Zurückweisung einer nicht fristgerecht eingebrachten Beschwerde
Entscheidungstext
Bescheid
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerde der Bf., vertreten durch NNSteuerberaterin, vom 16. April 2007 gegen den Bescheid (Berufungsvorentscheidung) des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt vom 8. März 2007, Zl. zzz, betreffend Nachsicht gemäß § 236 BAO entschieden:
Die Beschwerde wird gemäß § 273 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr. 1961/194 idgF, als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 8. März 2007, Zl. zzz, wies das Zollamt St. Pölten Krems Wr. Neustadt die Berufung der Bf., (Bf.) gegen den Bescheid des Zollamtes Wr. Neustadt, Zl. ZZZ, vom 15. Dezember 2006 betreffend Nachsicht gemäß § 236 BAO als unbegründet ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende als Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch den Unabhängigen Finanzsenat bezeichnete und als Beschwerde gemäß § 85c Abs. 1 ZollR-DG zu wertende Eingabe der Bf. vom 16. April 2007.
Mit Eingabe vom 25. Februar 2008 nahm die Bw. den Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat gemäß § 282 Abs. 1 Z 1 BAO zurück.
Gem. § 85b Abs. 3 letzter Satz ZollR-DG gelten für die Einbringung der Berufung, das Berufungsverfahren und die Berufungsvorentscheidung die diesbezüglichen Bestimmungen der BAO sinngemäß.
Gemäß § 273 Abs. 1 lit. b BAO hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Gemäß § 2 Abs. 3 ZollR-DG ist auf Fristen, die im Zollrecht oder in Entscheidungen im Rahmen des Zollrechts festgesetzt werden, die Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine, ABlEG Nr. L 124 vom 8. Juni 1971, S. 1 (Fristenverordnung), anzuwenden.
Ist für den Anfang einer nach Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren bemessenen Frist der Zeitpunkt maßgebend, in welchem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird, so wird bei der Berechnung dieser Frist gemäß Art. 3 Abs. 1 zweiter Unterabsatz der Fristenverordnung der Tag nicht mitgerechnet, in den das Ereignis oder die Handlung fällt.
Fällt der letzte Tag einer nicht nach Stunden bemessenen Frist auf einen Feiertag, einen Sonntag oder einen Sonnabend, so endet die Frist gemäß Art. 3 Abs. 4 erster Unterabsatz der Fristenverordnung mit Ablauf der letzten Stunde des folgenden Arbeitstags.
Für die Berufungsfrist gilt weiters § 108 Abs. 4 BAO wonach die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet werden. Daher reicht es zur Einhaltung der Rechtsbehelfsfrist, wenn die Postaufgabe am letzten Tag der Frist erfolgt, sofern die Berufung überhaupt bei der Behörde einlangt.
Gegen Berufungsvorentscheidungen ist gemäß § 85c Abs. 1 ZollR-DG als Rechtsbehelf der zweiten Stufe (Artikel 243 Abs. 2 Buchstabe b ZK) die Beschwerde an den Unabhängigen Finanzsenat zulässig. Die Berufungsfrist beträgt gemäß § 85c Abs. 2 leg.cit. einen Monat ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Berufungsvorentscheidung.
Laut Postaufgabebuch der Zollstelle Wr. Neudorf gelangte die streitgegenständliche Berufungsvorentscheidung vom 8. März 2007 am Freitag, dem 9. März 2007, mit RSb-Brief zum Versand. Das Zollamt erachtet es als erwiesen, dass die Zustellung dieses Bescheides laut vorliegendem RSb-Abschnitt am Montag, dem 12. März 2007, erfolgte und schließt daraus, dass die verfahrensgegenständliche Beschwerde vom 16. April 2007 als nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen wäre.
Im Rahmen eines Telefonates mit dem Unabhängigen Finanzsenat vertrat die Vertreterin der Bf. hingegen die Ansicht, dass die Berufungsvorentscheidung erst am Donnerstag, dem 15. März 2007, als nicht eingeschriebene Postsendung zugestellt worden sei.
