Scheinselbständigkeit von in einer Gärtnerei beschäftigten slowakischen Staatsbürgern
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/15/0191 eingebracht. Mit Erk. v. 2.2.2010 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der B W GesmbH, Adr., vertreten durch Dr. Roland Pfleger, Wirtschaftprüfer Steuerberater, 1060 Wien, Mariahilfer Straße 27/16, vom 5. April 2006 gegen die Haftungs- und Abgabenbescheide des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln vom 6. März 2006 betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1. Jänner 2001 bis 31. Dezember 2005 entschieden:
Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Anlässlich einer Kontrolle nach dem AuslBG durch Organe des ZA Krems-KIAB im Beisein von Beamten des Finanzamtes Korneuburg auf dem Betriebsgelände der Berufungswerberin, einer Gärtnerei, wurden die slowakischen Staatsbürger TM und PM in verschmutzter Arbeitskleidung angetroffen. Frau TM war gerade dabei Äste von einem Nadelbaum abzuschneiden. Herr PM saß gerade auf einem Stapler (zugelassen auf die Berufungswerberin).
Im Zuge einer anschließenden "gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben" stellte der Prüfer unter anderem fest, dass die beiden oben genannten Personen in einem Dienstverhältnis anstatt selbständig bei der Berufungswerberin beschäftigt gewesen wären. Nach Ansicht des Finanzamtes handle es sich hierbei eindeutig um eine nichtselbständige Tätigkeit, da für die Beurteilung von Sachverhalten der wahre wirtschaftliche Sachverhalt und nicht die äußere Erscheinungsform (Gewerbeschein) maßgebend sei. Maßgebend für die steuerliche Beurteilung seien nicht die vertraglichen Abmachungen, sondern das tatsächlich verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit.
Das Finanzamt folgte diesen Feststellungen und erließ die angefochtenen Bescheide.
In der dagegen erhobenen Berufung wird vorgebracht, dass die beiden Personen jeweils eine Gewerbeberechtigung hätten und bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft versichert seien. Eine Arbeitsbewilligung sei beiden nicht erteilt worden. Es sei bedenklich, dass eine Behörde die Arbeitserlaubnis verweigern würde eine andere aber Abgaben einheben würde, für welche die nicht erteilte Arbeitserlaubnis Voraussetzung sei.
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung wird auf die anlässlich der Erhebung am 27.10.2005 festgestellten Sachverhalte verwiesen. Maßgebend für die Beurteilung einer Leistungsbeziehung als Dienstverhältnis seien nicht die vertraglichen Abmachungen, sondern stets das tatsächlich verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit. Die persönlichen Weisungen seien auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführungen einzelner Arbeiten versprechen, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellen würde. Wesentlich für das Bestehen eines Dienstverhältnisses sei, dass der Erwerbstätige in den Betrieb eingegliedert sei, wobei in diesem Zusammenhang auch das zeitliche Ausmaß seiner Tätigkeit und die Einhaltung bestimmter Arbeitsstunden von Bedeutung sei. Eine Abrechnung nach geleisteten Arbeitsstunden könne als gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer nichtselbständigen Tätigkeit gewertet werden. Im gegenständlichen Fall liege ein Dienstverhältnis vor. Ob ein Gewerbeschein vorgelegt werden könne bzw. dass eine Anmeldung bei der SV der gewerblichen Wirtschaft erfolgt sei, sei für die Beurteilung unwesentlich, zumal die Abgrenzungskriterien (insbesondere zeitliche Bindung, Weisungsgebundenheit, Bereitstellung der Arbeitsmittel durch den Dienstgeber, Abrechnung nach geleisteten Arbeitsstunden, Eingliederung in den Betrieb, Vorgabe der Arbeitszeit) in den vorliegenden Fällen eindeutig für ein Dienstverhältnis sprechen würden.
