UFS RV/0238-I/07

UFSRV/0238-I/0719.7.2007

Kein Vertreterpauschale, wenn gar keine Werbungskosten entstanden sind.

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw, vom 9. Oktober 2006 gegen die Bescheide des Finanzamtes vom 13. September 2006 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für den Zeitraum 2004 und 2005 und vom 22.3.2007 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2006 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber ist Angestellter eines Gasversorgungsunternehmens. In den Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für 2004 und 2005 beantragte er die Berücksichtigung des "Berufsgruppenpauschales für Vertreter" jeweils für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.12. Mit den am 13.9.2006 ausgefertigten Bescheiden betreffend Einkommensteuer für 2004 und 2005 wurde dem Antrag nicht entsprochen, weil sich das Berufsbild des Berufungswerbers nicht mit jenem eines Vertreters decke.

In der fristgerecht am 9.10.2006 eingebrachten Berufung wurde eingewendet, das Finanzamt habe das Pauschale trotz vorgelegter Bestätigung des Arbeitgebers und ohne Möglichkeit zur Stellungnahme versagt. Diese für den Zeitraum vom 1.1.2001 bis 31.12.2004 vorliegende Bestätigung des Dienstgebers lautet:

"Es wird hiermit bestätigt, dass Herr N.N., ..., ausschließlich im Außendienst im Sinne des § 1 der Verordnung des Bundesministeriums für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppe, BGBl. II, Nr. 382/2001 sowie der Lohnsteuerrichtlinien RZ 406 beschäftigt war.

Weiter wird eingewendet, die Behörde beschränke sich offensichtlich "auf den Begriff Vertreter im herkömmlichen Sinn". Dem Berufungswerber sei schon bewusst, nicht in das klassische Bild eines Versicherungs- bzw. Handelsvertreters zu fallen. Der Begriff des Vertreters im Sinne der Verordnung sei nicht definiert. Die Verordnung lege lediglich fest, dass der Außendienst den Innendienst zeitlich überwiegen müsse und der Innendienst die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit umfassen dürfe. Eine Vertretertätigkeit liege dann vor, wenn Ziel der Abschluss von Geschäften und die Kundenbetreuung sei. Gerade diese Umstände träfen in seinem Fall zu. Da er zu über 90 % im Außendienst tätig sei (sein Büro befinde "sich sozusagen im Auto"), die Kundenbetreuung von Groß- und Kleinkunden vor Ort betreffend Möglichkeiten der Durchführung, Einsatz, Änderungen bzw. Alternativen von Gasanschlüssen ausübe und auch noch zum Abschluss entsprechender Verträge ("u.a. Umänderungsverträge, in welchen er freie Hand über Machbarkeit und technischen Einsatz und vor allem Preisgestaltung habe") befugt sei, könne "keinesfalls von einer der Verordnung nicht entsprechenden Tätigkeit gesprochen werden". Ergänzend sei noch zu erwähnen, dass der Verwaltungsgerichtshof Tätigkeiten der Auftragsdurchführung nicht als schädlich empfinde, solange der Kundenverkehr in Form von Abschlüssen von Geschäften im Namen und für Rechnung des Arbeitgebers bestehe. Die dem Finanzamt weiters vorgelegte Arbeitsplatzbeschreibung lautet:

Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom 18.1.2007 als unbegründet abgewiesen. Nach Wiedergabe des § 1 Z 9 der Verordnung BGBl. 382/2001 führte das Finanzamt aus, die vom Berufungswerber vorgelegte Arbeitsplatzbeschreibung ziele mit Ausnahme des ersten Punktes "Abschluss von Verträgen" auf die Planung, Unterstützung, Koordinierung, Schulung und Kontrolle verschiedener Projekte ab. Diese Beschreibung der eigentlichen Tätigkeit finde sich auch in der Berufungsschrift vom 8.10.2006 wieder. Vorrangiges Ziel der Vertretertätigkeit sei die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen. Auf Grund der vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung und den Berufungsausführungen ergebe sich für die Behörde "eindeutig, dass genau der Abschluss von Verträgen ein untergeordnetes Ausmaß" habe. Beim Berufungswerber stehe die Projektdurchführung bei komplexen Lösungen im Vordergrund. Sie falle nicht nur als Nebenprodukt an. Es handle sich vielfach um Projektausführungen vor Ort und nicht um Vertretertätigkeit. Obwohl der Berufungswerber überwiegend im Außendienst tätig sei, stehe ihm deshalb ein Vertreterpauschale nicht zu.