Seitens des Unabhängigen Finanzsenates erging daraufhin am 13. Dezember 2007 ein Vorhalt nachstehenden Inhaltes:
"Wie bereits gestern telefonisch besprochen, teile ich Ihnen nunmehr auch auf diesem Weg mit, dass nach der Aktenlage davon auszugehen ist, dass die angefochtene Berufungsvorentscheidung am 12. März 2007 mit RSb-Brief zugestellt worden ist.
Folgende Fakten sprechen dafür:
1. Laut Postaufgabebuch der Zollstelle Wr. Neudorf gelangte die BVE vom 8. März 2007 am 9. März 2007 mit RSb-Brief zu Versand.
2. Die Übernahme wurde von einem Arbeitnehmer der NNVertreterin auf dem RSb-Abschnitt mit 12. März bestätigt. Die Tatsache, dass die Jahreszahl dort mit "06" angeführt ist, beruht ganz offensichtlich auf einem Irrtum, wie das Datum des Stempels des Zustellpostamtes zeigt.
3. Laut Stempel des Zustellpostamtes langte der mit der Empfangsbestätigung der NNVertreterin versehene RSb-Abschnitt am 13. März 2007 beim Zustellpostamt ein.
Gegen die Richtigkeit Ihrer Behauptung, die BVE sei erst am 15. März 2007 als nicht eingeschriebene Postsendung bei der NNVertreterin eingelangt, spricht darüber hinaus auch der Vermerk "Rsb" auf der BVE.
Dazu kommt, dass ein derart langer Postweg als völlig unüblich zu bezeichnen ist.
Sollten Sie Ihr Vorbringen bezüglich der erst am 15. März 2007 erfolgten Zustellung trotz dieses Vorhaltes weiter aufrechterhalten, wird um Vorlage jenes Bescheides des Zollamtes ersucht, der mit dem o.a. RSb-Brief zugestellt worden sein soll.
Weiters werden Sie um Vorlage folgender Unterlagen gebeten:
1. Ablichtung des betreffenden Auszuges aus Ihrem Posteingangsbuch
2. Mit dem Posteingangsstempel versehene BVE
3. Alle weiteren zweckdienlichen Unterlagen zur Untermauerung Ihres Vorbringens.
Ihrem Antwortschreiben wird innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Erhalt dieses Vorhaltes entgegen gesehen."
Die Vertreterin der Bf. legte daraufhin unter Bezugnahme auf den o.a. Vorhalt mit Schriftsatz vom 12. Februar 2008 folgende Unterlagen in Ablichtung vor:
- einen Auszug aus dem Posteingangsbuch der Vertreterin vom 12. und 13. März 2007
- den o.a. Bescheid vom 8. März 2007 mit Eingangsstempel vom 15. März 2007.
Es ist zunächst zu prüfen, ob der vorliegende RSb-Abschnitt geeignet ist, als Nachweis dafür herangezogen zu werden, dass die Zustellung bereits am 12. März 2007 erfolgt ist.
Der Zustellnachweis ist eine öffentliche Urkunde. Ein "unbedenklicher" - dh die gehörige äußere Form aufweisender - Zustellnachweis begründet die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorganges. Wer behauptet, es lägen Zustellmängel vor, hat diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die genannte Vermutung zu widerlegen geeignet sind (VwGH vom 19. März 2003, Zl. 2002/08/0061).
Gemäß § 22 Abs. 1 Zustellgesetz ist die Zustellung vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.
Nach Absatz 2 dieser Gesetzesstelle hat der Übernehmer der Sendung die Übernahme durch Unterfertigung des Zustellnachweises unter Beifügung des Datums und, soweit er nicht der Empfänger ist, seines Naheverhältnisses zu diesem zu bestätigen.
