € 21.861,- als Werbungskosten.

Das Finanzamt kürzte die Mietaufwendungen mit folgender Begründung, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 23. Mai 2000, Zl. 95/14/0096, Rz 349 LStRili) nur unvermeidbare Mehraufwendungen für eine zweckentsprechende angemietete Wohnung von ca. 40m² bzw. Hotelzimmer als Werbungskosten in Betracht kommen würden. Die Mietwohnung des Bw. umfasse jedoch 90m², die monatlichen Mietkosten iHv. € 1.620,-- wären daher insgesamt aliquot gekürzt bzw. nur die Mietkosten für rund 40 m² anerkannt worden.

In der form- und fristgerechten Berufung wurde auf die Ausführungen der LStRili, Rz 349 und VwGH-Erkenntnis hingewiesen und wie folgt zitiert:

"Als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung kommen unvermeidbare Mehraufwendungen in Betracht, die dem Abgabenpflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss (VwGH 23.5.2000, 95/14/0096, ARD 5155/37/2000). Das sind insbesondere:

- Aufwendungen für eine zweckentsprechende angemietete Wohnung (Hotelzimmer) des Steuerpflichtigen am Dienstort (Mietkosten und Betriebskosten) einschließlich der erforderlichen Einrichtungsgegenstände. Die durchschnittlichen Kosten einer Hotelunterkunft (je nach örtlichen Gegebenheiten maximal € 2.200,- monatlich) dürfen dabei aber nicht überschritten werden. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Häufigkeit der auswärtigen Nächtigungen Bedacht zu nehmen. Bei Eigentumswohnungen ist zu prüfen, ob nicht die berufliche Veranlassung durch private Gründe (z.B. Vermögensschaffung, künftige Wohnvorsorge für Angehörige; vgl. VwGH 14.3.1990, 89/13/0102, ARD 4177/6/90) überlagert wird. Steht die berufliche Veranlassung im Vordergrund, können die Absetzung für Abnutzung (1,5% pro Jahr) sowie die diesbezüglichen Betriebskosten abgesetzt werden."

Der Rechtssatz des VwGH-Erkenntnisses laute weiters wie folgt:

"Haushaltsaufwendungen oder Aufwendungen für die Lebensführung sind grundsätzlich nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig. Lediglich unvermeidbare Mehraufwendungen, die dem Abgabenpflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss und ihm eine Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ebenso wenig zugemutet werden kann wie die tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz, werden als beruflich bzw. betrieblich bedingte Mehraufwendungen bei jener Einkunftsart abzuziehen sein, bei der sie erwachsen sind (Hinweis Erk. 3.3.1992, 88/14/0081)".

Es würde somit von "unvermeidbaren Mehraufwendungen" gesprochen und hätte es sich um eine Steuerpflichtige mit mehreren Objekten im Eigentum und Kosten für die größte Wohnung von 125 m² gehandelt. Der Begriff zweckentsprechend hätte sich auf den Umstand bezogen, dass die Steuerpflichtige meinte, die Benützung einer der drei kleineren Wohnungen sei unzumutbar, da diese Wohnung nur mit Kohleöfen beheizbar gewesen wären. Lt. Finanzamt wären jedoch auch derartige Wohnungen als benutzbar und zumutbar beurteilt worden.

Bei der Wohnung des Bw. würde es sich dagegen um eine Mietwohnung handeln und für den Bw. eine kleinere Wohnung nicht zweckmäßig bzw. zumutbar sein, da ein Steuerpflichtiger in der beruflichen Position des Bw. in der Regel über entsprechende Platzverhältnisse für einen (Not-)Arbeitsplatz zur Arbeitsvorbereitung auch zu Hause benötige sowie über eine Gepäcksaufbewahrungsmöglichkeit verfügen würde. Eine Aliquotierung würde darüber hinaus den LStRili widersprechen, da ein Grenzbetrag von € 2.200,-- monatlich genannt werde. Die Monatskosten des Bw. iHv. € 1.620,- würden somit 25% unter dem Grenzbetrag liegen. Zum Umstand, dass die Wohnung nur durch eine Person genutzt würde, sei anzumerken, dass die Gattin des Bw. am Familienwohnsitz in Deutschland (M.) erhebliche Einkünfte beziehe (€ 82.044,- im Jahre 2004, € 38.298,- im Jahre 2005), womit sich zwangsläufig ergäbe, dass die Wohnung nur von einer Person benutzt würde.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Dasselbe gilt nach § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a leg. cit. für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Haushaltsaufwendungen oder Aufwendungen für die Lebensführung sind demnach grundsätzlich nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig. Lediglich unvermeidbare Mehraufwendungen, die dem Abgabepflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss und ihm eine Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ebenso wenig zugemutet werden kann wie die tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz, werden als beruflich bzw. betrieblich bedingte Mehraufwendungen bei jener Einkunftsart abzuziehen sein, bei der sie erwachsen sind (VwGH 3.3.1992, 88/14/0081).

