1.) Dynamische Prüfung des Bescheidbehebungsgrundes2.) Maßgeblicher Zeitpunkt für Abzugsfähigkeit von vorweggenommenen Werbungskosten bzw. Umschulungsaufwendungen
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Kopf und die weiteren Mitglieder Dr. Gerald Daniaux, Mag. Tino Ricker und Mag. Michael Kühne im Beisein der Schriftführerin Veronika Pfefferkorn über die Berufung der D, vom 21. Mai 2007 gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom 9. Mai 2007 betreffend Abweisung eines Antrages auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO hinsichtlich Einkommensteuer 2005 nach der am 12. November 2008 in 6800 Feldkirch, Schillerstraße 2, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Berufungsführerin, nachfolgend Bf abgekürzt, ist Volksschullehrerin. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte sie unter anderem folgende Aufwendungen als Werbungskosten geltend:
Yoga für Fortgeschrittene | 93,00 |
Supervision | 80,00 |
Die Kraft der Gegenwart (Literatur) | 20,10 |
Supervision | 120,00 |
Supervisionsseminar | 1.400,00 |
Summe | 1.713,10 |
Die dem Antrag angeschlossene Rechnung für den Besuch des in Tirol in der Zeit vom 26. bis 31.12.2005 durchgeführten Supervisionsseminars "Weg ins Licht" wurde von P ausgestellt. Laut dem verwendeten Briefpapier handelt es sich dabei um eine "spirituelle Lehrerin" auf den Gebieten "Energetisches Feng Shui" und "Neue Methoden des Wassermannzeitalters".
Mit Vorhalt vom 13.7.2006 bat das Finanzamt die Bf um Stellungnahme und Nachweis der Richtigkeit ihrer Angaben hinsichtlich der nachfolgend wörtlich wiedergegebenen Ergänzungspunkte:
"Die beantragten Aufwendungen für die Werbungskosten (Yoga für Fortgeschrittene, Supervision und Supervisionsseminar) sowie für Fachliteratur (Die Kraft der Gegenwart) sind den nichtabzugsfähigen Ausgaben für die persönliche Lebensführung iSd § 20 EStG 1988 zuzuordnen, da derartige Veranstaltungen nicht auf eine bestimmte Berufsgruppe abgestimmt sind und somit keine berufsspezifische Werbungskosten darstellen. Erläutern Sie den Zusammenhang zwischen Ihrer beruflichen Tätigkeit und diesen Kursen (Kursbeschreibungen, Anwendung im Unterricht, konkreter Zusammenhang von Kursen und der Fachliteratur)."
Mit Schreiben vom 4.8.2006 beantwortete die Bf den Vorhalt wie folgt:
"Bezugnehmend auf ihr Schreiben vom 13.Ju1i 2006 möchte ich hiermit folgende Kurzbeschreibung bezüglich der Anwendung meines Supervisionsseminars im Rahmen meiner schulischen Tätigkeit darstellen.
Durch dieses Supervisionsseminar bin ich nun in der Lage gezielter auf die Problematik im Unterricht (Gruppendynamik) einzugehen. Die Schüler sind in ihrer Individualität besser unterstützt. Die Schwierigkeiten, die sich aus der unterschiedlichen Herkunft der Kinder ergeben, kann ich durch Techniken, die ich in diesem Supervisionsseminar erlernt habe entschärfen bez. W. auffangen. Außerdem ermöglichte mir dieses Seminar die Zulassung zu weiteren, die mich noch mehr in meiner Tätigkeit im Umgang mit Kinder und deren Eltern unterstützen und Beratungen bezüglich Lernschwierigkeiten gezielter ermöglichen.
" In der Ruhe liegt die Kraft!" Durch Meditationen Ruhe zu erfahren und in dieser Ausgeglichenheit Menschen zu begegnen, bereichert die Zusammenarbeit sehr und bewahrt vor Überlastung und Ausbrennen. Die Kinder lieben die Fantasiereisen durch die ich sie zu einem Thema hinführen kann und die Effizienz im Unterricht, sei es im Bildnerischen Gestalten oder im Sachunterricht ist sehr gestiegen.
