Feststellungen über die schuldhafte Pflichtverletzung
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des MS, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom 30. September 2004 betreffend Haftung gemäß § 9 BAO entschieden:
Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Kapitalertragsteuer 1996 in Höhe von € 26.106,45 gemäß § 289 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufgehoben wird.
Entscheidungsgründe
Mit Haftungsbescheid vom 30. September 2004 nahm das Finanzamt den Berufungswerber (Bw.) als Haftungspflichtigen gemäß § 9 Abs. 1 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der S-GmbH im Ausmaß von € 75.456,43 in Anspruch.
In der dagegen eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber (Bw.) im Wesentlichen aus, dass er den Haftungsbescheid und den zugrundeliegenden Bescheid des Finanzamtes für Körperschaften vom 7. Oktober 1997 bekämpfe und in ihrem gesamten Umfang anfechte.
Aus den Beilagen ergebe sich, dass aus Sicht der betroffenen Firmen immer nur AB und RR als Ansprechpartner angeführt worden seien. RR habe sich als Gesellschafter der S-GmbH im gemeinschaftlichen Büro befunden und habe Zugang zu Stempel und Briefpapier gehabt. So sei es ihm gelungen, für die Firma zu quittieren und den Geschäftsfall am Bw. als Geschäftsführer vorbeizuschwindeln.
Auch sei auszuführen, dass entgegen den Annahmen des Grundlagenbescheides lediglich verdeckte Gewinnausschüttungen nach Maßgabe des Folgenden an RR (Haftungsdurchgriff) vorliegen könnten. Es seien im Bescheid des Finanzamtes für Körperschaften über den Prüfungszeitraum 1996 bzw. 1-8/97 der S-GmbH an Kapitalertragsteuer Beträge von € 26.106,45 und € 14.382,03 vorgeschrieben worden, für die der Bw. nun haften solle. Diese verdeckten Gewinnausschüttungen seien unzutreffend ermittelt worden.
Selbst wenn es sich um verdeckte Ausschüttungen an die Gesellschafter gehandelt habe, liege keine Haftung des Bw. vor. Es sei eben nicht möglich gewesen, die betrügerischen Handlungen von RR, AB und GM so rechtzeitig zu enttarnen, dass sie gestoppt bzw. unterbunden hätten werden können. Durch die in den Beilagen dafür vorgebrachten und vorgelegten Beweise sei dargetan bzw. sichergestellt, dass die der Gesellschaft vorgeschriebenen Abgaben nicht etwa wegen einer schuldhaften Verletzung der dem Bw. als Geschäftsführer obliegenden Pflichten hätten eingebracht werden können (gemeint wohl: nicht hätten eingebracht werden können), sondern durch kriminelles Verhalten Dritter eine allenfalls tatsächlich entstandene Zahlungspflicht nicht habe erfüllt werden können.
Daneben werde der Bw. auch zur Haftung für Abgaben herangezogen, die nicht in seinen Zuständigkeitszeitraum als Geschäftsführer entfielen. Daher sei auch die anteilige, nur im Schätzungswege ermittelte Umsatzsteuer bis 11/1996 (SB habe bis 20. November 1996 für die Gesellschaft verantwortlich gezeichnet) für die Vorgänge Videothek, Gerüst, Getränkeerlöse, Automaten schon allein aus diesem Grunde auszuscheiden. Wie hätte der Bw. mangels Vorliegens von Unterlagen eine Umsatzsteuer für diesen Zeitraum ermitteln können?
Es sei zwar richtig, dass die gesetzmäßigen Aufzeichnungen nicht ordnungsgemäß geführt worden seien. Dies habe jedoch seinen Grund darin gehabt, dass Unterlagen vorbeigeschwindelt worden seien und - folge man den obigen Ausführungen - von der Gesellschaft nach dem Wissenstand des Bw. gar keine Umsätze getätigt worden seien, sodass aus Sicht des Bw. eine de facto nicht tätige Gesellschaft vorhanden gewesen sei, mit der erst in Zukunft entsprechende Projekte hätten durchgeführt werden sollen. Von den getätigten Umsätzen, wie auch jener der Terrassensanierung B habe der Bw. erst später erfahren. Die im Bescheid des Finanzamtes für Körperschaften ermittelte Umsatzsteuer gründe sich auf die unzutreffenden Annahmen über das Gerüst (mit dem kein Umsatz erzielt worden sei), Materialerlöse (die der Firma S betrügerisch für fremde Baustellen im Namen und auf Rechnung der Gesellschaft herausgelockt worden seien), Getränke, die gratis abgegeben oder gestohlen (Einbruch in Videothek) worden seien etc. Lediglich bei der Terrassensanierung sei von einer Umsatzsteuerbelastung auszugehen.
