Anwendbarkeit des § 67 Abs. 8 EStG auf Verdienstentgangentschädigung, die den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnen ist
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw,Adresse, vertreten durch Ing. Mag. Dr. Engstler Hubert, 6774 Tschagguns, Zelfenstraße 24a, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch betreffend Einkommensteuer 2006 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Der steuerliche Vertreter der Berufungswerberin (Bw) hat in einer Ergänzung vom 3. Jänner 2007 zur Einkommensteuererklärung 2006 mitgeteilt, der "Verdienstentgang" der Bw für das Jahr 2005 sei mit 15.384,00 € am 18. Jänner 2006 zugeflossen. Mit Hinweis auf § 67 Abs. 8 EStG sei 1/5 (3.069,60 €) als steuerfrei abgezogen und nur 12.278,40 € als steuerpflichtige Lohneinkünfte erklärt worden.
Im Einkommensteuerbescheid 2006 vom 1. Februar 2008 hat das Finanzamt neben den Pensionseinkünften der Bw die Zahlung (Verdienstentgang) in zugeflossener Höhe (15.384,00 €) bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit erfasst. Da es sich bei dem Verdienstentgang nicht um eine Zahlung gemäß § 67 Abs. 8 EStG handle, könne eine steuerliche Begünstigung nicht gewährt werden.
Mit Schriftsatz vom 7. Februar 2008 hat der Bw gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 fristgerecht (Eingang 12. Februar 2008) berufen. Er habe in Ergänzung zur Einkommensteuererklärung 2006 mitgeteilt, dass der Verdienstentgang für das Jahr 2005 mit 15.348 € am 18.1.2006 zugeflossen sei. Mit Hinweis auf § 67 Abs. 8 EStG sei 1/5 (3.069,60 €) als steuerfrei abgezogen und nur 12.278,40 € als steuerpflichtige Lohneinkünfte ohne Lohnsteuerabzug erklärt worden. Diese steuerliche Begünstigung sei nicht zuerkannt worden. Alternativ beantrage er die Besteuerung nach § 67 Abs. 1 bzw. 3 EStG.
Das Finanzamt hat die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 21. Februar 2008 im Ergebnis mit der Begründung, § 67 Abs. 8 EStG könne nicht zur Anwendung gelangen, da im gegenständlichen Fall im Jahr 2006 nur der Verdienstentgang des Jahres 2005 und nicht Einkünfte mehrerer Jahre zusammengeballt zur Auszahlung gelangt seien, abgewiesen. Das Eventualbegehren erweise sich ebenfalls als unbegründet, da weder sonstige, einmalige Bezüge (z.B. 13. und 14. Monatsbezug) noch eine Abfertigung zur Auszahlung gelangt seien.
Daraufhin hat der steuerliche Vertreter der Bw mit Schriftsatz vom 25. März 2008 den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt und nach Wiedergabe des Berufungsvorbringens begründend auf das beigelegte Schreiben des RA Dr. Michael Battlogg vom 28. Februar 2008 verwiesen. In diesem an den steuerlichen Vertreter gerichteten Schreiben (Aufforderung zur Einbringung des Vorlageantrages) hat der Rechtsanwalt der Bw im Wesentlichen darauf verwiesen, hätte sie keinen Unfall gehabt, hätte sie ein steuerbegünstigtes 13. und 14. Monatsgehalt bezogen. Die Begründung zur Berufungsvorentscheidung laufe im Wesentlichen darauf hinaus, dass die aus dem Rechtstitel des Schadenersatzes geleisteten Beträge steuerlich schlechter behandelt werden würden als jene ursprünglichen Einnahmen der Bw, welche durch die nunmehrigen Schadenersatzbeträge abgegolten werden sollten. Der Verdienstentgang sei steuerlich genau so zu behandeln wie jene Einkünfte, die er ersetzen solle.
Über die Berufung wurde erwogen:
Im gegenständlichen Fall ist zwischen den Parteien des Verfahrens strittig, ob die der Berufungswerberin (im Weiteren Bw genannt) am 18. Jänner 2006 zugeflossene Verdienstentgangentschädigung für das Jahr 2005 in Höhe von 15.348,00 € gemäß § 67 Abs. 8 EStG 1988 begünstigt zu besteuern ist.
