Gemeinschaftswidrigkeit des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 infolge der Einschränkung der Steuerbefreiung auf Arbeitnehmer inländischer Betriebe
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/15/0133 eingebracht (Amtsbeschwerde).Antrag (Beschluss) des VwGH vom 29.4.2010 an den VfGH auf Aufhebung des § 3 Abs. 1 Z. 10 EStG; Aufforderung des VfGH vom 28.6.2010 an die Bundesregierung zu dem Antrag Stellung zu nehmen. VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/15/0180 eingebracht. Mit Erk. v. 21.12.2010 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/0519-F/10 erledigt.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Gmd., Adr., vom 3. Juni 2005 gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch vom 13. Mai 2005 betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2001 bis 2003 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber war in den Streitjahren bei der Schweizer Firma L, deren Geschäftsgegenstand die Entwicklung und Herstellung von Hochleistungsstickmaschinen umfasst, tätig. Er war außerhalb der Schweiz in europäischen bzw. asiatischen Ländern mit der Neumontage und Inbetriebnahme von Stickmaschinen beschäftigt.
Am 13. Mai 2005 erließ das Finanzamt die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 bis 2003.
Mit Schriftsatz vom 3. Juni 2005 erhob der Berufungswerber Berufung gegen diese Einkommensteuerbescheide vom 13. Mai 2005. In seiner Berufung brachte er Folgendes vor: Er sei in den Jahren 2001 bis 2003 ausschließlich im Ausland, hauptsächlich in Asien, tätig gewesen. Für seine Einkünfte stünde Österreich daher kein Besteuerungsrecht zu. Dies sei schon in anderen Entscheidungen der Finanzlandesdirektion bzw. des Unabhängigen Finanzsenates bestätigt worden.
Mit Berufungsvorentscheidungen vom 27. Juli 2005 (vgl. die zusätzliche Begründung vom 28. Juli 2005) wies das Finanzamt die Berufung vom 3. Juni 2005 als unbegründet ab und führte dazu Folgendes aus: Ob die gegenständlichen Auslandseinkünfte in Österreich zu besteuern seien, hänge einerseits davon ab, ob der Berufungswerber in den Streitjahren in Österreich einen Wohnsitz gehabt habe und unbeschränkt steuerpflichtig gewesen sei. Bei Vorliegen eines Wohnsitzes und der unbeschränkten Steuerpflicht könne sich weiters eine Verpflichtung zur SteuerfreisteIlung aufgrund eines mit einem oder mehrerer dieser Staaten abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens ergeben. Gemäß § 1 Abs. 2 EStG seien unbeschränkt einkommensteuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hätten. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstrecke sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte. Gemäß § 26 Abs. 1 BAO habe eine natürliche Person dort ihren Wohnsitz, wo sie eine Wohnung innehabe unter Umständen, die darauf schließen lassen würden, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen werde. Am 26. März 2002 habe das Finanzamt im Rahmen eines Lokalaugenscheines festgestellt, dass der Berufungswerber in L., Adr., über eine (voll eingerichtete) Wohnung im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO verfüge. Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.9.1992, 90/13/0299) sei unter dem "Innehaben" einer Wohnung im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, über die Wohnung zu verfügen, insbesondere sie für den Wohnbedarf jederzeit benützen zu können, zu verstehen. Der Berufungswerber sei aufgrund des Schenkungsvertrages vom 11. Juli 1998 Eigentümer einer Wohnung im Erdgeschoss des Elternhauses. Es bestünden keine Zweifel, dass er als Eigentümer im gesamten Berufungszeitraum die volle rechtliche und auch tatsächliche Verfügungsgewalt über diese Wohnung gehabt habe. Er habe diese auch anlässlich der Inlandsaufenthalte tatsächlich benutzt. Die polizeiliche Abmeldung sei im Übrigen nicht entscheidend. Hinsichtlich der Zuteilung der Besteuerungsrechte an den Tätigkeitsstaat aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen ergebe sich Folgendes: Österreich habe mit den Staaten Deutschland, Rumänien, Türkei, Thailand, Italien, Spanien, Korea und Japan Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen, in welchen die Besteuerungsrechte für Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in der Weise aufgeteilt seien, dass bei einem nur kurzfristigen Aufenthalt im Tätigkeitsstaat (unter 183 Tagen im betreffenden Kalender- oder Steuerjahr) und wenn die Vergütungen von einem nicht im Tätigkeitsstaat ansässigen Arbeitgeber bezahlt würden, das Besteuerungsrecht beim Wohnsitzstaat bleibe und nicht auf den Tätigkeitsstaat übergehe. Aufgrund der Angaben des Berufungswerbers habe sich dieser im Jahr 2003 vom 8. Jänner bis 6. August, vom 8. August bis 7. September und vom 17. September bis 16. Dezember, somit an 333 Tagen, in Korea aufgehalten. Korea würde das Besteuerungsrecht an diesen Einkünften im Ausmaß von 333/365 bzw. in Höhe von 91,23 % zustehen. Aus der vorgelegten Passkopie (Beilage 10 zur Berufung) ergebe sich, dass der Berufungswerber am 6. April, 6. Juli und 6. August 2003 das Land verlassen habe. Auch wenn mit Datum 6. April, 6. Juli und 8. August 