UFS RV/0099-G/08

UFSRV/0099-G/0813.3.2008

Familienbeihilfe für Asylberechtigte vor Mai 2004.

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/15/0177 eingebracht. Mit Erk. v. 25.6.2008 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Frau A in XY, vom 12. Mai 2006 gegen die Bescheide des Finanzamtes Oststeiermark vom 19. April 2006 betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab 1. Juni 2002 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert. Die Familienbeihilfe wird ab Juni 2002 bis April 2004 gewährt.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin und ihre Familie sind russische Staatsbürger deren Asylverfahren mit Bescheid vom 3. März 2006 positiv entschieden worden ist

Das Finanzamt gab, unter Hinweis auf die Neuregelung des § 3 Abs. 2 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004, dem Antrag der Berufungswerberin auf Familienbeihilfe für ihre vier Kinder - wie namentlich, mit VNR und Geburtsdaten im Abweisungsbescheid über die Familienbeihilfe vom 19. April 2006 angeführt - nur insoweit statt, als die Familienbeihilfe ab dem Monat der Ausstellung des Asylbescheides - März 2006 - gewährt wurde. Hinsichtlich der Monate Juni 2002 bis Februar 2006 wurde der Antrag abgewiesen.

Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit ihrer Berufung vom 12. Mai 2006 und führt zusammenfassend aus, dass sie mit dem Abweisungsbescheid nicht einverstanden sei und dieser Bescheid nicht der Flüchtlingskonvention entspräche.

Mit Bericht vom 23. Juni 2006 legte das Finanzamt Oststeiermark die Berufung aus verwaltungsökonomischen Gründen, ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung, dem unabhängigen Finanzsenat zu Entscheidung vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 3 FLAG idF vor der mit dem Pensionsharmonisierungsgesetz, BGBl. I Nr. 142/2004, vorgenommenen Änderung lautet:

§ 3 Abs. 1 FLAG 1967: Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt.

Abs. 2 leg. cit: Abs. 1 gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und für Flüchtlinge im Sinne des Art. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtling vom 18. Juli 1951, BGBl. Nr. 55/1955, und des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974.

Artikel 22 des Pensionsharmonisierungsgesetzes, BGBl. I Nr. 142/2004, lautete auszugsweise:

"Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967

Das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl.Nr. 376, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl.I Nr. 110/2004, wird wie folgt geändert:

1. § 3 Abs. 2 lautet:

"Abs. 1 gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde."

4. Nach § 50x wird folgender § 50y eingefügt:

"§ 50y./1) § 39j Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr.142/2004 tritt mit 1. Jänner 2005 in Kraft.

(2) Die §§ 3 Abs. 2 und 38a Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 142/2004 treten mit 1. Mai 2004 in Kraft. Ausgenommen sind jene Fälle, in denen bis einschließlich des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde."

Die beiden Höchstgerichte haben sich bereits mit den gegenständlich strittigen Änderungen des FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004 befasst.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 28. November 2005, B 3295/05, die Behandlung einer entsprechenden Beschwerde gegen einen Bescheid des UFS vom 16. September 2005, Zl. RV/1042-W/05, abgelehnt. Der VfGH verweist darauf, dass in Anbetracht des großen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bei der Gewährung familienfördernder Maßnahmen (Hinweis auf VfSlg. 8605/1979 und 14.694/1996) und der verfassungsrechtlich unbedenklichen Übergangsbestimmungen die behauptete Rechtsverletzung wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen so wenig wahrscheinlich sei, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 8. Februar 2007, Zl. 2006/15/0098 ausgesprochen, dass für vor dem Mai 2004 liegende Zeiträume sich der Beihilfenanspruch nach § 3 FLAG 1967, in der Fassung vor der durch das Pensionsharmonisierungsgesetz vorgenommenen Änderungen, richtet. Was zur Folge hat, dass auf die Eigenschaft als Flüchtling im Sinne des Art. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951, BGBl. Nr. 55/1955, und des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, abzustellen ist.

Für das gegenständliche Berufungsverfahren bedeutet das, dass dem Antrag der Berufungswerberin auf Familienbeihilfe für die Monate Juni 2002 bis April 2004, entsprechend der "alten" Rechtslage - vor dem Inkrafttreten des § 3 Abs. 2 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004 mit 1. Mai 2004 (siehe § 50y Abs. 2 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004 ) - die Familienbeihilfe zu gewähren ist. Der Berufungswerberin steht daher für diesen Zeitraum für ihre vier Kinder - wie namentlich, mit VNR und Geburtsdaten im Abweisungsbescheid vom 19. April 2006 angeführt - die Familienbeihilfe zu.

Hinsichtlich des Geltungsbereiches der Änderungen des BGBl. I Nr. 142/2004 ab 1.5.2004 führt der VwGH aus:

"Für die Frage, ob im Zeitraum ab Mai 2004 ein Beihilfenanspruch besteht, ist, wie sich dies aus § 50y Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 ergibt, § 3 leg. cit. in der durch das Pensionsharmonisierungsgesetz geänderten Fassung maßgeblich, was zur Folge hat, dass der Beihilfenanspruch erst ab der tatsächlichen Asylgewährung (im gegenständlichen Beschwerdefall März 2005) besteht. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers erweist sich die Rechtsansicht der belangten Behörde als richtig, dass die novellierte Fassung ihrem klaren Wortlaut nach für die Anspruchsvoraussetzungen der Familienbeihilfe darauf abstellt, ob tatsächlich bereits Asyl gewährt worden ist."

Entgegen der Ansicht der Berufungswerberin, stellt der Gesetzgeber - wie auch der VwGH bestätigt - mit § 3 Abs. 2 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004 tatsächlich auf das Datum der Erteilung des Asylbescheides ab.

Der Berufung wird daher für den Zeitraum Juni 2002 bis April 2004, wie im Spruch angeführt, stattgegeben und für den Zeitraum Mai 2004 bis Februar 2006 (dem Monat vor Ausstellung des Asylbescheides) wird die Berufung abgewiesen.

Graz, am 13. März 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, FLAG, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967

Schlagworte:

Asylwerber, Flüchtling, nicht österreichischer Staatsbürger, Pensionsharmonisierungsgesetz

Verweise:

VwGH, 2006/15/0098

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