In dem in der Folge eingebrachten Vorlageantrag wird eingewendet, dass sich die Begründung der Berufung auf einen Sachverhalt beziehen würde, der angeblich anlässlich einer Erhebung der Bezirkshauptmannschaft KB am 27.10.2005 festgestellt worden sei. Diese Feststellungen seien in mehreren Punkten unrichtig. Deshalb sei dagegen auch bei der Bezirkshauptmannschaft eine Rechtfertigung eingereicht, sowie bei der NGKK um einen Bescheid angesucht worden, damit eine Berufung eingereicht hätte werden könne.
Herr PM habe in der Slowakei seit längerer Zeit einen Gewerbebetrieb, der auch Reparatur- und Reinigungsarbeiten, sowie Bauhilfsarbeiten etc. durchführen würde. In diesem Betrieb habe er schon vor 2004 sein eigenes Werkzeug und andere Arbeitsgeräte gehabt, die er auch in Österreich verwenden würde. Daher habe er es auch nicht nötig Arbeitsgeräte der Berufungswerberin zu verwenden. Er habe auch einen eigenen Lieferwagen mit slowakischem Kennzeichen, mit dem er Transportfahrten durchführen würde. Frau TM sei mit Herrn PM verheiratet. Auch sie würde Arbeitsgeräte der slowakischen Firma verwenden. Eine Bereitstellung der Arbeitsmittel durch den Dienstgeber finde daher in beiden Fällen nicht statt.
Beide würden zwar seit 16.11.2004 Gewerbeberechtigungen besitzen, hätten aber erst im Jahr 2005 von der Berufungswerberin Aufträge erhalten. Im Jahr 2004 hätten sie für andere Auftraggeber gearbeitet (siehe aufliegende Einkommensteuererklärungen). Die Tatsache, dass es mehrer Auftraggeber geben würde, beweise, dass sie am "allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr" teilgenommen hätten. Das spreche gegen die Dienstnehmereigenschaft.
Sie würden der Berufungswerberin weder ihre Arbeitskraft schulden, noch würden sie nur von ihr bezahlt werden. Sei würden auch nicht ihre gesamte Arbeitskraft der Berufungswerberin widmen. Da sie bereits im Jahr 2004 für verschiedene andere Arbeitgeber gleichartige Leistungen erbracht hätten und auch erbringen würden, könne auch nicht von einer Eingliederung in den Betrieb der Berufungswerberin oder von einer Abhängigkeit gesprochen werden.
Zur "zeitlichen Gebundenheit", die angeblich dadurch gegeben sei, dass die Arbeit nur in der Geschäftszeit der Berufungswerberin geleistet werden könne, wird angemerkt, dass jeder Botendienst sich an Geschäfts- und Öffnungszeiten sowie Zeitvorgaben für die Beförderung halten müsse und insofern in den Betrieb des Auftraggebers eingebunden sei. Auch Reparatur-, Wartungs- und Reinigungsarbeiten von Professionisten würden zeitlich genau an den betrieblichen Bedürfnissen des Auftraggebers angepasst und an das wirtschaftliche Ablaufschema des jeweiligen Betriebes gebunden sein (z.B. Öffnungszeiten). Ein Professionist habe in der Regel nur die Möglichkeit, den Auftrag zu den Bedingungen des Auftraggebers zu übernehmen oder ihn erst gar nicht zu erhalten.
Wenn Arbeiten auf dem Gelände des Auftraggebers stattfinden würden, so sei es selbstverständlich, dass die Arbeitszeit mit dem Auftraggeber abgesprochen sein müsse. Die Tatsache, dass die Arbeiten der beiden genannten Personen in der Geschäftszeit der Firma stattfinden würden, sei daher sicher kein Sachverhalt, der auf unselbständige Tätigkeit schließen lasse. Es habe auch keine Untersuchung darüber stattgefunden, ob z.B. die Besorgungsfahrten oder etwaige andere Arbeiten, wie z.B. kleine Reparaturen nicht auch außerhalb der Geschäftszeiten getätigt worden seien. Außerdem seien die Geschäftszeiten der Berufungswerberin (364 Tage im Jahr geöffnet) sehr umfangreich, sodass Arbeiten außerhalb der Geschäftszeiten ohnehin nur relativ schwierig durchzuführen seien.
