UFS RV/0733-G/06

UFSRV/0733-G/0631.10.2007

Zurückweisung einer Berufung wegen entschiedener Sache (res judicata)

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/15/0299 eingebracht. Mit Beschluss vom 28.05.2009 betr. Einkommensteuer 2003 eingestellt. Mit. Erk. vom 28.05.2009 betr. Einkommensteuer 2002 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Bescheid

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch N & N Steuerberatungs-GmbH, 8010 Graz, Herdergasse 11, vom 27. November 2006, gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom 17. November 2006, betreffend die Abweisung eines Antrages auf Endgültigerklärung der gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig ergangenen Einkommensteuerbescheide für den Zeitraum 2002 bis 2003, vom 11. März 2004 und vom 29. Juli 2004, beschlossen:

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw) erklärte in den Jahren 2002 und 2003 neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von € 34.160,- und € 1.368,- auch Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Musiker und Komponist in Höhe von € -20.615,- und € 2.000,-. Aus dieser Tätigkeit sind im Zeitraum 1998 (Betriebseröffnung) bis 2003 Verluste in Höhe von insgesamt rund € 98.000,- (rd. ATS -1.348.500,-) angefallen.

Mit Antrag vom 27. September 2006 wurde vom Bw begehrt, die für den Streitzeitraum vorläufig ergangenen Einkommensteuerbescheide gemäß § 200 Abs. 2 BAO für endgültig zu erklären, weil er aus seiner (zunächst nebenberuflichen) musikalischen Tätigkeit seit dem Jahr 2003 ausschließlich Gewinne erziele und diese Betätigung nach der Beendigung seines Dienstverhältnisses im Jahr 2002 auch seinen Hauptberuf darstelle. Soweit das Finanzamt die Vorläufigkeit der ergangenen Abgabenbescheide auf die Ungewissheit über das Vorliegen einer Einkunftsquelle gestützt hat, sei deren Aufrechterhaltung aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten somit nicht mehr gerechtfertigt.

Im angefochtenen Bescheid wurde dieser Antrag mit dem Hinweis auf eine für dieselben Streitjahre und Abgabenbescheide in derselben Rechtsangelegenheit bereits ergangene Berufungsentscheidung (UFS 24.3.2005, RV/0307-G/04 u. RV/0357-G/04) abgewiesen. Begründet wurde dazu, dass die Hauptberuflichkeit einer Tätigkeit nur eines von mehreren Merkmalen darstelle, um diese Betätigung unter § 1 Abs. 1 LVO (Einkunftsquellenvermutung) zu subsumieren und dass ein Betätigungszeitraum von unter 10 Jahren zu kurz sei, um bei einer künstlerischen Tätigkeit in Bezug auf das Vorliegen einer steuerlichen Liebhaberei oder einer Einkunftsquelle eine endgültige Aussage treffen zu können. Dafür reiche auch der nunmehrige Beobachtungszeitraum von acht Jahren noch nicht aus.

Die dagegen erhobene Berufung wurde der Abgabenbehörde zweiter Instanz ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Abgabenbehörde zweiter Instanz hat eine Berufung, die gegen einen von der Abgabenbehörde erster Instanz erlassenen Bescheid eingebracht wurde, gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht zulässig ist. Eine Berufung ist u.a. dann unzulässig, wenn die Abgabenbehörde in ein und derselben Sache bereits einmal rechtskräftig entschieden hat. Die mit der Rechtskraftwirkung von Bescheiden verbundene Folge bedeutet, dass in den Bestand von rechtskräftigen Bescheiden nur insoweit eingegriffen werden kann, als entsprechende (auf Durchbrechung der Rechtskraft gerichtete) gesetzliche Tatbestände vorgesehen sind. Anträge, denen die materielle Rechtskraft (und damit das sog. Wiederholungsverbot) einer bereits vorliegenden Entscheidung entgegensteht, sind daher wegen "entschiedener Sache" zurückzuweisen (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, Bd. 1, S. 944; Ritz, Bundesabgabenordnung, 3. Aufl., § 311, Tz 10).

