Normen
§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG
§ 12 Nr. 1 S. 1 EStG
§ 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG
Gründe
I.
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1996 mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. In ihrer Einkommensteuererklärung machten sie u.a. Mietaufwendungen in Höhe von 26 520 DM geltend, die dem Kläger im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung für eine Drei-Zimmer-Wohnung in D entstanden waren, für die sie eine Wohnfläche von 92,73 qm angegeben hatten.
In der Einspruchsentscheidung, in der der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Einkommensteuer aus anderen Gründen herabsetzte, hielt das FA Mietaufwendungen nur in Höhe von 17 136 DM für angemessen, weil für eine einzelne Person eine 60 qm große Wohnung ausreiche.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 1677 veröffentlichten Gründen im Wesentlichen statt und hielt insbesondere die Mietaufwendungen für doppelte Haushaltsführung in voller Höhe für angemessen.
Dagegen wendet sich das FA mit der Revision. Die Vorentscheidung stelle zur Begründung der Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung hinsichtlich der Angemessenheit der Wohnung entscheidend darauf ab, dass ein Raum dieser Wohnung beruflich genutzt worden sei, obwohl er nach ausdrücklicher Feststellung nicht die Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung als Arbeitszimmer erfülle. Folge man dieser Auffassung, seien auch nach den gesetzlichen Vorschriften vom Abzug ausgeschlossene Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer über diesen Umweg nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) begünstigt.
Das FA beantragt,
das Urteil der Vorinstanz insoweit aufzuheben, als danach auch die auf den als Arbeitszimmer bezeichneten Raum entfallenden Mietaufwendungen als abziehbare Kosten der doppelten Haushaltsführung anerkannt worden waren, und die Klage insoweit abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand, soweit das FG die vom Kläger geltend gemachten Mietaufwendungen für doppelte Haushaltsführung in vollem Umfang als notwendig angesehen hat. Zur Feststellung des als notwendig zu berücksichtigenden Wohnaufwandes wird die Vorentscheidung --soweit mit der Revision noch angegriffen-- aufgehoben und der Rechtsstreit an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Sätze 1 und 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt.
a)
Während Aufwendungen für den Haushalt des Steuerpflichtigen grundsätzlich nach § 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG abgegolten und nach § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG nicht abziehbar sind, weisen § 4 Abs. 5 Nr. 6a EStG a.F. und § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG --wenn die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung gegeben sind-- die Kosten für das Wohnen am Beschäftigungsort dem Grunde nach dem betrieblich oder beruflich veranlassten Mehraufwand zu, dessen Abzug der Höhe nach auf das Notwendige beschränkt wird. Die Beschränkung auf das Notwendige begrenzt den Abzug auf das nach objektiven Maßstäben zur Zweckverfolgung Erforderliche. Zwar sind betrieblich oder beruflich veranlasste Aufwendungen grundsätzlich unabhängig davon, ob sie notwendig, angemessen, üblich oder zweckmäßig sind, in voller Höhe als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. April 1999 IV R 40/97, BFHE 188, 374, BStBl II 1999, 828, m.w.N.). Wenn ihr Abzug aber durch das Gesetz auf das Notwendige begrenzt ist, bestimmt sich dieser nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Steuerpflichtigen, sondern nach objektiven Maßstäben.
b)
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH und der überwiegenden Auffassung der Finanzgerichte und der Literatur, den notwendigen Mehraufwand auf den angemessenen Bedarf zu beschränken. Die Grenze für den notwendigen Wohnbedarf hat sich dabei am Abzugszweck --Berücksichtigung des zusätzlichen Wohnbedarfs am Beschäftigungsort-- zu orientieren, also daran, welcher Wohnungszuschnitt für einen Steuerpflichtigen als Einzelperson erforderlich ist, der von dort seiner Arbeit nachgeht, aber an einem anderen Ort, an dem sich auch sein Lebensmittelpunkt befindet, seinen Haupthausstand beibehalten hat (vgl. BFH-Urteil vom 14. Oktober 2004 VI R 82/02, BFHE 207, 292, BStBl II 2005, 98 , m.w.N.; BFH-Beschlüsse vom 24. Juni 2005 VI B 25/05 BFH/NV 2005, 1560; vom 19. Juli 2004 VI B 160/03, BFH/NV 2005, 39).