Auch die Abrechnung nach Arbeitszeit sei kein Indiz für unselbständige Arbeit. Der Preis von Reinigungsfirmen richte sich genauso nach der kalkulierten Zeit wie der Preis eines Installateurs, eines Bauauftrages oder von Grabungsarbeiten, etc. Auch der Rechtsanwalt oder Steuerberater verrechne nach Zeit. Das schreibe sogar die Tarifordnung vor. Trotzdem bestehe kein Zweifel, dass es sich hier um selbständige oder gewerbliche Tätigkeiten handeln würde.
Auch die Bezahlung bei der Berufungswerberin richte sich nach den vereinbarten und vorgelegten Abrechnungen und sei weder gleichmäßig noch würden Sonderzahlungen geleistet werden. Die Bezahlung richte sich nach den angenommenen erledigten Aufträgen. Beide genannten Personen würden keine Arbeitskraft schulden und ein Auftrag könne entweder angenommen oder abgelehnt werden. Die Bezahlung richte sich nach der Menge und dem Zeitaufwand der durchgeführten Arbeiten. Das könne natürlich sehr variabel sein.
Daraus ergebe sich, dass die beiden genannten Personen selbständig tätig seien, da weder eine ungewöhnliche zeitliche Bindung, noch eine über eine genaue Auftragsdefinition hinausgehende Weisungsgebundenheit bestehe, eigene Arbeitsmittel verwendet werden und die Abrechnung nach geleisteter Arbeit erfolgen würde.
Über die Berufung wurde erwogen:
Frau TM hat zu einem "Fragenkatalog zur Selbständigkeit von EU-Ausländern" niederschriftlich Folgendes bekannt gegeben:
Sie sei Slowakische Staatsbürgerin und verstehe die deutsche Sprache etwas, Herr PM würde ihr dabei helfen. Sie könne auch etwas lesen. Sie sei im Jänner 2005 nach Österreich gekommen, weil sie in der Slowakei keine Arbeit gehabt hätte. Sie hätte in Österreich ein Gewerbe angemeldet, weil sie ihn Österreich mehr verdienen könne. Bei den Behördenwegen sei ihr Herr GM, Geschäftsführer der Berufungswerberin, behilflich gewesen. Dafür hätte sie nichts zahlen müssen. Ihr Auftraggeber sei die Berufungswerberin. Einen schriftlichen Vertrag über die Festlegung von Leistungen gebe es nicht. Sie arbeite seit Jänner 2005 für ihren Arbeitgeber. Sie arbeite auf dem Firmengelände der Berufungswerberin als Gärtnerin. Sie wolle insgesamt ca. 2 Jahre für die Berufungswerberin arbeiten. Sie wohne in KB und sei zu dieser Wohnung durch den Geschäftsführer der Berufungswerberin gekommen. Sie wohne dort gemeinsam mit ihrem Freund, Herrn PM. Die Vermieterin der Wohnung sei die Berufungswerberin. Die Miete betrage € 250,- pro Monat. Der Standort ihres Gewerbes sei in dieser Wohnung. Für die Ausübung ihres Gewerbes brauche sie eine Gartenschere, Schiebetruhe, Besen, Schaufel und Rechen. Diese Werkzeuge würden durch die Berufungswerberin zur Verfügung gestellt werden. Das Arbeitsmaterial werde ebenfalls durch die Berufungswerberin zur Verfügung gestellt. Sie kaufe kein Arbeitsmaterial ein. Welche Arbeiten sie ausüben solle, sage ihr der Geschäftsführer der Berufungswerberin. Sie werde bezüglich der Arbeitszeit, Arbeitsfortgang und Arbeitsqualität vom Geschäftsführer der Berufungswerberin kontrolliert. Sie müsse sich bei Arbeitsbeginn und Arbeitsende nicht melden. Grundsätzlich könne sie kommen und gehen wann sie wolle. Wenn sie krank sei, würde sie das dem Geschäftsführer melden. Sie könne sich nicht durch eine andere Person bei ihrer Arbeit vertreten lassen. Ihr Entgelt betrage im Monat zwischen € 1.300,- bis € 1.700,-. Es werde mittels Rechnungen an die Berufungswerberin abgerechnet. Die Anstellung erfolge wöchentlich oder monatlich. Es erfolge Barauszahlung durch den Geschäftsführer. Sie habe bereits Honorarnoten gelegt, diese habe der Geschäftsführer. Wie viel Steuer sie in ihrem Herkunftsland bezahlen würde, wisse sie nicht. In ihrem Herkunftsland sei sie nicht sozialversichert. In Österreich sei eine Anmeldung bei der Sozialversicherung bereits erfolgt. In ihrem Herkunftsland besitze sie keinen Gewerbeschein.
