Energieabgabenvergütung bei Liebhabereibetrieben
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der LSG, vertreten durch PTG, vom 11. Jänner 2006 und 27. Februar 2006 gegen die Bescheide des Finanzamtes L vom 6. September 2005 und 10. Februar 2006 betreffend Festsetzung des Vergütungsbetrages nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz für 2002 (10/2001 bis 9/2002) und 10/2002 bis 9/2003, 10/2003 bis 12/2003 sowie 1/2004 bis 9/2004 entschieden:
(1) Der Berufung betreffend Festsetzung des Vergütungsbetrages nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz hinsichtlich 2002 (10/2001 bis 9/2002) und 10/2002 bis 9/2003 wird teilweise Folge gegeben.
Die Vergütung wird für 2002 (10/2001 bis 9/2002) mit 100.741,92 € und für 10/2002 bis 9/2003 mit 139.147,54 € festgesetzt.
(2) Der Berufung betreffend Festsetzung des Vergütungsbetrages nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz hinsichtlich 10/2003 bis 12/2003 sowie 1/2004 bis 9/2004 wird stattgegeben.
Die Vergütung wird für 10/2003 bis 12/2003 mit 32.748,99 € und 1/2004 bis 9/2004 mit 115.756,84 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
1. Die Bw. betreibt eine Firma für Infrastruktur und kommunale Dienste. Sie machte für einen defizitären - von der Finanzverwaltung ertragsteuerlich als Liebhaberei eingestuften - Betrieb die Energieabgabenvergütung für 10/2001 bis 9/2002, 10/2002 bis 9/2003, 10/2003 bis 12/2003 und 1/2004 bis 9/2004 geltend. Folgende Beträge wurden beantragt:
Zeitraum | Vergütung |
10/01-9/02 | 145.597,77 |
10/02-9/03 | 142.007,20 |
10/03-12/03 | 32.748,99 |
1/04-9/04 | 115.756,84 |
2. Die Finanzverwaltung führte eine Betriebsprüfung (BP) durch und anerkannte den Anspruch auf Energieabgabenvergütung für die bezeichneten Zeiträume nicht, weil der Bäderbetrieb der Gesellschaft als Voluptuarbetrieb einzustufen war.
3. Gegen die aufgrund der BP erlassenen Bescheide betreffend Energieabgabenvergütung 10/2001 bis 9/2004 wurde Berufung eingelegt, über die der Unabhängige Finanzsenat abweislich entschied, da er den für die Vergütung maßgeblichen Betriebsbegriff dem Ertragssteuerrecht entnahm.
4. Gegen die Berufungsentscheidung des UFS vom 29.5.2006, RV/0240-L/06, wurde Beschwerde eingelegt, über die der VwGH mit Entscheidung vom 11.12.2009, 2006/17/0118 durch Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes entschied. Dabei stellte er fest, dass weder nach dem EAVG, das auf den umsatzsteuerlichen Betriebsbegriff abstellt, noch nach den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen das Ergebnis der Tätigkeit des Vergütungsberechtigten maßgeblich ist. Der Umstand, dass der Betrieb der öffentlichen Bäder ertragsteuerlich als Liebhaberei zu werten ist, hat noch nicht zur Folge, dass die Bf. keine Energieabgabenvergütung beantragen kann.
Zudem wurde in der Entscheidung angeregt, zu prüfen, ob der Gewährung der Energieabgabenvergütung für den Zeitraum 2001 (Wirtschaftsjahr 10/01 bis 9/02) das Durchführungsverbot entgegensteht.
5. Die Berufung war im fortgesetzten Verfahren wiederum vom UFS zu entscheiden. Nach Kontaktierung der Bw. wurde von dieser eine Aufstellung übermittelt, aus der die Zahlen für die Vergütungsberechnung für 2001 und 2002 (getrennt) zu entnehmen waren. Weiters wurde vom UFS darauf hingewiesen, dass ein Ansatz der Sozialversicherungsbeiträge bei den Vorleistungen nicht zulässig ist und die in der Vergütungsberechnung enthaltenen Beträge zu korrigieren sind.