Im Vorlageantrag vom 18.2.2007 entgegnete der Berufungswerber, sein Aufgabengebiet bestehe darin, Kunden zu beraten, technische Lösungen auszuarbeiten und von der Wahl dieser Energieform zu überzeugen. Dies geschehe überwiegend (90 %) im Außendienst, was zahlreiche Kundenbesuche, Gespräche, Telefonate etc. bedinge. Dies bedürfe intensiver Vorbereitung, Planung und Recherchen. Als Beispiel sei die Stadtgemeinde Landeck genannt, wo sämtliche Anbahnungsgespräche und Beratungen in seinem Beisein geführt worden seien. Ohne diese Beratung und Abklärung sei kein Gasanschluss realisierbar. Änderungsverträge, Umlegungsaufträge, Anlagenerweiterungen seien von ihm erledigt worden. Auch bei einem "klassischen Versicherungsvertreter" sei es nicht ausreichend, nur einen Vertrag vorzulegen und schon erfolge die Unterschriftsleistung. Auch hier seien intensive Gespräche und unter Umständen eine Anbahnung über einen längeren Zeitraum nötig. In seinem Fall ergebe sich dies schon deshalb, weil er auch mit Großkunden zu tun habe. Wenn dies nicht als Kundenbetreuung zu sehen sei, wären auch den klassischen Vertretern jegliche Pauschalen zu versagen. Er sei im Gebiet von Z_bis_L tätig. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb dies nicht ein "großer potentieller Kundenkreis" sein solle. Auch der VwGH sei zur Erkenntnis gelangt, dass ein Dienstnehmer, der im Rahmen seines Außendienstes auch Tätigkeiten der Auftragsdurchführung verrichte, dennoch als Vertreter tätig sei, solange der Kundenverkehr in Form des Abschlusses von Geschäften im Namen und auf Rechnung seines Arbeitgebers eindeutig im Vordergrund stehe. Darin bestehe sein Aufgabengebiet. Eigentlich betreue er den Kunden von der Vertragsunterzeichnung bis zur Fertigstellung des Auftrages.

Das Berufsgruppenpauschale für Vertreter wurde auch für 2006 beantragt (Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2006 vom 5.3.2007). Mit dem am 22.3.2007 ausgefertigten Einkommensteuerbescheid 2006 wurde dem Antrag nicht entsprochen. Die dagegen erhobene Berufung, die in ihrer Begründung auf das Vorbringen in der Berufung gegen die Bescheide für die beiden Vorjahre verweist, wurde unmittelbar dem UFS vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen BGBl II 2001/382 lautet auszugsweise:

Auf Grund des § 17 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988, wird verordnet:

§ 1: Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:

9. Vertreter

5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich.

Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden.

Vertreter sind nach übereinstimmender Lehre (Hofstätter / Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, Tz. 6 zu § 17 EStG), Verwaltungsübung (LStRL Rz 406) und Entscheidungspraxis des UFS (20.7.2004, RV/0173-L/03) Personen, die regelmäßig im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, zählt nicht als Vertretertätigkeit (zB Kontrolltätigkeit oder Inkassotätigkeit).

Der Berufungswerber ist Angestellter eines Energieversorgungsunternehmens. Das Unternehmen beschreibt seine Tätigkeit auf der Firmenhomepage wie folgt:

"Aufgabe des Unternehmens ist die Beschaffung, Lieferung und vor allem Verteilung von Erdgas sowie die Errichtung und der Betrieb aller dazu notwendigen Anlagen. ... Zur Information von Erdgasinteressenten und Kunden über alle Fragen zu Erdgas und seine Einsatzmöglichkeiten bietet die ... eine Erdgasberatung direkt beim Kunden, im Kundencenter in ... oder unter der kostenlosen Kunden-Serviceline ... an."