Der vorliegende Zustellnachweis, der im Adressfeld die zustellungsbevollmächtigte Vertreterin der Bf. nennt, weist als Zustelldatum den 12. März auf. Die Übernahme des RSb-Briefes wurde unbestritten von einem Arbeitnehmer des Empfängers mit Unterschrift beurkundet. Die Tatsache, dass die Jahreszahl dabei mit "06" angeführt ist, beruht ganz offensichtlich auf einem Irrtum, wie das Datum des Zustellpostamtes (13. 03. 07) zeigt. Einwände gegen diese Betrachtung brachte die Bf. trotz des diesbezüglichen Vorhaltes nicht vor. Dass sich die Behörde auf den genannten RSb-Abschnitt schon deshalb nicht stützen könne, weil er unrichtig ausgestellt worden sei, behauptet nicht einmal die Bf.
Die Zustellung wurde auch - wie gesetzlich gefordert - vom Zustellorgan auf dem Zustellnachweis (durch Paraphe und Poststempelabdruck) bescheinigt.
Gegen die Richtigkeit der Behauptung der Bf., wonach die Zustellung erst am 15. März 2007 erfolgt sei, spricht auch der von der Vertreterin der Bf. vorgelegte Auszug aus dem Posteingangsbuch. Diesem Beleg ist zu entnehmen, dass am 12. März 2007 ein Schriftstück des Zollamtes Wiener Neustadt bei ihr eingelangt ist. In der Spalte "Postbeförderungsart" scheint der Hinweis "RSB" auf. Im Feld "Betreff" ist der Vermerk "Berufung" eingetragen (dabei wird augenscheinlich auf die erste Textzeile des Bescheides mit dem Wortlaut "Ihre Berufung vom ..." Bezug genommen). Als Absender scheint das "Zollamt Wiener Neustadt 2365 (richtig wohl: 2355) auf. Daraus ergibt sich der Schluss, dass es sich um einen Schriftsatz handelt, der vom Zollamt Wiener Neustadt, Zollstelle Wr. Neudorf in 2355 Wr. Neudorf zum Versand gebracht worden ist.
Dass die Zustellung bereits am 12. März 2007 erfolgt ist, erscheint daher angesichts der vorstehenden Ausführungen ausreichend dokumentiert und mit den erwähnten Nachweisen glaubhaft belegt. Der sich daraus ergebende Postlauf deckt sich auch mit den ho. Erfahrungswerten, wonach davon auszugehen ist, dass die Zustellung von Briefen innerhalb des Großraums Wien in der Regel an dem dem Postaufgabetag folgenden Werktag, spätestens aber am übernächsten Werktag, erfolgt.
Obwohl die Bf. mit dem o.a. Vorhalt vom 13. Dezember 2007 aufgefordert wurde, alle zweckdienlichen Unterlagen zur Untermauerung ihres Vorbringens vorzulegen, hat sie zwar einen Auszug aus dem Posteingangsbuch ihrer Vertreterin vom 12. und 13. März 2007 aber keinen entsprechenden Auszug vom 15. März 2007 beigebracht. Sie hat es auch unterlassen, das betreffende Briefkuvert des Zollamtes zum Beweis dafür vorzulegen, dass der angefochtene Bescheid als nicht eingeschriebene Postsendung bei ihrer Vertreterin eingelangt ist. Ihre diesbezügliche Nachweisführung beschränkt sich somit auf die mit Schreiben vom 12. Februar 2008 vorgelegte Bescheidablichtung, der zu entnehmen ist, dass zumindest auf dieser Ablichtung ein Eingangsstempel vom 15. März 2007 angebracht worden ist.
Da es bei dem im gegebenen Zusammenhang zu beachtenden Fristenlauf auf den Zeitpunkt der Aushändigung des Schriftstückes an den Empfänger und nicht etwa auf den Zeitpunkt der Anbringung des Eingangsstempels ankommt, kann die Bf. mit der bloßen Vorlage der erwähnten Ablichtung die entscheidungsmaßgebliche Zustellung am 15. März 2007 nicht unter Beweis stellen.