Frau TM ist laut Schreiben der Bezirkshauptmannschaft KB vom 16.11.2004 Inhaberin des Gewerbes für "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchstzulässige Gesamtgewichte 3.500 kg nicht übersteigen, eingeschränkt auf 1 Fahrzeug" sowie des Gewerbes "Hausservice umfassend die Reinigung, wie sie Hausbesorger zu verrichten haben, Schneeräumung, Verkehrsflächenreinigung, Rasenmähen, Laubrechen, Heckenschneiden, Wartung (nicht Reparatur) von technischen Einrichtungen, einfache Botengänge, Fenstereinstellungen und -abdichtungen und die Vermittlung von Werkverträgen an befugte Gewerbetreibende".
Mit der zweitgenannten Person, Herrn PM, wurde ebenfalls eine Niederschrift betreffend den "Fragenkatalog zur Selbständigkeit von EU-Ausländern" mit folgendem Inhalt aufgenommen:
Er sei Slowakischer Staatsbürger und verstehe die deutsche Sprache. Er könne sie auch lesen, aber nicht sehr gut. Er sei im Jänner 2005 des Verdienstes wegen nach Österreich gekommen. In Österreich könne man besser leben, als in der Slowakei. Er habe in Österreich ein Gewerbe angemeldet, weil er ihn Österreich arbeiten hätte wollen. Bei den Behördenwegen sei ihm Herr GM, Geschäftsführer der Berufungswerberin, behilflich gewesen. Dafür hätte er nichts zahlen müssen. Sein Auftraggeber sei Herr GM. Einen schriftlichen Vertrag über die Festlegung von Leistungen gebe es nicht. Der Arbeitsauftrag werde ihm mündlich erteilt. Er arbeite seit Jänner 2005 für seinen Auftraggeber. Er arbeite auf dem Firmengelände der Berufungswerberin (Gärtnereiarbeiten). Er wolle gesamt ca. 2 Jahre (Ende 2006) für die Berufungswerberin arbeiten. Er wohne in KB und sei zu dieser Wohnung durch den Geschäftsführer der Berufungswerberin gekommen. Er wohne dort gemeinsam mit seiner Freundin, Frau TM. Die Vermieterin der Wohnung sei die Berufungswerberin. Die Miete betrage € 250,- pro Monat und werde monatlich vom Arbeitslohn abgezogen. Der Standort seines Gewerbes sei in dieser Wohnung. Für die Ausübung seines Gewerbes brauche er eine Gartenschere, Schiebetruhe, Besen, Schaufel und Rechen. Diese Werkzeuge würden durch die Berufungswerberin zur Verfügung gestellt werden. Das Arbeitsmaterial werde ebenfalls durch die Berufungswerberin zur Verfügung gestellt. Er kaufe kein Arbeitsmaterial ein. Den Arbeitsauftrag erteile ihm der Geschäftsführer der Berufungswerberin. Mitarbeiter habe er keine. Er werde bezüglich der Arbeitszeit, Arbeitsfortgang und Arbeitsqualität vom Geschäftsführer der Berufungswerberin kontrolliert. Er müsse sich bei Arbeitsbeginn und Arbeitsende nicht melden. Grundsätzlich könne er kommen und gehen wann er wolle. Sollte er Termine haben oder bei Krankheit, melde er sich beim Geschäftsführer ab. Er könne sich nicht durch eine andere Person bei seiner Arbeit vertreten lassen. Sein Entgelt schwanke zwischen € 1.000,- bis € 1.300,-. Abgerechnet wird in der Form, dass er Rechnungen an die Berufungswerberin stelle, welche er am Monatsende ausstellt. Der Geschäftsführer helfe ihm dabei. Gelegentlich auch wöchentliche Barauszahlung. Er selbst trage das Haftungs- und Gewährleistungsrisiko. Er habe bereits Honorarnoten gelegt, aber diese habe der Geschäftsführer. Außer den Einkünften aus dem Werkvertrag beziehe er keine anderen Einkünfte. Wie viel Steuer er in seinem Herkunftsland bezahlen würde, wisse er nicht. In seinem Herkunftsland sei er nicht sozialversichert. In Österreich sei eine Anmeldung bei der Sozialversicherung bereits erfolgt. In ihrem Herkunftsland besitze er derzeit keinen entsprechenden Gewerbeschein.
