UFS RV/0577-I/08

UFSRV/0577-I/0824.2.2010

Mit Ausübung der Option tritt kein "vorvertragliches Stadium" bis zum Abschluss des grundbuchsfähigen Kaufvertrages ein, sondern es wird ein vereinbartes Schuldverhältnis in Geltung gesetzt und der Tatbestand nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG verwirklicht

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/16/0072 eingebracht. Mit Erk. v. 13.12.2012 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der G-GmbH, Adr, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom 11. Juli 2008 betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Am 24. Juni 2004 wurde zwischen M (Optionsgeberin) und der Firma G-GmbH (Optionsnehmerin und Berufungswerberin, kurz: Bw) ein Optionsvertrag auszugsweise folgenden Inhaltes geschlossen:

"I. Die Optionsgeberin räumt hiermit der Optionsnehmerin oder einer von ihr benannten dritten physischen oder juristischen Person das alleinige Recht ein, die Liegenschaften EZ1 und EZ2, jeweils Grundbuch X, bestehend aus den Gst1 und Gst2 im Gesamtausmaß von 7634 m² (Optionsobjekt) zu den nachstehenden Bedingungen zu erwerben. Die Optionsnehmerin nimmt diese Option hiemit verbindlich an.

II. Der vereinbarte Kaufpreis für die vorangeführten Liegenschaften ... beträgt unter der Voraussetzung, dass mindestens 5000 m² davon Bauland ... darstellen, insgesamt pauschal € 2,000.000 ... und ist ein fixierter Gesamtpreis für das gesamte Optionsobjekt. Die Optionsgeberin verpflichtet sich, gleichzeitig mit diesem Optionsvertrag Ranganmerkungen für die beabsichtigte Veräußerung des Optionsobjektes beglaubigt zu unterfertigen ...

Als Zahlungsmodus ist in dem in späterer Folge im Falle der Ausübung der Option zu errichtenden Kaufvertrag vorzusehen, dass der Gesamtkaufpreis seitens der Optionsnehmerin bei allseitiger Unterfertigung des grundbuchsfähigen Kaufvertrages beim Vertragsverfasser zu deponieren ist ...

Mit Ausübung der Option hat die Optionsnehmerin das Recht auf jederzeitige Übergabe des Vertragsgegenstandes, welches bei Unterfertigung des endgültigen grundbuchsfähigen Kaufvertrages ausgeübt wird. Die Optionsgeberin verpflichtet sich, einen derartigen grundbuchsfähigen Kaufvertrag umgehend bei Vorlage zu unterfertigen. Die Optionsnehmerin ihrerseits verpflichtet sich, spätestens vier Wochen ab Ausübung dieser Option durch sie der Optionsgeberin einen derartigen grundbuchsfähigen Kaufvertrag vorzulegen, widrigenfalls die Optionsgeberin - es sei denn, es trifft sie ein Verschulden - an diese Option nicht mehr gebunden ist. ...

IV. Die Optionsnehmerin erklärt, den Vertragsgegenstand besichtigt zu haben und über dessen Zustand informiert zu sein bzw. die für sie nötigen Informationen während der Optionsfrist einzuholen. Dies bedeutet insbesondere, dass die Optionsnehmerin so rasch als möglich versuchen wird, mit den zuständigen Gremien der Stadt ... und der Luftfahrtbehörde Kontakt aufzunehmen, um die Voraussetzungen für die Einreichung eines Wohnbauprojektes, allenfalls gemischten Wohnbau/Geschäftsprojektes mit einer möglichst hohen Geschossflächendichte bzw. Baumassendichte zu erreichen. ... , wobei ebenfalls aufgrund der gegebenen Bestandrechte evident ist, dass mit einer allfälligen Bebauung des Optionsobjektes nicht vor Frühjahr 2005 begonnen werden kann, allenfalls im Hinblick auf das bestehende Superädifikat samt eingetragenem Bestandrecht die diesbezügliche Teilfläche erst in der zweiten Jahreshälfte 2006 bebaut werden kann. Die Optionsnehmerin erklärt, in Kenntnis dieser Umstände die zur Abschätzung aller relevanten Umstände für sie nötigen Entwicklungsleistungen auf eigene Kosten und eigenes Risiko zu übernehmen.

