UFS RV/0466-F/07

UFSRV/0466-F/0722.9.2008

Bescheidaufhebungsgründe dürfen wie Wiederaufnahmsgründe im Berufungsverfahren nicht nachgeschoben werden

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der M, vom 27. März 2007 gegen die Bescheide des Finanzamtes Bregenz vom 8. März 2007 betreffend 1.) Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2005 gemäß § 299 BAO und 2.) (Berufungsvorentscheidung hinsichtlich) Einkommensteuer 2005 entschieden:

1.) Der Berufung gegen den Aufhebungsbescheid wird stattgegeben. Der angefochtene Aufhebungsbescheid wird ersatzlos aufgehoben.

2.) Die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 wird als unzulässig (geworden) zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin, in der Folge Bw abgekürzt, ist Pressereferentin des A. In einem dem gegenständlichen Verfahren vorausgegangenen Berufungsverfahren betreffend Einkommensteuer 2005 erließ das Finanzamt die Berufungsvorentscheidung vom 22.6.2006. Mit diesem Bescheid gewährte das Finanzamt der Bw das zunächst versagte Werbungskostenpauschale für Journalisten. Die Berufungsvorentscheidung ist in Rechtskraft erwachsen.

Im Zuge der Veranlagung des Folgejahres stellte das Finanzamt fest, dass die der Bw von ihrem Arbeitgeber gewährten Kostenersätze nicht pauschalemindernd berücksichtigt worden sind. Das Finanzamt erließ daraufhin datumsgleich die beiden nunmehr angefochtenen Bescheide des folgenden (hinsichtlich der Begründung wörtlich wiedergegebenen) Inhalts:

1.) Bescheid über die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2005.

Begründung: Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

2.) Einkommensteuerbescheid 2005

Begründung: Die Berufungsvorentscheidung vom 22.6.2006 war gemäß § 299 BAO wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben. Der Spruch des Bescheides erwies sich insoweit als rechtswidrig, als verabsäumt wurde, bei der Gewährung des in der Berufung vom 3.4.2006 beantragten Journalistenpauschales gemäß § 17 EStG Abs 6 die vom Arbeitgeber gewährten Aufwandsentschädigungen gemäß § 26 EStG zu berücksichtigen.

In § 1 der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen (BGBl. 2001/382) wird festgelegt, dass (Ziffer 4) Journalisten Werbungskosten in Höhe von 7,5%, jedoch höchstens € 3.942.- pauschal gewährt werden können. Gemäß § 4 dieser Verordnung ist jedoch das Pauschale um Kostenersätze gemäß § 26 EStG zu kürzen, wobei hier nur die Vertreter (Ziffer 9) ausgenommen sind.

Die Kostenersätze laut Lohnzettel betrugen € 4.484,89.

Die Bw erhob sowohl gegen den Aufhebungsbescheid als auch gegen den Einkommensteuerbescheid Berufung. Begründend führte sie sinngemäß aus, der Aufhebungsbescheid sei unzureichend begründet. Das Finanzamt habe es verabsäumt, die Gründe für die Ermessensübung auszuführen. Die Begründung eines Aufhebungsbescheides müsse das Vorliegen der Aufhebungsvoraussetzungen darlegen (VwGH 2.7.1998, 98/16/0105).

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 299 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung befunden hat.

Strittig ist, ob ein sanierbarer Begründungsmangel vorliegt, wenn das Finanzamt in seinem Aufhebungsbescheid keinen Aufhebungsgrund, sondern lediglich die oben zitierte Aufhebungsbestimmung wiedergibt.

Das Finanzamt steht offensichtlich auf dem Standpunkt, dass ein im (erst- oder zweitinstanzlichen Verfahren) sanierbarer Mangel vorliegt. Es vermag sich dabei auf den von Lehre und Rechtsprechung übereinstimmend anerkannten Grundsatz zu berufen, dass erstinstanzliche Begründungsmängel, und hiezu zählen wohl auch Feststellungsmängel, im Rechtsmittelverfahren saniert werden können (Ritz, BAO3, § 93 Tz 16; VwGH 6.4.1995, 93/15/00060).

Die Bw hingegen steht auf dem Standpunkt, es liege ein nicht sanierbarer Begründungsmangel vor. Dabei kann sie sich auf die Lehre und Rechtsprechung berufen, die es zu Begründungsmängeln im Zusammenhang mit der amtswegigen Wiederaufnahme von Verfahren gibt.

Die strittige Frage wird auch vom UFS nicht einheitlich beantwortet. Im Wettbewerb der besseren Auslegung (Brunner/Pavlik, Der unabhängige Finanzsenat,35; Wanke, UFSG, 38) schließt sich der Referent aus den nachfolgend angeführten Gründen der im UFS überwiegend vertretenen Meinung (vgl. 7.6.2006, RV/0815-W/06; 10.10.2006, RV/0557-I/06; 7.12.2006, RV/0247-F/06; 2.1.2008, RV/0231-G/06; 5.6.2007, RV/0383-G/07; 4.7.2007, RV/0005-I/05) an, dass im Berufungsverfahren nur solche Aufhebungsgründe geprüft und anerkannt werden dürfen, die von der Abgabenbehörde erster Instanz bereits angeführt bzw geltend gemacht worden sind, wobei eine Zusammenschau von Aufhebungs- und Ersatzbescheid (mangels eines entsprechenden Verweises) unzulässig ist, da es sich nach Lehre und Rechtsprechung um rechtlich zwei verschiedene Bescheide handelt, die jeder für sich einer Berufung zugänglich sind, die jeder für sich den gesetzlichen Erfordernissen entsprechen müssen und die jeder für sich der Rechtskraft teilhaftig werden können (Ritz, BAO3, § 299, Tz 45, und die dort angeführte Judikatur):

Aus den dargelegten Gründen ergibt sich, dass dem angefochtenen, lediglich mit dem Gesetzeswortlaut begründeten Aufhebungsbescheid ein nicht sanierbarer Mangel anhaftet. Der gegen ihn gerichteten Berufung war daher stattzugeben.

Gemäß § 299 Abs. 3 BAO tritt durch die Aufhebung des Aufhebungsbescheides das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung befunden hat. Dies bedeutet, dass mit dem Aufhebungsbescheid ex lege auch der mit ihm verbundene Sachbescheid aus dem Rechtsbestand ausscheidet. Das wiederum bedeutet, dass sich die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid vom 8.3.2007 gegen einen rechtlich nicht (mehr) existenten Bescheid richtet. Sie war deshalb als unzulässig (geworden) zurückzuweisen.

Feldkirch, am 22. September 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Begründung einer Bescheidaufhebung nicht nachholbar

Verweise:

UFS 07.06.2006, RV/0815-W/06
UFS 10.10.2006, RV/0557-I/06
UFS 07.12.2006, RV/0247-F/06
UFS 02.01.2008, RV/0231-G/06
UFS 05.06.2007, RV/0383-G/07
UFS 04.07.2007, RV/0005-I/05

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