Besuch der kranken Mutter in einem auswärtigen Krankenhaus
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom 30. September 2006 gegen den Bescheid des Finanzamtes vom 24. August 2005 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2004 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) bezog im Berufungsjahr 2004 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei der Fa. H-P.
Mit elektronisch eingereichter Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2004 machte er neben (im Rahmen des in der Folge gestellten Vorlageantrages nicht mehr strittigen) Aufwendungen für Sonderausgaben (Beiträge zur Sanierung von Wohnraum) und Werbungskosten (Aufwendungen für Arbeitmittel, Reisekosten und sonstige Werbungskosten) auch Telefonkosten als Werbungskosten sowie Aufwendungen für Fahrten zum Besuch der Mutter im Krankenhaus bzw. für Krankenscheingebühren iHv. insgesamt 2.189,25 € als außergewöhnliche Belastung geltend.
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, mit welchem ua. festgestellt wurde, dass sich die die Mutter des Bw. in den Monaten April, Juni, Juli, August und November 2004 im Krankenhaus der S. in xxxx L, St stationär in Behandlung befand bzw. telefonischer Rücksprache mit dem Bw. erließ das Finanzamt am 24. August 2005 den Einkommensteuerbescheid 2004 mit folgender Begründung:
"Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, von denen ein Selbstbehalt abzuziehen ist, konnten nicht berücksichtigt werden, da sie den Selbstbehalt in Höhe von 1.998,90 € nicht übersteigen. Eine beruflich veranlasste Reise gem. § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1988 liegt unter anderem erst dann vor, wenn sich der Steuerpflichtige zwecks Verrichtung beruflicher Obliegenheiten mindestens 25 km vom Mittelpunkt der Tätigkeit entfernt. Tagesdiäten bei Dienstreisen unter 25 km konnten daher nicht berücksichtigt werden. Die (zusätzliche) Begründung zu diesem Bescheid geht Ihnen gesondert zu."
Mit am selben Tag erstellter Begründung führte das FA zusätzlich aus:
"Sonderausgaben:
Die widmungsgemäße Verwendung des Darlehens der Bk MW Kto.XXXX-XXXXXX konnte nicht erbracht werden (für Einrichtungsgegenstände verwendet) - die Tilgungen dieses Darlehens können daher nicht als Sonderausgabe angerechnet werden [gilt auch für die Folgejahre!]
Werbungskosten:
Von den Telefonkosten wird im Schätzungswege ein beruflicher Anteil von 30% angerechnet.
Bewirtung bei Baustellenbesuchen (Kaffekassen) - diese Ausgaben stellen keine Werbungskosten im Sinne des Einkommensteuergesetzes dar.
Dienstreisen: Bei einem 'durchgehenden' Einsatz (ab dem 6. Tag), oder bei einem 'wiederkehrenden aber nicht regelmäßigen' Einsatz (ab dem 16. Tag) entsteht ein 'weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit', ein Verpflegungsmehraufwand (Diäten) kann daher ab dem 6. bzw.16. Tag nicht mehr angerechnet werden (Gmunden 9.8.04 = 15.Tag, letzter Tag = 10.12.04).
Dienstort ist L, das große Pendlerpauschale wird angerechnet. Für den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen u. dgl. in L können daher keine Diäten und auch keine zusätzlichen Fahrtkosten angerechnet werden.
Außergewöhnliche Belastungen (Besuchsfahrten Krankenhaus/L):
Die Fahrten zwischen dem Wohnort/ StJ und dem Dienstort/ L sind mit dem großen Pendlerpauschale abgegolten. An Werktagen (Mo-Fr) kann daher nur das Kilometergeld für die Strecke vom Firmensitz (= xxxxGSt.) zum KH d. BS (xxxxSt) angerechnet werden."
Gegen diesen Bescheid erhob der Bw. das Rechtsmittel der Berufung mit folgender Begründung:
"1. WERBUNGSKOSTEN
1.1. Die von Ihnen geschätzten 30 % beruflich sind nicht angemessen und nicht begründet worden. Ich habe erst im Zuge der Tätigkeit Baustellenkoordination und Baustellen - Projektbetreuung von Frühjahr 2004 bis November mittels Werkartenhandy telefoniert und im November - überwiegend beruflich erforderlich - ein Handy angemeldet. Die von mir beantragten 2/3 der Telefonkosten sind meiner Einschätzung nach gerechtfertigt.