Über die Berufung wurde erwogen:
1. Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 Energieabgabenvergütungsgesetz (EAVG) idF BGBl Nr. 201/1996 sind die Energieabgaben auf Erdgas und elektrische Energie für ein Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) insoweit zu vergüten, als sie 0,35% des Unterschiedsbetrages zwischen Umsätzen und Vorleistungen iSd § 1 Abs 1 Z 1 und 2 UStG 1994 übersteigen (Nettoproduktionswert).
Seit BGBl I Nr. 158/2002 (§ 2 Abs 1 EAVG) können auch Dienstleistungsbetriebe die Vergütung geltend machen, die §§ 2 Abs 1 und 3 Z 1 EAVG sind auf Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2001 stattgefunden haben.
Von der Berufungsbehörde war das EAVG idF BGBl I Nr. 92/2004 - nach Maßgabe der Vorschriften über den zeitlichen Anwendungsbereich der verschiedenen Fassungen des Gesetzes in den einzelnen Jahren - anzuwenden (s auch VwGH-E 2006/17/0118, Seiten 4-6).
2. Im fortgesetzten Verfahren zu RV/0109-L/10 und RV/0110-L/10 ergibt sich nachstehendes:
a. Nach der VwGH-Entscheidung vom 11.12.2009, 2006/17/0118, kann auch für den gegenständlich defizitären Bäderbetrieb eine Energieabgabenvergütung grundsätzlich beantragt werden, weil nicht auf den ertragsteuerlichen Betriebsbegriff abgestellt wird, sondern auf den umsatzsteuerlichen Begriff.
b. Gemäß der Entscheidung des EuGH vom 5.10.2006, Rs C-368/04 , "Transalpine Ölleitung GmbH", stellt die Energieabgabenvergütung von 1996 bis 2001 eine verbotene Beihilfe dar. Dienstleistungsbetriebe können bis 2001 keine Energieabgabenvergütung geltend machen (Grabner, SWK 2007, S 28, "Endgültig keine Vergütung für Dienstleistungsbetriebe für die Jahre 1996 bis 2001"). Der in der Erstentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates enthaltene erste Vergütungsantrag 10/01 - 9/02 betrifft daher teilweise einen Zeitraum, für den eine Vergütung nach der Rspr des EuGH nicht zulässig ist. Dieser Anteil (10/01 bis 12/01) war von der Berufungsbehörde aus der Berechnung auszunehmen. Angesetzt wird nur die Vergütung für 1/02 - 9/02.
c. Wie der UFS bereits in einer Reihe von Entscheidungen (s zB UFS 31.3.2008, RV/0437-L/07; UFS 27.2.2009, RV/0435-L/07) festgestellt hat, sind Sozialversicherungsbeiträge nicht als Vorleistung abziehbar. Das Sozialversicherungsrecht ist in seiner Fürsorgefunktion so konzipiert, dass zwischen Dienstgeber und Sozialversicherungsträger kein Vertrag zugunsten Dritter (nämlich der Dienstnehmer) zustandekommt. Es liegt nur eine Beitragszahlung - ein Pflichtversicherungsverhältnis mit Beitragsleistung - des Dienstgebers infolge seiner gesetzlich verankerten sozialen Verantwortung für die Dienstnehmer vor. Zwischen dem Beitrag des Dienstgebers und der Leistung der Versicherung besteht weder ein kausaler Zusammenhang, noch ein solcher im Sinne einer Leistungsäquivalenz, die auch gar nicht beabsichtigt ist. Die Sozialversicherungsträger sind auch nicht als Zusammenschluss der Dienstgeber aufzufassen, in der Form, dass die Dienstgeber Beiträge als "Mitglied" bezahlen, um Versicherungsleistungen zu erhalten. Umsätze aus Versicherungsverhältnissen sind damit Aufwendungen für den abstrakten Versicherungsschutz, nicht für die konkret erbrachten Versicherungsleistungen. Geld- und Sachleistungen sind nur Folgewirkungen aus dem bestehenden Versicherungsverhältnis, ebenso wie der Entfall von Haftungen. Zusammengefasst kennt die ex-lege-Versicherung als konkreter Ausfluss des Fürsorgegedankens nur Beitragsleistende, aber keinen Gegenleistungsverpflichteten und damit auch kein Leistungs-Gegenleistungsverhältnis.