Laut Pkt. 2. des Spruches des bereits dem Finanzamt vorgelegten Urteiles des Landesgerichtes Feldkirch vom xx, Zl., wird zwischen den Streitteilen (das sind die Bw als Klägerin, A und die B Versicherung AG als Beklagte) festgestellt, dass die beklagten Parteien der klagenden Partei (Bw) für sämtliche Spät- und Dauerfolgen resultierend aus dem Verkehrsunfall vom xxx in X zu haften haben, wobei die Haftung der zweitbeklagten Partei mit der Haftpflichtversicherungssumme zum Unfallzeitpunkt begrenzt ist.
Mit Begleitschreiben vom 8. Juni 2008 hat der steuerliche Vertreter der Bw ein an ihn gerichtetes Schreiben des Rechtsanwaltes Dr. Michael Battlogg vom 3. Juni 2008 übermittelt, wonach bezugnehmend auf das Feststellungsurteil des Landesgerichtes Feldkirch die gesamten geltend gemachten Verdienstentgänge im Korrespondenzweg zwischen der Haftpflichtversicherung und seiner Kanzlei abgewickelt worden seien. Aufgrund des vorangegangenen Urteils des Landesgerichtes Feldkirch vom 15.1.2004 seien diese Ansprüche "dem Grunde nach" nicht mehr strittig gewesen.
Diese Aussage (Abwicklung der Ansprüche im Korrespondenzweg) bestätigt sich durch den Inhalt einer im Veranlagungsakt der Bw abgelegten E-Mail vom 30. September 2004 eines Mitarbeiters der B Versicherung AG, Herrn C, an RA Dr. Battlogg. Aus dieser geht zur Berechnung des Verdienstentganges von 15.348 € für 2004 Folgendes hervor:
"Zum Verdienstentgang ergibt sich derzeit für uns an Hand der Auskunft der PV, dass im Jahr 2004 938,23 € brutto, 14 x bezahlt wurden. Ausgehend von DF - berechnet auf 12 Monate - ergibt sich für das Jahr 2004:
Monatlicher BruttoVE | 2.374,00 € (berechnet auf 12 Monate) |
Abzüglich Zahlung der PV | 1.095,00 € (ebenfalls berechnet auf 12 Monate / 938,23 € x 14 / 12 |
Ergibt VE pro Monat | 1.279,00 € x 12 = 15.348,00 € |
Aus dieser Berechnung des "Verdienstentganges" geht somit hervor, dass der Verdienstentgang für das Jahr 2004 die (der Bw entgangenen) Bruttoeinkünfte in Höhe von 14 Gehältern, berechnet auf 12 Gehälter umfasst. Auf Grund des Umstandes, dass die Berechnung sowohl des Brutto-Verdienstentganges als auch der Abzug in Höhe der Zahlungen der Pensionsversicherung auf Basis von 14 Gehältern erfolgt ist, kann davon ausgegangen werden, dass entgegen der Feststellung des Finanzamtes mit dem Schadenersatz für Verdienstentgang auch sonstige Bezüge (13., 14. Monatsgehalt) abgegolten wurden, die der Bw, wäre sie nicht durch den Verkehrsunfall arbeitsunfähig geworden, im Rahmen eines Dienstverhältnisses vom Arbeitgeber neben dem laufenden Gehalt bezahlt worden wären.
Da der Verdienstentgang, der der Bw für das Jahr 2005 im Jahr 2006 zugeflossen ist, betraglich mit jenem des Jahres 2004 übereinstimmt, kann unbedenklich davon ausgegangen werden, dass sich hinsichtlich der Berechnung gegenüber dem Vorjahr keine Änderung ergeben hat.
Gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a gehören zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 auch Entschädigungen, die gewährt werden als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen einschließlich eines Krankengeldes und vergleichbarer Leistungen.
Einkünfte iSd. § 2 Abs. 3 leg. cit. sind gem. dessen Z. 4 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a 1. Satz EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis.