2003 neue Visa bzw. Aufenthaltsbewilligungen erteilt worden seien, so bestünden doch Zweifel, dass sich der Berufungswerber im Zeitraum vom 8. Jänner bis 7. September 2003 durchgehend in Korea aufgehalten habe. Denn es sei nicht glaubhaft, dass die koreanische Behörde eine nicht erfolgte Ausreise bestätige. Auch der Zeitraum vom 17. September bis 16. Dezember 2003 müsse angezweifelt werden, sei doch in der Beilage 12 zur Berufung im Pass eine Eintragung enthalten, wonach der Berufungswerber Korea am 15. September 2003 verlassen habe, obwohl er sich nach seinen Angaben bereits ab dem 11. September 2003 in Japan aufgehalten habe. Da der Berufungswerber keinen Nachweis über eine Besteuerung in Korea erbracht habe, sei davon auszugehen, dass er dort auch nicht steuerlich erfasst worden sei. Es widerspreche völlig der internationalen Praxis, dass ein Staat sein ihm aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens zukommendes Besteuerungsrecht bewusst nicht wahrnehme. Es seien daher Zweifel angebracht, dass die zuständigen koreanischen Behörden von der Tätigkeit des Berufungswerbers in Korea gewusst bzw. den Sachverhalt in der Weise beurteilt hätten, dass der Aufenthalt des Berufungswerbers im Jahr 2003 183 Tage überstiegen habe. Diesfalls könne aber auch auf österreichischer Seite auf Basis der vorliegenden Unterlagen der Übergang des Besteuerungsrechts auf Korea nicht als erwiesen angenommen werden. Eine Steuerfreistellung der auf die Tätigkeit in Korea entfallenden Einkünfte in Österreich könne nur unter der Voraussetzung erfolgen, dass im eventuell fortgesetzten Verfahren der bereits abverlangte Nachweis über die ausländische Besteuerung dieser Einkünfte bzw. eine Bestätigung der zuständigen koreanischen Finanzbehörde darüber, dass der Berufungswerber sich im Jahr 2003 über 183 Tage in Korea aufgehalten habe und das Besteuerungsrecht an den Einkünften aufgrund Art. 15 DBA Korea der Republik Korea zukomme, vorgelegt werde.
Mit Schreiben vom 25. August 2005 begehrte der Berufungswerber, die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorzulegen. Im diesem Vorlageantrag führte er Folgendes aus: Wie in der Berufungsergänzung vom 8. Juli 2005 nachgewiesen worden sei, sei er in den Jahren 2001, 2002 und 2003 ausnahmslos im Ausland gewesen. Dies sei nachgewiesen worden. Werde man von seinem Arbeitgeber zu Arbeitsverrichtungen ins Ausland gesandt, so bleibe der gesamte Lohn steuerfrei. Voraussetzung für die Steuerfreiheit sei, dass die Dauer der Auslandstätigkeit jeweils über den Zeitraum von einem Monat hinausgehen müsse. Wenn auch ein Wohnsitz unterstellt werde, werde das Welteinkommen dort versteuert, wo der Mittelpunkt des Lebensinteresses stattfinde. Der Besitz einer Wohnung sei somit unbedeutend. Sein gewöhnlicher Aufenthalt sei wohl unbestritten nicht in Österreich gelegen. Er habe in den Streitjahren keinen Wohnsitz in Österreich gehabt. Die Feststellung, dass eine polizeiliche Abmeldung nicht entscheidend sei, wundere ihn sehr und sei wenig nachvollziehbar. Der Mittelpunkt des Lebensinteresses sei nachweislich im Ausland gelegen. Er habe in diesen Jahren seine heutige Frau aus Korea kennen gelernt und habe mit ihr in Korea in der Stadt Deagu einen gemeinsamen Haushalt geführt. In weiterer Folge habe das Finanzamt festgestellt, dass er im Jahr 2003 in Österreich nicht steuerpflichtig gewesen sei. Er frage sich, weshalb dann der Bescheid für das Jahr 2003 erlassen worden sei. In den Doppelbesteuerungsabkommen werde festgelegt, welcher Staat das Besteuerungsrecht habe. Es seien ihm keine Erkenntnisse bekannt, dass für den Fall, dass der zweite Staat keine Besteuerung vornehme, das Besteuerungsrecht automatisch Österreich zustehe. Weiters werde vom Finanzamt bezweifelt, dass er im Jahr 2003 so lange in Korea gewesen sei. Bei den Stempeln handle es sich um Ein- und Ausreisestempel der Zollkontrolle am Flughafen. In Korea dürfe man nur drei Monate (90 Tage) verbleiben, dann müsse man ausreisen und könne am gleichen Tag wieder einreisen. Dies sei hier erfolgt. Er teile die Meinung des Finanzamtes, dass es nicht glaubhaft sei, dass die koreanische Behörde eine nicht erfolgte Ausreise bestätige. Es sei aber auch nicht glaubhaft, dass die koreanische Behörde eine Einreise bestätige, die nicht erfolgt sei. Im Zeitraum vom 17. September bis 16. Dezember 2003 sei er immer Ausland gewesen, konkret vom 8. September bis 11. September in Saipan, vom 11. September bis 15. September in Korea, vom 15. September bis 17. September in Japan und vom 17. September bis 16. Dezember in Korea.
Über die Berufung wurde erwogen:
1. Wohnsitz: Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig jene natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.Gemäß § 1 Abs. 3 EStG 1988 sind beschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf die im § 98 EStG 1988 aufgezählten Einkünfte. Ist eine Person unbeschränkt steuerpflichtig, dann erfasst die Steuerpflicht alle steuerbaren Einkünfte iSd § 2 EStG 1988 (Welteinkommen, Totalitätsprinzip) und zwar unabhängig davon, ob sie auch im Ausland besteuert werden (vgl. Doralt, EStG9, § 1 Tz 6).