Um eben diese Ruhe auch in den Schulalltag zu bringen, besuchte ich dieses Supervisionsseminar, wöchentlich eine Yoga - Stunde und beschäftige mich auch mit der dazupassenden Literatur."
Das Finanzamt veranlagte die Bf mit Bescheid vom 7.8.2006 zur Einkommensteuer, ohne die strittigen Aufwendungen als Werbungskosten anzuerkennen. Begründend führte es nach teilweiser Wiedergabe des Vorhaltes vom 13.6.2006 aus:
"Da die Fähigkeiten, die in den Kursen vermittelt wurden, von sehr allgemeiner Art sind, für eine Vielzahl von Berufen und auch für den privaten Lebensbereich von Bedeutung sind, sind die Kosten in der Gesamthöhe von € 1.713,10 der privaten Sphäre zuzurechnen und keineswegs als Werbungskosten abzugsfähig".
Der Einkommensteuerbescheid vom 7.8.2006 erwuchs in Rechtskraft.
Mit Schriftsatz vom 26.9.2006 regte die Bf durch ihren steuerlichen Vertreter die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides gemäß § 299 BAO mit folgender Begründung an:
"Unsere Klientin hat in der von ihr erstellten Einkommensteuererklärung 2005 Werbungskosten (Yoga für Fortgeschrittene, Supervision und Supervisionsseminar) iHv EUR 1.713,10 angesetzt. Diese Werbungskosten wurden im genannten Bescheid - mit der Begründung es handle sich um der privaten Lebensführung zuordenbare Kosten (§ 20 EStG) - nicht anerkannt.
In den oben genannten Kursen ist das Seminar "Der Weg ins Licht" enthalten. Die Teilnahme an diesem Seminar ist Zulassungsvoraussetzung zur Ausbildung zum "Chi Consultanf'. Unsere Klientin wird diese Ausbildung noch in diesem Jahr absolvieren. Aus der Bezeichnung "Consultant" und aus der beiliegenden Kursbeschreibung ist ableitbar, dass das Ausbildungsziel dieses Seminars die Beratung von Menschen ist. Die Ausbildung ist somit nicht der privaten Lebensführung zuordenbar.
Unsere Klientin beabsichtigt die Anmeldung eines Gewerbes ("Hilfestellung zur Erreichung einer körperlichen bzw energetischen Ausgewogenheit"). Diesbezüglich hat sie bereits am 7.9.06 einen Termin beim Gründerservice der österreichischen Wirtschaftskammer wahrgenommen.
Bei den oben genannten Kursen handelt es sich somit um (vorbereitende) Betriebsausgaben. Wir regen daher an den genannten Bescheid aufzuheben und die genannten Kosten als Betriebsausgaben anzusetzen."
Mit Schriftsatz vom 24.10.2006 beantwortete das Finanzamt die Anregung wie folgt:
"... zum einen ist das Institut des § 299 BAO nicht dazu geschaffen worden, um eine allfällig versäumte Rechtsmittelfrist nachzuholen (Einkommensteuerbescheid 7..8.2006, Anregung Bescheidaufhebung 26.9.2006).
Zum anderen zeigt gerade die Beschreibung des Seminars "Der Weg ins Licht", dass es sich doch um ein klassisches Persönlichkeitsfindungsseminar handelt, womit es jedoch dem Bereich des § 20 EStG zuzuordnen ist. Daran ändert auch nichts, dass dieses Seminar Voraussetzung zur Ausbildung eines "Alpha Chi Consultant" ist.
Zum dritten war jedenfalls in der Vorhaltbeantwortung vom 4.8.2006 überhaupt noch keine Rede davon, dass es sich hierbei um eine Vorbereitung zur Eröffnung eines Gewerbes und damit um vorbereitende Betriebsausgaben handeln soll.
Eine Bescheidaufhebung nach § 299 BAO ist daher nicht beabsichtigt."
