UFS RV/0575-L/08

UFSRV/0575-L/0815.7.2008

Bei Beanspruchung der Basispauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 steht kein Freibetrag für investierte Gewinne zu, weil dieser als funktionell fiktive Betriebsausgabe abpauschaliert ist.Selbständige Handelsvertreter können als Pauschalierungsform zwischen der für ihre Berufsgruppe durch VO BGBl II 2000/95 idF BGBl II 2001/416 vorgesehenen Durchschnittssatzverordnung und der Basispauschalierung wählen.

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Michael Mandlmayr und die weiteren Mitglieder Mag. Hans-Peter Hartl, Dr. Ernst Grafenhofer und Josef Pointinger über die Berufung des Berufungswerbers, vom 8. Mai 2008 gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels, vertreten durch ADir. Johann Lachner, vom 7. April 2008 betreffend Einkommensteuer 2007 nach der am 9. Juli 2008 in 4020 Linz, Bahnhofplatz 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe betragen:

Bemessungsgrundlage

Abgabe

Art

Höhe

Art

Höhe

Einkommen

44.026,36 €

Steuer

13.075,14 €

  

anrechenbare Lohnsteuer

0,00 €

  

Einkommensteuer

13.075,14 €

Die Fälligkeit des mit dieser Entscheidung festgesetzten Mehrbetrages der Abgaben ist aus der Buchungsmitteilung zu ersehen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (in der Folge kurz Bw.) war laut Firmenbuch im streitgegenständlichen Veranlagungsjahr 2007 an folgenden zwei GmbH´s das ganze Jahr mit über 25% beteiligt und in folgenden Zeiträumen deren handelsrechtlicher Geschäftsführer:

Gesellschaft

beteiligt in %

Geschäftsführer von bis/seit

H-GmbH (kurz H-GmbH)

50 %

bis 11.1.2007 u. ab 11/2007

A-GmbH (kurz A-GmbH)

42,5 %

seit 24.10.2006-

Der Bw. machte in seiner Einkommensteuererklärung über Finanzonline für das streitgegenständliche Veranlagungsjahr 2007 bei getrennter Ermittlung seiner Einkünfte aus selbständiger Arbeit für die Tätigkeit gemäß § 22 Z 2 EStG 1988 und Handelsvermittlung je unter Beanspruchung der Basispauschalierung gemäß § 17 Abs. 1 EStG 1988 einen Freibetrag für investierte Gewinne in Höhe von 3.000,00 € und 5.500,00 € im Wesentlichen wie folgt geltend:

Tätigkeit in der Branche

§ 22 Z 2 u. 4

Handelsvermittlung

Betriebseinnahmen

39.609,20 €

74.023,00 €

Sozialversicherungsbeiträge

- 3.328,68 €

- 9.986,04 €

übrige pauschale Betriebsausgaben 6%

übrige pauschale Betriebsausgaben 12%

- 2.376,55 €

 

- 8.882,76 €

Saldo (errechnet von Berufungsbehörde)

33.903,97 e

55.154,20 €

Freibetrag für investierte Gewinne (§ 10)

- 3.000,00 €

- 5.500,00 €

Gewinn

30.903,97 €

49.654,20 €

erklärte Einkünfte aus selbständiger Arbeit

80.558,17 €

Mit Bescheid vom 7. April 2008 veranlagte das Finanzamt den Bw. ua. mit Einkünften aus selbständiger Arbeit in Höhe von 83.558,17 € durch Zurechnung von 3.000,00 € zur Einkommensteuer für das Jahr 2007 und begründete dies damit, dass bei einer Basispauschalierung die Inanspruchnahme des Freibetrages für investierte Gewinne für die Tätigkeit eines Geschäftsführers nicht zulässig sei.

Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2008 erhob der Abgabepflichtige Berufung gegen den ihm am 10. April 2008 zugestellten Einkommensteuerbescheid 2007, beantragte sinngemäß, den Freibetrag für investierte Gewinne in der erklärten Höhe (von 3.000,00 €) für die Tätigkeit als Geschäftsführer zu berücksichtigen und begründete dies sinngemäß im Wesentlichen wie folgt:

Gemäß § 10 Abs. 1 EStG stehe natürlichen Personen, die den Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, ein Freibetrag für investierte Gewinne bis maximal 10% des Gewinnes zu, sofern sie abnutzbare körperliche Anlagegüter anschaffen oder herstellen oder Wertpapiere gemäß § 14 Abs. 7 Z 1 EStG anschaffen. Dieser Freibetrag für investierte Gewinne sei mit 100.000,00 € gedeckelt. Der in Rz 3701 der Einkommensteuerrichtlinie angezogene Ausschluss von der Begünstigung des Freibetrages für investierte Gewinne für den Fall, dass eine gesetzliche Basispauschalierung gemäß § 17 Abs. 1 EStG angewendet werde, sei im Text des § 10 EStG nicht gedeckt. Vielmehr führe § 17 Abs. 1 EStG aus, dass eine Pauschalierung gemäß dieser Bestimmung dann möglich sei, wenn der Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 ermittelt wird. Da nach dem Gesetzeswortlaut eine Pauschalierung nur dann möglich sei, wenn § 4 Abs. 3 zur Anwendung gelangt und § 10 EStG ausdrücklich auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 abstelle, widerspreche ein Ausschluss jener Steuerpflichtigen, die den Gewinn im Rahmen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach Durchschnittssätzen ermitteln, dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes. Da somit die Einkommensteuerrichtlinien rechtswidrig seien, stünde dem Bw. neben den pauschal ermittelten Betriebsausgaben auch der Freibetrag für investierte Gewinne zu. Eine Koppelung an die Möglichkeit der steuerlichen Absetzbarkeit einer Absetzung für Abnutzung sei im Hinblick auf die geltenden Bestimmungen des Einkommensteuerrechts nicht nachvollziehbar. Außerdem gebe es bei Wertpapieren keine ordentliche Abschreibung für Abnutzung.

Im Vorlagebericht vom 2. Juni 2008 bezeichnete das Finanzamt als Streitpunkt sinngemäß die Frage, ob der Bw. als wesentlich beteiligter Gesellschafter(-Geschäftsführer: Ergänzung durch die Berufungsbehörde) bei Ermittlung des Gewinnes durch Anwendung der Basispauschalierung gemäß § 17 Abs. 1 EStG 1988 der Freibetrag für investierte Gewinne nach § 10 EStG 1988 zustehe.

Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung forderte die Berufungsbehörde den Bw. zur Vorlage folgender Unterlagen und Nachweise auf:

1. Detaillierte Darstellung der Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit

2. Nachweis der Anschaffung von Wirtschaftsgütern iSd § 10 Abs. 1 EStG 1988

3. Vorlage des Anlageverzeichnisses bzw. des gesonderten Verzeichnisses nach § 10 Abs. 7 Z 2 EStG 1988

Am Beginn der am 9. Juli 2008 abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung legte der Bw. deshalb folgende detaillierte Ermittlung seiner erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit getrennt für die Tätigkeit als Geschäftsführer und Handelsvertreter vor:

Betrieb bzw. Tätigkeit als

Geschäftsführer

Handelsvertreter

Betriebseinnahmen (netto):

  

Geschäftsführerhonorar 11/2007-2/2008 H-GmbH

29.609,20

 

Geschäftsführerhonorar 1/2007-12/2007 A-GmbH

10.000,00

 

Honorare Handelsvertreter 1-10/2007 H-GmbH

 

74.023,00

Gesamtbetrag Betriebseinnahmen

39.609,20

74.023,00

Betriebsausgaben:

  

Sozialversicherungsbeiträge

3.328,68

9.986,04

Betriebsausgabenpauschale 6% (GF) Betriebsausgabenpauschale 12% (Handelsvertreter)