In den einzelnen Jahren waren die Vorleistungen daher wie folgt zu kürzen:
Für den Zeitraum 1/02 - 9/02 um gesamt 782.252,99 € (x 9/12), für 10/02 - 9/03 um gesamt 817.047,04 € und für 10/03 - 12/03 bzw 1/04 - 9/04 um gesamt 677.150,67 € (aufgeteilt auf die beiden letztgenannten Zeiträume).
d. Damit ergeben sich für die fraglichen Zeiträume folgende (Neu)Berechnungen:
(1) Für das Jahr 2001 (10/01 bis 12/01) ist eine Energieabgabenvergütung zur Gänze nicht zuzuerkennen (entfällt im Ausmaß von 42.117,96 €).
Für 1/02 bis 9/02 ist folgende Vergütung anzuerkennen:
Umsatz (anteilig) | 3.399.119,59 |
Vorleistung (anteilig) | -2.218.966,36 |
Summe | 1.180.153,23 |
x 0,0035 | |
NPW | + 4.130,54 |
Bezahlte Abgaben (anteilig) | -105.144,71 |
Summe | 101.014,17 |
Selbstbehalt (anteilig) | -272,25 |
Vergütung | 100.741,92 |
Ursprünglich beantragt | 145.597,77 |
(2) Vergütung 10/02 bis 9/03:
Zeitraum 10/02-9/03 | |
Umsatz | 4.931.145,38 |
Vorleistung 4.266.095,02 - 817.047,04 | -3.449.047,98 |
Summe | 1.482.097,40 |
x 0,0035 | |
NPW | + 5.187,34 |
Bezahlte Abgaben | -144.697,88 |
Summe | 139.510,54 |
Selbstbehalt | -363,00 |
Vergütung | 139.147,54 |
Ursprünglich beantragt | 142.007,20 |
(3) Vergütung 10/03 bis 12/03
Zeitraum 10/03-12/03 | |
Umsatz (anteilig) | 684.988,77 |
Vorleistung (anteilig) 1.242.622,57 - 169.288,00 | -1.073.335,00 |
Summe rd. | -388.346,00 |
x 0,0035 | |
NPW | 0,00 |
Bezahlte Abgaben (anteilig) | -41.049,68 |
Abzüge | 8.209,94 |
Summe | 32.839,74 |
Selbstbehalt (anteilig) | -90,75 |
Vergütung | 32.748,99 |
Ursprünglich beantragt | 32.748,99 |
(4) Vergütung 1/04 bis 9/04
Zeitraum 1/04 - 9/04 | |
Umsatz (anteilig) | 2.054.960,30 |
Vorleistung (anteilig) 3.727.867,71 - 507.863,00 | -3.220.005,00 |
Summe rd. | -1.165.045,00 |
x 0,0035 | |
NPW | 0,00 |
Bezahlte Abgaben (anteilig) | -123.149,02 |
Abzüge | 7.092,18 |
Summe | 116.056,54 |
Selbstbehalt (anteilig) | -300,00 |
Vergütung | 115.756,84 |
Ursprünglich beantragt | 115.756,84 |
Der Berufung für 2002 (10/01 bis 9/02) war teilweise stattzugeben (Abweisung im Bereich Vergütung 10/01 bis 12/01), ebenso im Zeitraum 10/02 bis 9/03. Den Berufungen betreffend die zeitlich folgenden Zeiträume war stattzugeben.
Linz, am 26. April 2010
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 1 Abs. 1 Z 1 Energieabgabenvergütungsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996 |
Schlagworte: | Energieabgabenvergütung, Liebhabereibetrieb, Sozialversicherungsbeitrag |