Mit Schriftsatz vom 20.11.2006 beantragte die Bf die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides gemäß § 299 BAO mit der bereits im Schreiben vom 26.9.2006 vorgebrachten Begründung. Die Bf schloss ihrem Antrag Unterlagen des "Château Amritabha" (siehe auch www.amritabha.de ) mit folgendem Inhalt an:
Aus der Seite 11
"Der Weg ins Licht
Das Seminar zur Neu-Orientierung auf dem Lebensweg
Viele Wege führen nach Rom, heißt es. Aber wo soll der eigene Weg hin führen? Wenn endlich eine Veränderung ansteht, fragt man sich, ob ein neuer Weg der Richtige ist. Auf der Suche findet man immer neue Alternativen. In diesem Seminar wird kein neuer Weg vorgezeigt:. Du kannst dir jedoch selbst auf die "Schliche" kommen, die wesentlichen Zusammenhänge erkennen und den besten Weg zur weiteren Entwicklung finden: in dir selbst.
Für viele Teilnehmer ist »Der Weg ins Licht«! der Anfang vom Ende einer oft langen Suche. Das Licht am Ende des eigenen Tunnels zu erkennen heißt auch zu wissen, wie ich weitergehe, um genau da anzukommen. Die Gewissheit, den eigenen Weg zu verfolgen und keinen Irrweg eines Anderen, fördert eine innere Ruhe, die zur größten Kraftquelle auf dem gesamten restlichen Weg durchs Leben wird. Als Diplomkaufmann und Spiritueller Lehrer helfe ich in dieser Woche beim Brückenschlag vom realen Leben durch alle Untiefen zu geistiger Klarheit und zurück ins Herz."
Aus der Seite 36 einer nicht eingereichten Schrift (im wesentlichen inhaltsgleich mit: http://www.starlight-center.com/docs/alpha_chi.html )
"Ausbildung zum Alpha Chi Consultant
Die Alpha Chi Consultants werden in der heiligen Tradition des Agni ausgebildet. Zugelassen werden Absolventen des »Weg ins Licht«-Seminars, bei denen sich zum Abschluss deutlich gezeigt hat, dass dies zu ihrer spirituellen Entwicklung gehört. Zugangsebene ist das 8. Chakra, die Ebene der Gesetzmäßigkeit, über die die Berater lösungsorientierte Informationen abholen, Wissen erfragen, Energieverläufe erkennen und diese entsprechend verändern können.
Alpha Chi bezeichnet die ursprüngliche Energie, die alle Räume, alle Wesen und alles Seiende durchströmt und ohne die kein Leben möglich ist.
Ausbildungsschwerpunkte sind:
Spirituelle Beratung: Sie befähigt den Alpha Chi Consultant, Menschen professionell auf ihrem Lebensweg zu begleiten. Die spirituelle Beratung löst Menschen aus Anhaftungen, Projektionen und Wunschvorstellungen und führt sie ergebnisorientiert und ausgerichtet direkt zum Ziel und zu einer übergeordneten Erkenntnis.
Energetisches Feng Shui: Die Teilnehmer lernen Energien in Gebäuden und in Landschaften zu erkennen und mit Hilfe energetisch-aktiver Zeichen diese Energien direkt zu verändern. Altlasten werden abgeleitet und transformiert, gesundheitsbeeinträchtigende Faktoren abgeschirmt, das Chi (Sauerstoff und Licht in feinstofflicher Form) angezogen und entsprechend der Interessen des Auftraggebers erhöht. Alte Kraftplätze werden geheilt, neue Kraftplätze angelegt und große Landschaftsgebiete harmonisiert. Klientenorientiertes Arbeiten wird zusätzlich durch Körper Feng Shui unterstützt, was ermöglicht, Altlasten abzulösen und das körpereigene Chi aufzufüllen.
Sterbebegleitung: Gebundene Seelen werden gemäß ihrer Entwicklung ins Licht geführt.
Kontaktebenen mit dem Mineralreich, dem Pflanzenreich, dem Tierreich und der geistigen Welt (Engel, Devas, Geistführer ...).
Die Alpha Chi Consultant Ausbildung ist eine praxisorientierte Ausbildung, in der alles Gelernte direkt erfahren wird und damit bereits vom ersten Schritt an auch berufsbegleitend eingesetzt werden kann.