Entschädigungen fallen dann unter § 32 Z 1 lit. a EStG 1988, wenn auch die Einnahmen, für die Ersatz geleistet wird, steuerpflichtig wären (vgl. VwGH 27.6.2000, 99/14/0330). Zu den Entschädigungen nach Z 1 lit a leg. cit. gehören Entschädigungen für Verdienstentgang (vgl. Doralt, EStG4, § 32 Tz 46 "Einzelfälle von Entschädigungen nach Z 1 lit a und b", EStR 2000, Rz 6878 mit Verweis auf VwGH 26.1.1993, 88/14/0108). Wie der VwGH im Erkenntnis vom 19.3.2002, 96/14/0087 ausgesprochen hat, besteht nach § 32 Z 1 EStG für den Ersatz des Bruttolohnes, also des Nettolohnes und der darauf entfallenen Einkommensteuer Steuerpflicht (vgl. auch das dort angeführte Erkenntnis des VwGH vom 8.10.1998, 97/15/0135; zur Bemessung des Verdienstentganges vgl. z.B. OGH 2 Ob 133/60).
Da die Bw vor ihrem Unfall nichtselbständig tätig war, ist der Schadenersatz für Verdienstentgang (als Anspruch iSd. § 1325 ABGB) den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG 1988) zuzuordnen (vgl. nochmals VwGH 27.6.2000, 99/14/0330).
Dass eine Entschädigung für Verdienstentgang auf Grund § 32 Z 1 lit a EStG 1988 der Steuerpflicht unterliegt und deren Zuordnung auf Grundlage dessen, dass die Bw vor ihrem Unfall in einem Dienstverhältnis gestanden ist, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wird vom steuerlichen Vertreter der Bw nicht in Zweifel gezogen. Damit kann davon ausgegangen werden, dass diese Einkünfte den Einkünften aus einem bestehenden bzw. früheren Dienstverhältnis iSd. § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 gleichgesetzt werden.
Gem. § 67 Abs. 8 lit. a erster Satz EStG 1988 idF Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, gilt für die nachstehend angeführten sonstigen Bezüge Folgendes:
a) auf gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichen beruhende Vergleichssummen, sind, soweit sie nicht nach Abs. 3, 6 mit dem festen Steuersatz zu versteuern sind, gemäß Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Fünftel steuerfrei zu belassen.
Tatbestandsmäßige Voraussetzung für die Begünstigung ist somit lediglich das Anfallen einer Vergleichssumme, die auf einem gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich beruht.
Die nachfolgenden Änderungen des § 67 Abs. 8 lit a EStG durch BGBl. Nr. I 100/2002 erfolgten iZm. dem Erlassen des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes (BMVG), BGBl. Nr. I 100/2002 (In Kraft Treten 31.12.2002), sind fallbezogen aber nicht heranzuziehen.
Auch wenn nach der Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich sonstige Bezüge iSd. des § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 Zahlungen aus einem Dienstverhältnis sind, die auf einem gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich beruhen (vgl. Doralt/Knörzer, EStG10, § 67 Tz 82), gebietet nach Ansicht der Referentin die Subsumption einer Verdienstengangentschädigung (als Ersatz für entgangene bzw. entgehende Einnahmen) unter § 32 Z 1 lit. a EStG 1988 und die fallbezogen aus der vor dem Unfall ausgeübten nichtselbständigen Tätigkeit resultierende Zuordnung zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, die auch vom Finanzamt nicht in Frage gestellt wurde, bei Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen gemäß § 67 Abs. 8 EStG lit. a EStG1988, die Anwendung der Bestimmung auch auf Verdienstentgangentschädigungen. Diesfalls ist die Begünstigung ebenso zu gewähren wie im Fall, dass derartige Vergleichssummen von einem Arbeitgeber an den Arbeitnehmer bezahlt werden. Auch eine verfassungskonforme Interpretation dieser Bestimmung würde zu diesem Ergebnis führen. Die verfassungskonforme Interpretation des Gesetzes ist ein Ausdruck der allgemeinen Auslegungsmaxime, dass im Zweifel kein Rechtsakt so zu verstehen ist, dass er fehlerhaft erscheint (VwGH 26.4.2006, 2005/12/0251). Aus dem Wortlaut des § 67 Abs. 8 lit. a erster Satz ergibt sich jedenfalls nicht, dass die Vergleichssumme vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer bezahlt werden muss.