V. Sämtliche Kosten der Errichtung und Verbücherung des Kaufvertrages, der über Veranlassung der Optionsnehmerin zu errichten ist, sowie dieser Urkunde ... trägt die Optionsnehmerin.

...

VIII. Das Optionsrecht erlischt, wenn die Optionsnehmerin ihr Recht nicht bis spätestens vierzehn Tage nach Rechtskraft eines allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplanes ... ausübt. Unabhängig davon ist die Rechtzeitigkeit der Ausübung dieser Option gewahrt, wenn die Ausübungserklärung der Optionsnehmerin seitens dieser bis spätestens (Anm.: nach einvernehmlicher Änderung) 31.01.2005 zur Post gegeben wird, ...

Die Optionsgeberin verpflichtet sich schließlich, für den Fall des Vertragsbruches, somit insbesondere der Veräußerung der optionsgegenständlichen Liegenschaft oder Teilen derselben an dritte Personen vor Ablauf der Optionsfrist oder nach erfolgter Ausübungserklärung der Optionsnehmerin dieser jedwede im Zusammenhang mit dem Abschluss dieses Vertrages aufgelaufenen Kosten und Aufwände vollumfänglich zu ersetzen und erlittene Schäden auszugleichen. ...".

Mit Schreiben der Bw vom 31. Jänner 2005 unter dem Betreff "Optionsausübung" wurde der Optionsgeberin mitgeteilt:

"In obiger Angelegenheit nehmen wir Bezug auf den Optionsvertrag vom 24.06.2004 und erklären hiermit fristgerecht verbindlich die Ausübung der eingeräumten Kaufoption. Der Entwurf für den verbücherungsfähigen Kaufvertrag wird über unsere Veranlassung in den nächsten Tagen erstellt werden. Die Unterfertigung des Kaufvertrages und der vorherige Erlag der vorgesehenen Bankgarantie über den Kaufpreis beim Vertragsverfasser erfolgt wie besprochen am Montag 28.02.2005. Die rechtstechnische Abwicklung erfolgt voraussichtlich über eine von uns zu gründende Projektgesellschaft, welche diesfalls an unserer Stelle Ihr Vertragspartner wird (von uns namhaft zu machender Dritter). Selbstverständlich werden sämtliche Bestimmungen des Optionsvertrages ebenso beachtet wie die Ihnen zugesagte Verkürzung der Frist für die Einzahlung der Grunderwerbsteuer ...".

In Zusammenhang mit einer Gebührenprüfung bei der Fa. I-KEG wurde obiger Optionsvertrag dem Finanzamt erstmals im März 2008 zur "gebührenrechtlichen Beurteilung" vorgelegt und im Begleitschreiben ua. ausgeführt, der Kaufvertrag sei mit der I-KEG abgeschlossen und die entsprechende Grunderwerbsteuer abgeführt worden. Ein Entgelt zwischen der Bw und der I-KEG habe es nicht gegeben. Nach Ansicht der Bw bestehe aufgrund des Optionsvertrages keine Grunderwerbsteuerpflicht für die Bw, da zum Zeitpunkt der Optionsvergabe der Erwerber noch nicht definiert gewesen sei. Sinn der Vereinbarung sei lediglich die Sicherung des Grundstückes für eine noch zu gründende Projektgesellschaft gewesen.

