Aufhebung eines Einkommensteuerbescheides nach § 299 Abs. 1 BAO ohne jegliche konkrete Begründung.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Berufungswerbers,vom 28. Juni 2006 gegen die Bescheide des Finanzamtes Gmunden vom 9. Mai 2006 betreffend den Bescheid über die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2004 gemäß § 299 BAO und den Einkommensteuerbescheid 2004 beide datiert vom 9. Mai 2005 entschieden:
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Der Berufung gegen den Bescheid datiert vom 9. Mai 2006 über die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2004 datiert vom 21. September 2005 wird Folge gegeben.
Die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2004 datiert vom 21. September 2004 wird als unzulässig zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Gemeinsam mit der elektronisch eingelangten Einkommensteuererklärung 2004 übermittelte der Berufungswerber mehrere Beilagen. Darin hielt er unter anderem fest, dass er aus der Abtretung von GmbH-Anteilen entsprechend der Verträge vom 28. September 1999 und 15. Dezember 2003 insgesamt € 883.342,81 erhalten habe. Dem wären Anschaffungskosten von € 3.633,64 und sonstige Kosten von € 150,00 gegenüber gestanden, sodass sich ein Erlös von S 879.559,17 ergeben habe. Es werde die Anwendung der Begünstigung gemäß § 37 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988) beantragt. Bei den sonstigen Einkünften des Berufungswerbers im Jahr 2004 habe er jedoch € 0,00 angegeben, weil er die Ansicht vertrete, dass die neue gesetzliche Regelung gegen "Treu und Glauben" verstoße.
Mit dem Bescheid datiert vom 21. September 2005 wurde der Berufungswerber antragsgemäß zur Einkommensteuer 2004 veranlagt.
Im Ersuchen um Ergänzung vom datiert vom 3. April 2006 wurde dem Berufungswerber mitgeteilt, dass die Veranlagung für 2004 zur Beschleunigung der Erledigung vorerst ohne nähere Prüfung der Erklärungsangaben durchgeführt worden sei. Aufgrund einer elektronischen Zufallsauswahl sei die Abgabenerklärung des Berufungswerbers zur nachprüfenden Kontrolle ausgewählt worden. In der Beilage zur Einkommensteuererklärung für 2004 habe der Berufungswerber bei den sonstigen Einkünften € 0,00 anstelle von € 879.559,17 aus einer Anteilsabtretung angesetzt, da er die Meinung vertrete, eine neue Gesetzesregelung verstoße gegen Treu und Glauben. Da diese Rechtsmeinung nicht nachvollziehbar sei, werde er gebeten, diese näher begründen und mitzuteilen, wann der Veräußerungserlös zugeflossen sei, sowie den maßgeblichen Vertrag in Kopie zu übermitteln.
Darauf entgegnete der Berufungswerber im Schreiben vom 11. April 2006, dass es sich bei der Änderung des § 31 EStG 1988 um eine rückwirkende Bestimmung handle, woraus sich verfassungsrechtliche Bedenken ergeben würden, da der Berufungswerber in seinem Vertrauen auf die geltende Rechtslage enttäuscht worden sei. Verfassungswidrigkeit einer solchen Bestimmung liege vor, wenn es zu einer gravierenden Beeinträchtigung des schutzwürdigen Vertrauens des Steuerpflichtigen komme und keine besonderen Umstände die Rückwirkung rechtfertigen würden. Eine gravierende Beeinträchtigung liege vor, wenn das Verhältnis zwischen Erträgen und der dem Steuerpflichtigen angewachsenen Kapitalbelastung derart erheblich sei, dass der Gesetzgeber darauf Rücksicht nehmen müsse. Im Fall des § 31 EStG 1988 ergebe sich dies daraus, das der Beteiligungsverkauf nicht rückgängig gemacht werden könne. Der Veräußerungserlös sei dem Berufungswerber am 12. Januar 2004 zugeflossen.
Beigelegt war ein Überweisungsbeleg vom 12. Januar 2001, auf dem der Zahlungseingang von € 883.342,81 auf dem Bankkonto des Berufungswerbers ersichtlich ist und ein Notariatsakt vom 15. Dezember 2003, der das unwiderrufliche Angebot des Berufungswerbers vom 28. September 1999, die Anteile des Berufungswerbers an der A-GmbH für die B-GmbH gegen die Zahlung eines Abtretungspreises vom € 883.342,81 annimmt.