Dem Vorbringen des Berufungswerbers, dass er in Österreich keinen Wohnsitz unterhalten habe, ist Folgendes entgegen zu halten: Das Einkommensteuergesetz enthält keine Definition der Begriffe "Wohnsitz" und "gewöhnlicher Aufenthalt". Es ist daher § 26 BAO heranzuziehen. Gemäß § 26 Abs. 1 BAO hat die natürliche Person dort einen Wohnsitz, wo sie eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend weilt. Eine Wohnung im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO sind Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind, also ohne wesentliche Änderung jederzeit zum Wohnen benützt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten (vgl. zB VwGH 26.11.1991, 91/14/00412). Der Steuerpflichtige muss die Wohnung "innehaben". Innehaben bedeutet, über eine Wohnung tatsächlich oder rechtlich verfügen zu können, sie also jederzeit für den eigenen Wohnbedarf benützen zu können (vgl. VwGH 14.11.1996, 94/16/0033). Als Rechtsgründe für die Innehabung kommen Eigentum, Miete, Untermiete, Wohnungsrecht, aber auch familienrechtliche Ansprüche (zB des Ehegatten) in Betracht. Eine bestimmte rechtsgeschäftliche Form ist nicht nötig (vgl. Ritz3, Bundesabgabenordnung-Kommentar, Tz 6 zu § 26 BAO). Dabei fordert der Wohnsitzbegriff nicht die ununterbrochene tatsächliche Benützung der Wohnung. Ob die Wohnung vom Abgabepflichtigen auch tatsächlich benutzt wird, ist nicht entscheidend, sondern nur, ob Umstände dafür sprechen, dass sie ständig durch den Abgabepflichtigen benutzt werden kann (Stoll, BAO-Kommentar, Seite 335). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt für die Begründung eines Wohnsitzes, wenn die Wohnung zB anlässlich von Inlandsbesuchen benützt wird. Für die Begründung eines Wohnsitzes im Sinne des § 26 BAO ist die polizeiliche Meldung nicht erforderlich (vgl. VwGH 7.3.2003, 99/15/0104). Der Annahme eines inländischen Wohnsitzes stehen weder Wohnsitze im Ausland noch längere Auslandsaufenthalte entgegen (vgl. VwGH 3.7.2003, 99/15/0104; VwGH 24.1.1996, 95/13/0150; VwGH 26.11.1991, 91/14/0041; VwGH 21.5.1990, 89/15/0115). Nicht maßgeblich ist, wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Steuerpflichtigen befindet (vgl. taxlex 2006, 570).
Da der Berufungswerber in den Streitjahren Eigentümer einer Wohnung im Inland (L., Adr.) war, ist davon auszugehen, dass ihm folglich auch Räumlichkeiten im Inland zur Verfügung gestanden sind, die er benützen konnte und auch tatsächlich benützt hat [der Berufungswerber hat die Feststellung des Finanzamtes nicht bestritten, dass er seine Wohnung in L. anlässlich seiner Inlandsaufenthalte auch tatsächlich benutzt hat (vgl. auch den Aktenvermerk über die persönliche Vorsprache des Berufungswerbers am 5. Dezember 2007 beim Unabhängigen Finanzsenat)]. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage kann dem Finanzamt nicht entgegen getreten werden, wenn es einen Wohnsitz im Inland und folglich die unbeschränkt Steuerpflicht im Sinne von § 1 Abs. 2 EStG 1988 in Österreich angenommen hat.
2. Auslandsmontage: Zum Vorbringen des Berufungswerbers, dass sein gesamter Lohn steuerfrei sei, da er von seinem Arbeitgeber zur Arbeitsverrichtung ins Ausland gesandt worden sei und die Dauer der Auslandstätigkeit jeweils mehr als einen Monat betrage habe, ist Folgendes zu sagen: Gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 sind von der Einkommensteuer Einkünfte, die Arbeitnehmer inländischer Betriebe für eine begünstigte Auslandstätigkeit von ihren Arbeitgebern beziehen, befreit, wenn die Auslandstätigkeit jeweils ununterbrochen über den Zeitraum von einem Monat hinausgeht.
Der Unabhängige Finanzsenat hat bereits mehrfach entschieden, dass die laut Gesetz vorgesehene Einschränkung der Steuerfreiheit für begünstigte Auslandstätigkeiten auf inländische Betriebe gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit verstößt und somit - bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen (Art der Tätigkeit, ununterbrochene Auslandstätigkeit von mehr als einem Monat) - die vorgesehene Steuerbefreiung auch Arbeitnehmern zusteht, die bei ausländischen Betrieben (hier in Deutschland, Schweiz und Liechtenstein) beschäftigt sind (vgl. UFS 5.10.2005, RV/0016-F/04; UFS 29.5.2006, RV/0028-F/06; UFS 22.6.2006, RV/1007-W/06; UFS 16.8.2006, RV/0252-F/05).