Da die Zugangsebenen des 8. Chakras von Beginn an zur Verfügung stehen, ist der Weg für eine erfolgreiche Umsetzung von Anfang an frei. Die Abschlussprüfung am Ende der Ausbildung berechtigt den Teilnehmer den geschützten Namen »Alpha Chi Consultant« zu tragen."
Das Finanzamt erließ einen ausführlich begründeten Bescheid, in dem es den Antrag der Bf zusammengefasst mit folgender Begründung als unbegründet abwies: Das in Rede stehende Seminar möge Zulassungsvoraussetzung zur Ausbildung zum "Chi consultant" sein. Unabhängig davon sei der Bescheid, dessen Aufhebung begehrt worden ist, nicht rechtswidrig. Denn zum einen bilde der Kurs "Der Weg ins Licht" keine Ausbildungs- bzw Ernennungsvoraussetzung für den Beruf einer selbständigen "Lebens- und Sozialberaterin". Und zum anderen sei die "Beratung von Menschen" ausdrücklich von der Anwendung der Gewerbeordnung ausgenommen. Schließlich sei bei Bildungsmaßnahmen, die in gleicher Weise dem Beruf wie der privaten Lebensführung dienten, aber in besonderem Maße einer privaten Neigung entsprechen könnten, die berufliche Notwendigkeit zu prüfen (VwGH 29.11.1994, 90/14/0215). Ziel des von der Bf besuchten Seminars sei die Sinnfindung. Dies berühre die private Lebensführung. Eine berufliche Notwendigkeit zum Besuches könne nicht erblickt werden.
Die Bf erhob Berufung. In ihr führte sie aus, es sei offensichtlich, dass das Seminar "Der Weg ins Licht" notwenig sei, da andernfalls in diesem Bereich als "Chi Consultant" keine berufliche Beratung stattfinden dürfe. Warum das Finanzamt trotzdem von der mangelnden Notwendigkeit dieser Ausbildung ausgehe, könne dem Bescheid, dessen Aufhebung begehrt werde, nicht entnommen werden. Er erweise sich daher als rechtswidrig.
Das Finanzamt erließ eine abweisliche Berufungsvorentscheidung. Begründend führte es aus, Voraussetzung für eine Aufhebung nach § 299 BAO sei die Gewissheit der Rechtswidrigkeit. Aus den vorgelegten Kursunterlagen ergebe sich aber in freier Beweiswürdigung allenfalls die Möglichkeit, dass der Bescheid im Spruch nicht richtig sein könnte. Im Übrigen sei zu bedenken: Die Bf übe den Beruf einer Pädagogin aus. Ein fördernder Zusammenhang der strittigen Aufwendungen mit der beruflichen Tätigkeit werde nicht angezweifelt. Eine berufsspezifische Fortbildung, die konkret auf die Tätigkeit einer Pflichtschullehrerin abstelle, liege jedoch nicht vor. Das in diesen Kursen vermittelte Wissen sei von allgemeiner Art, weshalb derartige Kurse auch von Angehörigen verschiedenster Berufsgruppen besucht würden. In vielen Berufen sei der bessere Umgang mit Konfliktsituationen von Bedeutung. Darüber hinaus hätten die vermittelten Fähigkeiten im Zusammenleben der Menschen ganz allgemein. Bedeutung. Auch gebe es keine rechtliche Barriere, ohne entsprechenden Kurs als "Chi Consultant" aufzutreten. Vorweg genommene Betriebsausgaben lägen schon deshalb nicht vor, weil die in Rede stehenden Kurskosten mit dem angestrebten Ziel, als "Berater" auftreten zu wollen, nicht in einem notwendigen Zusammenhang stünden. Werte man schließlich den Kurs als Supervision, führe auch dies nicht zu einem Erfolg des Antrages bzw der Berufung. Denn Supervision finde in den verschiedensten Bereichen Anwendung und sei in der Regel als berufsspezifische Wissensvermittlung nicht geeignet.