Gemäß § 299 BAO (Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961) wurde der oben genannte Einkommensteuerbescheid 2004 vom 21. September 2005 mit Bescheid datiert vom 9. Mai 2006 aufgehoben und dies damit begründet, dass die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben könne, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweise.
Ebenfalls am 9. Mai 2006 wurde ein neuer Einkommensteuerbescheid 2004 erlassen, der abgesehen davon, dass bei den sonstigen Einkünften € 879.559,17 angesetzt und diese gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1988 mit dem halben Durchschnittsteuersatz besteuert wurden, mit dem ursprünglichen Einkommensteuerbescheid vom 21. September 2005 übereinstimmt.
Gegen die beiden letztgenannten Bescheide datiert vom 9. Mai 2006 richtet sich die innerhalb der verlängerten Berufungsfrist eingebrachte Berufung vom 28. Juni 2006, in welcher begehrt wird entweder den Bescheid des Finanzamtes vom 9. Mai 2006, mit welchem der Einkommensteuerbescheid 2004 vom 21. September 2005 gemäß § 299 BAO aufgehoben wurde, ersatzlos aufzuheben oder die sonstigen Einkünfte, wie in der Abgabenerklärung (siehe oben) mit € 0,00 festzusetzen, beziehungsweise die angefochtenen Bescheide aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an das Finanzamt zurückzuverweisen. Dies begründete der Berufungswerber, wie dies in den Verfahren vor dem jeweiligen Höchstgerichten statthaft wäre, mit unrichtiger rechtlicher Beurteilung, Verletzung von Verfahrensvorschriften und verfassungsgesetzlicher Rechte, insbesonders jenem auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Die sonstigen Einkünfte im Betrag von € 879.559,17 wären aus der Veräußerung von 10% vom gesamten Stammkapital der Firma A_GmbH im Umfang einer voll einbezahlten Stammeinlage von € 4.000,00 im Jahr 2003 aufgrund eines unwiderruflichen Anbotes an die Firma F-GmbH zur Übertragung dieses Anteiles vom 28. September 1999 und der Annahmeerklärung zu diesem Anbot durch die B_GmbH vom 15. Dezember 2003 entstanden. Der Veräußerungserlös sei dem Berufungswerber am 12. Januar 2004 zugeflossen. Vor der Anteilsveräußerung im Jahr 2003 hätten der Berufungswerber und sein Bruder jeweils noch 10% der Anteile an der A_GmbH besessen. Bis zum Jahr 1996 wäre diese Gesellschaft vollständig Eigentum der Familie des Berufungswerbers gewesen. Dabei hätten der Berufungswerber, sein Bruder und seine Eltern jeweils ein Viertel der Anteile der Gesellschaft besessen. Im Jahr 1996 habe die Mutter des Berufungswerber alle Anteile und der Vater des Berufungswerbers 15% der Anteile an der gesamten Gesellschaft an D übertragen, welcher diese 40% der Anteile an der Gesellschaft im Jahr 1999 an die D-GmbH übergeben habe. Diese habe im Jahr 2000 alle ihre Anteile an die E_GmbH weiterveräußert. Im Jahr 1998 sei die Firma F-GmbH der Gesellschaft mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 12. Juni 1998 durch Übernahme eines Teiles der seinerzeitigen Geschäftsanteile des Berufungswerbers, nämlich 15% der gesamten Anteile, sowie eines Teiles der Geschäftsanteile des Bruders des Berufungswerbers, nämlich ebenfalls 15% der gesamten Anteile, beigetreten. Auf diese Weise habe sich die Familie des Berufungswerbers auf eine Minderheitsbeteiligung zurückgezogen. Im Ergebnis sollte sich durch den Verkauf an die F-GmbH im Jahre 1998 im Wege eines Share-deal die Familie des Berufungswerbers zur Gänze aus dem Unternehmen zurückziehen und deren gesamte, zu diesem Zeitpunkt bestehenden Anteile an der A_GmbH von der F-GmbH übernommen werden. Aus diesem Grund hat die F-GmbH über die beim Berufungswerber verbliebenen 10% Anteile an der A_GmbH am 12. Juni 1998 