2.376,55

8.882,76

Gesamtbetrag Betriebsausgaben

5.705,23

18.868,80

Gewinn

33.903,97

55.154,20

Freibetrag für investierte Gewinne

- 3.000,00

- 5.500,00

Steuerpflichtiger Gewinn

30.903,97

49.654,20

Aus den vorgelegten Unterlagen ist ersichtlich, dass der Bw. im Jahr 2007 um insgesamt 8.500,00 € folgendes Wertpapier angeschafft hat:

C-Quadrat AG ARTS Total Return Vorsorg. T (AT0000A02PE1) .

Seitens des Bw. wurde klargestellt, dass der Bw. von Jänner 2007 bis Oktober 2007 nicht Geschäftsführer der H-GmbH war, was auch aus dem Firmenbuch ersichtlich ist. In diesem Zeitraum war der Bw. selbständig als Handelsvertreter im Vertrieb und Verkauf von Industrieböden tätig.

Der Vertreter des Finanzamtes wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Bw. das Betriebsausgabenpauschale von 12 % für Handelsvertreter bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit mit 8.882,76 € geltend gemacht habe. Dieses Betriebsausgabenpauschale sei aber nach der Verordnung für Handelsvertreter mit 5.825,00 € begrenzt, wenn nicht die gesetzliche Basispauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG beansprucht werde. Es bestehe eine Begrenzung in der Verordnung der Pauschalierung für Handelsvertreter in deren § 2 Abs. 2 im Gegensatz zur Pauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG.

Der Vertreter des Bw. stellte hierauf klar, dass die 12 % nach der Basispauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG beantragt wurden.

Der Vertreter des Finanzamtes bekräftigte seinen Standpunkt, dass bei einer Basispauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG der Freibetrag für investierte Gewinne nicht zusätzlich gewährt werden könne, weil mit dieser Pauschalierung sämtliche Betriebsausgaben abgegolten seien und dieser Freibetrag auch nach der jüngsten Literatur (Renner, SWK 2008, S 517ff) keine Investitionsbegünstigung, sondern eine Betriebsausgabe darstelle. Es werde daher beantragt, die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Der Vertreter des Bw. entgegnete, er glaube, dass das keine Betriebsausgabe sei, weil ja in § 4 Abs. 3 stehe, der Gewinn ist die Differenz zwischen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben. Das sei eine Restgröße, ein Substrat. Wenn man dann vom Gewinn ausgehe und einen Freibetrag von maximal 10 % abziehen könne, dann sei das keine Betriebsausgabe, auch keine fiktive Betriebsausgabe, sondern allenfalls eine Verringerung der Bemessungsgrundlage für steuerliche Zwecke. Das Gesetz sei verworren und unglücklich formuliert. Diese Verworrenheit der Formulierung des Gesetzestextes solle nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgelegt werden. Hätte der Gesetzgeber den FBiG im Falle der Anwendung einer Pauschalierung ausgeschlossen, hätte er dies in das Gesetz hineinschreiben sollen. Es entstehe der Eindruck, es werde jetzt versucht, eine Steuerbegünstigung, die seinerzeit aus politischen Gründen in das Gesetz aufgenommen worden ist, wieder zurückzunehmen. Dies tue dem Standort Österreich nicht gut. Es werde daher beantragt, diese Verworrenheit nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen auszulegen, der Berufung stattzugeben und die 3.000,00 € Freibetrag für investierte Gewinne zu gewähren.

Über die Berufung wurde erwogen:

Unter die Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 3 Z 2) fallen gemäß § 22 Z 2 EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, idF BGBl. Nr. 201/1996, nur:

- Einkünfte aus einer vermögensverwaltenden Tätigkeit (zB für die Tätigkeit als Hausverwalter oder als Aufsichtsratsmitglied).

