UFS RV/3837-W/09

UFSRV/3837-W/0928.4.2010

Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen einer österreichischen Betriebsstätte

 

Entscheidungstext

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Körperschaftsteuer wird wie folgt festgesetzt:

1998: ATS 15.742,00 Euro 1.144,01

1999: ATS 24.174,00 Euro 1.756,79

2000: ATS 18.666,00 Euro 1.356,51

2001: ATS 20.434,00 Euro 1.484,99

2002: Euro 2.096,37

Entscheidungsgründe

Die Bw. ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und betreibt eine Zweigniederlassung in Österreich. Betriebsgegenstand ist der Vertrieb und Support von Software. Anlässlich einer bei der Zweigniederlassung der Bw. in Österreich durchgeführten Betriebsprüfung (BP) wurde festgestellt, dass die Bw. für den Prüfungszeitraum 1998 bis 2002 keine Ergebnisse für die österreichische Betriebsstätte ermittelt habe. Im Zuge der BP sei von der Bw. das Bestehen einer Betriebsstätte in Österreich gemäß Art. 4 DBA-Deutschland nicht bestritten worden. Nach Ansicht der BP übe die österreichische Betriebsstätte die Funktion eines Dienstleistungsunternehmens aus. Die Ermittlung einer fremdüblichen Abgeltung und der daraus resultierenden Gewinne der Betriebsstätte erfolge nach den OECD-Verrechnungspreisgrundsätzen. Unter Anwendung der Kostenaufschlagsmethode seien der österreichischen Betriebsstätte folgende Gewinne zuzurechnen, die als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der beschränkten Steuerpflicht in Österreich unterlägen:

 

1998

1999

2000

2001

2002

Aufwand Betriebsstätte S/€

2.315.215,71

3.556.509,21

2.747.524,62

3.007.027,45

308.289,91

Gewinnaufschlag lt. BP

9,50%

9,00%

8,50%

8,00%

7,50%

Gewinn Betriebsstätte in S

219.945,00

320.086,00

233.540,00

240.562,00

 

Gewinn Betriebsstätte in €

15.984,03

23.261,56

16.972,01

17.482,32

23.121,74

Das Finanzamt erließ am 28. November 2003 den Prüfungsergebnissen folgende Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 1998 bis 2002.

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2003 erhob die Bw. Berufung gegen diese Bescheide und führte aus, dass in Österreich nur ein kleines Büro unterhalten werde, in dem die in Österreich angemeldeten Dienstnehmer die Kundenbetreuung und Servicearbeiten vornehmen würden. In der Zwischenzeit sei auch beim deutschen Unternehmen eine abgabenbehördliche Prüfung durchgeführt worden, wobei die abgerechneten Dienstleistungen zu 100%, die Lizenzen zu 20% und die Hardware zu 5% der österreichischen Betriebsstätte zugeordnet worden seien. Dieser prozentuelle Anteil ergebe sich nach einer Verrechnungsmethode, die mit allen anderen Tochtergesellschaften ebenso gehandhabt worden sei. Die BP in Deutschland habe diese Regelung nach Überprüfung unter Fremdvergleichsgrundsätzen akzeptiert. Für die österreichische Betriebsstätte ergebe sich für 1998 ein Verlust von € 137.028,00, für 1999 ein Überschuss von € 25.904,00, für 2000 ein Überschuss von € 29.327,00, für 2001 ein Überschuss von € 75.460,00 und für 2002 ein Verlust von € 130.065,00. Es werde daher beantragt, die Kostenaufschlagsmethode durch die direkte Gewinnermittlungsmethode zu ersetzen, die Bemessungsgrundlagen für die Körperschaftsteuer neu zu berechnen, die Verluste anzuerkennen und über ein Verständigungsverfahren mit der zuständigen deutschen Behörde auch die Vortragsfähigkeit und Verrechnung mit den späteren Gewinnen laut der dargestellten Berechnung zu ermöglichen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 15. Oktober 2004 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Die in der Berufung beantragte direkte Gewinnermittlungsmethode könne nicht akzeptiert werden, da die der österreichischen Betriebstätte zugerechneten Umsätze weder überprüfbar noch nachvollziehbar seien und das Ergebnis dazu führe, dass für den Zeitraum 1998 bis 2002 ein Betriebsstättenverlust in Höhe von insgesamt € 136.401,00 entstehe. Diese (direkte) Gewinnermittlungsmethode sei willkürlich und daher ungeeignet. Mit der von der österreichischen BP angewandten Kostenaufschlagsmethode werde sichergestellt, dass die von der österreichischen Betriebsstätte für das Stammhaus erbrachten Dienstleistungen tatsächlich mit einem innerbetrieblichen Verrechnungspreis honoriert würden, womit auch dem Fremdverhaltungsgrundsatz des Art. 4 Abs. 2 des Doppelbesteuerungsabkommens Österreich/BRD bestmöglich entsprochen werde.