Das Finanzamt hat daraufhin der Bw mit Bescheid vom 11. Juli 2008, StrNr, ausgehend von dem im Optionsvertrag vereinbarten Kaufpreis € 2 Mio. die 3,5%ige Grunderwerbsteuer im Betrag von € 70.000 vorgeschrieben, da die Bw die Option mittels Schreiben vom 31. Jänner 2005 ausgeübt und damit einen grunderwerbsteuerlichen Tatbestand nach § 1 GrEStG verwirklicht habe.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde die ersatzlose Bescheidbehebung beantragt und vorgebracht, der Bescheid sei mangels näherer Bezeichnung des Tatbestandes "nach § 1 GrEStG" schon aus formalen Gründen rechtswidrig. Aufgrund des jeweils alleinigen Geschäftsführers F sowie der alleinigen Gesellschafterin F-GmbH bestehe zwischen der Bw und der späteren Käuferin I-KEG de facto Eigentümeridentität und Identität der Geschäftsführung. Die I-KEG sei erst am 25. Feber 2005 gegründet worden, habe mit Kaufvertrag vom 28. Feber 2005 die betreffenden Liegenschaften von M erworben und die Grunderwerbsteuer in Höhe von € 70.000 entrichtet. Die Ausübungserklärung zur Option hätte bis 31. Jänner 2005 erfolgen müssen. Die entscheidenden Rechtsfolgen der Ausübung der Option fänden sich unter Vertragspunkt II.: "Mit Ausübung der Option hat die Optionsnehmerin das Recht auf jederzeitige Übergabe des Vertragsgegenstandes, welches bei Unterfertigung des endgültigen grundbuchsfähigen Kaufvertrages ausgeübt wird. Die Optionsgeberin verpflichtet sich, einen derartigen grundbuchsfähigen Kaufvertrag umgehend bei Vorlage zu unterfertigen. Die Optionsnehmerin ihrerseits verpflichtet sich, spätestens vier Wochen ab Ausübung dieser Option durch sie der Optionsgeberin einen derartigen grundbuchsfähigen Kaufvertrag vorzulegen, widrigenfalls die Optionsgeberin - es sei denn, es trifft sie ein Verschulden - an diese Option nicht mehr gebunden ist." Die Folgen der Ausübung dieser möglicherweise untypischen Option seien daher zivilrechtlich eindeutig als Zustandekommen eines Vorvertrages gem. § 936 ABGB zu qualifizieren, da die Übergabe des Kaufgegenstandes unter der Bedingung der Vorlage und Unterfertigung des grundbuchsfähigen Kaufvertrages gestanden habe, andernfalls die Option erloschen wäre. Auch nach Ausübung der Option sei daher für die Bw kein Übereignungsanspruch aus dem Optionsvertrag entstanden und hätte sie lediglich auf Unterfertigung durch die Optionsgeberin klagen können. Die ausgeübte Option stelle lediglich einen Vorvertrag dar, da kein unmittelbarer Anspruch auf Leistung, sondern nur auf Abschluss eines Hauptvertrages entstanden wäre. Eine Übereignung an die Bw bei Ausübung der Option sei von den Parteien nicht beabsichtigt und ohne weiteres Rechtsgeschäft auch nicht möglich gewesen. Mit Ausübung der Option sei die vierwöchige Frist zur Erstellung des Kaufvertrages, zur Gründung der letztendlichen Käuferin und zum Abschluss des Kaufvertrages, der erst den Übereignungsanspruch ergab, gewahrt worden, sodass die Ausübung der Option de facto zu einer Fristverlängerung in einem vorvertraglichen Stadium geführt habe. Bei fruchtlosem Verstreichen dieser Frist wäre die Option trotz Ausübungserklärung erloschen, weshalb zwischen der Bw und der Optionsgeberin kein Erwerbsvorgang vorliege. Es sei nach § 914 ABGB auf den maßgebenden Parteiwillen sowie nach § 21 BAO auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt abzustellen. Der Parteiwille sei von vorneherein auf einen einzigen Erwerbsvorgang, entweder durch die Bw oder die von ihr namhaft gemachte dritte Person, gerichtet gewesen. Es sei insgesamt in wirtschaftlicher Betrachtung ein einheitlicher Gesamtzweck verfolgt und daher lediglich ein Erwerbsvorgang verwirklicht worden, andernfalls eine unbillige Doppelbesteuerung vorläge.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung vom 25. August 2008 wurde dahin begründet, die Option sei ein Vertrag, wodurch eine Partei das Recht erhalte, ein inhaltlich vorausbestimmtes Schuldverhältnis in Geltung zu setzen. Die Ausübung der Option sei nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG steuerpflichtig. Der vereinbarte Gesamtpreis für das Optionsobjekt stelle die Gegenleistung dar.