ein unwiderrufliches Anbot zur Übernahme abgegeben. Infolge einer Währungsumstellung auf Euro sei dieses Angebot inhaltsgleich mit Notariatsakt vom 4. Oktober 1999 neu errichtet worden. Die F-GmbH habe sich darin verpflichtet, den verbliebenen Geschäftsanteil des Berufungswerbers an der A_GmbH im Umfang von 10% der Anteile, nach Durchführung der Währungsumstellung in Höhe von € 4.000,00, jederzeit im Falle der Annahme durch den Berufungswerber zu übernehmen. Dieses Anbot sei bis 30. Juni 2003 befristet gewesen. In einem habe der der Berufungswerber zusammen mit seinem Vater und seinem Bruder der F-GmbH ein bis zum 31. Dezember 2003 befristetes unwiderrufliches Anbot auf Abtretung seines verbliebenen Geschäftsanteiles an der A_GmbH von € 4.000,00 mit Notariatsakt vom 28. September 1999 gemacht. Der Gestaltung dieses Unternehmenskaufes im Wege eines Share-deal, insbesondere der Bestimmung des Kauf- beziehungsweise Abtretungspreises für die Anteile, seien die seinerzeit bestehenden steuerlichen Rahmenbedingungen entsprechend dem Einkommensteuergesetz 1988 in der seinerzeit geltenden Fassung im Vertrauen auf deren Fortbestand zugrunde gelegt worden. § 31 Abs. 1 EStG 1988 in der Fassung vor dem Kapitalmarktoffensive-Gesetz, BGBL l. 2001/2, habe die steuerfreie Veräußerung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften bis zu einem Ausmaß von 10%, sofern das Beteiligungsausmaß von 10% in einem durchgehenden Zeitraum von fünf Jahren vor der Veräußerung der Anteile nicht überschritten worden sei, ermöglicht. Ausgehend davon sei daher im ersten Schritt zur Übernahme der Gesellschaft das Beteiligungsausmaß des Berufungswerbers durch Abtretung eines Teiles seines Geschäftsanteiles an der Firma A_GmbH mit Kauf-und Abtretungsvertrag vom 12. Juni 1998 auf 10% vom gesamten Stammkapital der Gesellschaft reduziert worden. Der verbliebene 10% der Anteile sollten nach Ablauf der Frist von fünf Jahren für die Steuerfreiheit des Veräußerungsvorganges gemäß § 31 Abs. 1 EStG 1988 in der Fassung vor dem Kapitalmarktoffensive-Gesetz aufgrund des beschriebenen Übernahmeanbotes und Abretungsanbotes an die F-GmbH übertragen werden. Der Kaufpreis für den zunächst mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 12. Juni 1998 veräußerten 15%-igen Anteil und den verbliebenen 10%-igen Anteil sei entsprechend eines im Einvernehmen ermittelten Unternehmenswertes nach dem Beteiligungsausmaß festgelegt worden, wobei dem verbliebenen 10%-igen Anteil ein Aufschlag für die endgültige Aufgabe aller Anteile und Stimmrechte zugerechnet worden sei (Paketzuschlag). In die Kaufpreisgestaltung sei die Begünstigung der steuerfreien Veräußerung des 10%-igen Anteils nach Ablauf der Fünfjahresfrist eingeflossen und durch eine Verringerung des Gesamtkaufpreises für das gesamte Anteilspaket zugunsten der F-GmbH berücksichtigt worden. Mit Gesellschafterbeschluss vom 1. März 2001 sei die F-GmbH in B_GmbH umbenannt worden. Mit Generalversammlungsbeschluss vom 18. Dezember 2001 sei die E_GmbH als übertragende Gesellschaft mit der B_GmbH als übernehmende Gesellschaft verschmolzen worden. Das Anbot der F-GmbH vom 4. Oktober 1999 habe der Berufungswerber nicht genützt. Doch habe die B_GmbH mit Notariatsakt vom 15. Dezember 2003 das Abtretungsanbot des Berufungswerbers vom 28. September1999 angenommen und sei das darin festgelegte Abtretungsentgelt von € 883.342,81 dem Berufungswerber am 12. Januar 2004 zugeflossen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kauf- und Abtretungsvertrages und der Errichtung des ursprünglichen Abtretungs- und Übernahmeanbotes habe § 31 Abs. 1 EStG 1988 eine Steuerpflicht einer Veräußerung eines Anteiles an einer