Ebensowenig sei dem Bw. eine Körperschaftsteuer anzulasten. Die Gesellschaft sei zumindest seit Mai 1997 untätig und löschungsreif und liege keine Verkürzung vor, wenn eine Tätigkeit gar nicht oder nicht mehr ausgeübt worden sei. Im Übrigen habe der Bw. sein Äußerstes getan, um die Löschung herbeizuführen, und dies auch bewiesen, sodass dem Bw. auch hier keine Pflichtverletzung anzulasten sei.
Die Schwierigkeiten seien ausschließlich durch Betrug und Unterschlagung (Post) hervorgerufen worden. Der Kreis der handelnden Personen habe sich nicht nur einzig auf RR beschränkt, vielmehr hätten in diesem Kreis noch Gestalten wie GM, AB, HH, Herr G und weitere agiert. RR habe sich in Haft befunden bzw. befinde sich in Haft, solle er doch zuletzt den Sohn von PA und F um einen zweistelligen Millionenbetrag betrogen haben. AB habe sich nach einigen Versuchen in der Baubranche beruflich dem Night-Life gewidmet und habe hier u.a. eine GoGo-Bar nahe dem K betrieben. Die Bezeichneten hätten ohne Wissen und Wollen der Betroffenen unter anderem Kredite aufgenommen, Post (speziell RSa- und RSb-Briefe) unterschlagen, Bestellungen unter Vortäuschung falscher Quellen vorgenommen, Briefe mit gefälschten Briefköpfen versehen und Unterschriften gefälscht. Als Opfer sei man teils über die Möglichkeiten und die Infamie der Handelnden sprachlos. Wer würde nur im Entferntesten annehmen, dass er auf Krediten ohne sein Wissen und Wollen als Kreditnehmer aufscheine, Materialien von Lieferanten ohne jegliche Nachweise durch Unbekannte abgeholt werden könnten? Der Bw. sei eines dieser Opfer.
Der Bw. sei seit 1986 als Angestellter bei der Firma Si beschäftigt. Aus diesem Verhältnis sei dem Bw. eine gezielte Ausbildung zum Projektleiter zuteil geworden. Diese Kenntnisse seien vorweg auch ein Grund für seine Tätigkeiten nebst jener bei Si gewesen. Der Bw. habe RR im Dezember 1995 während eines Krankenhausaufenthaltes kennengelernt. Sie hätten sich auch danach gelegentlich privat gesehen. Bei den Besuchen habe der Bw. vernehmen lassen, dass er eine berufliche Veränderung beabsichtige. Dieses Thema sei von RR im Juni 1996 noch einmal aufgeworfen worden. Damals sei das Angebot gekommen, doch bei ihm in der Firma einzusteigen. Der Bw. sei von der Idee angetan gewesen. In diesem Zusammenhang habe RR vom Bw. zum ersten Mal eine höheren Geldbetrag (250.000,00) erhalten. Dieser habe für eine Nebenstellenanlage und Büroausstattung verwendet werden sollen. Die Anfrage des Bw. beim Kr habe ein famoses Rating von 299 ergeben, jene bei der KK keine wesentlichen Ausstände ergeben. Die durch die damalige Geschäftsführerin SB vorgelegte Zwischenbilanz habe keine wesentlichen Aktiva, aber auch keine Passiva ausgewiesen. Diese Informationen und die Beteuerungen von RR, dass zwei Bauprojekte demnächst gestartet werden könnten, hätten den Bw. nicht allzu lange zögern lassen. Der Bw. sei in die S-GmbH eingestiegen. Die angepeilten Projekte seien ein Mietobjekt des Herrn O wie auch ein Projekt in der Ki gewesen.
Nachdem der Bw. RR verschiedene Summen für das Unternehmen zur Verfügung gestellt habe, habe er über Ersuchen von RR die Geschäftsführung und folgend auch Anteile der Gesellschaft übernommen. Die Verhandlungen von RR mit Herrn O hätten sich damals - aus dem Bw. nicht ersichtlichen Gründen - zerschlagen. Die laut RR vorhandenen privaten Eigenmittel hätten demnach in den Weiterbau seines Domizils in GE verwendet werden sollen. Im Sommer 1996 sei RR von seinem ehemaligen Geschäftspartner GM gebeichtet worden, dass dieser eine außereheliche Beziehung mit seiner Frau habe. Dies habe zur Zerschlagung der damals bestehenden Bürogemeinschaft in der AG geführt. Infolge des Stillstandes in den Geschäftsaktivitäten habe der Bw. mit der WB einen Beratervertrag abgeschlossen. Die Zahlungen von über DM 15.000,00 sei durch den Bw. persönlich beglichen worden. Dies habe zu Verhandlungen mit der deutschen BG geführt, die leider ohne Ergebnis abgebrochen worden seien. RR sei dann in weiterer Folge in mehrere Autounfälle verwickelt gewesen, die auch Spitalsaufenthalte mit sich gebracht hätten.