Aufgrund der Entfernung zwischen Familienwohnsitz in M. und dem Tätigkeitsort in W. ist für den Bw. eine tägliche Rückkehr jedenfalls unzumutbar. Der Bw. kann daher grundsätzlich Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung geltend machen.

Strittig ist gegenständlich die Höhe der anzuerkennenden Wohnungskosten.

Als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung kommen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 23.5.2000, 95/14/0096) nur unvermeidbare Mehraufwendungen in Betracht, die dem Steuerpflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss. Es sind somit jene Kosten absetzbar, welche der Steuerpflichtige für eine zweckentsprechende Wohnung für sich allein aufwenden muss. Darüber hinaus gehende Wohnkosten sind gemäß § 20 Abs. 1 EStG 1988 nicht abzugsfähig.

Da die Wohnungskosten des Bw. im gegenständlichen Fall relativ hoch erscheinen, ist zu prüfen, welche (fiktiven) Kosten dem Bw. bei Anmietung einer zweckentsprechenden Wohnung erwachsen wären.

Im Hinblick auf § 20 Abs. 1 EStG 1988 wird man dabei diejenigen Kosten zu ermitteln haben, die das durchschnittliche Wohnbedürfnis einer allein wohnenden Person am Beschäftigungsort decken. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dazu in Urteilen vom 9.8.2007, VI R 23/05 und VI R 10/06 zur mit Österreich vergleichbaren deutschen Rechtslage entschieden, die notwendigen Mehraufwendungen für eine Wohnung am Beschäftigungsort in Rahmen der doppelten Haushaltsführung mit den Kosten für eine Wohnung mit einer Wohnfläche bis zu 60m² bei Ansatz eines ortsüblichen Durchschnittsmietzinses zu beschränken.

Der Unabhängige Finanzsenat vertritt in seiner Entscheidungspraxis die Auffassung, dass unter einer zweckentsprechenden Wohnung, mit der das Wohnbedürfnis einer einzelnen Person befriedigt wird, eine Wohnung bis 60m² zu verstehen ist. Der Unabhängige Finanzsenat geht davon aus, dass auch in Österreich nach allgemeiner Auffassung mit einer durchschnittlich ausgestatteten 60m² Wohnung mit einem ortsüblichen Durchschnittsmietzins das Wohnbedürfnis der einzelnen Person des Bw. an ihrem Beschäftigungsort zweckentsprechend erfüllt wird.

Die dafür anfallenden Kosten sind als die unvermeidbaren Mehraufwendungen anzusehen, die dem Steuerpflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss.

Da es nur auf die Kosten ankommt, ist die tatsächliche Größe der Wohnung unbeachtlich.

Die darüber hinaus gehenden Aufwendungen sind nicht beruflich bzw. betrieblich veranlasst und daher im Hinblick auf die Bestimmungen des § 20 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 lit. a EStG 1988 nicht abzugsfähig.

Die Einwendungen des Bw. bezüglich Arbeitsplatz und Gepäckaufbewahrung sind nicht geeignet, eine derart größere Wohnungsgröße als zweckentsprechend zu begründen. Eine Auflistung des Inventars als Beilage des Mietvertrages konnte ebenso nicht mehr vorgelegt werden. Der Bw. ist nicht mehr in dieser Wohnung wohnhaft und auch nicht mehr in Österreich aufhältig.

