UFS RV/0782-L/08

UFSRV/0782-L/083.10.2008

Kein Freibetrag für investierte Gewinne bei Beanspruchung der Basispauschalierung.

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Berufungswerbers, vom 2. Juli 2008 gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 18. Juni 2008 betreffend Einkommensteuer 2007 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (in der Folge kurz Bw.) war laut Firmenbuch im streitgegenständlichen Veranlagungsjahr 2007 an einer GmbH das ganze Jahr mit mehr als 25% beteiligt und deren einziger handelsrechtliche Geschäftsführer.

Der Bw. machte in seiner Einkommensteuererklärung über Finanzonline für das streitgegenständliche Veranlagungsjahr 2007 getrennt Einkünfte aus selbständiger Arbeit für diese Tätigkeit gemäß § 22 Z 2 EStG 1988 und in einer sonstigen Branche je einen Freibetrag für investierte Gewinne in Höhe von 6.985,49 € und 347,60 € geltend. Die Einkünfte gemäß § 22 Z 2 EStG 1988 ermittelte der Bw. unter Beanspruchung der Basispauschalierung gemäß § 17 Abs. 1 EStG 1988. Über Vorhalt des Finanzamtes vom 10. Juni 2008 legte der Bw. ua. Überschussrechnungen seiner selbständigen Tätigkeiten vor, aus denen folgende Ermittlung seiner diesbezüglichen Einkünfte hervorgeht:

Tätigkeit in der Branche

§ 22 Z 2

Sachverständiger

Betriebseinnahmen: Wesentlich Beteiligter

88.352,27 €

 

Betriebseinnahmen: Gutachten

 

4.278,00 €

Umsatzsteuer, MB SV d. Sachverständigen

 

- 802,01 €

GSVG-Versicherung

- 13.196,27 €

 

Pauschale § 17 EStG 6% von 88.352,27

- 5.301,14 €

 
 

69.854,86 €

3.475,99 €

Freibetrag für investierte Gewinne (§ 10)

- 6.985,49 €

- 347,60 €

Errechnete Einkünfte (Berufungsbehörde)

62.869,37 €

3.128,39 €

Einkünfte aus selbständiger Arbeit: 65.997,76 €

Mit Bescheid vom 18. Juni 2008 veranlagte das Finanzamt den Bw. unter Erhöhung der erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit auf 72.983,25 € zur Einkommensteuer für das Jahr 2007 und begründete dies sinngemäß im Wesentlichen wie folgt:

Natürliche Personen, die den Gewinn eines Betriebes gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, könnten bei der Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren körperlichen Anlagegütern oder von Wertpapieren gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 EStG einen Freibetrag für investierte Gewinne nach § 10 Abs. 1 EStG geltend machen. Da der Bw. den Gewinn aus der Geschäftsführertätigkeit durch die gesetzliche Basispauschalierung gemäß § 17 EStG ermittelt habe, stünde ihm der Freibetrag in der Höhe von 6.985,49 € nicht zu.

Mit Schriftsatz vom 2. Juli 2008 erhob der Abgabepflichtige Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2007, beantragte, den geltend gemachten Freibetrag für investierte Gewinne zu berücksichtigen und begründete dies im Wesentlichen wie folgt:

Gemäß § 10 EStG könnten natürliche Personen, die den Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, für die Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren körperlichen Anlagegütern oder Wertpapieren einen Freibetrag für investierte Gewinne geltend machen. Ziel dieser Bestimmung sei gewesen, für diesen Personenkreis ein Pendant zu § 11a EStG zu schaffen. Gemäß § 11a EStG gelte für nicht entnommene Gewinne, sofern der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt werde, der halbe Steuersatz. Die begünstigte Besteuerung für nicht entnommene Gewinne gemäß § 11a EStG sei damit eindeutig eine Tarifvorschrift und keine Betriebsausgabe.

Beiden Bestimmungen sei gemeinsam, dass für die begünstigte Besteuerung jeweils ein gleicher - betriebsübergreifender - Höchstsatz der Berechnungsgrundlage von 100.000,00 € pro Jahr festgelegt sei.