aa)
Im Hinblick auf die von Beschäftigungsort zu Beschäftigungsort erheblich schwankenden Wohnkosten sieht der Senat nicht eine betragsmäßige feste Obergrenze als sachgerecht an, sondern hält Mehraufwendungen für notwendig, soweit sie sich für eine Wohnung mit einer Wohnfläche bis zu 60 qm bei einem ortsüblichen Mietzins je qm für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung (Durchschnittsmietzins) ergeben. Zur weiteren Begründung hinsichtlich des angemessenen Wohnbedarfs verweist der Senat auf sein zur Veröffentlichung bestimmtes Urteil vom 9. August 2007 VI R 10/06.
bb)
Bei der Bemessung der notwendigen Mehraufwendungen wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sind allerdings die Aufwendungen gesondert zu beurteilen, die auf ein steuerrechtlich anzuerkennendes häusliches Arbeitszimmer entfallen, das sich in der Wohnung am Beschäftigungsort befindet. Denn soweit einem Steuerpflichtigen durch ein einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigendes Arbeitszimmer Aufwand entsteht, ist dieser nicht durch den Wohnzweck der doppelten Haushaltsführung, sondern durch die berufliche Nutzung als Arbeitszimmer veranlasst.
cc)
Dementsprechend sind einerseits die Kosten für das Arbeitszimmer, sofern die Abzugsvoraussetzungen dem Grunde nach gegeben sind, in den Grenzen des § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG neben dem Mehraufwand für doppelte Haushaltsführung zu berücksichtigen. Andererseits sind die Aufwendungen, die für eine zwecks doppelter Haushaltsführung unterhaltene Wohnung entstehen, nur insoweit abziehbar, wie sie nicht auf das Arbeitszimmer entfallen und soweit sie nicht die durch die Merkmale Wohnfläche und ortsüblicher Durchschnittsmietzins bestimmte Grenze des Notwendigen überschreiten (vgl. Senatsurteil vom 9. August 2007 VI R 10/06, unter II. 2. a bb der Gründe).
2.
Gemessen daran hat die Würdigung des FG, die Aufwendungen für die Unterbringung des Klägers am Beschäftigungsort seien i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG in vollem Umfang "notwendig" gewesen, keinen Bestand. Insbesondere weil die zu beurteilende Wohnung eine Wohnfläche von deutlich mehr als 60 qm aufwies, bestand Veranlassung zu prüfen, ob die Grenze des Notwendigen überschritten war.
a)
Es bestand auch nicht die Möglichkeit, einen Teil der Wohnung als nicht Wohnzwecken dienend wegen ausschließlich anderweitiger beruflicher Nutzung gesondert zu beurteilen. Denn nach den insoweit bindenden Feststellungen des FG liegen für den im oberen Teil der Wohnung des Klägers befindlichen 10,61 qm großen Raum die Voraussetzungen für die steuerrechtliche Anerkennung als Arbeitszimmer nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht vor. Überdies läge auch nach Abzug dieser Fläche und unter nur hälftiger Einbeziehung der Terrasse die verbleibende Fläche --ungeachtet der insoweit widersprüchlichen Feststellungen zur Wohnungsgröße-- noch immer deutlich über der oben beschriebenen Angemessenheitsgrenze.
b)
Angesichts der erfolgten typisierenden Auslegung des Merkmals der Notwendigkeit kommt es auf das Vorliegen individueller Umstände wie Mangel an kleineren Wohnungen, Eilbedürftigkeit der Wohnungswahl und Ähnliches nicht an.
3.
Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das FG wird Feststellungen zum ortsüblichen Durchschnittsmietzins zu treffen haben, sowie dazu, ob Letzterer bei einer Wohnfläche von 60 qm die tatsächlich angesetzten Aufwendungen übersteigt. Das FG wird bei seiner erneuten Entscheidung sodann auch zu berücksichtigen haben, dass das FA seinen Revisionsantrag auf die auf den als Arbeitszimmer bezeichneten Raum entfallenden Mietaufwendungen begrenzt hatte und daher das Urteil des Finanzgerichts im Übrigen rechtskräftig geworden ist (vgl. BFH-Urteil vom 15. Oktober 1998 IV R 8/98, BFHE 187, 201, BStBl II 1999, 333).
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