- Die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25% beträgt. Die Beteiligung durch Vermittlung eines Treuhänders oder einer Gesellschaft steht einer unmittelbaren Beteiligung gleich. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit sind auch die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die für eine ehemalige Tätigkeit einer Person gewährt werden, die in einem Zeitraum von zehn Jahren vor Beendigung ihrer Tätigkeit durch mehr als die Hälfte des Zeitraumes ihrer Tätigkeit wesentlich beteiligt war. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit sind weiters Zuwendungen von Privatstiftungen im Sinne des § 4 Abs. 11, soweit sie als Bezüge und Vorteile aus einer bestehenden oder früheren Beschäftigung (Tätigkeit) anzusehen sind.

Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind gemäß § 23 Z 1 EStG 1988:

Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist.

Der Freibetrag für investierte Gewinne wird im § 10 Einkommensteuergesetz, BGBl. Nr. 400/1988 idF BGBl. I Nr. 99/2007 wie folgt geregelt:

§ 10. (1) Natürliche Personen, die den Gewinn eines Betriebes gemäß § 4 Abs. 3 ermitteln, können bei der Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren körperlichen Anlagegütern oder von Wertpapieren gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 einen Freibetrag für investierte Gewinne bis zu 10 % des Gewinnes, ausgenommen Übergangsgewinne (§ 4 Abs. 10) und Veräußerungsgewinne (§ 24), höchstens jedoch 100 000 Euro gewinnmindernd geltend machen. Der Höchstbetrag von 100 000 Euro steht jedem Steuerpflichtigen im Kalenderjahr nur einmal zu. Der Freibetrag für investierte Gewinne kann nur im Jahr der Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter geltend gemacht werden und ist mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten begrenzt. Die Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) wird dadurch nicht berührt.

(2) Bei Gesellschaften, ...

(3) Der Freibetrag für investierte Gewinne kann nur zu Lasten des Gewinnes jenes Betriebes geltend gemacht werden, in dem 1. im Falle der Anschaffung oder Herstellung abnutzbarer Anlagegüter diese

a) eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren haben und

b) in einer Betriebsstätte im Inland oder im übrigen EU/EWR-Raum verwendet werden, die der Erzielung von Einkünften im Sinne von § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 dient. Dabei gelten Wirtschaftsgüter, die auf Grund einer entgeltlichen Überlassung überwiegend außerhalb des EU/EWR-Raumes eingesetzt werden, nicht als in einer Betriebsstätte im EU/EWR-Raum verwendet.

2. im Falle der Anschaffung von Wertpapieren gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 diese dem Anlagevermögen ab dem Anschaffungszeitpunkt mindestens vier Jahre gewidmet werden, vorbehaltlich Abs. 5 Z 2.

(4) Für folgende Wirtschaftsgüter kann ein Freibetrag für investierte Gewinne nicht gewinnmindernd geltend gemacht werden:

- Gebäude und Herstellungsaufwendungen eines Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten auf ein Gebäude.

- Personen- und Kombinationskraftfahrzeuge, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80 % der gewerblichen Personenbeförderung dienen.

- Luftfahrzeuge.

- Geringwertige Wirtschaftgüter, die gemäß § 13 abgesetzt werden.

- Gebrauchte Wirtschaftsgüter.

- Wirtschaftsgüter, die von einem Unternehmen erworben werden, das unter beherrschendem Einfluss des Steuerpflichtigen steht.

- Wirtschaftsgüter, für die der Forschungsfreibetrag gemäß § 4 Abs. 4 Z 4 oder Z 4b oder die Forschungsprämie gemäß § 108c in Anspruch genommen wurde.

(5) Scheiden Wirtschaftsgüter, für die der Freibetrag für investierte Gewinne geltend gemacht worden ist, vor Ablauf der Frist von vier Jahren aus dem Betriebsvermögen aus oder werden in eine Betriebsstätte außerhalb des EU/EWR-Raumes verbracht, gilt Folgendes: ...

(6) Im Falle der Übertragung eines Betriebes ist ...