1.2. Ich ersuche daher um Antragsgemäße Entscheidung bezüglich der Telefonkosten
2. AUSSERGEWÖHNLICHE BELASTUNGEN
2.1. Für mich unverständlich, wird in der Bescheidbegründung auf das Pendlerpauschale in Bezug auf die Besuchsfahrten im Krankenhaus der S. in L hingewiesen. Nach Rücksprache mit der AK L und Steuerberater (P) bekamen meine Bedenken Unterstützung in der Ansicht, dass Werbungskosten (Beruflicher Natur) und Außergewöhnliche Belastungen (überwiegend Privater Natur) nichts Gemeinsames haben.
2.1.1. Auch war der telefonische Einwand, dass ich in der Regel nach Haus gefahren bin (2 Hunde, Katze, Kleintiere, erhöhter Arbeitsanfall im Haushalt) nicht Grund genug, in dieser für uns alle Schwierigen Situation (Mutter lebensgefährliche OP, dreimaliger Darmverschluss innerhalb kurzer Zeit) wenigstens teilweise finanzielle Mehrbelastungen anzuerkennen.
2.1.2. Besonders im Zeitraum ab Ende Juli bis November war es notwendig, täglich mindestens 2x zu pendeln, da die Hochwasserschäden am Elternhaus durch die Firma R (teilweise Abbruch Haus und Wiederherstellung, Umbau und Zubau) in Stand gesetzt wurden!
2.2. Ich ersuche daher um Antragsgemäße Entscheidung der Krankheitskosten"
Einem im Steuerakt befindlichen Ausdruck aus dem Abgabeninformationssystem des Bundes (AIS) ist zu entnehmen, dass auch der im selben Ort (wie der Bw.) wohnhafte Vater des Bw. im Jahr 2004 Aufwendungen für Fahrten zum Besuch der Gattin ins Krankenhaus als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht hat. Das FA anerkannte diese Kosten nur teilweise mit folgender Begründung:
"Lt. den vorgelegten Unterlagen und dem Telefongespräch vom 14.11.2005 wurde bei einem Teil der Krankenhausbesuche von der Dienststelle direkt ins KH gefahren und von dort zum Wohnort. Für diese Fahrten kann nur das Kilometergeld von der Dienststelle zum KH anerkannt werden. Die anschließende Heimfahrt vom KH ist mit dem Pendlerpauschale abgegolten. Da eine exakte Ermittlung dieser Fahrten nicht möglich ist, werden 50 % der beantragten KM-Gelder gekürzt.
Beantragte Krankheitskosten (KZ 730) | 3.977,20 |
- 50 % von 3.594,96 | 1.797,48 |
Anerkannte Krankheitskosten | 2.179,72" |
Mit Berufungsvorentscheidung (BVE) vom 26. Juni 2006 wies das FA die Berufung vom 3. Oktober 2006 als unbegründet ab mit folgender Begründung:
"Grundsätzlich sind Kosten für berufliche Telefonate vom Arbeitgeber zu bezahlen, da keine Aufzeichnungen oder genaue Angaben über die tatsächl. geführten berufl. geführten Telefonate vorliegen, bleibt der Ansatz vom bisher gewährten Betrag.
Da Sie in L berufstätig waren und an den Wochentagen daher direkt vom Arbeitsplatz die Krankenbesuche durchführten, wurde das Km-Geld gewährt (ein mehrmaliges Hin- und retourfahren wäre zeitlich nicht möglich gewesen, Betreuung der Haustiere, Baustelle zu Hause, usw. gehören zu den nichtabzugsfähigen Ausgaben des § 20 EStG und können nicht als Grund für eigene Fahrten zw. Wohnort und L angeführt werden. An Wochenenden wurden Ihnen die eigens notwendigen Besuchsfahrten anerkannt (steuerlich wären Aufwendungen erst über dem Selbstbehalt von ca. 1998 € wirksam)."