Körperschaft erst bei einer (mittelbaren) Beteiligung von über 10% innerhalb der letzten fünf Jahre vorgesehen. Dieser Prozentsatz sei durch das BGBL l. Nr. 2/2001 (Kapitalmarktoffensive- Gesetz- KMOG) auf 1% herabgesetzt worden. Weiters sei mit dem gleichen Gesetz eine Übergangsbestimmung in § 124b EStG 1988 als Ziffer 57 angefügt worden, welche vorsehe, dass § 31 Abs. 1 EStG 1988 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBL l. Nr. 2/2001 auf Veräußerungsvorgänge nach dem 31. Dezember 2000 anzuwenden sei. Habe der Veräußerer oder bei unentgeltlichen Erwerb der Rechtsvorgänger die Anteile vor dem 1. Januar 1998 angeschafft und sei er nach dem 31. Dezember 1997 bis zum 31. Dezember 2001 zu nicht mehr als zehn Prozent beteiligt gewesen, könne er an Stelle der Anschaffungskosten den gemeine Wert der Anteile zum 1. Januar 2001 ansetzen. Die Grundlage für die Anteilsübertragung 2003 sei allerdings das unwiderrufliche Anbot des Berufungswerbers vom 28. September 1999 an die F-GmbH gewesen. Die grundlegende Entscheidung über den Verkauf der restlichen Anteile sei daher bereits mit Errichtung dieses Anbotes getroffen worden und habe der Berufungswerber die Ausübung des Anbotes und damit die Übernahme des beim Berufungswerber nach Anteilsübertragung im Jahr 1998 verbliebenen Geschäftsanteiles von 10% nicht mehr verhindern können. Entgegen der Beurteilung des Finanzamtes, was aus dem Ergebnis des Bescheides abgeleitet werden müsse, da der Bescheid keine ausreichende Begründung enthalte, sei die Anteilsübertragung 2003 einen Veräußerungsvorgang aus dem Jahr 1999 und daher die Neuregelung, die ausdrücklich nur auf Veräußerungsvorgänge ab dem 31.12.2000 anzuwenden sei, auf die im Jahr 2003 durchgeführte Anteilsübertragung nicht anwendbar und der Veräußerungsvorgang aus der Anteilsübertragung 2003 daher steuerfrei. Unrichtigerweise sei darüber hinaus offenbar auch die in der Übergangsregelung des § 124b Ziffer 57 EStG 1988 vorgesehene Begünstigung vom Finanzamt nicht angewendet worden. Gegen das BGBL l. Nr. 2/2001 (Kapitalmarktoffensive-Gesetz - KMOG) bestünden, insoweit als dadurch der § 31 Abs. 1 EStG 1988 abgeändert, sowie dem § 124b EStG 1988 eine Ziffer 57 angefügt worden sei, darüber hinaus verfassungsrechtliche Bedenken, insbesondere wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Unterstelle man, dass auf die Anteilsübertragung § 31 Abs. 1 EStG 1988 in der durch das Kapitalmarktoffensive-Gesetz geänderten Fassung angewendet worden sei, wäre eine steuerfreie Veräußerung der 10%-igen Beteiligung an der Firma A_GmbH aufgrund des Abtretungsanbotes vom 28. September 1999 oder des Anbotes der F-GmbH vom 12. Juni 1998 beziehungsweise 4. Oktober 1999 zu den ursprünglich im Rahmen des Unternehmenskaufes festgelegten Bedingungen, nicht mehr möglich gewesen. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise habe sich der Kaufpreis für den Berufungswerber in Höhe der Steuerbelastung, die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung noch nicht bestanden habe, verringert. Der nach alter Rechtslage bestandene Steuervorteil se bei der Kaufpreisgestaltung kaufpreismindernd berücksichtigt und somit dem Vertragspartner F-GmbH zugute gekommen. Ohne entsprechenden Steuervorteil wäre der Kaufpreis entsprechend höher ausgefallen. Die Beseitigung dieses Steuervorteils wirke sich bei Ausübung des Anbotes und Übertragung des verbliebenen Anteiles des Berufungswerbers nunmehr unmittelbar und ausschließlich zum Nachteil des Berufungswerbers aus. Im Vergleich zur alten Rechtslage vor dem Kapitalmarktoffensive-Gesetz würde dem Berufungswerber aus der Veräußerung seiner Anteile ein um den ursprünglichen Steuervorteil