(7) Voraussetzungen für die Geltendmachung des Freibetrages für investierte Gewinne sind:

1. Der Freibetrag für investierte Gewinne wird in der Steuererklärung an der dafür vorgesehenen Stelle getrennt hinsichtlich körperlicher Wirtschaftsgüter und Wertpapiere ausgewiesen. Eine Berichtigung einer unrichtigen oder unterlassenen Eintragung ist bis zum Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuer oder Feststellungsbescheides (§ 188 der Bundesabgabenordnung) möglich.

2. Der Freibetrag für investierte Gewinne wird im Anlageverzeichnis (§ 7 Abs. 3) bei den jeweiligen Wirtschaftsgütern ausgewiesen. Wertpapiere gemäß § 14 Abs. 7 Z 4, für die ein Freibetrag in Anspruch genommen wird, sind in ein gesondertes Verzeichnis aufzunehmen, das der Abgabenbehörde auf Verlangen vorzulegen ist.

Im gegenständlichen Fall ist allein die Rechtsfrage strittig, ob der vom Bw. geltend gemachte Freibetrag für investierte Gewinne von dem von ihm im Rahmen der Basispauschalierung ermittelten Gewinn abgezogen werden kann, was das Finanzamt für die Tätigkeit als Geschäftsführer im Erstbescheid verneint hat.

Die so genannte Basispauschalierung wird in den Absätzen 1 bis 4 des mit der Überschrift "Durchschnittssätze" versehenen § 17 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 100/2006 wie folgt geregelt:

§ 17. (1) Bei den Einkünften aus einer Tätigkeit im Sinne des § 22 oder des § 23 können die Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 mit einem Durchschnittssatz ermittelt werden. Der Durchschnittssatz beträgt

- bei freiberuflichen oder gewerblichen Einkünften aus einer kaufmännischen oder technischen Beratung, einer Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 2 sowie aus einer schriftstellerischen, vortragenden, wissenschaftlichen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit 6%, höchstens jedoch 13 200 €,

- sonst 12%, höchstens jedoch 26 400 €,

der Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung.

Daneben dürfen nur folgende Ausgaben als Betriebsausgaben abgesetzt werden: Ausgaben für den Eingang an Waren, Rohstoffen, Halberzeugnissen, Hilfsstoffen und Zutaten, die nach ihrer Art und ihrem betrieblichen Zweck in ein Wareneingangsbuch (§ 128 BAO) einzutragen sind oder einzutragen wären, sowie Ausgaben für Löhne (einschließlich Lohnnebenkosten) und für Fremdlöhne, soweit diese unmittelbar in Leistungen eingehen, die den Betriebsgegenstand des Unternehmens bilden, weiters Beiträge im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1.

§ 4 Abs. 3 vorletzter Satz ist anzuwenden.

(2) Die Anwendung des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 setzt voraus, dass

1. keine Buchführungspflicht besteht und auch nicht freiwillig Bücher geführt werden, die eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 ermöglichen,

2. die Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung des vorangegangenen Wirtschaftsjahres nicht mehr als 220 000 Euro betragen,

3. aus der Steuererklärung hervorgeht, dass der Steuerpflichtige von der Pauschalierung Gebrauch macht.

(3) Geht der Steuerpflichtige von der Ermittlung der Betriebsausgaben mittels des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 auf die Geltendmachung der Betriebsausgaben nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften über, so ist eine erneute Ermittlung der Betriebsausgaben mittels des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 frühestens nach Ablauf von fünf Wirtschaftsjahren zulässig.

Aus dem ersten Satz des eben zitierten § 17 Abs. 1 EStG 1988 ergibt sich zweifelsfrei, dass der Gesetzgeber die Basispauschalierung ausdrücklich als Möglichkeit der "Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3" mit Pauschalierung der Betriebsausgaben anbietet. Demnach kommt die Gewährung des Freibetrages für investierte Gewinne nach dem Wortlaut des oben zitierten § 10 EStG 1988 in Betracht. Diese Begünstigung für Einnahmen-Ausgaben-Rechner soll der Stärkung der kleinen und mittleren Unternehmen durch Freistellung von 10% des Gewinnes (gedeckelt mit 100.000,00 €) dienen.