Im Frühling 1997 habe der Bw. zum ersten Mal Kenntnis von rechtskräftigen Forderungen gegen die Firma erhalten. RR habe dies damals mit angeblichen psychischen Schwierigkeiten begründet, die sich aus dem Umstand der Zerrüttung der Familie ergeben hätten. Der Bw. habe RR in Folge jede Betätigung für die Firma untersagt und dies in einem Einschreiben an ihn auch kundgetan. Auch habe der Bw. einen Rechtsanwalt mit der Bestreitung von ohne sein Wissen und seinen Willen durch RR für die Gesellschaft eingegangenen Verbindlichkeiten beauftragt, doch seien zu diesem Zeitpunkt bereits Versäumnisurteile ergangen und daraus resultierende Exekutionen anhängig gewesen. Im Juni 1997, zu einer Zeit, in der ein Bauprojekt am W Gestalt - mit persönlicher Haftung durch den Bw. - angenommen habe, habe es den nächsten Tiefschlag gegeben. Es sei ein - in der Folge abgewiesener - Konkursantrag gestellt worden. Der Bw. habe umgehend gemeinsam mit RR bei Gericht vorgesprochen, aber unterschiedlichste Auskünfte erhalten. Ab Sommer 1997 habe sein vorrangiges Augenmerk der Aufarbeitung der Firmengeschichte gegolten. Leider seien dem Bw. hierbei die involvierten Personen nicht sehr auskunftsfreudig gewesen. Sie hätten nach wie vor versucht, den Bw. in die Irre zu führen. Auch auf der Gläubigerseite hätten sich bei Herrn Bö und bei der Firma GA Widersprüche ergeben. Dank seiner unermüdlichen, aufopfernden Arbeit habe der Bw. doch noch Licht in die meisten Vorfälle bringen und in Folge fast ohne Ausnahme alle Verbindlichkeiten abwehren können.
Der Bw. habe nie Kapital aus der Firma geschlagen, weder Bezahlungen noch Dienstleistungen (Handy, Auto). Dem gegenüber habe der Bw. nicht nur seine Barschaften aufgebraucht, sondern sei auch noch Kreditverpflichtungen eingegangen. Dies habe ihn persönlich in den finanziellen Ruin (Gehaltsexekutionen, Vergleiche) gebracht. Die Zahlungen seien zumeist einzig aus der damaligen persönlichen Ohnmacht erwachsen. Wenn dem Bw. etwas vorzuwerfen sei, dann dieses, dass er die finanzielle Unterstützung, die auch RR von ihm erhalten habe, gezielter in die Firma hätte einfließen lassen können. Nach den Aufzeichnungen (Gerichtsprotokoll Causa Bö ) und der Aufstellung der Einzahlungen in die Firma hätten sich die Zahlungen des Bw. auf über S 1 Mio. belaufen. Diesen stünden keinerlei Entnahmen gegenüber.
Im Dezember 1996 sei die Steuerberatungsgesellschaft B-KG vom Bw. mit der Vertretung der S-GmbH betraut worden. Folglich seien von RR via Einschreiben die gesamten Firmenunterlagen eingefordert worden. RR habe nach weiteren Urgenzen beim Steuerberater einen Karton mit Buchhaltungsunterlagen abgegeben. Während die Wirtschaftskanzlei noch mit der Aufarbeitung der Unterlagen beschäftigt gewesen sei, seien die Unterlagen im Zuge eines Kridaverfahrens durch den Wirtschaftsprüfer Dr. KT eingefordert worden. Von Dr. KT seien die Unterlagen zur Gänze wieder an die Betriebsprüfung des Finanzamtes weitergegeben worden. Dem Bw. als Geschäftsführer seien die Buchhaltungsunterlagen für eine Aufarbeitung nicht zur Verfügung gestanden. Erst mit deren Retournierung hätten die Geschäftsfälle aufgearbeitet und die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden können. Auch sei festzuhalten, dass sich der Geschäftsführung keine Umsätze dargestellt hätten bzw. solche bekannt gewesen seien.