reduzierter Betrag verbleiben. Auch die in der Übergangsregelung des § 124b Ziffer 57 EStG 1988 vorgesehene Begünstigung sei vom Finanzamt offenbar nicht angewendet worden. Durch angeführten Gesetzesbestimmungen sei der Berufungswerber in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unverletzbarkeit des Eigentums und weiters in seinem Recht darauf, dass bei Ausübung des Abtretungsanbotes die Besteuerung entsprechend der zum Zeitpunkt der Begründung geltenden Rechtslage erfolge, verletzt worden. Bei der Bestimmung und Festlegung von Kaufpreisen bei Beteiligungsverkäufen spiele die steuerliche Situation sowohl auf Käufer-, wie auch auf Verkäuferseite eine wesentliche Rolle. In der Regel würden Kaufpreisregelungen zulässigerweise unter Optimierung der steuerlichen Auswirkungen und Möglichkeiten für beide Seiten im Rahmen der jeweils bestehenden steuerlichen Rahmenbedingungen und im Vertrauen auf deren Fortbestand festgelegt und vereinbart werden. Durch die Herabsetzung des zulässigen Beteiligungsausmaßes für die Steuerfreiheit der Veräußerung von Kapitalanteilen in § 31 Abs. 1 EStG 1988 von ursprünglich 10% auf nunmehr 1% sei in die von der Rechtsordnung dem Berufungswerber eingeräumten (steuerlichen) Gestaltungsmöglichkeiten eingegriffen und sein Vertrauen in den Fortbestand der zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen bestandenen Rechtslage in einem Maße eingegriffen worden, dass eine Verletzung des Gleichheitssatzes vorliege. Die Änderung der Gesetzeslage bewirke unmittelbar eine Verringerung des dem Berufungswerber zugeflossenen Kaufpreises aus der Anteilsveräußerung und habe daher unmittelbare Auswirkungen auf das Ergebnis der im Jahr 1998 getroffenen verbindlichen Vereinbarungen, insbesondere über die Kaufpreisgestaltung. Insoweit sei der Eingriff in eine bestehende Rechtsposition rückwirkend erfolgt. Die Übergangsregelung des § 124b Ziffer 57 EStG 1988 durch Heranziehung des gemeinen Wertes zum Stichtag 1. Januar 2001, könne nicht in allen Fällen Abhilfe verschaffen. Voraussetzung sei nämlich, dass nach dem Stichtag 31. Dezember 1997 ein Beteiligungsausmaß von 10% nicht überschritten werde. In diesem Zusammenhang sei keinerlei sachliche Rechtfertigung für die Festlegung des Stichtages für das maßgebliche Beteiligungsausmaß von 10% mit 31. Dezember 1997 zu erblicken. Diese Übergangsbestimmung sei, wie sich aus den erläuternden Bemerkungen beziehungsweise. aus den Begutachtungen zum Gesetzesentwurf ergibt, aus verfassungsrechtlichen Bedenken wegen eines möglichen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz, insbesondere den Vertrauenstatbestand, eingeführt worden. Die Festsetzung der Frist sei jedoch willkürlich und in einer gleichheitswidrigen, sachlich nicht gerechtfertigten Art und Weise erfolgt. Diese Regelung führe dazu, dass trotz Ablauf etwa einer rund zweieinhalbjährigen Frist keine entsprechende steuerliche Begünstigung gegeben sei, hingegen bei einer zufällig vor dem relevanten Stichtag 31. Dezember 1997 bestandenen Beteiligungshöhe von nicht mehr als 10%, auch ohne Ablauf der nach alter Rechtslage bestandenen 5-Jahresfrist, sondern bereits nach Ablauf einer 3-Jahresfrist steuerliche Begünstigungen bestehen würden. Auf die ursprüngliche Regelung sei bei der Übergangsregelung nicht Bedacht genommen worden. Nach der Übergangsbestimmung würde für die Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung nicht mehr der Veräußerungszeitpunkt als maßgebliches Kriterium, sondern ein willkürlich festgelegter, für den Steuerpflichtigen nicht beeinflussbarer und nicht vorhersehbarer Stichtag als Beginn für eine (verkürzte, dreijährige) Frist, herangezogen