In seiner Entscheidung vom 29. Mai 2006, GZ. RV/0028-F/06, welche bezüglich des Sachverhaltes dem Fall des Berufungswerbers in der Weise entspricht, dass sich der Arbeitgeber auch in der Schweiz befand, hat der Unabhängige Finanzsenat Folgendes ausgeführt: "In seiner Entscheidung vom 5.10.2005, RV/0016-F/04, UFS aktuell 2005/Nr. 11-12, S 393 ff., hat der unabhängige Finanzsenat entschieden, dass die Einschränkung der Steuerfreiheit für Auslandsmontage auf Arbeitnehmer inländischer Betriebe in § 3 Abs 1 Z 10 EStG 1988 gegen den Grundsatz der Arbeitnehmerfreizügigkeit gemäß Art 39 EGV verstoße und der auf die begünstigte Montagetätigkeit außerhalb Deutschlands entfallende Gehaltsteil eines (bei einem deutschen Unternehmen beschäftigten) Servicetechnikers mit Wohnsitz in Österreich somit steuerfrei zu belassen sei. Im vorliegenden Fall ist nun strittig, ob die Steuerfreiheit bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 3 Abs 1 Z 10 EStG 1988 auch zu gewähren ist, wenn der im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer bei einem Schweizer Arbeitgeber beschäftigt ist. Was den vom Berufungswerber behaupteten Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikel 2 StGG angeht, begnügt sich der unabhängige Finanzsenat wie schon in der Entscheidung RV/0016-F/04 darauf hinzuweisen, dass zur Klärung verfassungsrechtlicher Fragen ausschließlich der Verfassungsgerichtshof zuständig ist. Der Berufungswerber begründet sein Vorbringen weiters mit dem Abkommen über den freien Personenverkehr zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits (Freizügigkeitsabkommen). Dieses Abkommen wurde am 21. Juni 1999 abgeschlossen und ist gemeinsam mit sechs weiteren sektoriellen Abkommen am 1. Juni 2002 in Kraft getreten. Formell handelt es sich bei diesem Abkommen um einen völkerrechtlichen Vertrag zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft bzw. deren Mitgliedstaaten. Laut seiner Präambel bezweckt das Abkommen, die Freizügigkeit der Personen auf dem Hoheitsgebiet der Vertragsparteien auf der Grundlage der in der Europäischen Gemeinschaft geltenden Bestimmungen zu verwirklichen. Dieses Ziel soll durch folgende Rechte erreicht werden (Art 1 des Freizügigkeitsabkommens):
a) Einräumung eines Rechtes auf Einreise, Aufenthalt, Zugang zu einer unselbständigen Erwerbstätigkeit und Niederlassung als Selbständiger sowie des Rechts auf Verbleib im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien; b) Erleichterung der Erbringung von Dienstleistungen im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien, insbesondere Liberalisierung kurzzeitiger Dienstleistungen. c) Einräumung eines Rechts auf Einreise und Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien für Personen, die im Aufenthaltsstaat keine Erwerbstätigkeit ausüben; d) Einräumung der gleichen Lebens-, Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen wie für Inländer.
Artikel 2 FZA sowie Artikel 9, 15 und 19 Anhang I FZA normieren ein Diskriminierungsverbot. Gemäß Artikel 11 Abs. 1 und 2 FZA haben die unter das Abkommen fallenden Personen das Recht, zur Durchsetzung ihrer Ansprüche unter dem FZA bei den zuständigen Behörden Beschwerde einzulegen, und Anspruch darauf, dass diese innert angemessener Frist behandelt wird. Nach Artikel 16 Abs 1 FZA treffen die Vertragsparteien zur Erreichung der Ziele des Abkommens alle erforderlichen Maßnahmen, damit in ihren Beziehungen gleichwertige Rechte und Pflichten wie in den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft, auf die Bezug genommen wird, Anwendung finden. Und Artikel 16 Abs 2 FZA statuiert, dass, soweit für die Anwendung dieses Abkommens Begriffe des Gemeinschaftsrechtes herangezogen werden, die hierfür einschlägige Rechtsprechung der Europäischen Gemeinschaften vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung berücksichtigt wird. Über die Rechtsprechung nach dem Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Abkommens wird die Schweiz unterrichtet. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich nach Meinung des unabhängigen Finanzsenates, dass mit dem Freizügigkeitsabkommen die Personenfreizügigkeit, wie sie nach den in der Europäischen Gemeinschaft geltenden Bestimmungen verwirklicht wird, auch gegenüber der Schweiz hergestellt wird.
Konkret handelt es sich dabei um folgende Freiheiten: - Freizügigkeit der Arbeitnehmer (entspricht Art 39 EGV) - Niederlassungsfreiheit der Selbständigerwerbenden (entspricht Art 43 EGV) - Dienstleistungsfreiheit für bestimmte natürliche oder juristische Personen (auf der Basis von Art 49 EGV).