Aus Sinn, Zweck und Gestaltung der Bestimmungen des § 10 EStG (Freibetrag für investierte Gewinne) im Vergleich zu § 11a EStG sei auch erstere als Tarifvorschrift zu sehen. Dafür spreche auch, dass die Vorgängerbestimmung im § 10 EStG (Investitionsfreibetrag) ebenfalls als steuerfreier Betrag und nicht als Betriebsausgabe gesehen worden sei (mit allen Konsequenzen wie Hinzurechnung zum steuerpflichtigen betrag bei Ermittlung der Einkünfte für Zwecke von Förderungen, etc.).

Gegen eine Betrachtung als Betriebsausgabe spreche nicht nur die Absicht des Gesetzgebers, sondern auch, dass es im Falle der Überschreitung des Höchstbetrages von 100.000,00 € zu betriebsübergreifenden Kürzungen komme, wobei die Zuordnung im Fall mehrerer Miteigentumsanteile Schwierigkeiten bereite.

In der Folge verwies der Bw. auf den Aufsatz von Mag. Michael Hödl (Hödl, in SWK 2008, 468ff), der auch davon ausgehe, dass der Gesetzgeber einen Freibetrag im Sinne einer Tarifvorschrift und keine fiktive Betriebsausgabe habe schaffen wollen. Dem gemäß sei, soweit keine Vollpauschalierung vorliege und lediglich Betriebsausgaben gemäß § 17 EStG zur Vereinfachung und Steuerberechnung als Pauschalsatz angesetzt werden können, sowohl der Freibetrag für investierte Gewinne als Tarifvorschrift als auch das Betriebsausgabenpauschale gemäß § 17 EStG nebeneinander anzusetzen.

Gehe man von de Auffassung der Behörde aus, dass der Freibetrag für investierte Gewinne keine Tarifvorschrift, sondern eine Betriebsausgabe sei, ergäben sich daraus zwei mögliche Konsequenzen:

a) Steuerpflichtige müssten auf die vereinfachte Berechnung der Betriebsausgaben gemäß § 17 EStG (Basispauschalierung) verzichten, wenn sie den Freibetrag für investierte Gewinne in Anspruch nehmen wollen. Diese Basispauschalierung betrage wie im vorliegenden Fall meist lediglich 6% der Betriebseinnahmen und decke in der Regel ohnehin nur Reisekosten und ähnliche Ausgaben ab. Sei § 10 EStG nicht neben der Basispauschalierung für Betriebsausgaben anwendbar, zwinge man entweder den Steuerpflichtigen, auf die gewollte Vereinfachung der Aufzeichnungen gemäß § 17 EStG zu verzichten, oder es werde durch die Inanspruchnahme von § 17 EStG die Anwendung von § 10 EStG ausgeschlossen. Dann stehe einer großen Anzahl von Einnahmen-Ausgaben-Rechnern keine vergleichbare Tarifbegünstigung wie den Bilanzierern gemäß § 11a EStG zu. Da die Bestimmungen von § 10 EStG und § 17 EStG keine konträren Ziele verfolgen und sich nicht gegenseitig ausschlössen, würde diese Vorgangsweise einer teleologischen Auslegung widersprechen.

b) Wenn man die Steuerpflichtigen nun aufgrund einer Inanspruchnahme von § 10 EStG zwinge, auf die Basispauschalierung zu verzichten, dann sei eine Rückkehr zur Basispauschalierung erst nach 5 Jahren wieder möglich (§ 17 Abs. 3), selbst wenn innerhalb des Zeitraumes die Begünstigung des § 10 EStG wieder aufgehoben werden sollte. Auch in diesem Fall komme es zu einem ungewollten Ergebnis.

Aus den angeführten Argumenten sei ersichtlich, dass nur eine Interpretation des § 10 EStG als Tarifvorschrift zu keinen unerwünschten Ergebnissen führe. Der Gesetzgeber habe schon durch die Bezeichnung als FREIBETRAG und die Gleichstellung mit dem seinerzeitigen Investitionsfreibetrag im gleichen Paragraphen seinen Willen eindeutig dokumentiert.