werden. Ausschlaggebend für die Inanspruchnahme von steuerlichen Begünstigungen nach der Übergangsregelung sei daher ausschließlich, dass der Veräußerer zufällig, zu dem rückwirkend festgelegten Stichtag 31. Dezember 1997 zu nicht mehr als 10 % beteiligt gewesen und dieses Beteiligungsausmaß für eine Frist von zumindest drei Jahren bis zum 31. Dezember 2000 nicht überschritten worden sei. Im Vergleich zur ursprünglichen Regelung, bei der für die Inanspruchnahme der steuerlichen Begünstigung der Zeitablauf von 5 Jahren ausschlaggebend und daher vom Steuerpflichtigen durch die Wahl des Veräußerungszeitpunktes beeinflussbar gewesen wäre, beruhe die Übergangsregelung alleine auf dem Zufallsprinzip, ob zum maßgeblichen Stichtag die entsprechende Beteiligungshöhe bestanden habe beziehungsweise nicht überschritten worden sei. Durch diese willkürliche Festlegung des Stichtages für den Erwerb des Beteiligungsausmaßes auf einen rückwirkenden Zeitpunkt, welche für den Steuerpflichtigen nicht absehbar gewesen sei, müsse neben der Beeinträchtigung des Vertrauens von Steuerpflichtigen auf die bestehende Rechtslage auch eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung zwischen Steuerpflichtigen erblickt werden. Diese Regelung führe dazu, dass Steuerpflichtige, die vor dem Stichtag 31. Dezember 1997 ein Beteiligungsausmaß von nicht mehr als 10% gehabt hätten, die steuerlichen Begünstigungen nach der Übergangsregelung in Anspruch nehmen könnten, obwohl die ursprünglich, nach alter Rechtslage bestandene Fünfjahresfrist für die steuerlichen Begünstigungen noch nicht abgelaufen gewesen sei. Diese Fälle kämen nunmehr in den Genuss steuerlicher Begünstigungen zu einem Zeitpunkt, zu welchem ihnen nach alter Rechtslage mangels Ablauf der Fünfjahresfrist keinerlei Begünstigungen zugestanden wären. In anderen Fällen hingegen, in denen das maßgebliche Beteiligungsausmaß, wenn auch nur kurzfristig nach dem Stichtag 31. Dezember 1997 höher als 10% gewesen sei, so etwa bis 12. Juni 1998 wie beim Berufungswerber, gebe es keine entsprechende steuerliche Begünstigung. Es bestehe auch keine Möglichkeit einer (nachträglichen) Einflussnahme auf den relevanten Zeitpunkt entsprechend der alten Rechtslage, wo diese Möglichkeit durch Wahl des Veräußerungszeitpunktes gegeben gewesen sei. In beiden beschriebenen Fällen sei die ursprünglich vorgesehene Fünfjahresfrist für das maßgebliche Beteiligungsausmaß nicht abgelaufen; im ersteren Fall, bei (zufälliger) Einhaltung des Stichtages 31. Dezember 1997 würde eine steuerliche Begünstigung gewährt, im letzteren Fall, bei zufälligem Überschreiten dieses Stichtages, nicht. Dadurch nehme der Gesetzgeber eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung zwischen Steuerpflichtigen vor. Richtigerweise wäre der Gesetzgeber angehalten gewesen, die volle Steuerbegünstigung, nämlich Steuerfreiheit, nach der alten Rechtslage für all jene Steuerpflichtigen vollinhaltlich aufrecht zu erhalten, die zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Gesetzesänderung ein Beteiligungsausmaß von nicht mehr als 10% gehabt und damit bereits eine Art Anwartschaft auf eine steuerfreie Veräußerung der Beteiligung nach Ablauf der ursprünglich vorgesehenen Fünfjahresfrist erworben hätten. Zumindest müsste dies für Steuerpflichtige, die das maßgebliche Beteiligungsausmaß bereits zu einem Zeitpunkt unterschritten hätten (im Fall des Berufungswerbers zweieinhalb Jahre vor Wirksamkeit der Gesetzesänderung), in der die Änderung der Rechtslage noch nicht vorhersehbar und bekannt gewesen sei, gelten. Keinesfalls könne gerechtfertigt sein, dass, wie in der Übergangsregel des § 124b Ziffer 57 EStG 1988 vorgesehen, Steuerpflichtige, die