Ein anderes Ergebnis würde nach Ansicht der Referentin auch dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und dem Leistungsfähigkeitsprinzip widersprechen.
Ausgehend davon ist lediglich noch zu prüfen, ob die tatbestandsmäßigen Voraussetzung des § 67 Abs. 8 lit. a fallbezogen verwirklicht werden.
Im gegenständlichen Fall steht fest, dass das Landesgericht Feldkirch in Pkt. 2. des Urteilsspruches zu Zl. die Haftung der Beklagen für sämtliche Spät- und Dauerfolgen aus dem Verkehrsunfall dem Grunde nach festgestellt hat, wobei die Haftung der zweitbeklagten Partei (B Versicherung AG) mit der Haftpflichtversicherungssumme zum Unfallzeitpunkt begrenzt wurde. Da das Gericht die Haftung für Spät- und Dauerfolgen (Anmerkung der Referentin des UFS: zu denen u.a. die vom Gericht festgestellte "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" Berufsunfähigkeit der Bw gehört) aber nur dem Grunde nach festgestellt hat, bedurfte es erst , insbesondere auch hinsichtlich der Höhe daraus resultierender Ansprüche (wie u.a. auf Ersatz des Verdienstentganges), einer Einigung des Vertreters der Bw (ihres Vertreters RA Dr. Battlogg) mit der B Versicherung. Wie sich aus dem Schreiben des Rechtsanwaltes vom 3. Juni 2008 ergibt, wurde zunächst im Verfahren GZ unter anderem Verdienstentgang für die Jahre 2001, 2002 und 2003 gerichtlich geltend gemacht. Auf eine Ausdehnung (gemeint wohl auf Verdienstentgang für weitere Jahre) wurde verzichtet, weil die "Gegenseite" diesbezüglich mit Erklärung vom 27.1.2004 auf den Einwand der Verjährung verzichtet hat. Mit im Veranlagungsakt erliegenden Schreiben der B Versicherung AG an RA Dr. Battlogg wurde sodann seitens der Versicherung der Verdienstentgang 2001 bis Dezember 2003 (unpräjudiziell) der Höhe nach mit 35.086,49 € außer Streit gestellt. Wie sich aus der aktenkundigen E-Mail vom 30. September 2004 ergibt, wurde die Verdienstentgangentschädigung für das Jahr 2004 erst am 30. September 2004 errechnet und mit diesem Schreiben die Überweisung eines Betrages von 15.348 € für 2004 angekündigt. Aus dem Schreiben ergibt sich nicht, dass der Verdienstentgang für 2005 in der gleichen Höhe zur Auszahlung gelangen wird. Damit kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Zahlung für das Jahr 2005 bereits zum damaligen Zeitpunkt der Höhe nach festgestanden hat. Die Versicherung hat vielmehr darauf hingewiesen, sie möchte die Rentenberechnung erst 2005 beginnen, da die PV (Pensionsversicherung) mitgeteilt habe, dass im Frühjahr (?) 2005 eine Neuberechnung stattfinden werde, und auch der Deckungsfonds geprüft werden müsste.
Sohin kann zweifelsfrei festgestellt werden, dass die Ansprüche der Bw für das Jahr 2005 aus dem Titel Schadenersatz für Verdienstentgang weiterhin der Höhe nach zweifelhaft waren und entweder verglichen werden mussten oder, falls eine außergerichtliche Einigung über das Ausmaß der Entschädigung für 2005 nicht zustande gekommen wäre, die Bw den Zivilrechtsweg beschreiten hätte müssen.
Die Referentin des UFS geht in Würdigung der Gesamtumstände des vorliegenden Falles daher davon aus, dass es sich bei der Zahlung für 2005 um eine Vergleichssumme im Sinne des § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 idgF handelt, zumal es hinsichtlich der Höhe zu einer jahreweisen außergerichtlichen Einigung zwischen dem Rechtsanwalt der Bw und der Versicherung gekommen ist. Eine Vergleichssumme kann auch - wie sich bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt - auf einem außergerichtlichen Vergleich beruhen. Der Begriff Vergleich wird von der Judikatur in wirtschaftlicher Betrachtungsweise ausgelegt, sodass auch eine Einigung im Korrespondenzweg als außergerichtlicher Vergleich anzusehen ist. Soweit das Finanzamt in der Begründung zum Einkommensteuerbescheid 2006 die Ansicht vertreten hat, es handle sich bei dem Verdienstentgang um keine Zahlung gemäß § 67 Abs. 8 EStG, fehlt im Übrigen eine sachverhaltsbezogene Begründung, auf die einzugehen wäre.