Der Bw. sei daher der Auffassung, dass die Bestimmung des § 10 EStG als Tarifvorschrift zu sehen sei und ihm sowohl das Betriebsausgabenpauschale als auch der Freibetrag für investierte Gewinne zustehe.

Über die Berufung wurde erwogen:

Unter die Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 3 Z 2) fallen gemäß § 22 Z 2 EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, idF BGBl. Nr. 201/1996, nur:

- Einkünfte aus einer vermögensverwaltenden Tätigkeit (zB für die Tätigkeit als Hausverwalter oder als Aufsichtsratsmitglied).

- Die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25% beträgt. Die Beteiligung durch Vermittlung eines Treuhänders oder einer Gesellschaft steht einer unmittelbaren Beteiligung gleich. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit sind auch die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die für eine ehemalige Tätigkeit einer Person gewährt werden, die in einem Zeitraum von zehn Jahren vor Beendigung ihrer Tätigkeit durch mehr als die Hälfte des Zeitraumes ihrer Tätigkeit wesentlich beteiligt war. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit sind weiters Zuwendungen von Privatstiftungen im Sinne des § 4 Abs. 11, soweit sie als Bezüge und Vorteile aus einer bestehenden oder früheren Beschäftigung (Tätigkeit) anzusehen sind.

Der Freibetrag für investierte Gewinne wird im § 10 Einkommensteuergesetz, BGBl. Nr. 400/1988 idF BGBl. I Nr. 99/2007 wie folgt geregelt:

§ 10. (1) Natürliche Personen, die den Gewinn eines Betriebes gemäß § 4 Abs. 3 ermitteln, können bei der Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren körperlichen Anlagegütern oder von Wertpapieren gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 einen Freibetrag für investierte Gewinne bis zu 10 % des Gewinnes, ausgenommen Übergangsgewinne (§ 4 Abs. 10) und Veräußerungsgewinne (§ 24), höchstens jedoch 100 000 Euro gewinnmindernd geltend machen. Der Höchstbetrag von 100 000 Euro steht jedem Steuerpflichtigen im Kalenderjahr nur einmal zu. Der Freibetrag für investierte Gewinne kann nur im Jahr der Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter geltend gemacht werden und ist mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten begrenzt. Die Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) wird dadurch nicht berührt.

(2) Bei Gesellschaften, ...

(3) Der Freibetrag für investierte Gewinne kann nur zu Lasten des Gewinnes jenes Betriebes geltend gemacht werden, in dem 1. im Falle der Anschaffung oder Herstellung abnutzbarer Anlagegüter diese

a) eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren haben und

b) in einer Betriebsstätte im Inland oder im übrigen EU/EWR-Raum verwendet werden, die der Erzielung von Einkünften im Sinne von § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 dient. Dabei gelten Wirtschaftsgüter, die auf Grund einer entgeltlichen Überlassung überwiegend außerhalb des EU/EWR-Raumes eingesetzt werden, nicht als in einer Betriebsstätte im EU/EWR-Raum verwendet.

2. im Falle der Anschaffung von Wertpapieren gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 diese dem Anlagevermögen ab dem Anschaffungszeitpunkt mindestens vier Jahre gewidmet werden, vorbehaltlich Abs. 5 Z 2.

(4) Für folgende Wirtschaftsgüter kann ein Freibetrag für investierte Gewinne nicht gewinnmindernd geltend gemacht werden:

- Gebäude und Herstellungsaufwendungen eines Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten auf ein Gebäude.

- Personen- und Kombinationskraftfahrzeuge, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80 % der gewerblichen Personenbeförderung dienen.

- Luftfahrzeuge.

- Geringwertige Wirtschaftgüter, die gemäß § 13 abgesetzt werden.

- Gebrauchte Wirtschaftsgüter.

- Wirtschaftsgüter, die von einem Unternehmen erworben werden, das unter beherrschendem Einfluss des Steuerpflichtigen steht.