das entsprechende Beteiligungsausmaß vor Änderung des Gesetzes bereits (für eine gewisse Zeit) eingehalten hätten und bei denen die fünfjährige Frist nach alter Rechtslage noch nicht abgelaufen wäre, ungleich behandelt würden. Dies könne auch durch eine kurzfristig erforderliche Budgetsanierungsmaßnahmen der Bundesregierung nicht gerechtfertigt werden. Die Begründung von Optionen oder Anboten über eine künftige Übertragung von Anteilen sei eine typische Gestaltungsform zur Übertragung von Gesellschaftsanteilen, sodass es sich bei vorliegender Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten nicht um einen vereinzelt bleibenden Härtefall handle. Im übrigen würden die angefochtenen Bescheide keine ausreichende Begründung in Hinblick auf die Besteuerung der sonstigen Einkünfte und die rechtlichen Grundlagen hiefür enthalten. Die Bescheide würden insbesondere in keiner Weise auf den Umstand eingehen, dass der Veräußerungsvorgang auf einem Anbot aus dem Jahr 1999 beruhe und ob beziehungsweise warum allenfalls die in der Übergangsregelung des § 124b Ziffer 57 EStG 1988 vorgesehene Begünstigung nicht angewendet worden sei. Die Finanzbehörde habe in diese Richtung soweit ersichtlich keine weiteren Erhebungen angestellt.
Über die Berufung wurde erwogen:
A) Bescheid datiert vom 9. Mai 2006 über die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2004 vom 21. September 2005 gemäß § 299 BAO
Als erstes ist zu klären, ob der genannte angefochtene Aufhebungsbescheid Voraussetzungen für seine Rechtmäßigkeit erfüllt
Die Abgabenbehörde erster Instanz kann gemäß § 299 Abs. 1 BAO in der Fassung Abgaben-Änderungsgesetz 2003 (AbgÄG 2003), BGBl I 2003/124, auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Nach § 299 Abs. 2 BAO ist mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden.
Eine Aufhebung im Sinne des § 299 Abs. 1 BAO setzt die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus (siehe Ritz, Bundesabgabenordnung Kommentar³, Rz 13 zu § 299 und die dort zitierten Fundstellen), was die Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes voraussetzt. Der Inhalt eines Bescheides in diesem Sinne, ist dann rechtswidrig, wenn der Spruch des Bescheides rechtswidrig ist, also dem Gesetz nicht entspricht (Ritz, aaO. Rz 10 zu § 299). Die Ursache für die Rechtswidrigkeit ist für die Anwendbarkeit des § 299 Abs. 1 BAO nicht ausschlaggebend.
Der Spruch eines Bescheides ist somit nicht nur dann rechtswidrig, wenn eine Rechtsvorschrift unzutreffend ausgelegt oder übersehen wurde. Ein Bescheid ist überdies inhaltlich rechtswidrig, wenn entscheidungserhebliche Tatsachen oder Beweismittel nicht berücksichtigt wurden; dies auch dann, wenn die Nichtberücksichtigung auf mangelnde Kenntnis der Abgabenbehörde zurückzuführen ist (Ritz, aaO. Rz. 9ff zu § 299).
Die Aufhebung liegt im Ermessen der Abgabenbehörde und ist dafür notwendige Abwägung der ermessensrelevanten Umstände nach Maßgabe des § 93 Abs. 3 lit. a BAO in der Begründung des Aufhebungsbescheides darzustellen. Dabei ist nach § 20 BAO die Entscheidung nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.
Die Begründung des Aufhebungsbescheides hat nach Maßgabe des § 93 Abs. 3 lit. a BAO das Vorliegen der Voraussetzungen des § 299 BAO darzulegen (Ritz, Aufhebung von Bescheiden nach § 299 BAO, ÖStZ 2003/240). In der Bescheidbegründung von Aufhebungsbescheiden müssen nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 2.7.1998, 98/16/0105) die Aufhebungsgründe enthalten sein. Die Begründung hat weiters die Gründe für die Ermessensübung eingehend darzustellen (VwGH 29.9.1993, 92/13/0102; Ritz, aaO., Rz 40 zu § 299 und die dort zitierten Fundstellen).