Folgt man dem Vorbringen der Bf., ergibt sich hinsichtlich des am 9. März 2007 der Post zur Beförderung übergebenen Bescheides ein Postlauf von knapp einer Woche. Eine derart lange Beförderungsdauer bei der gegebenen Entfernung ist aber nach telefonischer Rücksprache mit der Post AG mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Laut Servicestelle der Österreichischen Post AG ist vielmehr davon auszugehen, dass österreichweit alle Briefzustellungen zu 95 % an dem dem Postaufgabedatum folgenden Werktag erfolgen.
Wie oben erwähnt wurde die Bf. seitens des Unabhängigen Finanzsenates auch aufgefordert, jenen Bescheid des Zollamtes vorzulegen, der mit dem o.a. RSb-Brief am 12. März 2007 zugestellt worden sein soll. Sie hat daraufhin aber nur die streitgegenständliche Berufungsvorentscheidung vorgelegt.
Dass es sich bei dem im o.a. Auszug aus dem Posteingangsbuch genannten und am 12. März 2007 bei der Vertreterin der Bf. eingelangten Schriftstück nur um die angefochtene Berufungsvorentscheidung handeln kann zeigt sich auch daran, dass laut Auskunft des Zollamtes im Jahr 2007 keine einzige andere schriftliche Erledigung an die Bf. bzw. an deren Zustellungsbevollmächtigte gerichtet worden ist.
Die Tatsache, dass in dem auf dem RSb-Abschnitt im Feld "Absender" angebrachten Stempelabdruck die Zollamtsbezeichnung unzutreffend "Zollamt Wiener Neustadt, Zollstelle Wiener Neudorf" lautet, lässt sich laut Zollamt damit erklären, dass nach der mit 1. März 2007 in Kraft getretenen Wirtschaftsraum-Zollämter-Verordnung (BGBl II 2006/383), mit der u.a. auch das Zollamt St. Pölten Krems Wr. Neustadt neu geschaffen worden ist, zum Zeitpunkt der Bescheiderstellung noch keine entsprechende Stempel verfügbar waren. Dieser Umstand bleibt aber insofern ohne Einfluss auf das streitgegenständliche Abgabenverfahren, als gemäß § 10 der genannten Verordnung die bisher in Verwendung stehenden Zollstempel bis zum Austausch, längstens jedoch bis 31. Dezember 2007, weiterhin als Amtssiegel der mit dieser Verordnung eingerichteten Zollämter und der ihnen zugeordneten Zollstellen gelten. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass im Bescheid selbst die bescheiderlassende Behörde korrekt bezeichnet ist.
Die Gesamtbetrachtung der vorliegenden Unterlagen führt daher zum Ergebnis, dass keine Zweifel daran bestehen können, dass die angefochtene Berufungsvorentscheidung am 12. März 2007 mit dem erwähnten RSb-Brief zugestellt worden ist. Dieses Datum ist demnach auch maßgeblich für die Beurteilung des Beginnes des Laufes und folglich auch des Ablaufes der Berufungsfrist.
Die Berufungsfrist beträgt gemäß § 85c Abs. 2 leg.cit. einen Monat ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Berufungsvorentscheidung und wurde im angefochtenen Bescheid in der Rechtsbehelfsbelehrung auch darauf hingewiesen.
Für die nach den obigen Feststellungen am 12. März 2007 zugestellte Berufungsvorentscheidung endete die Berufungsfrist nach den Anordnungen des Artikels 3 der Fristenverordnung am Freitag, dem 13. April 2007. Die erst am Montag, dem 16. April 2007, der Post zur Beförderung übergebene Beschwerdeschrift wurde daher verspätet eingebracht und war daher gemäß § 273 Abs. 1 BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen.
Liegen die Voraussetzungen für eine Zurückweisung vor, so darf eine Sachentscheidung zufolge dieser formellen Hindernisse nicht ergehen. Es erübrigt sich daher, auf das konkrete Beschwerdevorbringen näher einzugehen.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Wien, am 28. Februar 2008
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Zoll |
betroffene Normen: | § 85b Abs. 3 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 |
Schlagworte: | Rechtsmittelfrist, nicht fristgerecht eingebrachte Beschwerde |
Verweise: |