Die Bf brachte daraufhin einen Vorlageantrag ein, den sie zusammengefasst wie folgt begründete: Derzeit sei sie als Lehrerin tätig. Durch die Absolvierung des Kurses "Weg ins Licht" werde ihr eine neue berufliche Tätigkeit ermöglicht. Die dafür getätigten Aufwendungen stellten daher steuerlich absetzbare Ausbildungs- und Umschulungskosten dar. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe klar hervor, dass der Besuch des Kurses "Weg ins Licht" notwendige Voraussetzung für die Ausbildung zum "Alpha Chi Consultant" sei. In der Zwischenzeit habe sie die Ausbildung zum "Alpha Chi Consultant" erfolgreich abgeschlossen und führe auch bereits Beratungen durch. Die Bezeichnung "Alpha Chi Consultant" sei rechtlich geschützt. Wie das Finanzamt zur Überzeugung des fehlenden notwendigen Kausalzusammenhanges gelangt sei, sei nicht nachvollziehbar.
Mit FAX vom 30.10.2008 übermittelte der steuerliche Vertreter der Bw eine "Aufstellung über Aktivitäten im Jahr 2007/08" sowie Flyer betreffend ein "Starlight-Seminar" am 27.10.2007, auf Anfrage abgehaltene Seminare zu den Themen "Mit Licht und Liebe wachsen", "Energetisches Feng Shui" sowie "Harmonie in der Familie."
In der am 12. November 2008 abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde insbesondere in Hinblick auf die weitere Entwicklung ergänzend ausgeführt: Die Abschlussprüfung zum Alpha Chi Consultant sei Ende 2006 abgelegt worden. Mit der Beratungstätigkeit habe die Bw 2007 begonnen. Dabei habe sie sehr bescheidene Einnahmen von insgesamt unter 1.000 € erzielt. Die Tätigkeit werde ohne Gewerbeschein ausgeübt. Die beratende Tätigkeit sei ebenso wie der Seminarvortrag (Starlight-Seminar am 27.10.2007) zu Hause ausgeübt worden. Die Bw habe Werbemaßnahmen gesetzt und hiefür Aufwendungen getätigt. Die Lehrertätigkeit sei nebenher uneingeschränkt ausgeübt worden. Ob die Beratungstätigkeit den Rahmen der bloß hobbymäßigen Ausübung sprengen werde, werde die Zukunft zeigen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 299 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Spruch des Bescheides, dessen Aufhebung die Bf begehrt, ist rechtswidrig, wenn er dynamisch betrachtet (Ritz, BAO3, § 299 Tz 9) den nachstehenden Grundsätzen nicht entspricht, die in § 16 Abs. 1 Z 10 bzw § 4 Abs. 4 Z 7 EStG ihre Rechtsgrundlage haben, wobei auch das in § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG normierte Abzugsverbot für mit der Lebensführung verbundene Aufwendungen zu beachten ist:
Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einahmen. Werbungskosten können auch dann vorliegen, wenn die Aufwendungen im Zeitpunkt der Verausgabung auf die Vorbereitung und Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit gerichtet sind, entsprechende Einnahmen aber erst in einem späteren Veranlagungsjahr anfallen. Auch Ausgaben, die vor der Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen geleistet werden, können somit grundsätzlich Werbungskosten sein, sofern sie im Zeitpunkt der Verausgabung auf die Vorbereitung und Aufnahme der Tätigkeit gerichtet sind und ernstlich darauf abzielen; dies muss klar und eindeutig nach außen in Erscheinung treten (VwGH 31.1.2001, 99/13/0249). Abzugsfähig sind daher unter anderem Berufsvorbereitungsseminare mit spezifisch fachlichem Schwerpunkt hinsichtlich der angestrebten Tätigkeit (UFS 7.7.2004, RV/0389-I/03). Die ernsthafte Absicht zur Einkünfteerzielung muss zum jeweiligen Zeitpunkt der Entstehung (Verausgabung) der Kosten klar erwiesen sein (E 7.10.2003, 2001/15/0085). Aufwendungen für ein Bewerbungstraining sind nach Auffassung des VwGH auch bei einem Arbeitslosen nur dann abzugsfähig, wenn die Aufwendungen mit "einer bestimmten in Aussicht genommenen Einkunftsquelle" in Zusammenhang stehen (E 16.12.1999, 97/15/0148). Ergeben sich Aufwendungen aus Anlass des Verlustes des Arbeitsplatzes und stehen sie mit der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz in Zusammenhang, dann sind solche Aufwendungen auch dann abzugsfähig, wenn sie bei einem noch nicht Berufstätigen als Aufwendungen zur Berufsvorbereitung zu den Lebenshaltungskosten gehören (Doralt, EStG9 § 16 Tz 16, 17).