Mit Schreiben vom 15. November 2004 stellte die Bw. den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabebehörde zweiter Instanz und führte ergänzend aus, dass erst 1997 begonnen worden sei, vorbereitende Handlungen für eine Geschäftstätigkeit in Österreich zu setzen, 1998 sei noch keine "feste" Einrichtung vorgelegen, vielmehr seien vorerst nur Informationen über die Marktsituation beschafft worden. Es werde eine Zusammenstellung der Jahresergebnisse des Unternehmens in Deutschland von 1998 bis 2002 sowie die entsprechenden Gewinn- und Verlustrechnungen der Bilanzberichte vorgelegt. Für die zur Entscheidung vorliegenden Jahre sei ein fiktiver Gewinnaufschlag errechnet worden, der von dem Ergebnis der österreichischen BP erheblich abweiche. In einer sehr aufwändigen und forschungsintensiven Branche wie der Softwareentwicklung seien Gewinnaufschläge zwischen 7,5% und 9,5% auf die Gesamtkosten nicht möglich. Nach der Auswertung der innerbetrieblichen Berechnungen betrage der durchschnittliche Aufschlag auf die Gesamtkosten in den fünf geprüften Jahren lediglich 2%. Das Finanzamt in der BRD sei bei der Berechnung der Besteuerungsgrundlagen der Bw. tatsächlich von den bereits in der Berufung vorgeschlagenen Betriebsstättenergebnissen ausgegangen. Die steuerliche Bemessungsgrundlage der Bw. sei daher um den Verlust der österreichischen Betriebsstätte erhöht und um die Gewinne dieser verringert worden. Dies bedeute, dass mit der österreichischen Besteuerung eine echte Doppelbesteuerung erfolgt sei. Die Artikel 24 bis 26 des Doppelbesteuerungsabkommens Österreich/BRD würden genügend Möglichkeiten für die Behörden der Vertragsstaaten vorsehen, durch Informationsaustausch und Verständigungsverfahren zu regeln, dass eine dem Abkommen nicht entsprechende Versteuerung vermieden werde. Sollte die österreichische Finanzverwaltung trotzdem die indirekte Methode beibehalten, dürfe der Kostenaufschlag höchstens 2% betragen.

Die Berufung wurde vom unabhängigen Finanzsenat mit Berufungsentscheidung vom UFS 31.1.2006, RV/0034-W/05, als unbegründet abgewiesen. Es sei unstrittig, dass die Bw. in Österreich eine Betriebsstätte unterhalte und dass Österreich gemäß Artikel 4 des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) Österreich - Deutschland 1954, BGBl. Nr. 221/1955 in der Fassung des Abkommens vom 8. Juli 1992, BGBl. Nr. 361/1994, das Besteuerungsrecht für die gewerblichen Einkünfte dieser in Österreich befindlichen Betriebsstätte zustehe. Entsprechend der Regelung im Artikel 4 Abs. 2 DBA seien dabei der Betriebstätte diejenigen Einkünfte zuzuweisen, die sie als selbstständiges Unternehmen erzielt hätte. Erbringe die Betriebsstätte an das Stammhaus Dienstleistungen, seien Verrechnungspreise anzusetzen, die dem Fremdverhaltensgrundsatz entsprechen müssten. Die österreichische Betriebsstätte erbringe für das Stammhaus Leistungen hauptsächlich in Form der Kundenbetreuung sowie der Durchführung von Servicearbeiten im Zusammenhang mit dem Vertrieb und dem Support von Software. Sämtliche Abrechnungen erfolgten durch das Stammhaus in der BRD. Die Bw. habe zu Recht darauf hingewiesen, dass nach der dargestellten Rechtslage die direkte Gewinnermittlung durch Ermittlung der Einkünfte der österreichischen Betriebsstätte zu erfolgen habe. Unbestritten sei jedoch, dass für die österreichische Betriebsstätte keine eigenständige Gewinnermittlung vorgenommen worden sei, aufgrund derer die wirtschaftlichen Ergebnisse der Betriebsstätte festgestellt werden könnten, sodass die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen der österreichischen Betriebsstätte für die Jahre 1998 bis 2002 nur im Schätzungswege gemäß § 184 BAO vorgenommen werden könne.