Weiters ergibt sich, dass das Abkommen direkt anzuwenden ist und dass sich jede unter das Abkommen fallende Person unmittelbar auf die durch das Abkommen gewährleisteten Rechte berufen kann. Diese durch das Abkommen gewährleisteten Freizügigkeitsrechte sind auch für das Steuerrecht relevant. Nach Artikel 9 Abs 2 Anhang I FZA genießen ein Arbeitnehmer und seine in Artikel 3 dieses Anhangs genannten Familienangehörigen die gleichen steuerlichen Vergünstigungen wie entsprechende Inländer und deren Familienangehörigen. Diese Bestimmung entspricht Artikel 7 Abs 2 der Verordnung EWG Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft. Auch der EuGH hat wiederholt darauf hingewiesen, dass die direkten Steuern zwar in die Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten fallen, dass diese Zuständigkeit aber unter Wahrung des Gemeinschaftsrechtes auszuüben ist. Die im Gründungsvertrag der Europäischen Gemeinschaften enthaltenen Grundfreiheiten sind daher auch im Einkommensteuerrecht zu beachten (vgl. ua EuGH 14.2.1995, Rs C-279/93 , Schumacker). Wie gesagt, ist mit dem Freizügigkeitsabkommen eine Gleichstellung mit den in den Europäischen Gemeinschaften geltenden Personenfreiheiten hergestellt. Eine wesentliche Personenfreiheit im Gründungsvertrag der Europäischen Gemeinschaften wie auch im Freizügigkeitsabkommen ist die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art 39 EGV; Art 1 und 2 FZA und Art 2 Anhang I FZA). Sowohl Art 39 EGV als Art 1 und 2 FZA und Art 2 Anhang I FZA enthalten ihrem Wortlaut nach nur ein Diskriminierungsverbot. Der EuGH betrachtet steuerliche Maßnahmen aber selbst dann als diskriminierend, wenn zwar eine steuerliche Vorschrift nicht unmittelbar an die Staatsangehörigkeit anknüpft, aber die Gefahr besteht, dass sich eine steuerliche Regelung besonders zum Nachteil von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten auswirkt. Die Vorschriften über die Gleichbehandlung verbieten daher nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle versteckten Diskriminierungen, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zum gleichen Ergebnis führen könnten (vgl. zB EuGH 14. 2. 1995, Rs C-279/93 , Schumacker, Randnummer 26). Darüber hinaus hat der EuGH seit dem Urteil vom 15.12. 1995, Rs C-415/93 , Bosman, das Diskriminierungsverbot zu einem Beschränkungsverbot erweitert. Danach sollen sämtliche Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit den Gemeinschaftsangehörigen die Ausübung jeder Art von Berufstätigkeit im gesamten Gebiet der Gemeinschaft erleichtern und stehen Maßnahmen entgegen, die die Gemeinschaftsangehörigen benachteiligen könnten, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben wollen. Vorschriften, die einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates daran hindern oder davon abhalten, sein Herkunftsland zu verlassen, um von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, stellen daher eine Beschränkung dieser Freiheit dar, auch wenn sie unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betroffenen Arbeitnehmer Anwendung finden. Auch wenn die Bestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach ihrem Wortlaut insbesondere die Inländerbehandlung im Aufnahmestaat sichern sollen, verbieten sie es doch auch, dass der Herkunftsstaat die freie Annahme und Ausübung einer Beschäftigung durch einen seiner Staatsangehörigen in einem anderen Staat behindert (vgl. EuGH 12.12.2002, Rs C-385/00 , F.W.L. de Groot, Randnummern 77 und 78, und EuGH 13.11.2003, Rs C-209/01 , Schilling, Randnummern 24 und 25). Da die Rechtsprechung des EuGH zum Beschränkungsverbot bereits zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Freizügigkeitsabkommens bestanden hat, war diese gemäß Art. 16 Abs. 2 FZA auch bei der Interpretation der Arbeitnehmerfreizügigkeit nach dem Freizügigkeitsabkommens zu beachten. Dass dieses Beschränkungsverbot im Freizügigkeitsabkommen nur hinsichtlich der Dienstleistungsfreiheit (Art. 17a Anhang I FZA) ausdrücklich enthalten ist, schadet dem nicht, da auch der EGV das Beschränkungsverbot im Zusammenhang mit der Dienstleistungsfreiheit ausdrücklich erwähnt und hinsichtlich der Arbeitnehmerfreizügigkeit lediglich ein Diskriminierungsverbot enthält. Die Einschränkung der Steuerfreiheit des § 3 Abs. 1 Z10 EStG 1988 auf Arbeitnehmer inländischer Betriebe stellt daher auch eine Beschränkung der durch das Freizügigkeitsabkommen gewährleisteten Arbeitnehmerfreizügigkeit dar. Allerdings sind Beschränkungen der Personenfreizügigkeit nur dann unzulässig, wenn sie ungerechtfertigt sind. Rechtfertigungsgründe sind im Freizügigkeitsabkommen selbst, und zwar in Art. 5 Anhang I FZA (ordre public) und in Art. 21 FZA vorgesehen. Eine Rechtfertigung der Einschränkung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 aus Gründen der Wahrung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit (ordre public) ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Relevanter scheint der Rechtfertigungsgrund des Art. 21 Abs. 2 FZA. Danach ist keine Bestimmung dieses Abkommens so auszulegen, dass sie die Vertragsparteien daran hindert, bei der Anwendung ihrer Steuervorschriften eine Unterscheidung zwischen Steuerpflichtigen zu machen, die sich - insbesondere hinsichtlich ihres Wohnsitzes - nicht in vergleichbaren Situationen befinden. Dieser Rechtfertigungsgrund greift im vorliegenden Fall nicht. Denn hinsichtlich ihres Wohnsitzes sind Arbeitnehmer im Sinne des § 3 Abs 1 Z 10 EStG ja gerade in der gleichen und nicht nur vergleichbaren Situation. Der Unterschied besteht nur hinsichtlich des Ortes des Betriebes des Arbeitgebers. Dieser Unterschied erlaubt aber nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates keine Ungleichbehandlung, denn die Wendung "insbesondere hinsichtlich ihres Wohnsitzes" lässt darauf schließen, dass eine Differenzierung bei der Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse beschränkt Steuerpflichtiger ermöglicht werden soll. Auch nach der herrschenden Schweizer Lehrmeinung erlaubt Art. 21 Abs. 2 FZA eine Ungleichbehandlung in der Form, dass bei beschränkt steuerpflichtigen Personen nach dem Anteil ihrer Einkünfte im Aufnahmestaat eine Quellenbesteuerung anstelle einer Veranlagung vorgenommen werden kann (vgl. Hinny, Das Diskriminierungsverbot des Personenfreizügigkeitsabkommens im Schweizer Steuerrecht, S 179 ff.). Zu prüfen ist weiter, ob die in Frage stehende Einschränkung aufgrund des EGV gerechtfertigt werden kann. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist eine Arbeitnehmerfreizügigkeit nur dann gerechtfertigt, wenn sie einen berechtigten Zweck verfolgt, der mit dem Vertrag vereinbar und aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. In einem derartigen Fall muss die Anwendung einer solchen Maßnahme auch geeignet sein, die Verwirklichung des in Rede stehenden Zweckes zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Zweckes erforderlich ist (vgl. zB EuGH 30.11.1995, C-55/94 , 17.3.2005, Rs C-109/04 ). Als Rechtfertigungsgründe anerkennt der EuGH insbesondere die Kohärenz des Steuersystems und die Wirksamkeit der Steueraufsicht. Von einer Kohärenz eines Steuersystems wird gesprochen, wenn steuerliche Vorschriften so aufeinander abgestimmt sind, dass ein steuerlicher Vorteil durch einen steuerlichen Nachteil ausgeglichen wird. Mit dem Urteil vom 28.1.1992, Rs C-204/90 , Bachmann, hat der EuGH eine derartige Kohärenz als Rechtfertigungsgrund zugelassen. Das Finanzamt sieht nun im vorliegenden Fall eine steuerliche Kohärenz dadurch gegeben, dass dem Steuervorteil beim Arbeitnehmer ein Steuernachteil beim Arbeitgeber gegenübersteht, indem infolge der Entlastung bei den Lohnkosten durch die Steuerfreiheit beim Arbeitgeber höhere Gewinne entstehen, die in der Folge zu einer höheren Besteuerung führen. Diesen Überlegungen vermag der unabhängige Finanzsenat nicht zu folgen. In einem derartig weiten und nur vagen Zusammenhang steuerlicher Wirkungen kann keine steuerliche Kohärenz gesehen werden. Von einer solchen könnte nur dann gesprochen werden, wenn der Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 eine Bestimmung gegenüber stünde, die mit der Steuerfreiheit direkt korrespondieren und den Steuervorteil wieder kompensieren würde. Das ist aber nicht der Fall. Fraglich ist aber, ob die Beschränkung der Steuerfreiheit auf Arbeitnehmer inländischer Betriebe im Verhältnis zur Schweiz nicht durch die Notwendigkeit gerechtfertigt ist, die Wirksamkeit der Kontrolle zu gewährleisten. Der EuGH hat derartige in Vorabentscheidungsverfahren immer wieder vorgebrachte Rechtfertigungen in der Regel mit dem Hinweis auf die Richtlinie 77/99 , die eine umfassende Amtshilfe im Gemeinschaftsgebiet gewährleistet, abgelehnt. Außerdem hindere nichts die Steuerbehörden daran, vom Steuerpflichtigen alle Belege abzuverlangen, die für die Beurteilung der entscheidungswesentlichen Frage notwendig seien (vgl. etwa EuGH 3.10.2002, Danner, Rs C-136/00 ). Mit der Schweiz besteht nun kein der Richtlinie 77/99 vergleichbares Rechts- und Vollstreckungshilfeabkommen. Das bedeutet aber, dass den inländischen Steuerbehörden eine Überprüfung der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit des § 3 Abs 1 Z 10 EStG 1988, wie bei Arbeitnehmern, die bei inländischen Betrieben oder bei Betrieben in anderen EU-Mitgliedstaaten beschäftigt sind, nicht möglich ist. Die von der steuerlichen Vertretung ins Treffen geführten Art. 26 DBA-Schweiz und das Verwaltungsübereinkommen über die Sicherung der steuerlichen Gleichbehandlung österreichischer Grenzgänger, AÖF 1998/84, vermögen das Fehlen einer umfassenden Rechts- und Vollstreckungshilfe nicht zu ersetzen. Der in Art. 26 DBA-Schweiz vereinbarte Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten ist lediglich insoweit vereinbart, als er "für eine richtige Durchführung dieses Abkommens" notwendig ist. Diese Bestimmung ermöglicht aber keinen Informationsaustausch für die Beurteilung von in innerstaatlichen Vorschriften normierten Voraussetzungen für die Gewährung einer Steuerfreiheit (wie ob überhaupt eine begünstigte Auslandstätigkeit vorliegt und ob diese jeweils ununterbrochen über den Zeitraum von einen Monat hinausgeht). Auch das Verwaltungsübereinkommen über die Sicherung der steuerlichen Gleichbehandlung österreichischer Grenzgänger gewährleistet keine vergleichbare Rechtshilfe, weil dieses Übereinkommen aufgrund § 68 Abs. 8 EStG 1988 abgeschlossen wurde und nur für die dort genannten Zuschläge Gültigkeit besitzt. Die steuerlichen Kontrollmöglichkeiten der inländischen Steuerbehörden sind somit gegenüber Sachverhalten, die ihre Wurzeln in der Schweiz haben, eingeschränkt. Damit ist die Berufung aber noch nicht zu Ungunsten des Berufungswerbers entschieden. Wie bereits weiter oben ausgeführt, anerkennt der EuGH Beschränkungen einer Grundfreiheit nur, wenn diese einem berechtigten Zweck dient, die Anwendung einer die Grundfreiheit beschränkenden Maßnahme auch geeignet ist, die Verwirklichung dieses Zweckes zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des Zweckes erforderlich ist (vgl. zB EuGH 30.11.1995, C-55/94 , 17.3.2005, Rs C-109/04 ). Nun ist es nicht der Zweck der Einschränkung der Steuerfreiheit des § 3 Abs 1 Z 10 EStG 1988 auf Arbeitnehmer inländischer Betriebe, die Steueraufsicht zu wahren. Mit der in Rede stehenden Befreiungsbestimmung sollen vielmehr bestimmte Auslandstätigkeiten durch inländische Betriebe gefördert werden, in dem die auf die begünstigten Auslandstätigkeiten entfallenden Arbeitslöhne der Arbeitnehmer steuerbefreit und damit die Lohnkosten dieser Betriebe reduziert werden. Gleichzeitig soll damit Arbeitnehmern inländischer Betriebe ein Anreiz geboten werden, bestimmte Tätigkeiten im Ausland auszuüben. Dementsprechend führen die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 113 BlgNR XV. GP ., zur rechtspolitischen Absicht aus:
"Da sich auf dem Sektor des Anlagenbaus die Konkurrenzverhältnisse zunehmend verschärfen, wirkt sich die derzeitige steuerliche Behandlung der Arbeitslöhne von ins Ausland entsendeten Arbeitnehmern im Vergleich mit anderen Ländern (zB Bundesrepublik Deutschland) für österreichische Unternehmen wettbewerbsnachteilig aus. Die vorliegende Novelle sieht daher eine Steuerbefreiung für alle Fälle einer Auslandstätigkeit von inländischen Arbeitnehmern vor, die mit der Errichtung von Anlagen im Ausland im Zusammenhang steht".