- Wirtschaftsgüter, für die der Forschungsfreibetrag gemäß § 4 Abs. 4 Z 4 oder Z 4b oder die Forschungsprämie gemäß § 108c in Anspruch genommen wurde.

(5) Scheiden Wirtschaftsgüter, für die der Freibetrag für investierte Gewinne geltend gemacht worden ist, vor Ablauf der Frist von vier Jahren aus dem Betriebsvermögen aus oder werden in eine Betriebsstätte außerhalb des EU/EWR-Raumes verbracht, gilt Folgendes: ...

(6) Im Falle der Übertragung eines Betriebes ist ...

(7) Voraussetzungen für die Geltendmachung des Freibetrages für investierte Gewinne sind:

1. Der Freibetrag für investierte Gewinne wird in der Steuererklärung an der dafür vorgesehenen Stelle getrennt hinsichtlich körperlicher Wirtschaftsgüter und Wertpapiere ausgewiesen. Eine Berichtigung einer unrichtigen oder unterlassenen Eintragung ist bis zum Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuer oder Feststellungsbescheides (§ 188 der Bundesabgabenordnung) möglich.

2. Der Freibetrag für investierte Gewinne wird im Anlageverzeichnis (§ 7 Abs. 3) bei den jeweiligen Wirtschaftsgütern ausgewiesen. Wertpapiere gemäß § 14 Abs. 7 Z 4, für die ein Freibetrag in Anspruch genommen wird, sind in ein gesondertes Verzeichnis aufzunehmen, das der Abgabenbehörde auf Verlangen vorzulegen ist.

Im gegenständlichen Fall ist allein die Rechtsfrage strittig, ob der vom Bw. geltend gemachte Freibetrag für investierte Gewinne von dem von ihm im Rahmen der Basispauschalierung ermittelten Gewinn als geschäftsführender Gesellschafter abgezogen werden kann, was das Finanzamt im Erstbescheid durch Hinzurechnung versagt hat.

Die so genannte Basispauschalierung wird in den Absätzen 1 bis 4 des mit der Überschrift "Durchschnittssätze" versehenen § 17 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 100/2006 wie folgt geregelt:

§ 17. (1) Bei den Einkünften aus einer Tätigkeit im Sinne des § 22 oder des § 23 können die Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 mit einem Durchschnittssatz ermittelt werden. Der Durchschnittssatz beträgt

- bei freiberuflichen oder gewerblichen Einkünften aus einer kaufmännischen oder technischen Beratung, einer Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 2 sowie aus einer schriftstellerischen, vortragenden, wissenschaftlichen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit 6%, höchstens jedoch 13 200 €,

- sonst 12%, höchstens jedoch 26 400 €,

der Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung.

Daneben dürfen nur folgende Ausgaben als Betriebsausgaben abgesetzt werden: Ausgaben für den Eingang an Waren, Rohstoffen, Halberzeugnissen, Hilfsstoffen und Zutaten, die nach ihrer Art und ihrem betrieblichen Zweck in ein Wareneingangsbuch (§ 128 BAO) einzutragen sind oder einzutragen wären, sowie Ausgaben für Löhne (einschließlich Lohnnebenkosten) und für Fremdlöhne, soweit diese unmittelbar in Leistungen eingehen, die den Betriebsgegenstand des Unternehmens bilden, weiters Beiträge im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1.

§ 4 Abs. 3 vorletzter Satz ist anzuwenden.

(2) Die Anwendung des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 setzt voraus, dass

1. keine Buchführungspflicht besteht und auch nicht freiwillig Bücher geführt werden, die eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 ermöglichen,

2. die Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung des vorangegangenen Wirtschaftsjahres nicht mehr als 220 000 Euro betragen,

3. aus der Steuererklärung hervorgeht, dass der Steuerpflichtige von der Pauschalierung Gebrauch macht.