Herr PM ist laut Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 16.11.2004 Inhaber des Gewerbes für "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchstzulässige Gesamtgewichte 3.500 kg nicht übersteigen, eingeschränkt auf 1 Fahrzeug" sowie des Gewerbes "Hausservice umfassend die Reinigung, wie sie Hausbesorger zu verrichten haben, Schneeräumung, Verkehrsflächenreinigung, Rasenmähen, Laubrechen, Heckenschneiden, Wartung (nicht Reparatur) von technischen Einrichtungen, einfache Botengänge, Fenstereinstellungen und -abdichtungen und die Vermittlung von Werkverträgen an befugte Gewerbetreibende", weiters für Erdbewegungen, für die statische Kenntnisse nicht erforderlich sind und Holzschlägerung und Holzbringung.
Anlässlich der Kontrolle nach dem AuslBG am 27.10.2005 auf dem Betriebsgelände der Berufungswerberin wurde mit dem Geschäftsführer der Berufungswerberin, Herrn GM, eine Niederschrift mit folgendem Inhalt aufgenommen:
Die beiden angetroffenen slowakischen Selbständigen würden bereits seit 16.11.2004 für den Gärtnereibetrieb arbeiten. Sein Schwiegervater besitze in der Slowakei ein Hotel. Von da her sei er zu den beiden Slowakischen Staatsbürgern gekommen. Bei den Behördengängen betreffend die Erlangung der Gewerbescheine sei er den beiden vorgenannten Slowakischen Staatsbürgern behilflich gewesen. Es gebe keinen weiteren Vertrag (Werkvertrag) mit den beiden vorgenannten Arbeitern. Frau TM mache hauptsächlich Reinigungsarbeiten rund um den Betrieb, aber auch Reinigungsarbeiten im Gärtnereibetrieb. Herr PM mache auch Reinigungsarbeiten im Betrieb (wie z.B. Holz zerkleinern etc.) Weiters würden beide Zustelldienste von Kränzen, Blumensträußen etc. mit dem Firmenwagen der Berufungswerberin machen.
Die Arbeitszeiten der vorgenannten slowakischen Staatsbürger sei von Montag bis Samstag von 08:00 bis 18:00 (meistens 8-9 Stunden täglich) mit ca. 2 Stunden Pause, aufgeteilt auf den ganzen Tag. Die Arbeitsanweisungen würden beiden Personen stets von ihm erteilt werden. Beide würden einen Stundenlohn von € 12,00 erhalten. Die Stundenaufzeichnungen würden von ihnen selbst geführt werden. Diese würden am Monatsende herangezogen werden, um ihnen dann mittels Rechnungsblock das zustehende Geld bar auf die Hand auszuzahlen. Das verwendete Arbeitsmaterial werde beiden Selbständigen von der Berufungswerberin zur Verfügung gestellt. Urlauseinteilung und Krankenstand werde mit ihm abgesprochen. Der Standort des Gewerbes sei auch gleichzeitig die Wohnadresse der beiden slowakischen Staatsbürger. Die von ihnen angemietete Wohnung sei im Besitz der Berufungswerberin, wofür sie insgesamt € 250,00 monatlich bezahlen würden. Die anderen im Betrieb Bediensteten seien zum Teil geringfügig beschäftigt. Weiters würden auch Stundenlisten geführt werden. Im Fall von Überstunden würden diese mit Zeitausgleich abgegolten werden. Kassabücher würden laufend geführt werden. Losungsaufzeichnungen würden sich aus den Kassarollen der Registrierkassa ergeben.