Der vorletzte Satz des oben zitierten § 17 Abs. 1 EStG 1988 lässt neben dem Betriebsausgabenpauschale von 12 bzw. 6 % nur die Absetzung der dort taxativ aufgezählten Ausgaben als Betriebsausgaben zu ("Daneben dürfen nur folgende Ausgaben als Betriebsausgaben abgesetzt werden: ..."). Der Freibetrag für investierte Gewinne stellt zweifellos keine Ausgabe für Löhne, Fremdlöhne oder Sozialversicherungsbeiträge dar. Der vom Bw. im gegenständlichen Fall für den Kauf des Wertpapier aufgewendete Betrag ist auch keine "Ausgabe für den Eingang an Waren, ..., die nach ihrer Art und ihrem betrieblichen Zweck in ein Wareneingangsbuch (§ 128 BAO) einzutragen wären. Im Wareneingangsbuch nach § 128 BAO ist nämlich nur der Erwerb zur Weiterveräußerung bestimmter Waren zu erfassen. Der Freibetrag für investierte Gewinne kann jedoch nur für den Erwerb (Herstellung) von Anlagevermögen geltend gemacht werden.

Für die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage ist demnach entscheidend, ob der nach § 10 EStG 1988 von der Einkommensteuer freigestellte Freibetrag für investierte Gewinne als (sonstige) Betriebsausgabe iSd § 17 Abs. 1 EStG 1988 anzusehen ist.

§ 4 Abs. 1, 3 und 4 EStG 1988 enthalten zur Gewinnermittlung folgende Aussagen: (1) Gewinn ist der durch doppelte Buchführung zu ermittelnde Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. ...

(3) Der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben darf dann als Gewinn angesetzt werden, wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung besteht und Bücher auch nicht freiwillig geführt werden. ...

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Betriebsausgaben sind jedenfalls:

...

4. Ein Forschungsfreibetrag in Höhe von 25% für Aufwendungen (Ausgaben) zur Forschung und experimentellen Entwicklung, ...

...

8. und 10. Ein Bildungsfreibetrag von höchstens 20% der Aufwendungen, ...

Im Zuge der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 werden demnach nicht nur tatsächliche Ausgaben als Betriebsausgaben gewinnmindernd abgesetzt, sondern auch durch den Gesetzgeber als steuerliche Begünstigung zuerkannte Freibeträge (Bildungsfreibetrag, Forschungsfreibetrag, Lehrlingsfreibetrag gemäß § 124b Z 31 EStG 1988). Diese rein rechnerischen Größen und als "fiktive Betriebsausgaben" bezeichneten Beträge stellen zweifellos ebenfalls Betriebsausgaben iSd § 4 Abs. 3 EStG 1988 und folglich auch des § 17 Abs. 1 EStG 1988 dar.

Es bleibt daher die Frage übrig, ob auch der Freibetrag für investierte Gewinne eine derartige fiktive Betriebsausgabe darstellt. Die oben genannten Freibeträge für Forschung und Bildung vermitteln zusätzliche fiktive Betriebsausgaben, die rechnerisch durch Anwendung eines Prozentsatzes auf tatsächliche Aufwendungen ermittelt werden. Der oben erwähnte Lehrlingsfreibetrag war hingegen mit 1.460,00 € betraglich fixiert.