§ 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 bezweckt somit die Unterstützung der Wettbewerbsfähigkeit des heimischen Anlagenbausektors im Ausland, nicht aber die Wahrung der nationalen Steueraufsicht. Zudem wäre die generelle Ablehnung der Steuerfreiheit begünstigter Auslandstätigkeiten von Arbeitnehmern, die bei Schweizer Betrieben beschäftigt sind, unverhältnismäßig. Das Ziel der steuerlichen Kontrolle kann auch dadurch erreicht werden, dass im Einzelfall die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung überprüft werden. Da ein Auslandssachverhalt vorliegt, trifft die die Steuerbefreiung geltend machende Partei eine erhöhte Mitwirkungspflicht (vgl. Ritz, BAO³, § 115, Tz 10). Mit dieser Mitwirkungspflicht sollen die eingeschränkte Ermittlungsmöglichkeit der Behörden bei Auslandssachverhalten und fehlende Amtshilfemöglichkeiten kompensiert werden. Es kann daher vom Abgabepflichten verlangt werden, dass er die Voraussetzungen der Steuerfreiheit des § 3 Abs. 1 10 leg. cit. nachweist. Dabei kann es ihm zugemutet werden, dass er auch entsprechende Unterlagen von seinem Arbeitgeber beibringt und selbst Vorsorge für den Nachweis trifft. Die Abgabenbehörde hat dann unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Gelingt der Nachweis der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nicht, so trifft die Beweislast, da es sich um steuerbegünstigende Tatsachen handelt, den Abgabepflichtigen (vgl. Kotschnigg in ÖStZ 1992, S 82 ff., Doralt-Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts, II, 4. Auflage, 264 sowie VwGH 28.2.1995, 95/14/0016)."
Im vorliegenden Fall hat der Berufungswerber die Art der Tätigkeit glaubwürdig beschrieben (vgl. den Aktenvermerk über die persönliche Vorsprache des Berufungswerbers am 5. Dezember 2007 beim Unabhängigen Finanzsenat). Den jeweiligen Ort und die Dauer der Tätigkeit hat der Berufungswerber mittels Hotelrechnungen, Passkopien und Arbeitgeberbestätigungen glaubhaft nachgewiesen (in diesem Zusammenhang wird auch auf die zusätzliche Begründung zu den Berufungsvorentscheidungen vom 27. Juli 2005 verwiesen, wonach das Finanzamt betreffend die Jahre 2001 und 2002 nicht bezweifelt hat, dass sich der Berufungswerber auch tatsächlich in den angegebenen ausländischen Staaten zur Verrichtung seiner beruflichen Tätigkeit aufgehalten hat; bezüglich des Jahres 2003 siehe weiter unten). Entsprechend dieser beigebrachten Unterlagen hat der Berufungswerber während der Streitjahre ausschließlich eine begünstigte Auslandstätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 ausgeübt (es liegen keine schädlichen Unterbrechungen vor; für die Berechnung der Monatsfrist ist auch die Reisezeit im Ausland heranzuziehen; eine länger als einen Monat dauernde Tätigkeit kann auch dann vorliegen, wenn die Tätigkeit nicht beim selben Vorhaben, sondern bei verschiedenen begünstigten Vorhaben desselben Unternehmers verbracht wird; hat eine ununterbrochene Tätigkeit im Ausland bereits länger als einen Monat gedauert, sind auch Urlaube der ausländischen Tätigkeit zuzurechnen, wenn der Arbeitnehmer unmittelbar nach dem Urlaub die Tätigkeit auf einer ausländischen Arbeitsstelle wieder aufnimmt; vgl. Sailer, Bernold, Mertens, Kranzl, Die Lohnsteuer in Frage und Antwort, Ausgabe 2003, Seite 44).
Streitjahre im Detail: 2001: Für den auf die Montagezeiten in der Bundesrepublik Deutschland entfallenden Gehaltsteil steht das Besteuerungsrecht Deutschland (Tätigkeitsstaat) zu; Österreich (Wohnsitzstaat) steht aber das Recht zu, diese Einkünfte zum Progressionsvorbehalt heranzuziehen (Progressionsvorbehalt bedeutet, dass die der Bundesrepublik Deutschland zur Besteuerung zugeteilten Einkünfte in Österreich zwar aus der Einkommensteuerbemessungsgrundlage auszuscheiden, bei der Ermittlung des auf die in Österreich zu versteuernden Einkünfte anzuwendenden Tarifes aber zu berücksichtigen sind; vgl. Art. 9 Abs. 1 und 2 und Art. 15 Abs. 1 und 3 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern, idF BGBl. Nr. 361/1994; im gegenständlichen Streitjahr hat der Berufungswerber aber keine Einkünfte erzielt, die in Österreich zu versteuern sind). Für die auf die Montagezeiten in Rumänien, in der Türkei und in Thailand entfallenden Gehaltsteile steht aufgrund der sog. Monteurklausel (vgl. Art. 15 Abs. 2 der jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Republik Rumänien, der Türkischen Republik und dem Königreich Thailand) das Besteuerungsrecht zwar Österreich zu, diese Gehaltsteile sind - wie oben dargelegt - gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 steuerfrei zu belassen. Für den auf die Zeiten in Hong Kong entfallenden Gehaltsteil steht gleichfalls das Besteuerungsrecht Österreich zu (§ 1 Abs. 2 EStG 1988; es besteht kein DBA). Dieser Gehaltsteil ist gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 steuerfrei zu belassen.