Die Referentin vermag sich im Übrigen auch der Beurteilung des Finanzamtes (vgl. Begründung zur Berufungsvorentscheidung, drittletzter Absatz), wonach die Begünstigung iSd. § 67 Abs. 8 deshalb nicht zu gewähren sei, weil im Jahr 2006 nur der Verdienstentgang des Jahres 2006 und nicht Einkünfte mehrerer Jahre zusammengeballt zur Auszahlung gelangt seien, nicht anzuschließen.
Der VwGH hält es im Erkenntnis vom 18.3.1991, 90/14/0053 bezüglich einer als Kündigungsentschädigung bezeichneten Zahlung in Höhe eines Jahresgehaltes, die er als Zahlung für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume qualifizierte, "auch vom Zweck der Regelung her" für gerechtfertigt, die in Rede stehende Begünstigung des § 67 Abs. 8 EStG zu gewähren, da es sich um zusammengeballte Einkünfte handle, die in einem Lohnzahlungszeitraum anfallen. Auch wenn gegenständlich keine Zahlung für den Verzicht auf Arbeitsleistungen zu beurteilen ist, kommt der Aussage fallbezogen Bedeutung zu, zumal der VwGH allgemein vom Zweck der Regelung des § 67 Abs. 8 EStG spricht.
Daraus ergibt sich unzweifelhaft, dass bereits nach der Rechtslage zum EStG 1972 "zusammengeballte Einkünfte" auch bei einer Zahlung in Höhe eines Jahresgehaltes vorlagen. Im Übrigen hat das Finanzamt die Ausführungen des VwGH im Erkenntnis vom 15.12.1992, 91/14/0158 unvollständig wiedergegeben. Laut Begründung zur Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes sollen mit der Bestimmung des § 67 Abs. 8 EStG Progressionsverschärfungen durch sonstige Bezüge vermieden werden, die "in typischer Betrachtungsweise mit einem Zeitraum von mehr als einem Kalenderjahr im Zusammenhang stehen". Die tatsächliche Formulierung im Erkenntnis lautet aber: "Nun besteht der dem § 67 Abs. 8 EStG 1988 entnehmbare Zweck des Gesetzes darin, bestimmten sonstigen Bezügen, die bei typischer Betrachtung einen Zusammenhang mit längeren Zeiträumen eines Dienstverhältnisses als einem Kalenderjahr haben und deren Auszahlung ohne diese Ausnahme nach dem Zuflußprinzip zu einer Erhöhung des laufenden Arbeitslohnes eines Kalenderjahres und damit zu einer Erhöhung des durchschnittlichen Steuersatzes führen würde, diese Erhöhung zu ersparen."
Nach Ansicht der Referentin kann die Formulierung des VwGH nicht so verstanden werden, dass die Begünstigung nur dann gewährt werden kann, wenn "sonstige Bezüge" iSd. § 67 Abs. 8 EStG 1988 (u.a. Vergleichssummen) Einkünfte mehrerer Jahre umfassen.
Dass dem Begriff "zusammengeballt" nicht die vom Finanzamt angenommene Bedeutung zukommt, ergibt sich nach Ansicht der Referentin zweifelsfrei aus der laut VwGH dem Zweck der Regelung entsprechenden Auslegung des Begriffes "zusammengeballt" im obig angeführten Erkenntnis vom 18.3.1991, 90/14/0053.