Die Festsetzung der im Spruch des angefochtenen Bescheides genannten Abgaben gründet sich auf folgende gesetzliche Bestimmungen:
Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 - FLAG - haben alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen, den Dienstgeberbeitrag zu leisten. Dienstnehmer sind nach § 41 Abs. 2 leg. cit. u.a. Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen.
Die Pflicht zur Entrichtung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag gründet sich auf § 122 Abs. 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 153/2001
Nach der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Per Gesetz werden somit 2 Kriterien definiert, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers.
Das für ein Dienstverhältnis sprechende persönliche Weisungsrecht fordert einen Zustand wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit und ist durch eine weit reichende Ausschaltung der eigenen Bestimmungsfreiheit gekennzeichnet. Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt (VwGH 20.12.2000, 99/13/0223).
Im gegenständlichen Fall steht die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft eindeutig im Vordergrund, da ein für die sachliche Weisungsgebundenheit typische Entgegennahme eines Auftrages zur Erstellung eines Werkes nicht erkennbar ist. Die Durchführung von Reinigungsarbeiten auf dem Betriebsgelände der Berufungswerberin bzw Zustellfahrten mit firmeneigenen Fahrzeugen stellen im gegebenen Zusammenhang einen typischen Fall für ein nichtselbständiges Dienstverhältnis dar, vor allem auch deswegen, weil sich die oben genannten Personen mehr oder weniger ganztätig auf dem Firmengelände der Berufungswerberin zur Verfügung halten und zudem nach ihren eigenen und der Aussage des Geschäftsführers der Berufungswerberin ausschließlich von diesem Weisungen bzw. Aufträge erhalten. Damit ist nach § 28 BAO ein Gewerbebetrieb im Sinne einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, nicht erkennbar. Zudem besteht für die genannten Personen nach ihren eigenen Aussagen keine Möglichkeit, sich bei ihren Tätigkeiten für die Berufungswerberin vertreten zu lassen. Was das Vorliegen einer persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit der beiden Slowakischen Staatsbürger von der Berufungswerberin betrifft, ist zu berücksichtigen, dass der Geschäftsführer der Berufungswerberin nach seiner eigenen Aussage über seinen Schwiegervater zu den beiden gekommen sei, ihnen beim Erwerb der Gewerbescheine behilflich war, ihnen eine (günstige) Wohnmöglichkeit auf dem Firmengelände verschafft hat und nach den Aussagen der betroffenen Personen die Berufungswerberin der einzige Auftraggeber war.
Das weitere per Gesetz genannte Kriterium für das Vorliegen einer nichtselbständigen Tätigkeit, nämlich die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers, ist nach der Judikatur im Sinne einer Abhängigkeit vom Auftraggeber zu verstehen (VwGH 21.12.1993, 90/14/0103). Sie zeigt sich unter anderem in der Vorgabe von Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie die unmittelbare Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers. Die Arbeitszeit bzw. der Arbeitsort der gegenständlich betroffenen Personen ist weitestgehend vorgegeben, auch wenn sie innerhalb der Arbeitszeit von 8:00 bis 18:00 Uhr ihre Pausen frei wählen können. Wenn die beiden Personen im Rahmen von Zustellungen für Außendiensttätigkeiten eingesetzt werden, so hat das keinen Einfluss auf die bestehende Eingliederung. Auch dass die beiden Personen nach ihren eigenen Aussagen die von der Berufungswerberin zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel bei ihrer Tätigkeit verwenden, spricht eindeutig für die Nichtselbständigkeit.
