Rechtsunwirksame Zustellung an den Abgabenschuldner statt an den Zustellungsbevollmächtigten
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/17/0094 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. 4.11.2009 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerde des Bf, Adr, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Karl-Heinz Plankel, Dr. Herwig Mayrhofer, Dr. Manuela Schipflinger, Mag. Stefan Ganahl, 6850 Dornbirn, Am Rathauspark, vom 14. August 2006 gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Wolfurt vom 13. Juli 2006, Zahl 910000/xxxxx/2006, betreffend Altlastenbeitrag entschieden:
Der angefochtene Bescheid (Berufungsvorentscheidung) wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Mit dem an den Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: Bf) gerichteten und als Bescheid bezeichneten Schriftstück vom 12. Juni 2006, Zahl 910000/zzzzz/2006 setzte das Zollamt Wolfurt für das I., III und IV. Quartal 1999 sowie das I. und II. Quartal 2002 den Altlastenbeitrag für die in einem Beiblatt zu diesem Schriftsatz angeführten Mengen an "Baurestmassen" und "übrigen Abfällen" fest.
Die dagegen erhobene Berufung vom 6. Juli 2006 wurde mit Berufungsvorentscheidung vom 13. Juli 2006 als unbegründet abgewiesen.
Gegen die Berufungsvorentscheidung wurde mit Eingabe vom 14. August 2006 der Rechtsbehelf der Beschwerde erhoben und darin unter anderem beantragt, die Beschwerde mit dem Verfahren Zahl 900/nnnnn/2001 (Beschwerde an den Unabhängigen Finanzsenat vom 6. Juli 2006) zu verbinden und den angefochtenen Bescheid dergestalt abzuändern, dass nach Verbindung der beiden Verfahren insgesamt die Beitragsschuld auf Basis einer Abfalltonnage von 10.741,01 Tonnen ermittelt wird.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Der Entscheidung wurde folgender relevante Sachverhalt zu Grunde gelegt:
Mit Bescheid des Hauptzollamtes Feldkirch vom 17. September 2001 wurden gegenüber dem Bf gemäß § 201 BAO Altlastenbeiträge für die Anmeldungszeiträume I bis IV Quartal 2000 und I. bis III Quartal 2001 in Höhe von insgesamt ATS 595.119,00 festgesetzt.
Dagegen wurde mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2001 Berufung erhoben, wobei sich der Abgabenschuldner durch die auch im gegenständlichen Verfahren vertretenden Rechtsanwälte vertreten ließ.
In den jeweiligen in dieser Angelegenheit - Ablagerung von insgesamt 16.068,67 Tonnen "Baurestmassen" und 41,94 Tonnen "übrige Abfälle" - eingebrachten Schriftsätzen wurde stets unter Berufung auf § 8 Rechtsanwaltsordnung auf die erteilte Prozess- und Geldvollmacht verwiesen. Dementsprechend wurden in weiterer Folge in den Erledigungen der Zollbehörde die Vertreter als Empfänger bezeichnet und ihnen die Bescheide zugestellt.
Im Zuge der weiteren Ermittlungen stellte sich heraus, dass ein Teil der dieses Verfahren betreffenden Gesamtabfallmenge auch in den Anmeldungszeiträumen I., III und IV. Quartal 1999 sowie I. und II. Quartal 2002 abgelagert wurde.
Die Vorschreibung der Altlastenbeiträge hiefür erfolgte mit der bescheidgegenständlichen Erledigung vom 12. Juni 2006. Als Empfänger wurde in diesem Fall der Bf selbst angeführt und das Schriftstück diesem am 15. Juni 2006 zugestellt.
Beweiswürdigung:
Der relevante Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Abgabenakt zu Zahl 900/nnnnn/2001 und 910000/xxxxx/2006, insbesondere der darin enthaltenen Zustellnachweise.
Rechtliche Würdigung:
Gemäß § 85b Abs. 3 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) iVm § 273 Abs. 1 lit a) hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht zulässig ist.
Mit Berufung anfechtbar sind nur Bescheide. Daher sind Berufungen gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen (vgl. Ritz, BAO3, § 273 Tz 6).
Gemäß § 9 Abs. 3 Zustellgesetz (ZustG) in der für den maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 10/2004) ist ein Zustellungsbevollmächtigter als Empfänger zu bezeichnen, soweit ein solcher bestellt und gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.
In dem als Bescheid bezeichneten Schriftstück vom 12. Juni 2006, Zahl 910000/zzzzz/2006, wurde der nunmehrige Bf selbst als Empfänger genannt und ihm das Schriftstück am 15. Juni 2006 auch zugestellt.
Unterbleibt aber entgegen § 9 Abs. 3 ZustG die Bezeichnung des Zustellungsbevollmächtigten als Empfänger und erfolgt die Zustellung an den Vertretenen, so ist sie unwirksam. Eine Sanierung nach § 7 ZustG ist bei falscher Empfängerbezeichnung nicht möglich (vgl. Ritz, BAO3, § 9 Zustellgesetz Tz 24).
Die in der Fassung vor der Novelle des ZustG durch das BGBl. I Nr. 10/2004 enthaltene Bestimmung, dass mit dem tatsächlichen Zukommen an den Zustellungsbevollmächtigen die Zustellung als bewirkt gilt (§ 9 Abs. 1 ZustG), war im maßgeblichen Zeitraum nicht mehr in Kraft.
Die als Abgabenbescheid intendierte Erledigung der Abgabenbehörde erster Instanz ist daher mangels rechtswirksamer Zustellung als Bescheid rechtlich nicht existent geworden. Das Zollamt hätte daher die Berufung als unzulässig zurückweisen müssen. Die Entscheidung in der Sache war rechtswidrig.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Innsbruck, am 23. April 2008
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Zoll |
betroffene Normen: | § 85b Abs. 3 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 |
Schlagworte: | Zustellung, Zustellungsbevollmächtigter, Berufung |