Mit Antrag vom 25. September 2008 wurde unter Verweis auf das bisherige Vorbringen die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde II. Instanz begehrt und eingewendet, das Finanzamt sei in keinster Weise auf die Argumente in der Berufung eingegangen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), BGBl 1987/309, idgF, unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sich diese Rechtsvorgänge auf inländische Grundstücke beziehen.

Nach dem Wesen der Grunderwerbsteuer als einer (Rechts)Verkehrsteuer löst jeder Erwerbsvorgang (zwischen verschiedenen Rechtsträgern) für sich die Steuerpflicht aus (VwGH 9.8.2001, 2000/16/0085 ua.).

Der Erwerbsvorgang wird nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG bereits durch das Verpflichtungsgeschäft und nicht erst durch ein nachfolgendes Erfüllungsgeschäft verwirklicht. Ob die Vereinbarung bereits zur grundbücherlichen Eintragung des Eigentumsrechtes ausreicht, ist dabei ohne Belang, entscheidend ist allein, ob der Erwerber den Übereignungsanspruch im Rechtsweg durchsetzen kann. Eine Vereinbarung, die ein Einverständnis über Größe, Lage und Preis des Grundstückes enthält, begründet jedenfalls einen Übereignungsanspruch. Durch den Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes erwirbt der Erwerber zunächst den schuldrechtlichen Anspruch und damit den Rechtstitel auf Übertragung des Eigentums. Die Entstehung der Steuerpflicht knüpft somit an den Erwerb des Rechtstitels, auf Grund dessen die Eintragung des Eigentumsrechtes im Grundbuch durchgesetzt werden kann (vgl. in Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, Rzn. 108-111 zu § 1 mit Judikaturverweisen).

Sowohl einseitige als auch zweiseitige Rechtsgeschäfte begründen einen Übereignungsanspruch iSd § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG. Auch die einseitig abzugebende, rechtlich erhebliche Erklärung, ein aus einem vereinbarten Optionsvertrag zustehendes Optionsrecht (oder ein dem Erklärenden zustehendes Aufgriffsrecht) ausüben zu wollen, erfüllt den steuerpflichtigen Tatbestand, weil durch die Ausübungserklärung ein Übereignungsanspruch gegenüber dem jeweils Verpflichteten zivilrechtlich begründet wird (VwGH 15.1.1958, 337/57).

Eine Option ist ein Vertrag, durch den einem Vertragsteil das Recht eingeräumt wird, ein inhaltlich bereits festgelegtes/vorausbestimmtes Schuldverhältnis durch einseitige Erklärung in Geltung zu setzen (OGH 29.8.1994, 1 Ob 585/94). Die Option gewährt also ein Gestaltungsrecht. Durch die Annahme der zunächst einseitig verbindlichen Optionserklärung wird der Kaufvertrag wirksam (OGH 16.9.1976, 7 Ob 648, 649/76). Eine Option liegt vor, wenn ein Vertragsteil (Berechtigter, meist Erwerber) auf Grund einer vorhergehenden Vereinbarung berechtigt ist, durch die Abgabe einer bestimmten Erklärung (= Ausübungserklärung) allein und damit ohne neuerliche Einverständniserklärung des anderen Vertragspartners ein obligatorisches Verhältnis zu begründen. Die Option ist also ein von der Abgabe der Ausübungserklärung bedingter Vertrag.

