1.) Berufung mit E-Mail unzulässig 2.) BVE rechtswidrig, wenn Zurückweisungsbescheid dem Rechtsbestand angehört
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des BW, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2001, entschieden:
Die Berufungsvorentscheidung vom 26. Februar 2004 wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw) ist von Beruf Pilot und begehrte bei der Arbeitnehmerveranlagung 2001 die Berücksichtigung von Werbungskosten in Höhe von ATS 284.766,00. Im Einkommensteuerbescheid 2001 - Arbeitnehmerveranlagung vom 27. März 2003 berücksichtigte die die Amtspartei lediglich solche in Höhe von ATS 40.976,00.
Dem vorgelegten Finanzamtsakt (FA-Akt) ist folgender Verfahrenshergang zu entnehmen:
Mit Schriftsatz vom 28. April 2003 ersuchte der Bw "zwecks Einbringung der Berufung gegen den Einkommenssteuerbescheid 2001 vom 27.03.2003 um Fristverlängerung bis zum 28.06.2003 (Akt, Blatt 82).
Mit Schriftsatz vom 28. Juli 2003 (Poststempel 29.7.2003, eingelangt 30.7.2003) legte der Bw "Widerspruch gegen den Einkommenssteuerbescheid 2001 vom 27.03.2003 ein" (Akt, Blatt 84, 85). Die Amtspartei brachte auf der der Berufung den Stempel "Angemerkt" an und merkte die Berufung auch tatsächlich im DB2 an.
Mit als "Bescheid für 2001" bezeichnetem Bescheid vom 2. Februar 2004 wurde die Berufung vom 30.7.2003 gegen den Einkommensteuerbescheid 2001 - Arbeitnehmerveranlagung vom 27. März 2003 gemäß § 273 Abs. 1 BAO zurückgewiesen, weil sie nicht fristgerecht eingebracht worden sei (Akt, Blatt 86).
Mit an die Sachbearbeiterin SG gerichteter E-Mail vom 25.2.2004 legte der Bw "hiermit wie telefonisch besprochen gegen den Bescheid für 2001 vom 2.2.2004 Berufung ein". Die damalige Berufung sei fristgerecht erfolgt, da der Bw mit Schreiben vom 10.4.2003, 28.4.2003 und einem späteren Telefongespräch Berufung eingelegt, um eine Fristverlängerung und um eine Aussetzung der Einhebung angesucht habe. Die beiden erwähnten Schreiben übermittelte der Bw als Anhänge (Blatt 89 bis 92). Die E-Mail ist auf dem Postkorb der Sachbearbeiterin eingelangt.
Der am 25.2.2004 als E-Mail-Anhang eingelangte Schriftsatz vom 10.4.2003 lautet: "hiermit lege ich gegen den Einkommenssteuerbescheid 2001 vom 27.03.2003 Berufung ein. Die Begründung ergeht in einem gesonderten Schreiben."
Der am 25.2.2004 als E-Mail-Anhang eingelangte Schriftsatz vom 28.4.2003 lautet: "hiermit ersuche ich zwecks Einbringung der Berufung gegen den Einkommenssteuerbescheid 2001 vom 27.03.2003 um Fristverlängerung bis zum 28.06.2003." Der Mail-Anhang ist identisch mit obigem Originalschriftsatz.
Der Originalschriftsatz vom 10.4.2003 befindet sich nicht im vorgelegten Verwaltungsakt. Hingegen ist auf dem gemailten Anhang folgender Aktenvermerk angebracht: "Lt. Tel mit Pfl. wurde seinerzeit PC-Ausdruck d. ggständl. Berufung unterschrieben und an FA07 gesendet, formgerecht!"
Der Zurückweisungsbescheid vom 2. Februar 2004 wurde nach der Aktenlage und nach der elektronischen Bescheiderfassung im DB2 nicht aufgehoben, noch ist die Berufung vom 25.2.2004 im DB2 angemerkt, noch ist ein Angemerkt-Stempel mit Datumsangabe auf der E-Mail angebracht worden.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 273 Abs. 1 lit. a und b BAO hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht zulässig ist oder nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Ist die Berufung weder zurückzuweisen (§ 273) noch als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 274) zu erklären, so kann die Abgabenbehörde erster Instanz gemäß § 276 Abs. 1 BAO die Berufung nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen durch Berufungsvorentscheidung erledigen und hiebei den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abändern, aufheben oder die Berufung als unbegründet abweisen.