Die Begünstigungsbestimmung des § 10 EStG 1988 spricht im ersten Absatz (vgl. Abs. 4) hingegen von der Möglichkeit ("können") "...einen Freibetrag für investierte Gewinne bis zu 10% des Gewinnes, ...gewinnmindernd geltend machen." bzw. im dritten Absatz "Der Freibetrag für investierte Gewinne kann nur zu Lasten des Gewinnes jenes Betriebes geltend gemacht werden, ...". Aus diesen Formulierungen ergibt sich, dass zunächst der vorläufige Gewinn durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu ermitteln ist. Von diesem Zwischenwert können über Antrag dann noch maximal 10% abgezogen werden. Nach Ansicht der Berufungsbehörde stellt diese letzte Abzugspost funktionell ebenfalls eine fiktive Betriebsausgabe dar. Diese Rechtsauffassung teilen auch Zorn (in Hofstätter-Reichel, § 10 Tz 2), nach dessen eindeutiger Formulierung "Dieser FBiG stellt eine fiktive Betriebsausgabe dar, die zusätzlich gewinnmindernd berücksichtigt wird." und Heinrich, in Doralt/Heinrich, EStG, §10 Tz 16: "Aufwandseitige Freibeträge, die zum Zwecke der Investitionsförderung gewährt werden, stellen Betriebsausgaben dar ..."

Damit erweisen sich die vom Bw. (vgl. Beiser in, SWK 2006, S 905) vertretene Rechtsansicht, der Freibetrag für investierte Gewinne sei keine Betriebsausgabe, sondern eine Investitionsbegünstigung, als verfehlt und das Begehren des Bw. somit als unberechtigt.

Dass bei Inanspruchnahme der Basispauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 kein Freibetrag für investierte Gewinn gemäß § 10 EStG 1988 zusteht, wird auch überwiegend von der Fachliteratur vertreten (Jakom/Kanduth-Kristen EStG § 10 Rz 8, Zorn, aaO. § 10 Tz 3; Heinrich, aaO, §10 Tz 14, Atzmüller in, SWK 2006, S 864).

Auf die vom Bw. genannte Tz der Einkommensteuerrichtlinien (EStR 2000 Rz 3701) hat das Finanzamt weder im bekämpften Bescheid, noch im Verfahren erster oder zweiter Instanz Bezug genommen. Die in dieser Tz geäußerte bloße Rechtsmeinung des Bundesministeriums für Finanzen ist auch auf Grund der Präambel der EStR 2000 selbst für die dem BMF nachgeordneten Finanzämter gar nicht bindend. Die Mitglieder des Unabhängigen Finanzsenates sind überdies durch die Verfassungsbestimmung des § 271 BAO in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden.

Dem Bw. ist insoweit beizupflichten, dass es in Anbetracht der Möglichkeit als den strittigen Freibetrag vermittelnde Investition auch - gar keiner ordentlichen Abnutzung unterliegende - Wertpapiere als Wirtschaftsgüter anzuschaffen, nicht darauf ankommt, ob durch eine Pauschalierung die Absetzung für Abnutzung abgegolten ist oder nicht.

Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist jedoch auch aus der Textierung des § 17 Abs. 1 EStG 1988 die Absicht des Gesetzgebers erkennbar, neben den pauschalierten Betriebsausgaben nur die dort taxativ aufgezählten Ausgaben als gewinnmindernde Posten zuzulassen (vgl. VwGH 22.02.2007, 2002/14/0019). Das Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 12% der Umsätze nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 übersteigt meist die Erfahrungswerte und wirkt dann wie eine undifferenzierte Steuerbegünstigung (Doralt, aaO, §17 Tz 5). Der Bw. hätte bei (normaler) Ermittlung seines Gewinnes nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 (Verzicht auf die Basispauschalierung) den Freibetrag für investierte Gewinne lukrieren können. Die vom Bw. angestrebte kumulative Beanspruchung beider Begünstigungen - Basispauschalierung und Freibetrag für investierte Gewinne - scheint mit dem das Einkommensteuerrecht beherrschenden Grundsatz der Berücksichtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit (vgl. Doralt/Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts, Band I, 9. Auflage, S 17 Rz 22) auch nicht mehr vereinbar.

Aus all diesen Gründen konnte der Berufung kein Erfolg beschieden sein.