2002: Für die auf die Montagezeiten in Thailand, Italien, Spanien und Korea entfallenden Gehaltsteile steht aufgrund der sog. Monteurklausel (vgl. Art. 15 Abs. 2 der jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen Abkommen zwischen der Republik Österreich dem Königreich Thailand, der Republik Italien, Spanien und der Republik Korea) das Besteuerungsrecht zwar Österreich zu, diese sind aber gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 steuerfrei zu belassen.
2003: Für den auf die Montagezeit in Korea entfallenden Gehaltsteil steht das Besteuerungsrecht Korea (Tätigkeitsstaat; die Monteurklausel kommt nicht zur Anwendung) zu; Österreich (Wohnsitzstaat) steht aber das Recht zu, diese Einkünfte zum Progressionsvorbehalt heranzuziehen (vgl. Art. 15 Abs. 1 und 3 und Art. 23 Abs. 2 lit. b und d des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Korea zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, idF BGBl. Nr. 486/1987; im gegenständlichen Streitjahr hat der Berufungswerber keine Einkünfte erzielt, die in Österreich zu versteuern sind). Für den auf die Montagezeit in Japan entfallenden Gehaltsteil steht das Besteuerungsrecht Japan (Tätigkeitsstaat; die Monteurklausel kommt nicht zu Anwendung) zu; Österreich (Wohnsitzstaat) muss die in Japan erhobene Steuer anrechnen (vgl. Art. XIII Abs. 2 und 3 und Art. XIX Abs. 2 des Abkommen zwischen der Republik Österreich und Japan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen, idF BGBl. Nr. 127/1963). Dieser Gehaltsteil ist in Österreich gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 steuerfrei zu belassen. Für den auf die Zeiten in Saipan entfallenden Gehaltsteil steht Österreich das Besteuerungsrecht zu (vgl. § 1 Abs. 2 EStG 1988; es besteht kein DBA), dieser ist gleichfalls gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 steuerfrei zu belassen.
Zum Vorbringen des Finanzamtes (vgl. die zusätzliche Begründung zu den Berufungsvorentscheidungen vom 27. Juli 2005), dass bezweifelt werde, dass sich der Berufungswerber im Zeitraum vom 8. Jänner 2003 bis 7. September 2003 und vom 17. September 2003 bis 16. Dezember 2003 in Korea aufgehalten habe und dass eine Steuerfreistellung der auf die Tätigkeit in Korea entfallenden Einkünfte in Österreich nur unter der Voraussetzung erfolgen könne, dass der Nachweis über die ausländische Besteuerung dieser Einkünfte bzw. eine Bestätigung der zuständigen koreanischen Finanzbehörde darüber, dass der Berufungswerber sich im Jahr 2003 über 183 Tage in Korea aufgehalten habe und das Besteuerungsrecht an den Einkünften aufgrund Artikel 15 BDA Korea der Republik Korea zukomme, vorgelegt werde, ist der Vollständigkeit halber noch Folgendes zu sagen: Zum einen ergibt sich nach Auffassung des Unabhängigen Finanzsenates aus den vorgelegten Passkopien eindeutig, dass sich der Berufungswerber in den vorgenannten Zeiten in Korea aufgehalten hat. Zum anderen kann die abkommensrechtliche Befreiung in Österreich nicht von der tatsächlichen Besteuerung im anderen Vertragsstaat abhängig gemacht werden, denn der andere Vertragsstaat ist keineswegs verpflichtet, ein ihm abkommensrechtlich zugewiesenes Besteuerungsrecht auch tatsächlich auszuschöpfen. Gleichgültig, aus welchen Gründen im anderen Vertragsstaat keine Besteuerung erfolgt, steht dem Steuerpflichtigen die abkommensrechtliche Befreiung in Österreich zu. Das Abhängigmachen der Anwendung einer abkommensrechtlichen Befreiungsvorschrift von der tatsächlichen Besteuerung im anderen Vertragsstaat kann lediglich dann geschehen, wenn ein Doppelbesteuerungsabkommen eine "Subjekt-to-tax-Klausel" enthält [Art. 15 Abs. 4 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, idF BGBl. III Nr. 182/2002, enthält eine "Subject-to-tax-Klausel", wonach eine Steuerfreistellung der Einkünfte im Ansässigkeitsstaat nur dann zu erfolgen hat, wenn nachgewiesen wird, dass die Einkünfte im Tätigkeitsstaat tatsächlich steuerlich erfasst worden sind (vgl. Lang, Die Erbringung von ausländischen Besteuerungsnachweisen durch den Steuerpflichtigen, in SWI 2000, 210)]. Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Korea enthält jedenfalls keine "Subject-to-tax-Klausel" für Einkünfte aus unselbständiger Arbeit.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am 25. Jänner 2008
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Arbeitnehmer, Auslandsmontage, inländischer Betrieb, Arbeitnehmerfreizügigkeit |