(3) Geht der Steuerpflichtige von der Ermittlung der Betriebsausgaben mittels des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 auf die Geltendmachung der Betriebsausgaben nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften über, so ist eine erneute Ermittlung der Betriebsausgaben mittels des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 frühestens nach Ablauf von fünf Wirtschaftsjahren zulässig.

Aus dem ersten Satz des eben zitierten § 17 Abs. 1 EStG 1988 ergibt sich zweifelsfrei, dass der Gesetzgeber die Basispauschalierung ausdrücklich als Möglichkeit der "Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3" mit Pauschalierung der Betriebsausgaben anbietet. Demnach kommt die Gewährung des Freibetrages für investierte Gewinne nach dem Wortlaut des oben zitierten § 10 EStG 1988 in Betracht. Diese Begünstigung für Einnahmen-Ausgaben-Rechner soll der Stärkung der kleinen und mittleren Unternehmen durch Freistellung von 10% des Gewinnes (gedeckelt mit 100.000,00 €) dienen.

Der vorletzte Satz des oben zitierten § 17 Abs. 1 EStG 1988 lässt neben dem Betriebsausgabenpauschale von 12 bzw. 6 % nur die Absetzung der dort taxativ aufgezählten Ausgaben als Betriebsausgaben zu ("Daneben dürfen nur folgende Ausgaben als Betriebsausgaben abgesetzt werden: ..."). Der Freibetrag für investierte Gewinne stellt zweifellos keine Ausgabe für Löhne, Fremdlöhne oder Sozialversicherungsbeiträge dar. Der vom Bw. im gegenständlichen Fall für den Kauf des Wertpapier aufgewendete Betrag ist auch keine "Ausgabe für den Eingang an Waren, ..., die nach ihrer Art und ihrem betrieblichen Zweck in ein Wareneingangsbuch (§ 128 BAO) einzutragen wären. Im Wareneingangsbuch nach § 128 BAO ist nämlich nur der Erwerb zur Weiterveräußerung bestimmter Waren zu erfassen. Der Freibetrag für investierte Gewinne kann jedoch nur für den Erwerb (Herstellung) von Anlagevermögen geltend gemacht werden.

Für die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage ist demnach entscheidend, ob der nach § 10 EStG 1988 von der Einkommensteuer freigestellte Freibetrag für investierte Gewinne als (sonstige) Betriebsausgabe iSd § 17 Abs. 1 EStG 1988 anzusehen ist.

§ 4 Abs. 1, 3 und 4 EStG 1988 enthalten zur Gewinnermittlung folgende Aussagen: (1) Gewinn ist der durch doppelte Buchführung zu ermittelnde Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. ...

(3) Der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben darf dann als Gewinn angesetzt werden, wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung besteht und Bücher auch nicht freiwillig geführt werden. ...

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Betriebsausgaben sind jedenfalls:

...

4. Ein Forschungsfreibetrag in Höhe von 25% für Aufwendungen (Ausgaben) zur Forschung und experimentellen Entwicklung, ...

...

8. und 10. Ein Bildungsfreibetrag von höchstens 20% der Aufwendungen, ...

Im Zuge der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 werden demnach nicht nur tatsächliche Ausgaben als Betriebsausgaben gewinnmindernd abgesetzt, sondern auch durch den Gesetzgeber als steuerliche Begünstigung zuerkannte Freibeträge (Bildungsfreibetrag, Forschungsfreibetrag, Lehrlingsfreibetrag gemäß § 124b Z 31 EStG 1988). Diese rein rechnerischen Größen und als "fiktive Betriebsausgaben" bezeichneten Beträge stellen zweifellos ebenfalls Betriebsausgaben iSd § 4 Abs. 3 EStG 1988 und folglich auch des § 17 Abs. 1 EStG 1988 dar.

Es bleibt daher die Frage übrig, ob auch der Freibetrag für investierte Gewinne eine derartige fiktive Betriebsausgabe darstellt. Die oben genannten Freibeträge für Forschung und Bildung vermitteln zusätzliche fiktive Betriebsausgaben, die rechnerisch durch Anwendung eines Prozentsatzes auf tatsächliche Aufwendungen ermittelt werden. Der oben erwähnte Lehrlingsfreibetrag war hingegen mit 1.460,00 € betraglich fixiert.