Für die österreichische Betriebsstätte seien lediglich die getätigten Aufwendungen erfasst worden. Mangels Vorlage anderer einer Überprüfung zugänglichen Unterlagen durch die Bw. sei die BP bei der Ermittlung der Ergebnisse der österreichischen Betriebsstätte zu Recht von den einzig nachvollziehbaren und damit auch überprüfbaren Aufwendungen der österreichischen Betriebsstätte ausgegangen. Aufbauend auf diesen Aufwendungen habe die BP die Kostenaufschlagsmethode angewandt. Diese gehe grundsätzlich von den Kosten des leistenden Unternehmens aus und gelange durch Hinzurechnung des Kosten- bzw. Gewinnaufschlages zum Fremdpreis für die von der Betriebsstätte erbrachten Leistungen. Diese Kostenaufschlagsmethode beruhe auf der Überlegung, dass ein marktwirtschaftlich geführtes Unternehmen dauerhaft nur funktionsfähig sein könne, wenn die vollen Kosten und ein bestimmter Mindestgewinn erzielt werden. Die Bw. wende sich zwar auch (unter Voraussetzung der Zulässigkeit der Kostenaufschlagsmethode) gegen die Höhe des Aufschlagssatzes, aus den von ihr vorgelegten Berechnungen auf Basis der Umsätze und Kosten des Stammhauses sei allerdings kein Schluss auf die durch die österreichische Betriebsstätte erzielbare Spanne bzw. den Gewinnaufschlag zu ziehen. Gegen die Anwendung des vom Stammhaus berechneten Gewinnaufschlages von 2% spreche auch, dass die österreichische Betriebsstätte im Hinblick auf ihre (Verrechnungs-) Preisgestaltung als ein auf dem Markt eigenständig agierendes Unternehmen zu beurteilen sei. Die Verrechnung der Kosten seitens der österreichischen Betriebsstätte an das Stammhaus habe daher zu jenen Bedingungen zu erfolgen, wie sie auch zwischen fremden Dritten in Österreich für die Erbringung der entsprechenden Leistungen erfolgen würde. Die Anwendung der von der BP angesetzten Gewinnaufschläge in Höhe von 9,5% bis 7,5% sei daher im Hinblick auf die Funktion der Bw. als realistisch zu beurteilen, zumal von der BP das von der Bw. vorgebrachte Argument der sinkenden Gewinnaufschläge entsprechend berücksichtigt wurde. Der Schätzung der Ergebnisse der österreichischen Betriebsstätte in der von der Bw. beantragten Höhe könne mangels Vorlage nachvollziehbarer Unterlagen und Nachweise nicht gefolgt werden, weshalb die von der BP vorgenommene Schätzung der Besteuerungsgrundlagen der österreichischen Betriebsstätte zu Recht erfolgt sei. Bezüglich der von der Bw. dargestellten Doppelbesteuerung und der angesprochenen Durchführung eines Verständigungsverfahrens sei darauf hinzuweisen, dass ein Antrag auf Durchführung eines Verständigungsverfahrens nur im Ansässigkeitsstaat Deutschland möglich sei.

Die Berufungsentscheidung des unabhängigen Finanzsenates wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 2009, Zl 2006/13/0116, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. In der Begründung dieser Entscheidung wurde ausgesprochen, dass schon die Ermittlung der Höhe der Aufschlagssätze (etwa an Hand konkreter Erfahrungswerte von Vergleichsbetrieben) nicht nachvollziehbar begründet worden sei. Dazu komme, dass die belangte Behörde in keiner Weise konkret auf die alternativ von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren dargelegten Möglichkeiten zur Ermittlung der Betriebsstätteneinkünfte und die dazu vorgelegten Berechnungen samt Datenmaterial, die auch einen Aufschlagsatz von lediglich 2% nachweisen sollten, eingegangen sei.