Die betriebsinterne Organisation ist auf der Firmenhomepage wie folgt dargestellt:

Der Berufungswerber ist Mitarbeiter in der Abteilung Planung und Projektierung. Bei einer persönlichen Vorsprache sowie einem Telefonat mit dem Dienstgeber wurde das Berufungsvorbringen ergänzt. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass der Berufungswerber mit dem Abschluss von Netzzugangsverträgen (§ 6 Z 37 Gaswirtschaftsgesetz) betraut ist. Das Gaswirtschaftsgesetz ordne (unter § 23 a Abs. 7) an, das Netzzutrittsentgelt sei "aufwandsorientiert zu verrechnen". Schon aus diesem Grund setze der Abschluss eines Netzzugangsvertrages eine entsprechende Kalkulation und die Erstellung eines Angebotes an den Kunden voraus. Ein Interessent wolle vor Vertragsabschluss über die zur Errichtung einer den technischen und gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Anlage nötigen Baumaßnahmen und die dafür entstehenden Kosten informiert werden. Diese Auskünfte könnten erst erteilt werden, wenn eine Planung erfolgt und eine Kalkulation erstellt worden sei. Ohne diese Vorarbeiten sei ein Vertragsabschluss nicht zu erreichen. Es sei daher unzutreffend zu sagen, die in der Arbeitsplatzbeschreibung aufgelisteten Arbeiten würden nur am Rande dem Vertragsabschluss dienen.

Der Berufungswerber ist nahezu ausschließlich im Außendienst tätig. Dies wurde auch vom Dienstgeber bestätigt. Innendienstarbeiten seien nur fallweise nötig. Hingewiesen auf die Möglichkeit, Werbungskosten iSd § 16 EStG konkret nachzuweisen und steuerlich abzusetzen, teilte der Berufungswerber mit, ihm stehe ein Fahrzeug des Dienstgebers zur Verfügung. Das Fahrzeug sei mit Einbauten versehen, die die Erledigung kleinerer Büroarbeiten ermöglichen. Für im Außendienst anfallende Kosten (Diäten) habe der Dienstgeber Ersatz geleistet. Er sei täglich nach Hause zurückgekehrt, auswärtige Nächtigungen seien nicht erfolgt. Im Berufungszeitraum seien Aufwendungen, die er selbst zu tragen hatte, im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit nicht angefallen.

Damit kann dahingestellt bleiben, ob der Berufungswerber im Streitzeitraum eine Vertretertätigkeit im Sinne der Durchschnittsatzverordnung (BGBl. II Nr. 382/2001) ausgeübt hat. Wenn der Berufungswerber selbst einräumt, dass ihm Aufwendungen nicht erwachsen sind, können auch keine Werbungskosten in Abzug gebracht werden. Es ist nicht Sinn der Pauschalierung, fiktive Werbungskosten zu berücksichtigen. Die Rechtfertigung für eine Pauschalierung liegt in der Verwaltungsvereinfachung und setzt voraus, dass sie den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst nahe kommt (vgl. Doralt4, Einkommensteuergesetz Kommentar, Tz 59 zu § 17 EStG; VfGH 29.9.1973, B 182/73). Durchschnittssätze dienen der vereinfachten Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen, sie stellen ein Angebot an den Abgabepflichtigen dar und hindern ihn nicht, Werbungskosten in Form des Einzelnachweises zu belegen (VfGH 13. 6. 1981, B 319/77, und 27. 6. 1984, B 4/80).

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Innsbruck, am 19. Juli 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 1 Z 9 Durchschnittssätze für Werbungskosten - Angehörige bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2001

Schlagworte:

Vertreter, Vertreterpauschale, Werbungskosten

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