Das im Vorlageantrag erwähnte für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nur dann als weiteres Kriterium für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses, heranzuziehen, wenn die Kriterien der "Weisungsgebundenheit" und der "Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers" noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen (VwGH 21. 12. 1993, 90/14/0103). Nachdem nach den vorangegangenen Ausführungen die genannten Personen den Weisungen der Berufungswerberin eindeutig zu folgen verpflichtet und in den geschäftlichen Organismus der Berufungswerberin weitgehend eingegliedert sind, erübrigt sich grundsätzlich die Prüfung eines Unternehmerrisikos. Der im Vorlageantrag geäußerten Ansicht, es liege ein Unternehmerrisiko vor, kann jedoch nicht gefolgt werden, da es sich bei der stundenweisen Entlohnung nicht um wesentliche Einnahmenschwankungen und den damit zusammenhängenden Wagnissen eines echten Selbständigen handelt, da angesichts des Umstandes, dass die beiden oben genannten Personen nach ihren eigenen Aussagen keine Aufwendungen zu tragen haben, Wagnisse aus Schwankungen nicht überwälzbarer Ausgaben nicht entstehen können. Wenn im Vorlageantrag behauptet wird, die beiden Personen hätten es nicht nötig, Arbeitsgeräte der Berufungswerberin zu verwenden, ist dem entgegenzuhalten, dass sich nach Auskunft des Finanzamtes konkrete Ausgaben aus den eingereichten Einkommensteuererklärungen auf Grund des Umstandes der Geltendmachung des Betriebsausgabenpauschales in Höhe von 12 % nicht erkennen lassen.
Die Höhe des Stundenlohns von €12 lässt eher auf die Bezahlung der Arbeitsleistung eines nichtselbständigen Arbeitnehmers schließen, als auf einen selbständigen Unternehmer, da dieser grundsätzlich seine gesamte Unternehmensstruktur aus seinem Entgelt finanzieren und erhalten muss, was mit einem derart geringen Stundenlohn erfahrungsgemäß nicht möglich ist.
Zu der in der Berufung geäußerten Ansicht, es sei bedenklich, dass eine Behörde die Arbeitserlaubnis verweigern würde, eine andere aber Abgaben einheben würde, für welche die nicht erteilte Arbeitserlaubnis Voraussetzung sei, wird darauf hingewiesen, dass die Definition des § 47 Abs 2 EStG 1988 eine eigenständige des Steuerrechts ist, die weder dem bürgerlichen Recht, dem Sozialversicherungsrecht, noch anderen Rechtsgebieten entnommen ist. Die Absicht des historischen Gesetzgebers ging dahin, ein tatsächliches Verhältnis, oder mit anderen Worten, einen Zustand zu umschreiben (vgl VwGH 22. 1. 1986, 84/13/0015). Es genügt, wenn die ausgeübte Tätigkeit in ihrer äußeren Erscheinungsform dem "Tatbild" des § 47 Abs 2 entspricht (vgl VwGH 23. 3. 1983, 82/13/0063). Ebenso kommt dem Umstand, dass die genannten Personen, wie in der Berufung erwähnt, bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft versichert sind, für die Lösung der Frage Selbständigkeit oder Nichtselbständigkeit keine entscheidende Bedeutung zu (VwGH 11. 6. 1979, 450/79).
Den Ausführungen im Vorlageantrag ist generell entgegenzuhalten, dass sie in weiten Bereichen sowohl den eigenen Aussagen der beiden Slowakischen Staatsbürger als auch den Angaben des Geschäftsführers der Berufungswerberin widersprechen. Beispielsweise wird behauptet, dass die beiden slowakischen Staatsbürger die eigenen Arbeitsmittel verwenden bzw. mit dem eigenen Lieferwagen mit slowakischem Kennzeichen Transportfahrten durchführen würden. Die beiden betroffenen Personen gaben allerdings in der mit ihnen aufgenommen Niederschrift zu Protokoll, dass Werkzeuge und Arbeitsmaterial durch die Berufungswerberin zur Verfügung gestellt werden würden und dass sie kein Arbeitsmaterial einkaufen würden. Der Geschäftsführer der Berufungswerberin sagte ebenfalls widersprechend zu den Behauptungen im Vorlageantrag aus, dass das verwendete Arbeitsmaterial den beiden Personen von der Berufungswerberin zur Verfügung gestellt werden und die Zustellfahrten mit einem firmeneigenen Fahrzeug durchgeführt werden würden.