Soweit sich der Bw. auf die Ausführungen in Rz 349 der Lohnsteuerrichtlinien 2002 bezieht und daraus ableitet, dass Wohnungskosten bis € 2.200 jedenfalls abgezogen werden könnten, so ist darauf hinzuweisen, dass das Finanzamt dieser Auffassung hinsichtlich der Wohnungskosten des Bw. im Jahr 2006 nicht gefolgt ist. Ob die Ausführungen in den Lohnsteuerrichtlinien im Sinne der Auffassung des Bw. zu interpretieren sind, kann aber gegenständlich dahingestellt bleiben, weil die Lohnsteuerrichtlinien mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt keine Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen begründen können (siehe auch VwGH 25.10.2000, 99/13/0016; 22.2.2007, 2002/14/0140).

Hinsichtlich der Höhe der für diese Wohnung geltend gemachten Werbungskosten ist somit weiters auszuführen: Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Wie bereits ausgeführt sind Haushaltsaufwendungen dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn es sich um unvermeidbare Mehraufwendungen handelt, die dem Abgabepflichtigen erwachsen (vgl. VwGH 23.5.2000, 95/14/0096; UFS vom 14.3.2008, RV/2330-W/07). Es sind somit jene Kosten absetzbar, welche der Steuerpflichtige für eine zweckentsprechende Wohnung für sich alleine aufwenden muss (vgl. VwGH vom 20.12.2000, 97/13/0111, in der ausgesprochen wurde, dass nur jene Kosten abziehbar seien, die die Person des Bw. betreffen). Darüber hinausgehende Wohnkosten sind gem. § 20 Abs. 1 EStG 1988 nicht abzugsfähig. Soweit die Kosten für diese Wohnung als privat veranlasst anzusehen sind, sind sie gem. § 20 EStG als Kosten der Lebensführung zu qualifizieren und daher nicht als Werbungskosten abzugsfähig.

Auf der Internetseite www.immobilien.net wurden zum Stichtag 28.6.2010 26 Mietobjekte in Raum Wien angeboten. Der Mietpreis für Wohnungen von rund 60m² beläuft sich zwischen € 550,- und € 900,-. Lt. dem ebenfalls auf dieser Homepage veröffentlichten Mietpreisindex der die Veränderung der Mietpreise seit Jänner 2008 in Prozent angibt, ist die Tendenz für den 19. Bezirk seit Jänner 2008 steigend. Der Preis pro m² in Wien beträgt bei Wohnungen danach dzt. durchschnittlich € 15,71. Da die Tendenz der Wohnpreise in Wien generell steigend ist, ist von einer etwa 5-10%igen Mietpreissteigerung pro Jahr auszugehen.

Auf der Internetseite www.wohnnet.at findet sich eine aktuelle Aufstellung von Mietpreisen in Wien, die an Hand von rund 14 angebotenen Objekten ermittelt wird. Der Preis pro m² in Wien beträgt bei Wohnungen danach dzt. im Höchstausmaß € 18,5. Der Mietpreis für 2004 und 2005 wird unter Verweis auf die obigen Ausführungen um etwa 20% niedriger geschätzt. Der Unabhängige Finanzsenat geht daher sowohl für das berufungsgegenständliche Jahr 2004 als auch für das Jahr 2005 von einem durchschnittlichen Mietpreis von € 800,- aus.

Die Gesamtkosten der Wohnung wurden für das Jahr 2004 iHv. € 3.130,- (Wohn- und Fahrtkosten iHv. € 2.430,- und € 700,-) und für das Jahr 2005 iHv. € 21.540,- (€ 19.440,- und € 2.100,-) angegeben.

Legt man der Berechnung der beruflich veranlassten Wohnungsaufwendungen den Mittelwert von € 800,- pro Monat für eine Mietwohnung zu Grunde, so ergibt dies jährliche Aufwendungen für die Jahre 2004 und 2005 iHv. € 1.200,- und € 9.600,-. Der Bw. stehen daher folgende Gesamtbeträge als Werbungskosten für die Jahre 2004 und 2005 zu:

2004: Wohnungskosten: € 1.200,-, Fahrtkosten: € 700,-, somit gesamt € 1.900,-

2005: Wohnungskosten: € 9.600,-, Fahrtkosten: € 2.100,-, somit gesamt € 11.700,-

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 2 Berechnungsblätter

Wien, am 28. Juni 2010

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 1 und 2a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

doppelte Haushaltsführung, zweckentsprechende Wohnung, fiktive Kosten

Verweise:

BG 26.05.2010, 2007/16/0095

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