Die Einräumung der Option stellt (noch) keinen Tatbestand der Steuerpflicht dar. Durch den Optionsvertrag räumt ein Vertragsteil dem anderen (dem Optanten) ein Gestaltungsrecht ein. Der Optant kann durch einseitige Gestaltungserklärung den anderen Teil verbinden, eine im Optionsvertrag bereits vorgesehene Leistung zu erbringen. Bis zu diesem Zeitpunkt, nämlich bis zur Abgabe der Gestaltungserklärung, besteht für denjenigen, der die Option eingeräumt hat, eine Leistungsverpflichtung noch nicht (VwGH 21.2.1985, 84/16/0019). Die Stellung des Optionsberechtigten entspricht hinsichtlich des Hauptvertrages der eines Offertempfängers; auch der letztere hat ein rechtsbegründendes Gestaltungsrecht, weil es von seinem einseitigen Willensentschluss abhängt, ob der Vertrag zustande kommt oder nicht. Es ist sachgerecht, die objektiven Werte der beiderseitigen Leistungen erst für den Zeitpunkt der Ausübung des Optionsrechtes festzustellen; erst dann erlangt nämlich das (von den Parteien im Optionsvertrag zunächst bloß in Aussicht genommene) Rechtsgeschäft volle Wirksamkeit, löst wechselseitige Leistungspflichten aus und kann damit als "abgeschlossen" angesehen werden (OGH 12.9.2001, 4 Ob 159/01p; vgl. zu vor: Fellner, aaO, Rz. 160 f. zu § 1).

Vorverträge sind gemäß § 936 ABGB verbindliche Vereinbarungen, in Zukunft einen Vertrag mit bestimmtem Inhalt abzuschließen, dh. sie beinhalten ein Hinausschieben der endgültigen Verpflichtung, da die Zeit noch nicht reif ist (VwGH 29.3.2007, 2005/16/0108). Ein Vorvertrag nach § 936 ABGB liegt dann vor, wenn der Leistungsinhalt nur in der Verpflichtung besteht, künftig einen Vertrag zu schließen (VwGH 6.11.2002, 2002/16/0236), nicht aber, wenn in der Vereinbarung bereits sämtliche Vertragselemente abgesprochen wurden und darüber hinaus eine unmittelbare Verpflichtung zur Erfüllung der im Vertrag vorgesehenen Leistungen festgesetzt wurde (VwGH 10.11.1978, 2233/77). Enthält eine Vereinbarung - unabhängig von ihrer Bezeichnung - schon die Begründung des Übereignungsanspruches und fehlen also nur unwesentliche Teile des Vertrages, wie zB die Einverleibungsbewilligung, so unterliegt sie der Grunderwerbsteuer. Die Abrede, den Vertrag erst später in eine verbücherungsfähige Form zu bringen, macht einen zustandegekommenen Vertrag nicht zu einem Vorvertrag. Dass der Vertrag keine Aufsandungsklausel enthält, fällt rechtlich nicht ins Gewicht (VwGH 6.5.1971, 1281, 1589/70). Allein die Verpflichtung, einen verbücherungsfähigen Kaufvertrag innerhalb einer bestimmten Frist zu unterzeichnen, macht einen Kaufvertrag nicht zum "Vorvertrag" (VwGH 27.9.1995, 93/16/0047; siehe zu vor auch: Fellner, aaO, Rz. 150 ff. zu § 1 GrEStG).

Die Option ist vom Vorvertrag dadurch zu unterscheiden, dass bei der Option einem Vertragspartner das Recht eingeräumt wird, innerhalb einer bestimmten Frist durch die Abgabe einer einseitigen Erklärung den anderen Vertragspartner zu binden. Anders als der Vorvertrag gibt die Option nicht bloß das Recht auf Abschluss eines Hauptvertrages; ihre Ausübung begründet schon unmittelbar die vertraglichen Pflichten (OGH 12.9.2001, 4 Ob 159/01p).