Im fortgesetzten Verfahren forderte der unabhängige Finanzsenat mit Schreiben vom 23. November 2009 das Finanzamt gemäß § 279 Abs. 2 BAO auf, binnen einer Frist von drei Monaten die entsprechend dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 2009 notwendigen Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens (Ermittlung der Höhe der Aufschlagssätze "etwa an Hand konkreter Erfahrungswerte von Vergleichsbetrieben" durchzuführen und bezüglich den "alternativ von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren dargelegten Möglichkeiten zur Ermittlung der Betriebsstätteneinkünfte und den dazu vorgelegten Berechnungen samt Datenmaterial, die auch einen Aufschlagsatz von lediglich 2% nachweisen sollten" Stellung zu nehmen.

Mit Schreiben vom 19. April 2010 nahm das Finanzamt wie folgt Stellung: Aufgrund der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht gemäß § 48a BAO sei dem Finanzamt die namentliche Nennung von konkreten Vergleichsbetrieben sowie die Offenbarung geschützter Umstände, wie sie die Höhe von Kostenaufschlägen darstellen, verwehrt. Derartige Erfahrungswerte liegen im Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes jedoch vor. In ähnlich gelagerten Fällen, in denen eine österreichische Betriebsstätte die Funktion eines Dienstleistungsunternehmens für das ausländische Stammhaus ausübe, sei es gängige Verwaltungspraxis, im Rahmen von Auskunftserteilungen Aufschlagsätze in Höhe von 15%, in Ausnahmefällen 10%, als fremdüblich anzusetzen. Zur Höhe des Gewinnaufschlages könne im gegenständlichen Fall daher nur insofern Stellung genommen werden, als dass unter Berücksichtigung der ha. Erfahrungswerte sowie der einschlägigen Judikatur und Literatur ein Aufschlagsatz zwischen 5% und 15% als fremdüblich anzusehen sei. Die Bw. habe, ausgehend von der Gewinnsituation des Stammhauses, einen fiktiven Gewinnaufschlag von 2% für die österreichische Betriebsstätte errechnet. Im Rahmen dieser Berechnung sei der Betriebserfolg, d.h. das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit abzüglich des Finanzergebnisses, der Summe der Aufwendungen (Material, Personal, Abschreibungen und Sonstiges) gegenübergestellt und ins Verhältnis gesetzt worden. Diese Berechnung sei korrekt und nachvollziehbar und ergebe für das deutsche Stammhaus einen Wert von durchschnittlich 2%. Dazu sei festzuhalten, dass die Kostenstruktur des Stammhauses mit der Betriebsstätte nicht vergleichbar sei. Im Rahmen eines Fremdvergleiches könnten vergleichbare Kostenaufschläge nur auf vergleichbare Kostengrundlagen angewendet werden. Mangels Vergleichbarkeit der Personal- und Materialaufwendungen sei der Aufschlagsatz von 2% auf die Betriebsstätte nicht anwendbar. Diesem Aufschlagsatz sei auch entgegenzuhalten, dass damit die Gewinnsituation des deutschen Stammhauses auf die österreichische Betriebsstätte übertragen werde. Dadurch sei nicht gewährleistet, dass dem Fremdverhaltensgrundsatz entsprochen werde. Aufgrund der unterschiedlichen Funktionen, Forschung und Entwicklung bzw. Vertrieb durch das Stammhaus einerseits und Dienstleistungsfunktion der Betriebsstätte andererseits, könne der für das Stammhaus berechnete Gewinnaufschlag von 2% nicht auf die Betriebsstätte übertragen werden. Nur bei ähnlichen Funktionen wäre der Gewinnaufschlag von 2% gegebenenfalls anwendbar. Nach Ansicht des Finanzamtes sei ein für Dienstleistungen fremdüblicher Gewinnaufschlag in Höhe von 5% bis 15% anzusetzen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist nach dem im Sachverhaltsteil dargestellten Verfahrensablauf die Frage der Einkünftezurechnung zu der inländischen Betriebsstätte in den Jahren 1998 bis 2002.

Wie aus dem zum gegenständlichen Fall ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 2009, Zl. 2006/13/0116, unmissverständlich hervorgeht, bedarf die Ermittlung des Betriebsstättengewinnes unter Anwendung einer so genannten "Kostenaufschlagsmethode" einer nachvollziehbaren Begründung hinsichtlich der Höhe dieser Aufschlagssätze. Der vom Verwaltungsgerichtshof gesehenen Möglichkeit der Ermittlung der Höhe dieser Aufschlagssätze an Hand konkreter Erfahrungswerte von Vergleichsbetrieben wurde vom Finanzamt trotz entsprechender Aufforderung durch den Unabhängigen Finanzsenat nicht nachgekommen. Mit dem bloßen Hinweis auf die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht iSd § 48a BAO und den in keinster Weise belegten Erfahrungswerten von Aufschlagsätzen zwischen 5% und 15% ist das Finanzamt ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nicht nachgekommen. § 48a BAO steht nicht der Weitergabe anonymisierter Daten entgegen, soweit aus den zusammengefassten Daten keine Rückschlüsse auf einzelne Abgabepflichtige möglich sind (vgl. Ritz, BAO Kommentar, § 48a, Tz 11).