Die Begünstigungsbestimmung des § 10 EStG 1988 spricht im ersten Absatz (vgl. Abs. 4) hingegen von der Möglichkeit ("können") "...einen Freibetrag für investierte Gewinne bis zu 10% des Gewinnes, ...gewinnmindernd geltend machen." bzw. im dritten Absatz "Der Freibetrag für investierte Gewinne kann nur zu Lasten des Gewinnes jenes Betriebes geltend gemacht werden, ...". Aus diesen Formulierungen ergibt sich, dass zunächst der vorläufige Gewinn durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu ermitteln ist. Von diesem Zwischenwert können über Antrag dann noch maximal 10% abgezogen werden. Nach Ansicht der Berufungsbehörde stellt diese letzte Abzugspost funktionell ebenfalls eine fiktive Betriebsausgabe dar. Diese Rechtsauffassung teilen auch Zorn (in Hofstätter-Reichel, § 10 Tz 2), nach dessen eindeutiger Formulierung "Dieser FBiG stellt eine fiktive Betriebsausgabe dar, die zusätzlich gewinnmindernd berücksichtigt wird." und Heinrich, in Doralt/Heinrich, EStG, §10 Tz 16: "Aufwandseitige Freibeträge, die zum Zwecke der Investitionsförderung gewährt werden, stellen Betriebsausgaben dar ..."

Damit erweisen sich die vom Bw. auf Hödl (vgl. Beiser in, SWK 2006, S 905) gestützte Rechtsansicht, der Freibetrag für investierte Gewinne sei keine Betriebsausgabe, sondern eine Tarifvorschrift als verfehlt und das Begehren des Bw. somit als unberechtigt.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass seitens des Bw. bei der Ermittlung der jeweiligen Betriebsergebnisse der zwei verschiedenen Tätigkeiten der Betrag vor Abzug des Freibetrages für investierte Gewinne überhaupt nicht bezeichnet wird. Der Begriff "Gewinn" wird bei der Ermittlung seitens des Bw. überhaupt nicht verwendet.

Dass bei Inanspruchnahme der Basispauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 kein Freibetrag für investierte Gewinn gemäß § 10 EStG 1988 zusteht, wird auch überwiegend von der Fachliteratur vertreten (Jakom/Kanduth-Kristen EStG § 10 Rz 8, Zorn, aaO. § 10 Tz 3; Heinrich, aaO, §10 Tz 14, Atzmüller in, SWK 2006, S 864).

Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist jedoch auch aus der Textierung des § 17 Abs. 1 EStG 1988 die Absicht des Gesetzgebers erkennbar, neben den pauschalierten Betriebsausgaben nur die dort taxativ aufgezählten Ausgaben als gewinnmindernde Posten zuzulassen (vgl. VwGH 22.02.2007, 2002/14/0019). Das Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 12% bzw. 6% der Umsätze nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 übersteigt meist die Erfahrungswerte und wirkt dann wie eine undifferenzierte Steuerbegünstigung (vgl. Doralt, aaO, §17 Tz 5). Der Bw. hätte - wie er selbst darlegt - bei (normaler) Ermittlung seines Gewinnes nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 (Verzicht auf die Basispauschalierung) den Freibetrag für investierte Gewinne lukrieren können. Die vom Bw. angestrebte kumulative Beanspruchung beider Begünstigungen - Basispauschalierung und Freibetrag für investierte Gewinne - scheint mit dem das Einkommensteuerrecht beherrschenden Grundsatz der Berücksichtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit (vgl. Doralt/Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts, Band I, 9. Auflage, S 17 Rz 22) auch nicht mehr vereinbar.

Aus all diesen Gründen konnte der Berufung kein Erfolg beschieden sein.

Linz, am 3. Oktober 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 17 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Freibetrag für investierte Gewinne, fiktive Betriebsausgabe, Tarifvorschrift, Basispauschalierung

Stichworte