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein der Optionsvertrag vom 24. Juni 2004 und die rechtliche Beurteilung dahin, ob durch die Ausübung der hierin der Bw eingeräumten Option ein Tatbestand nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG verwirklicht wurde. Diesfalls erübrigt sich auch ein Eingehen auf die in der Berufung aufgeworfene Frage nach einer allfälligen Doppelbesteuerung im Hinblick auf die Besteuerung des nachfolgenden Kaufvertrages zwischen der Optionsgeberin und der I-KEG, also dem namhaft gemachten Dritten als einem - trotz Gesellschafteridentität - von der Bw verschiedenen Rechtsträger. Zudem unterliegt - wie eingangs dargelegt - jeder einzelne Erwerbsvorgang für sich der Grunderwerbsteuer.

Wenn die Bw darauf verweist, als primär maßgeblich sei der Parteiwille zu beachten, so ist festzuhalten, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die rechtliche Qualifikation einer Vereinbarung zB nicht von der von den Parteien gewählten Bezeichnung sondern allein vom Vertragsinhalt abhängt, auf den die Parteiabsicht gegründet war (vgl. VwGH 24.9.2009, 2007/16/0172).

Entgegen der Argumentation der Bw, gegenständlich sei der Übereignungsanspruch erst mit Abschluss des grundbuchsfähigen Kaufvertrages entstanden, da mit Ausübung der Option das Rechtsgeschäft erst in ein vorvertragliches Stadium auf Abschluss des Hauptvertrages (Kaufvertrages) eingetreten sei, steht aber nach dem vorliegenden Vertragsinhalt fest, dass mit Ausübung der Optionserklärung spätestens zum 31. Jänner 2005 sehr wohl die beiderseitig festgelegten Leistungsverpflichtungen bzw. Rechtsansprüche in Geltung gesetzt wurden. So ist in Vertragspunkt II., vorletzter Absatz, festgeschrieben, dass die Bw (Optionsnehmerin) mit Optionsausübung "das Recht auf jederzeitige Übergabe des Vertragsgegenstandes" hat, womit aber eindeutig der Übereignungsanspruch an der Liegenschaft entstanden ist und woran auch die - eingewendete - gleichzeitige Festlegung der Bw dahin, sie werde dieses Recht erst bei Unterfertigung des noch abzuschließenden Kaufvertrages ausüben, nichts ändert. Hiedurch wurde lediglich der Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe der Liegenschaft bestimmt; der im Klagswege durchsetzbare Anspruch auf Übereignung aus dem Optionsvertrag und damit der für die Steuerpflicht maßgebende Rechtstitel zum Erwerb (= Verpflichtungsgeschäft) ist hingegen mit der Optionserklärung am 31. Jänner 2005 entstanden. Demgemäß ist auch - entgegen der Ansicht der Bw - im Abschluss des nachfolgenden Kaufvertrages keine "Bedingung" für die Entstehung des Übereignungsanspruches zu erblicken. Die volle Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes hat nicht unter der Bedingung der Erstellung und Unterfertigung des Kaufvertrages, sondern allein unter der Bedingung der Ausübung des Optionsrechtes durch die Bw gestanden. Mit Ausübung der Option ist sohin für die Optionsgeberin rechtsverbindlich die Verpflichtung auf jederzeitige Herausgabe der Liegenschaft sowie die Verpflichtung zur Unterfertigung des ihr zur Vorlage gebrachten Kaufvertrages, gleichzeitig der Bw die Verpflichtung zur Erstellung und Vorlage des grundbuchsfähigen Kaufvertrages binnen vier Wochen sowie die Verpflichtung zur Hinterlegung des Gesamtkaufpreises bei Vertragsunterfertigung an den Vertragsverfasser entstanden. Es wurde dazu bereits in Punkt II. des Optionsvertrages der Zahlungsmodus im Einzelnen festgelegt.