Das Vorliegen von Aufhebungsgründen und deren Darstellung im tatsächlichen und rechtlichen Bereich, sowie die Darstellung der Ermessensübung sind daher notwendiger Bestandteil eines Aufhebungsbescheides im Sinne des § 299 Abs. 1 BAO.
Im konkreten Fall hat das Finanzamt, wie bereits oben dargestellt, sich darauf beschränkt den Spruch: "Der Bescheid vom 21. September 2005 wird gemäß § 299 aufgehoben." mit den Worten: "Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.", was beinahe wörtlich den Wortlaut des Gesetzestextes wiedergibt. Auf jegliche weitere Begründung oder einen Verweis auf die Begründung eines anderen Bescheides hat das Finanzamt verzichtet.
Insbesonders bleibt völlig dunkel, worin die Rechtswidrigkeit oder die Rechtswidrigkeiten des aufgehobenen Bescheides liegen sollen, was die Abgabenbehörde dazu bewogen hat, der Rechtsrichtigkeit den Vorrang vor der Rechtsbeständigkeit einzuräumen, beziehungsweise ob sie auf die Auswirkungen der Bescheidaufhebung Bedacht genommen hat.
Mit anderen Worten kann man aus diesem Bescheid nicht ersehen, welche konkreten Sachverhalts- bzw. Tatbestandselemente das Finanzamt zur Bescheidaufhebung nach § 299 Abs. 1 BAO berechtigen würden.
Das bloße Zitieren eines Gesetzeswortlautes ohne Darlegung eines die Aufhebung begründenden konkreten Sachverhaltes ist keine ausreichende Begründung für das Vorliegen der Voraussetzung des § 299 Abs. 1 BAO und kann daher nicht in Hinblick darauf überprüft werden, ob überhaupt ein Aufhebungstatbestand vorliegt, welcher gleichsam auch Teil des Prozessgegenstandes eines Aufhebungsbescheides ist und diesen in Hinblick auf des Gebot des "ne bis in idem" definiert.
Die Abgabenbehörde zweiter Instanz darf weder eine Bescheidaufhebung nach § 299 Abs. 1 BAO nicht aufgrund von Tatsachen bestätigen, die das Finanzamt nicht herangezogen hat, noch einen Verfahrenstitel durch einen anderen, wie etwa § 293b BAO, ersetzen, da dies ihre durch § 289 Abs. 2 BAO eingeräumte Entscheidungskompetenz überschreiten würde.
Im Berufungsverfahren dürfen nämlich nur jene Aufhebungsgründe untersucht werden, die in der Bescheidbegründung des Finanzamtes aufgezählt wurden. Eine fehlende oder unzureichende Aufhebungsgründe können wie bei der Beurteilung von Wiederaufnahmsbescheiden im Verfahren vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz nicht ergänzt werden. Der Berufung gegen den Bescheid datiert vom 9. Mai 2006 über die Aufhebung des Einkommensteuergesetzes 2004 vom 21. September 2005 war diesen Überlegungen entsprechend stattzugeben und der gegenständliche Aufhebungsbescheid ersatzlos aufzuheben.
B) Einkommensteuerbescheid 2004 vom 9. Mai 2006
Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides tritt das Verfahren gemäß § 299 Abs. 3 BAO wiederum in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (§ 299 Abs. 1 BAO) befunden hat. Dadurch fallen von diesem Aufhebungsbescheid abgeleitete Bescheide ex lege aus dem Rechtsbestand (Ritz, aaO., Rz 62 zu § 299) und gehört der genannte Einkommensteuerbescheid 2004 datiert vom 9. Mai 2006 nicht mehr dem Rechtsbestand an.
Ist ein mit Berufung angefochtener Bescheid ersatzlos aufgehoben, so ist die dagegen gerichtete Berufung unzulässig geworden zurückzuweisen (herrschende Judikatur und Lehre vergleiche etwa Ritz, aaO., Rz 12 zu § 273).
Linz, am 24. Oktober 2007
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Aufhebung, Begründung, mangelnd, Verfahrensgegenstand, Ermessen, Sachverhalt |