Der Bw. hat seine ursprünglich entsprechend der Branchenkennzahl 405 als Handelsvermittlung bezeichnete Tätigkeit als Handelsvertreter unbestritten selbständig und nicht als Dienstnehmer ausgeübt. Handelsvertreter, die selbständig tätig sind, erzielen nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 20.03.1985, 83/13/0070, 10.04.1985, 83713/0154, und 15.09.1971, 511/71) jedoch Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Auf Grund der Durchschnittssatzverordnung für Handelsvertreter, BGBl II 2000/95 idF BGBl II 2001/416, können im Rahmen der Gewinnermittlung für deren Tätigkeit die taxativ aufgezählten Betriebsausgaben für Tagesgelder iSd § 4 Abs. 5 iVm § 26 Z 4 EStG 1988, im Wohnungsverband gelegene Räume, die Bewirtung von Geschäftsfreunden sowie üblicherweise nicht belegbare Betriebsausgaben wie Trinkgelder und Ausgaben für auswärtige Telefongespräche mit einem Durchschnittssatz von 12% der Umsätze, höchstens jedoch mit 5.825,00 € jährlich abgesetzt werden.

Der Bw. hat nun im Rahmen der Ermittlung seines Gewinnes als Handelsvertreter ein Betriebsausgabenpauschale von 12% in Höhe von 8.882,76 € geltend gemacht. Über Frage des Vertreters des Finanzamtes unter Hinweis auf die betragliche Beschränkung des Handelsvertreterpauschales in der mündlichen Verhandlung wurde seitens des Bw. außer Streit gestellt, dass er auch für diese Handelsvertretertätigkeit die Basispauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 in Anspruch nimmt. Dies entspricht auch seiner über Finanzonline abgegebenen Einkommensteuererklärung betreffend diese Tätigkeit.

Sind die Anwendungsvoraussetzungen mehrerer Pauschalierungsarten erfüllt, kann der Steuerpflichtige (jeweils für Zwecke der Einkommensteuer und für Zwecke der Umsatzsteuer unabhängig) frei wählen, welche der in Betracht kommenden Pauschalierungen er in Anspruch nimmt (vgl. Doralt, EStG, 6. Auflage, § 17 Tz 70/6 unter Hinweis auf EStR 2000, Rz 4252).

Aus der vom Bw. getroffenen Wahl der Basispauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 folgt jedoch, dass ihm im Lichte obiger Ausführungen zu seiner Tätigkeit nach § 22 Z 2 EStG 1988 der Freibetrag für investierte Gewinne von 5.500,00 € im bekämpften Bescheid zu Unrecht zuerkannt worden ist. Der bekämpfte Bescheid ist daher insoweit abzuändern.

Rechnerische Darstellung:

Einkünfte selbständige Arbeit Erstbescheid

83.558,17 €

abzügl. bisherige Handelsvertretereinkünfte

- 49.654,20 €

Einkünfte aus selbständiger Arbeit lt. BE

33.903,97 €

Einkünfte aus Gewerbebetrieb Erstbescheid

 

- 594,19 €

Einkünfte als Handelsvertreter

  

Betriebseinnahmen

74.023,00 €

 

Sozialversicherungsbeiträge

- 9.986,04 €

 

übrige pauschale Betriebsausgaben 12 %

- 8.882,76 €

 

Freibetrag für investierte Gewinne (§ 10)

0,00 €

 

Gewinn

 

55.154,20 €

Einkünfte aus Gewerbebetrieb lt. BE

 

54.560,01 €

Aus all diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Beilagen: Niederschrift der mündlichen Verhandlung 1 Berechnungsblatt

Linz, am 15. Juli 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 17 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 22 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Basispauschalierung, Freibetrag für investierte Gewinne, fiktive Betriebsausgabe, Wahlrecht zwischen Pauschalierungsarten, Gesellschafter-Geschäftsführer, selbständiger Handelsvertreter

Stichworte