UFS RV/0701-W/02

UFSRV/0701-W/0216.10.2007

Nichtbescheid

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/13/0142 eingebracht. Mit Erk. v. 19.12.2007 als unbegründet abgewiesen.

Anmerkungen:
VwGH-Zl. 2007/13/0142

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Dr. M.G. und Dr. J.J., beide als ehemalige Gesellschafter der Dr. G&P. GesnbR, Rechtsanwälte, vormals 1010 Wien, Bauernmarkt 2, vertreten durch Hasch & Partner Anwaltsgesellschaft mbH, 1010 Wien, Börsegasse 12, gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 betreffend Umsatzsteuer 1990 sowie einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO 1990 bis 1994 entschieden:

beschlossen:

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die an der Bw. Beteiligten gründeten als Rechtsanwälte per 1.1.1989 eine Gesellschaft nach bürgerlichen Recht. Da die Gesellschafter ihrer Verpflichtung zur Benennung eines gemeinsamen Vertreters gemäß § 81 Abs. 2 BAO, trotz entsprechender Aufforderung durch das Finanzamt, nicht nachkamen, wurde Dr. M.G. mit Bescheid vom 18.4.1989 von Amts wegen als solcher bestellt.

Die Abgabenerklärungen der Jahre 1990 bis 1994 wurden sämtlich unter der Bezeichnung "G.M. und Mitges." für die Ges.n.b.R. eingereicht und soweit es den Bescheidadressaten anlangt, gleichlautend Abgabenbescheide an die Bw. als GesnbR erlassen.

Im Zuge einer für die Jahre 1990 bis 1994 durchgeführten Betriebsprüfung wurde die Rechtsform der Bw. als Gesellschaft nach bürgerlichen Recht ausgewiesen (siehe Tz 2 des Berichts; Dauerbelege S 16).

Die nunmehr streitanhängigen, geänderten Bescheide, die auf Basis dieses Betriebsprüfungsberichts vom Finanzamt erlassenen wurden, lauten jedoch sämtlich auf "G&P.RA OEG".

Es wurde zwar im Firmenbuch unter FN X eine Firma "G&P. OEG" eingetragen, diese Firma bestand allerdings erst ab dem 17.6.1994 und wurde im Jahr 2005 wieder gelöscht. Es findet sich in den vorgelegten Akten kein Hinweis, dass diese Gesellschaft die Geschäfte der Bw. (GesnbR) übernommen hätte.

Der steuerliche Vertreter der Bw. wies in der streitgegenständlichen Berufung vom 6.7.1998 darauf hin, dass die Bw. nicht als OEG sondern als Ges.n.b.R. firmiert. In einer Mängelbehebung vom 29.9.1998 wurde ersucht den Unternehmensnamen in G&P. GesnbR zu ändern, da die Gesellschaft nie als OEG im Firmenbuch eingetragen war.

In der Berufung vom 15.10.1998 betreffend das Jahr 1995 wurde ausgeführt, dass die Rechtsanwalts-GesnbR zwischen Dr. G. und Dr. J. mit 31.12.1994 beendet wurde.

In der Berufung wurde u.a. der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

Der als gemeinsamer Vertreter der Bw. bestellte Dr. M.G. beauftragte mit Vollmacht vom 12.4.2007 die Kanzlei Hasch & Partner mit seiner Vertretung. Laut telefonischer Auskunft der Kanzlei vom 2.5.2007, bezieht sich diese Vollmacht auch auf die Bw. und umfasst auch eine Zustellvollmacht.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 243 BAO normiert die Berufung als ordentliches Rechtsmittel gegen Bescheide der Abgabenbehörde erster Instanz. Fehlt einer behördlichen Erledigung die Bescheidqualität, ist eine dagegen eingebrachte Berufung unzulässig und daher gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO zurückzuweisen. Ebensolches gilt für Berufungen gegen Bescheide, die dem Bw. gegenüber nicht wirksam wurden.

Nach § 92 Abs.1 lit. b BAO sind abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen in Bescheidform festzustellen. Die Wirksamkeit eines solchen Bescheides setzt u. a. zwingend in seinem Spruch die zutreffende Nennung jener Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) voraus, an die er ergeht (§ 93 Abs. 2 BAO). Ohne Nennung eines geeigneten Bescheidadressaten liegt ein Nichtbescheid vor, dem keine normative Kraft zukommt (VwGH 17.11.2004, 99/14/0254; 29.9.1997, 93/17/0042; 1.7.1993, 90/17/0385 u.a.).

Die streitanhängigen Bescheide richten sich sämtlich nicht an jene Gesellschaft nach bürgerlichen Recht, bestehend aus den beiden Gesellschafter Dr. M.G. und Dr. J.J., die nach Angaben der Bw. und laut Aktenlage unstrittig von 1.1.1989 bis 31.12.1994 tätig war.

Jene "G&P.RA OEG" an die die bekämpften Bescheide gerichtet wurden, war unter dieser Bezeichnung überhaupt nie existent und selbst jene "G&P. OEG" die unter FN X im Firmenbuch eingetragen war, existierte erst seit dem 17.6.1994 und hat, sowohl nach Angaben der Bw. als auch nach Aktenlage, zu keinem Zeitpunkt die Geschäfte der Ende 1994 beendeten GesnbR übernommen bzw. besorgt. Die streitgegenständlichen "Bescheide" sind somit an eine nicht existierende Person bzw. für Zeiträume ab dem 17.6.1994 an den falschen Bescheidadressaten bzw. Abgabepflichtigen gerichtet und stellen daher keine Bescheide im Sinne des § 92 BAO, sondern sog. Nichtbescheide dar. Es war daher gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 284 Abs. 3 BAO wurde von der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen.

Da die GesnbR per 31.12.1994 beendet ist, waren die ehemaligen Gesellschafter in dieser Eigenschaft als Bescheidadressaten anzuführen. Gemäß § 81 Abs. 6 BAO bleibt die bei Beendigung der Gesellschaft gemäß § 81 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 BAO bestehende Vertretungsbefugnis des Dr. M.G. insoweit und solange aufrecht, als nicht von einem der zuletzt beteiligten Gesellschafter dagegen Widerspruch erhoben wird. Da ein Widerspruch, insbesondere des zuletzt beteiligten Dr. J.J., nicht aktenkundig ist, ist Dr. M.G. weiterhin Vertreter gemäß § 81 BAO und die Zustellung hat an den von diesem wirksam bestellten Zustellungsbevollmächtigten zu erfolgen.

Wien, am 16. Oktober 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 92 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 273 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 81 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

nicht leistender Bescheidadressat, falscher Bescheidadressat, Nichtbescheid

Stichworte