Ausbildungskosten sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen zur Erlernung eines Berufes. Sie sind ab 1999 aufgrund der mit dem StRefG 2000 eingeführten Z 10 des § 16 Abs. 1 EStG Werbungskosten, soweit sie sie mit einer zur ausgeübten Tätigkeit artverwandten Tätigkeit zusammenhängen. Im Übrigen gehören Ausbildungskosten zu den Kosten der Lebensführung und sind daher keine Werbungskosten (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 16 allgemein, Tz 5.2, Stichwort Ausbildungskosten; VwGH v 30. 1. 1990, 89/14/0227; 17. 9. 1997, 94/13/0001).
Eine besondere Art der Aus- und Fortbildung haben die §§ 16 Abs 1 Z 10 und 4 Abs. 4 Z 7 EStG zum Inhalt. Sie normieren die Abzugsfähigkeit von Umschulungsmaßnahmen: Aufwendungen hiefür sind abzugsfähig, wenn sie derart umfassend sind, dass sie auf eine neue berufliche Tätigkeit ausgerichtet sind (zB Ausbildung einer Arbeitnehmerin aus dem Druckereibereich zur Krankenpflegerin). Die rückwirkend geänderte Fassung des AbgÄG 2004 verlangt dabei ausdrücklich, dass die Umschulungsmaßnahme auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufs "abzielt" (UFS aktuell 2005, 48; Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, § 16 Abs. 1 Z 10 Tz 2). Ob die Ausbildung für einen Zweitberuf unzureichend ist (Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG, § 16 Anm 142; UFS 31.1.2008, RV/2121-W/07, und 31.3.2008, RV/1938-W/07) oder ob es ausreichend ist, dass die Ausbildung auf die nicht bloß hobbymäßige Ausübung zumindest einer Nebenbeschäftigung abzielt (SWK 29/2007, 793; SWK 2/2008, 38; UFS 25.6.2008, RV/0044-S/08) kann gegenständlich dahin gestellt bleiben.
Nach dem Gesagten ist es deshalb erforderlich, dass die ernsthafte Absicht zur Einkünfteerzielung bereits zum Zeitpunkt der Kostenentstehung gegeben ist. Dabei müssen Umstände vorliegen, die über eine bloße Absichtserklärung zur künftigen Einkünfteerzielung hinausgehen (VwGH 25.6.200, 5/14/0134, und 16.12.1999, 97/15/0148). Die Anerkennung vorweggenommener Werbungskosten setzt voraus, dass die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit stehen (UFSW 14.7.2008, RV/0882-W/08). Gleiches gilt für vorweggenommene Betriebsausgaben, welche bereits vor Betriebseröffnung anfallen können allerdings nur, wenn die Eröffnung eines Betriebes tatsächlich ernsthaft beabsichtigt ist. Die zielstrebige Vorbereitung der Betriebseröffnung muss für die Außenwelt erkennbar sein (Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG, § 4 Anm 57). In diesem Sinn kann der Besuch des Kurses "Der Weg ins Licht" nur dann als steuerlich absetzbare Umschulungsmaßnahme qualifiziert werden, wenn es als erwiesen anzusehen ist, dass die Bw bei und durch den Kursbesuch zumindest eine nicht bloß hobbymäßige Ausübung eines Nebenberufes ernsthaft anstrebte.
Vor dem dargestellten rechtlichen Hintergrund ist in sachverhaltsmäßiger Hinsicht zu beachten (Unterstreichungen fehlen im Original, sind aber von besonderer steuerlicher Bedeutung):
- Die Bf stand im Streitjahr und steht auch heute noch als Pflichtschullehrerin in einem aufrechten Dienstverhältnis.