Im Vorlageantrag wird weiters eingewendet, dass die beiden Personen den Gewerbeschein zwar schon seit 16.11.2004 besitzen würden, von der Berufungswerberin aber erst im Jahr 2005 Aufträge erhalten hätten. Im Jahr 2004 hätten sie für andere Auftraggeber gearbeitet. Das beweise, dass sie am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen hätten. Dem ist entgegenzuhalten, dass die gegenständlichen Prüfungsfeststellungen nach dem Prüfungsbericht zwar lediglich das Jahr 2005 betreffen; daraus kann aber nicht schlüssig gefolgert werden, dass Tätigkeiten im Jahr 2004 als selbständige Tätigkeiten durchgeführt wurden. Auch eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr kann dadurch nicht nachvollzogen werden, da auch im Jahr 2004 eine nichtselbständige Tätigkeit vorgelegen haben kann und der Wechsel von einem Arbeitgeber zu einem anderen nicht als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr im Sinne einer selbständigen Tätigkeit zu werten ist. Dadurch, dass die beiden Personen im Jahr 2004 eine andere Tätigkeit ausgeübt haben, kann auch nicht gefolgert werden, dass sie im Jahr 2005 nicht in den Betrieb der Berufungswerberin eingegliedert gewesen wären. Schlussendlich widersprechen die Angaben im Vorlageantrag den eigenen Aussagen der beiden Slowakischen Staatsbürger, wonach sie erst mit Jänner 2005 nach Österreich gekommen seien.
Die Schilderung im Vorlageantrag dahingehend, dass die beiden Personen weder nur von der Berufungswerberin bezahlt werden würden, noch ihre gesamte Arbeitskraft der Berufungswerberin widmen würden, widerspricht ebenfalls den eigenen Angaben der beiden betroffenen Personen in ihren Niederschriften. Dass sich die Bezahlung nach den angenommenen und erledigten Aufträgen richten würde kann angesichts der vorgelegten Abrechnungen nicht nachvollzogen werden. Der Zeitraum betrifft immer einen Monat, wie auch beim Lohnzahlungszeitraum eines nichtselbständig Tätigen. Die weder zeitlich noch sonst irgendwie umschriebenen "Aufträge" auf den vorhandenen Abrechungszetteln beschränken sich bei TM auf "Hausbetreuung" und "Güterbeförderung" und sind bei PM um "Erdbewegungsarbeiten" und "Holzschlägerung" erweitert worden. Eine Erledigung von konkreten zeitlich oder örtlich umschriebenen Aufträgen kann daraus nicht ersehen werden.
Auffallend ist weiters, dass erst im Vorlageantrag in der vorbeschriebenen Weise auf die Feststellungen des Finanzamtes reagiert wurde. Würden die Feststellungen des Finanzamtes tatsächlich derart, wie im Vorlageantrag geschildert, falsch sein, wären erfahrungsgemäß bereits in der Berufung bzw. bereits während des Prüfungsverfahrens Einwendungen vorgebracht bzw. Beweismaterial vorgelegt worden, um die Feststellungen des Finanzamt zu entkräften. Weiters wurde nichts vorgebracht, wodurch die Aussagen der beiden Slowakischen Staatsbürger bzw. des Geschäftsführer der Berufungswerberin kein Glauben geschenkt werden könnte. Es ist daher davon auszugehen, dass die im Vergleich zu den Angaben der beiden slowakischen Staatsbürger und des Geschäftsführers der Berufungswerberin konträren Angaben im Vorlageantrag überwiegend durch nichts bewiesene Schutzbehauptungen darstellen.
Zusammenfassend hat das Finanzamt die gegenständlich strittigen Abgaben zu Recht vorgeschrieben. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Graz, am 16. September 2009
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Dienstverhältnis, Eingliederung, Weisungsgebundenheit, Unternehmerrisiko, Gewerbeschein, Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft, Arbeitsmittel |
Verweise: | VwGH 20.12.2000, 99/13/0223 |