Dagegen erhob der Bw. mit Schreiben vom 31. Juli 2006 "Berufung" mit folgender Begründung:
"Nach Beendigung der beruflichen Tätigkeit nach Hause zu fahren, aus welchem Grund auch immer ist beruflicher Natur (wäre bei einem Unfall auch im Fall der Fälle ein ganz normaler Arbeitsunfall - da am nach Hause Weg!) und Ihre Annahme, ein mehrmaliges hin und herfahren wäre zeitlich nicht möglich gewesen, ist absurd und entbehrt jeder Grundlage."
In einem Aktenvermerk hielt das FA fest, dass der Vater des Bw. am 24. August 2005 telefonisch angeregt habe, dass die "vorliegende falsche Entscheidung des FA" eingesehen wird und der Fall nochmals behandelt werden sollte. Das FA "sei nicht in der Lage, vorliegende Fakten/Tatsachen richtig zu lesen und entsprechend zu erledigen...". Die Berufungsvorlage an die zweite Instanz sei in schriftlicher Form verlangt worden. Weiters habe er kritisiert, dass die ergangene Berufungsvorentscheidung nicht vom FA unterschrieben worden sei.
Das FA wertete das Schreiben des Bw. vom 31. Juli 2006 als Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und legte die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 34 Abs. 1 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 71/2003, sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Abs. 2 leg.cit. bestimmt: Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Nach Abs. 3 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Abs. 4 bestimmt: Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.
Das Tatbestandsmerkmal der Außergewöhnlichkeit dient der Abgrenzung atypischer, außerhalb der normalen Lebensführung gelegener Belastungen von den typischerweise wiederkehrenden Kosten der Lebenshaltung (Doralt, Einkommensteuergesetz, TZ 29 zu § 34).
Eine Zwangsläufigkeit aus sittlichen Gründen kann nur aus dem Verhältnis zu anderen Personen erwachsen; eine sittliche Verpflichtung kommt in erster Linie gegenüber nahen Angehörigen und in Lebensgemeinschaften in Betracht. Eine sittliche Verpflichtung liegt nur dann vor, wenn die Übernahme von Aufwendungen nach dem Urteil billig und gerecht denkender Menschen durch die Sittenordnung objektiv geboten erscheint. Ob sich der Steuerpflichtige subjektiv verpflichtet fühlt, ist unerheblich; maßgeblich ist die allgemeine Verkehrsanschauung (Vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz, TZ 40 zu § 34 und die dort zitierte Judikatur).
Entscheidend ist daher nicht das subjektive Pflichtgefühl des Steuerpflichtigen, sondern der objektive Pflichtbegriff nach den herrschenden moralischen Anschauungen. Es reicht daher nicht aus, dass das Handeln des Steuerpflichtigen menschlich verständlich ist, es muss vielmehr die Sittenordnung dieses Handeln gebieten (vgl. z.B. VwGH 16.1.1991, 90/13/0062, mwN).
Grundsätzlich können die Kosten für den Besuch des in einem auswärtigen Krankenhaus untergebrachten nahen Angehörigen aus sittlichen Gründen als zwangsläufig erwachsen angesehen werden, soweit das Merkmal der Außergewöhnlichkeit gegeben ist, etwa bei weiteren Entfernungen oder wenn die Fahrten der Pflege und Versorgung dienen. (Vgl. VwGH vom 13.5.1986, 85/14/0181, und vom 10.11.1987, 85/14/0128, sowie Jakom/Baldauf EStG 2009, § 34 Rz 90).
Der oben geschilderte Sachverhalt wird der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
Insbesondere unstrittig ist, dass der in yyyy SJ am B wohnhafte Bw. im Berufungsjahr einer nichtselbständigen Tätigkeit in L nachgegangen ist und das FA die Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Form des so genannten großen Pendlerpauschales iHv. 1.692,00 € als Werbungskosten anerkannt hat. Weiters hat der Bw. nachgewiesen, dass seine Mutter in den Monaten April, Juni, Juli, August und November 2004 im Krankenhaus der S. in xxxx L , St in stationärer in Behandlung stand.