- Die oben wiedergegebene Beschreibung des von der Bf besuchten Kurses, vorgelegt von der Bf selbst, weist klar darauf hin, dass es bei dem Kursbesuch um die Neu-Orientierung auf dem eigenen Lebensweg ging, um die weitere Entwicklung in sich selbst, um das Erkennen des Lichts am Ende des eigenen Tunnels.
- Der Kurs "Weg ins Licht" richtet sich zunächst und in erster Linie nicht an jemanden, der in Ausbildung steht. Der Kurs hat kein klares Ausbildungsziel, er dient der Findung des eigenen Ich. (http://www.starlight-center.com/docs/weginslicht.html : "Der Weg ins Licht® ist ein sechstägiges Intensivseminar nach Frank Eickermann. Es ist tatsächlich ein Weg, den Sie gehen können, um bei sich selbst anzugelangen und sich bewusst zu werden, dass alles, was Sie sich wünschen, was Sie im Leben verwirklichen wollen, bereits für Sie da ist. Sie müssen nur die Kraft und den Mut finden, den ersten Schritt zu gehen. Wenn Sie mit ihrem Lebensfluss eins werden, beginnt das Leben, mit Ihnen zu fließen. Der Alltag verliert dadurch nicht seine Existenz, Ihr äußeres Leben verändert sich jedoch entsprechend ihres inneren Wachstums. Inhalte des Seminars: Halt in sich selbst und im Geistigen finden durch die Erfahrung der eigenen Energie; Kraft der Chakren als Potenzial; Frieden finden durch Einnahme des eigenen Platzes; Zugang zur persönlichen Akasha; Schulung der Kommunikationsfähigkeiten; Sich anderen als Mittler für Heilung zur Verfügung stellen; Veränderung von Chaos durch Licht als Chance zur Veränderung in Liebe; Unabhängigkeit durch Lichtnahrung erfahren; Die gemeinsame Friedensmission; Einblick in die eigene Lebensaufgabe")
- Weder im Kurs "Weg ins Licht" noch im Ausbildungslehrgang zum Alpha Chi Consultant ist von besonderen Essenzen (Starlight-Essenzen) die Rede. Die Essenzen-Beratung, die Essenzen-Arbeit, offensichtlich Schwerpunkt der "Nebenbeschäftigung" waren kein Teil der Ausbildung zum Alpha Chi Consultant.
- Der Kreis der Teilnehmer bei "Weg ins Licht" war völlig offen, nicht im geringsten berufsspezifisch eingeschränkt.
- In der weiter oben wiedergegebenen Vorhaltsbeantwortung vom 4.8.2006 verliert die Bf kein einziges Wort und nicht den geringsten Hinweis darüber, dass der Kurs "Weg ins Licht" Teil einer Umschulungsmaßnahme gewesen sein soll, die auf die Ausübung eines anderen Berufes abzielte.
- Der erste konkrete, nach außen erkennbare Hinweis auf das Streben nach einem neuen (Neben)Beruf ist der Besuch beim Gründerservice der österreichischen Wirtschaftskammer am 7.9.2006 und damit offensichtlich in Verbindung stehend die Anregung auf Bescheidaufhebung vom 26.9.2006, in der unter anderem auch mitgeteilt wurde, dass die Bf die Ausbildung zum Alpha Chi Consultant noch in diesem Jahr absolvieren werde.
- Die Bf schloss die Ausbildung zum Alpha Chi Consultant im Jahr 2006 ab. Die Zulassung zur Ausbildung bildete der Abschluss des Kurses "Weg ins Licht". Besonders zu beachten gilt, dass sich nicht eher als beim Abschluss des Kurses "Weg ins Licht" bei der Bf zeigen konnte, dass dies zu ihrer spirituellen Entwicklung gehört.
- Die Beschreibung des Kurses "Der Weg ins Licht" enthält nicht den geringsten Hinweis darauf, dass der Kurs eine Zulassungsvoraussetzung für eine nachfolgende Ausbildung zu einem Berater ist.