Die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung ist nur zulässig, wenn keine Formalerledigung der Berufung zu erfolgen hat (Kommentar zur BAO3, Ritz, Lindeverlag, § 276, Tz 3). Da gegenständlich ein die Berufung zurückweisender verfahrensrechtlicher Bescheid dem Rechtsbestand angehört, hätte die Berufungsvorentscheidung nicht ergehen dürfen. Die Erledigung einer Berufung mit Berufungsvorentscheidung ist also unzulässig, wenn ein Unzulässigkeitsgrund vorliegt oder aber ein dieselbe Berufung zurückweisender Bescheid dem Rechtsbestand angehört, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Darüber hinaus wird bemerkt, dass der Zurückweisungsbescheid vom 2.2.2004 nach der Aktenlage unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist, weil eine Berufung mit E-Mail nicht rechtswirksam eingebracht werden kann, denn eine E-Mail fällt weder in den Anwendungsbereich des § 85 Abs. 1 und 2 BAO noch in den des § 86a Abs. 1 BAO.
Eine Berufung ist ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten.
Gemäß § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der (hier nicht anwendbaren) Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).
Gemäß § 86a Abs. 1, 1. und 2. Satz BAO können Anbringen, für die Abgabenvorschriften Schriftlichkeit vorsehen oder gestatten, auch telegraphisch, fernschriftlich oder, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden. Durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen kann zugelassen werden, dass sich der Einschreiter einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf.
Gemäß § 86a Abs. 2 lit. a BAO kann der Bundesminister für Finanzen durch Verordnung im Sinne des Abs. 1 erster Satz bestimmen, unter welchen Voraussetzungen welche Arten der Datenübertragung an Abgabenbehörden zugelassen sind.
Auf § 86a Abs. 2 BAO gestützte Verordnungen sind -) die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Zulassung von Telekopierern zur Einreichung von Anbringen an das Bundesministerium für Finanzen, an den unabhängigen Finanzsenat, an die Finanzlandesdirektionen sowie an die Finanzämter und Zollämter, BGBl. 1991/494 idF BGBl. II 2002/395, sowie -) die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Einreichung von Anbringen, die Akteneinsicht und die Zustellung von Erledigungen in automatisationsunterstützter Form (FinanzOnline-Verordnung 2002 - FOnV 2002), BGBl. II 2002/46 idF für das Jahr 2004 BGBl. II 2003/592.
Die erstgenannte Verordnung betrifft die Einreichung von Anbringen unter Verwendung eines Telekopierers (Telefaxgerätes) und ist daher für den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Auf die FOnV 2002 kann die mit E-Mail übermittelte Berufung schon deshalb nicht gestützt werden, weil das Finanz-Online System für die Übermittlung der Berufung nicht verwendet, sondern die E-Mail persönlich an den Postkorb der genannten Bediensteten übermittelt worden ist. Zudem erklärt diese Verordnung die automatisationsunterstützte Datenübertragung in Bezug auf Anbringen (§ 86a BAO) nur für jene Funktionen für zulässig, die den jeweiligen Teilnehmern in Finanz-Online (https://finanzonline.bmf.gv.at ) zur Verfügung stehen. Eine Einbringung von Berufungen ist in Finanz-Online im Jahr 2004 überdies nicht vorgesehen gewesen (stellvertretend für viele UFS-Innsbruck vom 24.10.2005, RD/0008-W/05, und VwGH vom 25.1.2006, 2005/14/0126).
Zusammengefasst ist daher zu sagen, dass die mit E-Mail übermittelte Berufung vom 25.2.2004 ein rechtliches Nullum darstellt und daher nicht die Entscheidungspflicht der Behörde ausgelöste, weshalb sie auch nicht mit Bescheid zurückzuweisen ist. Die Frage, weshalb der Bw mit Schriftsatz vom 28. April 2003 für die Einbringung einer Berufung um Fristerstreckung ansucht, obwohl der doch bereits mit Schriftsatz vom 10.4.2003 eine Berufung eingebracht haben will, wie er in der E-Mail vom 25.2.2004 vorbrachte, braucht daher nicht untersucht zu werden. Da nach der Aktenlage festzustellen ist, dass der Schriftsatz vom 10.4.2003 nicht innerhalb offener Rechtsmittelfrist bei der Amtspartei eingelangte, wäre die Berufung vom 25.2.2004 selbst bei zulässiger Einbringungsart aussichtslos, denn die Beweislast über das Einlangen von Eingaben tritt den Einschreiter.
Schließlich wird bemerkt, dass telefonische Anbringen nur dann zulässig sind, wenn sie ausdrücklich gesetzlich vorgesehen sind (zB § 2 Auskunftspflichtgesetz). Telefonische Anbringen sind keine "mündlichen Anbringen", über die in aller Regel eine Niederschrift aufzunehmen ist. Mit einem Telefongespräch kann daher ebenfalls nicht rechtswirksam Berufung eingebracht werden.
Wien, am 28. Mai 2009