Dabei ist ausschlaggebend, ob die bereits entschiedene Sache mit jener ident ist, deren Entscheidung im Wege eines neuerlichen Antrages begehrt wird. Diese Identität wird angenommen, wenn weder in der Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteienbegehrens maßgebenden tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich das neue Parteienbegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Nicht jede geringfügige Änderung des Sachverhaltes und nicht jede Änderung des Parteienbegehrens führt daher zu einer "anderen" Sache, bzw. zu einer neuen Entscheidungsberechtigung und Entscheidungspflicht der Behörde. Nur wesentliche Änderungen des Sachverhaltes müssten eingetreten sein, beziehungsweise behauptet werden. Die "Identität" der Sache besteht, bzw. liegt eine "entschiedene Sache" auch weiterhin dann vor, wenn sich das neue Parteibegehren und der entsprechende Sachverhalt von dem bereits Entschiedenen allein dadurch unterscheidet, dass der Sachverhalt in für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache nur unwesentlichen Nebenumständen oder das Parteibegehren in Bezeichnungen und Formulierungen vom bereits früher Entschiedenen abweicht (Stoll, aaO, S. 944).

Die Frage der Endgültigerklärung vorläufiger Abgabenbescheide für die Streitjahre 2002 und 2003 war bereits Gegenstand eines Berufungsverfahrens vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz. In diesem Verfahren hat der unabhängige Finanzsenat über die (am 25. August 2004 eingebrachte) Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2002 sowie über die (am 4. August 2004 eingebrachte) Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 bereits rechtskräftig entschieden und unter Bejahung der künstlerischen Tätigkeit als Einkunftsquelle iSd § 1 Abs. 1 LVO u.a. ausgesprochen, dass die vorläufig ergangenen Einkommensteuerbescheide unverändert bleiben (Abweisung des Antrages auf endgültige Bescheidausfertigung). Zur Sachverhaltsdarstellung und näheren Begründung wird auf die ho. Berufungsentscheidung vom 24. März 2005, RV/0307-G/04 und RV/0357-G/04 hingewiesen.

Die Ausführungen im neuerlich erhobenen Antrag auf endgültige Bescheidausfertigung betreffend Einkommensteuer 2002 und 2003 unterscheiden sich nicht wesentlich von den bereits früher vorgetragenen Sachumständen und wurde in der zitierten Entscheidung auch gewürdigt, dass der Bw sein wirtschaftliches Engagement im Jahr 2003 offenbar auf den musikalischen Erwerbszweig verlagert hat und dass in dieser Steuerperiode ein positives Betriebsergebnis erzielt worden ist (die Einkünfte aus selbständiger Arbeit überstiegen in diesem Jahr die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit). Da das nunmehr wiederholte Grundanliegen (§ 200 Abs. 2 BAO) somit auf die Abänderung der nicht mehr der Berufung vom 25. August 2004 und der Berufung vom 4. August 2004 unterliegenden Einkommensteuerbescheide 2002 und 2003 gerichtet ist, wäre eine neuerliche Entscheidung in diesem Rahmen als Wiederholung der bereits entschiedenen Sache ein unzulässiger Eingriff in die Rechtskraft.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Was die - hier nicht zu erörternde - Wiederaufnahme des Verfahrens für das Jahr 2002 und den neu ergangenen Einkommensteuerbescheid vom 23. Jänner 2007 betrifft, wird auf die Berufungsentscheidung vom heutigen Tag, GZ RV/0199-G/07 und RV/0200-G/07, verwiesen.

Graz, am 31. Oktober 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 273 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 200 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993

Schlagworte:

Zurückweisung, entschiedene Sache, Endgültigerklärung, vorläufige Bescheide, Liebhaberei, Künstler, Musiker

Stichworte