- Ein Betätigung der Bw. als "Alpha Chi Consultant" ist bis dato nicht feststellbar. In keinem der übermittelten Flyer wird für die Leistungen der Bw als Alpha Chi Consultant geworben. (Im Flyer, in dem für das Seminar "Harmonie in der Familie" geworben wird, wird die Bw als Beraterin für Starlight-Essenzen und Feng Shui ausgewiesen, wobei allerdings energetisches Feng Shui einen Schwerpunkt der Ausbildung zum Alpha Chi Consultant bildet.).
- Zwischen dem von der Bw. ausgeübten Beruf einer Volksschullehrerin und dem einer Beraterin im weitesten Sinne besteht keine Verwandtschaft. Während es die wichtigste Aufgabe einer Lehrerin ist, Wissen zu vermitteln und Lehrpläne unter Beachtung pädagogischer Standards zu erfüllen, stehen Beratungsziele grundsätzlich in keinerlei Zusammenhang mit der Wissensvermittlung. Die beiden Tätigkeiten unterscheiden sich gravierend und werden nicht gemeinsam am Markt angeboten (Doralt, EStG9, § 16 Tz 203/4).
- Im Jahr 2007 hat die Bw 5 Kurzseminare mit maximal 5 Teilnehmern durchgeführt. Zu weiteren vier Kurzseminaren kamen keine Teilnehmer. Die dabei erzielten Einnahmen waren äußerst bescheiden und lagen insgesamt unter 1.000 Euro.
- Im Jahr 2008 plante die Bw zwei Seminare, zu denen allerdings keine Teilnehmer erschienen sind.
- Neben den erwähnten Aktivitäten führte die Bw 2007 und 2008 ca. 30 protokollierte Essenzen-Beratungen und über 40 persönliche Werbegespräche durch, wobei konkrete Details darüber nicht bekannt sind.
- Ob die Tätigkeit als Beraterin einmal auf eine Art ausgeübt wird, die den Rahmen eines Hobbys sprengt und erforderlichenfalls Einkunftsquelleneigenschaft hat, kann bis dato nicht gesagt werden.
- Zusammenfassend bedeutet dies nach Überzeugung des Senates, dass im in dieser Berufungsentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der Kostenentstehung (Dezember 2005) die ernsthafte Absicht der Einkünfteerzielung als Alpha Chi Consultant fehlte, jedenfalls nicht konkret nach außen in Erscheinung getreten ist. Der Besuch des Kurses "Weg ins Licht" diente (im maßgeblichen Zeitpunkt der Kostenentstehung) überwiegend der Befriedigung privater Bedürfnisse, stand nach dem ursprünglichen, inzwischen relativierten Vorbringen der Bf in einer (sehr losen) Nahebeziehung zum Beruf als Lehrerin. Dies wiederum bedeutet, dass der Einkommensteuerbescheid vom 7.8.2006 nicht rechtswidrig im Sinne von § 299 Abs. 1 BAO ist. Deshalb war die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Der Vollständigkeit halber, freilich unvorgreiflich der hier nicht zu treffenden Entscheidung über die Folgejahre wird diesbezüglich ausgeführt: Insgesamt hatten die Aktivitäten in den Jahren 2007 und 2008 ein Ausmaß, das im bescheidenen Rahmen blieb, zunächst die Tendenz in sich zu bergen schien, den bloß hobbymäßigen Rahmen zu sprengen, dann aber doch wieder auf ein äußerst niedriges Niveau absank, welches gegen eine solche Annahme spricht .Es kann (jedenfalls noch) nicht als erwiesen angesehen werden, dass die Tätigkeit als Alpha Chi Consultant bzw als Beraterin in der Zukunft ernsthaft und nicht nur hobbymäßig, also in einer Intensität betrieben wird, die sich grundsätzlich für eine Einkunftsquelle eignet. Diesem Umstand dürfte hinsichtlich der dem Streitjahr folgenden Jahre durch vorläufige Abgabenfestsetzung im Sinne von RV/0044-S/08 vom 25.6.2008 Rechnung zu tragen sein.
Feldkirch, am 17. November 2008
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise: | Ritz, BAO 3, § 299 Tz 10 |