Zwar trifft auch die Abgabenbehörde zweiter Instanz nach § 115 BAO eine amtswegige Ermittlungspflicht, sie kann jedoch notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens gemäß § 279 Abs. 2 BAO auch durch Abgabenbehörden erster Instanz vornehmen lassen. Vom Unabhängigen Finanzsenat wurde diese Möglichkeit mit Erteilung eines entsprechenden Ermittlungsauftrages gemäß § 279 Abs. 2 BAO am 23. November 2009 gewählt.

Das abgabenrechtliche Berufungsverfahren dient dazu, dem Steuerpflichtigen Rechtsschutz gegen Entscheidungen des Finanzamtes zu bieten. In der gegenständlichen Fallkonstellation wurde dem Finanzamt unter Wahrung des Parteiengehörs die Möglichkeit eingeräumt, zu den vom Verwaltungsgerichtshof dargelegten Begründungserfordernissen Stellung zu nehmen. Der Argumentation des Finanzamtes, dass für Dienstleistungen Gewinnaufschläge in Höhe von 5% bis 15% als fremdüblich anzusehen wären, ermangelt es für den konkret zu beurteilenden Sachverhalt an der Nachvollziehbarkeit, da nicht bekannt gegeben wurde, auf welche Informationsquellen sich diese Annahme stützt. Vom Finanzamt wurden keine Erklärungen zu konkreten Vergleichsbetrieben abgegeben. Daher wurde den vom Verwaltungsgerichtshof verlangten Begründungserfordernissen nicht entsprochen.

Die im Zusammenhang mit dem von der Bw. gestellten Begehren auf Festsetzung des Kostenaufschlagssatzes in Höhe von 2% dargelegten Argumente sind mangels hinreichender Stellungnahme des Finanzamtes nicht von der Hand zu weisen. Das Finanzamt hielt in seiner Stellungnahme vom 19. April 2010 explizit fest, dass die Berechnung korrekt und nachvollziehbar durchgeführt wurde. Zwar ist dem Finanzamt darin zuzustimmen, dass Kostenaufschläge nur auf vergleichbare Kostengrundlagen angewendet werden könnten, welcher Kostenaufschlag sich aber im konkreten Fall nach Ansicht des Finanzamtes ergebe, wurde in der Stellungnahme nicht ausgeführt. Mit dem wiederholten bloßen Hinweis darauf, dass für Dienstleistungen Gewinnaufschläge in Höhe von 5% bis 15% als fremdüblich anzusehen wären, ist das Finanzamt nicht auf die konkreten Umstände des zu beurteilenden Sachverhaltes eingegangen. Die umfassende Abwägung dieser Umstände führt zur Überzeugung, dass der von der Bw. beantragte Kostenaufschlagssatz in Höhe von 2% nach dem Gesamtbild der Verhältnisse angemessen ist. Daher wird eine entsprechende Korrektur vorgenommen. Die Kostenaufschläge werden wie folgt festgesetzt:

 

1998

1999

2000

2001

2002

Aufwand Betriebsstätte S/€

2.315.215,71

3.556.509,21

2.747.524,62

3.007.027,45

308.289,91

Gewinnaufschlag

2%

2%

2%

2%

2%

Gewinn Betriebsstätte in S

46.304,00

71.130,00

54.950,00

60.141,00

 

Gewinn Betriebsstätte in €

3.365,04

5.169,22

3.993,37

4.370,61

6.165,80

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, 28. April 2010

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 1 Abs. 3 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 4 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 19 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 7 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 25 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002

Schlagworte:

Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen einer österreichischen Betriebsstätte, Schätzung der Besteuerungsgrundlagen, Gewinnermittlungsmethode, Kostenaufschlagsmethode

Verweise:

VwGH 18.07.2001, 98/13/0061
VwGH 27.04.1995, 94/17/0140

Stichworte