Strittig ist hingegen, ob die vom Bw. geltend gemachten Fahrtkosten für die während der erwähnten Krankenhausaufenthalte der Mutter behaupteter Maßen täglich erfolgten Fahrten vom Wohnort nach L und zurück als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen sind.
Das FA hat nach Erhebungen festgestellt, dass die Wegstrecke vom Beschäftigungsort in L zum Krankenhaus 2,6 Kilometer beträgt und hat unter anderem diesen Sachverhalt seinem Bescheid vom 24. August 2005 zu Grunde gelegt. An den Tagen während der Arbeitswoche wurden daher die Kosten für die Zurücklegung der Strecke vom Arbeitsort zum Krankenhaus im Ausmaß von 2,5 Kilometern und an Wochenenden die angefallenen Fahrtkosten für die Krankenbesuche vom Wohnort des Bw. nach L und retour im Ausmaß von täglich 82 Kilometern, insgesamt somit Fahrtkosten iHv. 718,62 € als außergewöhnliche Belastung anerkannt.
Dem Bw. ist zwar insoweit zuzustimmen, als er darauf hinweist, dass zur Erfüllung der Tatbestände der §§ 16 bzw. 34 EStG verschiedene Voraussetzungen gefordert sind.
Jedoch der Einwand des Bw., er sei "in der Regel nach Haus gefahren (2 Hunde, Katze, Kleintiere, erhöhter Arbeitsanfall im Haushalt)" ist ohne nähere Erläuterung der diesbezüglichen Umstände nicht als schlüssige Begründung für die in Kauf genommenen Mehrfachfahrten (vom Arbeitsort nach Hause aus beruflicher Veranlassung und wieder retour aus privater Veranlassung) anzusehen. Es würde der Lebenserfahrung widersprechen, wenn jemand einen Fahrt- und Zeitaufwand für eine Strecke von 82 Kilometern auf sich nimmt, um Haustiere zu versorgen und den Haushalt zu erledigen, wenn er diese Aufgaben am selben Tag - lediglich um die Dauer eines Krankenbesuches verschoben - erfüllen kann. Ähnliches gilt für die Behauptung, es sei notwendig gewesen, täglich mindestens zwei Mal zu pendeln, da Hochwasserschäden am Elternhaus durch eine Firma behoben worden seien. Auch diesbezüglich teilte der Bw. weder im Berufungsschreiben, noch im Vorlageantrag nähere Umstände mit. Insbesondere ist nicht erkennbar, ob für den Bw. eine rechtliche bzw. sittliche Verpflichtung bestand, wann, wie lange und ob überhaupt an der Baustelle anwesend zu sein.
Weiters fällt auf, dass der Bw. im Berufungsschreiben vom 26. September 2005 selbst einräumt, nur "in der Regel nach Haus gefahren" zu sein. Daraus ergibt sich zwangläufig das Erfordernis einer Kürzung der für tägliche Fahrten ins Krankenhaus geltend gemachten Fahrtkosten.
In der Begründung zur BVE vom 26. Juni 2006 ging das FA davon aus, dass sich der Bw. an Wochentagen von seiner Arbeitsstätte direkt ins 2,6 Kilometer entfernte Krankenhaus begeben hat, um seine Mutter zu besuchen, insbesondere weil "ein mehrmaliges Hin- und retour fahren zeitlich nicht möglich gewesen wäre".
Im Vorlageantrag vom 31. Juli 2006 merkte der Bw. dazu lediglich an, die Annahme, ein mehrmaliges hin und herfahren wäre zeitlich nicht möglich gewesen, sei absurd und entbehre jeder Grundlage.
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist eine Berufungsvorentscheidung, in der die Behörde das Ergebnis der behördlichen Ermittlungen, Erhebungen und Sachverhaltsfeststellungen darlegt und sich mit den anstehenden Sachverhaltsfragen auseinandersetzt, geeignet, wie ein Vorhalt zu wirken und als solcher zu gelten (vgl. VwGH 21.4.1983, 82/16/0177; 13.3.1986, 84/16/0235). Es ist Sache der Partei, sich im Vorlageantrag mit den Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung bzw. dem Ergebnis der behördlichen Ermittlungen auseinander zu setzen und die daraus gewonnenen Feststellungen zu widerlegen (vgl. VwGH 28.6.1989, 89/16/0048; 10.3.1994, 92/15/0164).