Im Übrigen hat sich die auf den gegenständlichen Fall anzuwendende Rechtslage gegenüber jener, zu der das vom Finanzamt angeführte VwGH-Erkenntnis (Beschwerdejahr 1989) ergangen ist, grundlegend geändert. Während nach der damaligen Rechtslage die Besteuerung von Vergleichssummen, Kündigungsentschädigungen und Nachzahlungen iSd. § 67 Abs. 8 EStG mit dem Belastungsprozentsatz erfolgte, sind derartige Zahlungen nach § 67 Abs. 8 lit. a bis c idF Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, nach dem Lohnsteuertarif zu versteuern, jedoch bleibt ein Fünftel der Bezüge steuerfrei. Die Steuerfreiheit eines Fünftels der Bezüge dient dabei der pauschalen Berücksichtigung für allfällige steuerfreie Zulagen und Zuschläge oder sonstige Bezüge sowie als Abschlag für einen Progressionseffekt durch die Zusammenballung von Bezügen und bleibt auch bei einer allfälligen Veranlagung erhalten (vgl. dazu Doralt/Knörzer, EStG10, § 67 Tz 77, Sailer, Bernold, Mertens; Die Lohnsteuer in Frage und Antwort, Ausgabe 2008, § 67 Rz 67/62).
Insofern hat diese Bestimmung idgF nunmehr neben dem bisherigen Zweck einer Progressionsmilderung auch den Zweck der pauschalen Berücksichtigung allfälliger steuerfreier Zulagen und Zuschläge oder sonstigen Bezüge. Damit hat sich der Gesetzeszweck maßgeblich geändert bzw. erweitert. Auch die Methode, um den Gesetzeszweck zu verwirklichen, ist mit jener der alten Rechtslage nicht vergleichbar (vgl. vorstehende Ausführungen).
Der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass sich aus dem Wortlaut des § 67 Abs. 8 lit. a bis c EStG 1988 kein Tatbestandsmerkmal der "Zusammenballung von Einkünften" und schon gar nicht von Einkünften mehrerer Jahre ergibt. Doralt/Knörzer (vgl. obigen Literaturhinweis) sprechen in ihrer Kommentierung von einer "Zusammenballung von Bezügen". Der Begriff "Einkünfte" unterscheidet sich aber insofern klar vom Begriff Bezüge, als sich Einkünfte aus der Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben (Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten) ergeben, während vom Begriff "Bezug" auch der des Monatsbezuges umfasst ist. Tatsächlich kann auch eine Vergleichssumme (als sonstiger Bezug iSd. § 67 Abs. 8 EStG), die nur mehrere Monate umfasst, steuerfreie Zulagen und Zuschläge oder (anteilige) sonstige Bezüge umfassen, die, wären sie neben dem laufenden Gehalt bezahlt worden, steuerfrei gestellt bzw. begünstigt besteuert worden wären.
Erhält die Bw aber eine Verdienstentgangentschädigung, die 14 (Brutto)Gehälter ersetzt, kann nicht davon ausgegangen werden, es sei damit nur der laufende Bruttolohn abgegolten worden. Dies deckt sich auch mit der Bemessung von Schadenersatz für Verdienstentgang iSd. (der Lehre folgenden) Rspr. des OGH, wonach der Schädiger den Geschädigten so zu stellen hat, wie wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, dass aber der Geschädigten andererseits auch nicht besser gestellt werden darf, als wenn er den Unfall überhaupt nicht erlitten hätte (vgl. OGH 6.5.1960, 2 OB 133/60).
Da der Unabhängige Finanzsenat in Würdigung der Umstände des vorliegenden Falles davon ausgeht, dass es sich bei der Verdienstentgangentschädigung der Bw um eine Zahlung im Sinne des § 67 Abs. 8 lit. a erster Satz EStG 1988 idgF (Vergleichssumme, die auf einem außergerichtlichen Vergleich beruht) handelt und die Auffassung des Finanzamtes nicht teilt, dass dem Begriff "zusammengeballt" die Bedeutung zukomme, dass im Berufungsjahr Einkünfte mehrerer Jahre zur Auszahlung gelangen hätten müssen, um die Begünstigung gewähren zu können, war der Berufung Folge zu geben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Feldkirch, am 24. Juni 2008
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 32 Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Verdienstentgang, steuerliche Begünstigung, sonstige Bezüge, Dienstverhältnis, Vergleichssumme |
Verweise: | VwGH 27.06.2000, 99/14/0330 |