Die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom 19. Mai 2005, RV/0520-W/05, womit die Haftung auf die Umsatzsteuer 1996 in Höhe von € 3.820,19, die Kapitalertragsteuer 1996 in Höhe von € 26.106,45 und die Kapitalertragsteuer 1-8/97 in Höhe von € 14.382,83 eingeschränkt wurde, wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. Februar 2008, 2005/13/0094, hinsichtlich der Kapitalertragsteuer 1996 in Höhe von € 26.106,45 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bw. trage zu "Entnahmen" des erwähnten ehemaligen Gesellschafters RR aus einer Videothek vor, er habe davon keine Kenntnis gehabt. Am 29. Juni 1996 sei das "Automatenaufstellgeld" von S 120.000 an RR weitergeben worden. Aufzeichnungen zum "Automatenaufstellgeld" hätten nicht existiert und dem Bw. sei von seiner Vorgängerin als Geschäftsführer dazu nichts mitgeteilt worden. Wie der Bw. die Kapitalertragsteuer hätte einbehalten können, wenn RR alles "hinter dem Rücken der Firma", vermutlich wie auch in anderen Fällen "mit gefälschten Unterschriften kassiert" habe, sei offen. Betrug, Diebstahl und Untreue - allenfalls im Zusammenwirken mit der früheren Geschäftsführerin - könnten nicht einfach dem nachfolgenden Geschäftsführer anlastbare verdeckte Ausschüttungen darstellen.
Mit diesem die Haftung für Kapitalertragsteuer für 1996 betreffenden Vorbringen weise der Bw. ein Verschulden an einer Verletzung der Pflicht zur Abfuhr an Kapitalertragsteuer für eine verdeckte Ausschüttung von sich. Die belangte Behörde habe zwar von der objektiven Richtigkeit der Abgabenvorschreibung auszugehen gehabt, hätte sich aber mit dem das Verschulden bekämpfenden Einwand des Bw. zu befassen gehabt, lasse dies jedoch im angefochtenen Bescheid vermissen.
Der Hinweis allein, auch nach Fälligkeit der diesbezüglichen Kapitalertragsteuer, die allenfalls vor der Aufnahme der Geschäftsführertätigkeit des Bw. eingetreten sei, bestehe die Pflicht des Bw. zur Entrichtung der Abgaben, könne die erforderliche Auseinandersetzung mit diesemVorbringen nicht ersetzen, weil damit offen bleibe, ob der Bw. nicht von der Pflicht zur Abfuhr oder nachträglichen Entrichtung dieser Kapitalertragsteuer ohne sein Verschulden erst zu einem Zeitpunkt (etwa des Erlassens des erwähnten Bescheides des Finanzamtes vom 7. Oktober 1997) Kenntnis erlangt hätte, zu dem nach den Feststellungen der belangten Behörde für die Entrichtung keine Mittel der S-GmbH mehr vorhanden gewesen seien (siehe die Abweisung des Konkursantrages vom 9. April 1997).
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Ist die Berufung weder zurückzuweisen (§ 273) noch als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1, § 275) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 274) zu erklären, so kann die Abgabenbehörde zweiter Instanz gemäß § 289 Abs. 1 BAO die Berufung durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Berufungsvorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Im weiteren Verfahren sind die Behörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im Aufhebungsbescheid dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat. Soweit die Verjährung der Festsetzung einer Abgabe in einer Berufungsentscheidung (Abs. 2) nicht entgegenstehen würde, steht sie auch nicht der Abgabenfestsetzung im den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz entgegen; § 209a gilt sinngemäß.
Die Erledigung von Berufungen gemäß § 289 Abs. 1 BAO liegt im Ermessen der Abgabenbehörde zweiter Instanz. Zweck der Kassationsmöglichkeit des § 289 Abs. 1 BAO ist die Entlastung der Abgabenbehörde zweiter Instanz und die Beschleunigung des zweitinstanzlichen Berufungsverfahrens. Diese Anordnungen des Gesetzgebers würden nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 21.11.2002, 2002/20/0315) zu § 66 Abs. 2 AVG aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, wenn die Berufungsbehörde, statt ihre (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht. Auch sind besonder Gesichtspunkte, die aus Sicht des Bw. gegen eine Kassation des erstinstanzlichen Bescheides sprechen würden, nach der Aktenlage nicht erkennbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 7. April 2008
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Geschäftsführer, schuldhafte Pflichtverletzung, Kassation, Ermessen, Ermittlungsverfahren, Kontrollbefugnis |