Das FA hat in der Begründung zur BVE den ermittelten Sachverhalt zusammenfassend dargestellt und aus der Berufstätigkeit des Bw. in L einerseits und der erheblichen Entfernung des Wohnortes vom Arbeitsort andererseits geschlossen, dass ein mehrfaches Zurücklegen des Weges zeitlich nicht möglich gewesen sei. Auch mit den entsprechenden Einwänden des Bw., hat sich das FA auseinander gesetzt.
Wären also tatsächlich Umstände vorgelegen, welche ein mehrmaliges Pendeln von der Wohnung zum Beschäftigungsort in L und zurück und danach wieder nach L ins Krankenhaus , um die Mutter zu besuchen, zeitlich möglich und schlüssig erscheinen ließen, wäre es dem Bw. ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen, diese dem FA - insbesondere im Rahmen des Vorlageantrages vom 31. Juli 2006 - bekannt zu geben. Derartige Umstände vermochte der Bw. jedoch nicht aufzuzeigen und somit die Sachverhaltsfeststellungen bzw. die Annahme des FA, ein mehrmaliges Pendeln sei zeitlich nicht möglich gewesen, nicht zu widerlegen. Der vom FA festgestellte und der BVE zu Grunde gelegte Sachverhalt hat somit mangels gegenteiliger Darstellung des Bw. die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich.
Die Tatsache, dass auch der Vater des Bw. die Fahrtkosten nach L für tägliche Krankenhausbesuche als außergewöhnliche Belastung im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung geltend gemacht hat, legt den Schluss nahe, dass auch er seine Gattin (bzw. die Mutter des Bw.) täglich im Krankenhaus besucht hat. Der Bw. wäre daher nach dem Urteil billig und gerecht denkender Menschen bzw. nach der allgemeinen Verkehrsanschauung unter diesen Umständen seiner sittlichen Verpflichtung, die Mutter im Krankenhaus zu besuchen auch nachgekommen, wenn seine Besuche jeden zweiten Tag statt gefunden hätten. Dass der Bw. anlässlich der Krankenbesuche Versorgungs- oder Pflegeleistungen erbracht hätte, wurde nicht behauptet. Obwohl die täglich erfolgten Krankenbesuche zwar menschlich durchaus nachvollziehbar sind, ändert dies nichts daran, dass mangels sittlicher Verpflichtung eine steuerliche Anerkennung insoweit nicht erfolgen kann.
Auch für den Fall, dass aus diesem Blickwinkel die Hälfte der geltend gemachten Fahrtkosten (Fahrtkosten: 2.189,40 € : 2 = 1.094,70 €) anerkannt würden, wäre für die Berufung nichts gewonnen, da hierbei der zu berechnende Selbstbehalt 1.998,90 € nicht überschritten wird.
Gegen die seitens des FA mit BVE bestätigte Schätzung des beruflichen Anteils der Telefonkosten bestehen auf Grund des festgestellten Sachverhalts keine Bedenken. Auch der Bw. hat diesen Ansatz mit Vorlageantrag vom 31. Juli 2006 nicht mehr bekämpft.
Zur Wirksamkeit so genannter automationsunterstützter Bescheide ohne Unterschrift wird bemerkt: Gem. § 92 der Bundesabgabenordnung (BAO) bedürfen Bescheide der Schriftform. Sie müssen unter anderem die Bezeichnung der Behörde enthalten und mit dem Datum und der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat (§ 96 erster Satz BAO).
Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt (§ 96 letzter Satz BAO).
In seinem Erkenntnis vom 14.12.2006, Zl. 2005/14/0014 hat der Verwaltungsgerichtshof derartigen automationsunterstützt erstellten Ausfertigungen Bescheidqualität bescheinigt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am 29. März 2010
Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 34 Abs. 1 bis 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Außergewöhnliche Belastung, Besuch der Mutter im Krankenhaus, sittliche Verpflichtung, Verkehrsanschauung, Fahrtkosten |