Nach Ansicht des UFS kann daher in keinster Weise davon gesprochen werden, dass zufolge der Ausübungserklärung das Rechtsgeschäft in ein "Stadium des Vorvertrages", nämlich lediglich erst auf "Abschluss des Hauptvertrages" (gemeint: des grundbuchsfähigen Kaufvertrages), eingetreten sei. Vielmehr wurde aufgrund der Optionsausübung das im Optionsvertrag bereits im Detail hinsichtlich Kaufobjekt, Kaufpreis, Zahlungsmodalitäten, Kostentragung etc. ausverhandelte Schuldverhältnis rechtswirksam in Geltung gesetzt. Wie oben ausgeführt, macht allein die Abrede, einen Vertrag erst nachfolgend in eine verbücherungsfähige Form zu bringen (zB binnen einer bestimmten Frist einen verbücherungsfähigen Kaufvertrag, dh. inklusive Aufsandungserklärung, zu errichten) einen Kaufvertrag nicht zu einem "Vorvertrag".

Dass die Bw nach Ausübung der Option entgegen der vertraglichen Verpflichtung etwa dennoch den grundbuchsfähigen Kaufvertrag nicht erstellt und zur Unterfertigung vorgelegt hätte, kann schon rein wirtschaftlich betrachtet insofern ausgeschlossen werden, als im Vorlauf umfangreiche Entwicklungsleistungen zum Projekt (umschrieben ua. in Punkt IV.) zu erbringen und die damit verbundenen Kosten von der Bw zu tragen waren. Es ist auch nicht zu übersehen, dass mit Ausübung der Option im Schreiben vom 31. Jänner 2005 die umgehende Erstellung des Kaufvertrages ausdrücklich zugesichert wurde und der Unterfertigungstermin mit 28. Feber 2005 bereits fixiert war. Bei Nichtunterfertigung des Kaufvertrages hätte die Optionsgeberin, nachdem sie vertraglich lt. Punkt II. zur Unterfertigung verpflichtet war, einen Vertragsbruch begangen mit der Folge, der Bw sämtliche aufgrund des Optionsvertrages ihr entstandenen Kosten und Aufwendungen vollumfänglich ersetzen und alle Schäden ausgleichen zu müssen (Pkt. VIII.). Nachdem alle diese Leistungsverpflichtungen für die Vertragsparteien mit Ausübung der Option verbindlich in Geltung gesetzt wurden, kann keine Rede davon sein, dass ab diesem Zeitpunkt bis zur Unterfertigung des Kaufvertrages lediglich eine "Fristverlängerung" bzw. eine Art unverbindliches Stadium eines Vorvertrages ohne jegliche Rechtswirkungen eingetreten und die Option bei "fruchtlosem Ablauf", dh. Nichtunterfertigung des Kaufvertrages, einfach so "erloschen" wäre, wie die Bw es darstellen möchte.

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage ist daher das Finanzamt zu Recht aufgrund der Ausübung des Optionsrechtes von der Verwirklichung des Tatbestandes nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG ausgegangen. Gegen die Bemessung der Grunderwerbsteuer wurde im Übrigen kein Einwand erhoben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am 24. Februar 2010

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987

Schlagworte:

Option, Verpflichtungsgeschäft, Übereignungsanspruch, Ausübungserklärung, Vorvertrag

Verweise:

OGH 16.09.1976, 7 Ob 648/76
OGH 29.08.1994, 1 Ob 585/94
OGH 12.09.2001, 4 Ob 159/01p
VwGH 21.02.1985, 84/16/0019
VwGH 06.11.2002, 2002/16/0236
VwGH 27.09.1995, 93/16/0047

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